Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220382/2/Kl/Rd

Linz, 26.01.1994

VwSen-220382/2/Kl/Rd Linz, am 26. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk, Linz, Pillweinstraße 23, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 13. November 1992, Ge-322-1992/Pa, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen war.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 31 Abs.1 und 2, 32 Abs.2 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 13.11.1992, Ge-322-1992/Pa, wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn Ing. F S wegen einer in der Präambel näher ausgeführten Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.4 Bauarbeiterschutzverordnung iVm § 31 Abs.2 lit.p ASchG gemäß § 45 Abs.1 lit.a VStG eingestellt, da ihn an der Verletzung dieser Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft und er die Tat somit nicht begangen hat.

2. Dagegen hat das Arbeitsinspektorat für den 9.

Aufsichtsbezirk in Linz, fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher im wesentlichen angeführt wurde, daß ein Kontrollsystem unabhängig von Dauer und Ort der Tätigkeit funktionieren muß, wobei stichprobenartige Kontrollen und die Erteilung von Weisungen oder die Ausübung einer Oberaufsicht jedenfalls nicht ausreichen, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften in allen vorhersehbaren Fällen sicherzustellen. Ein wirksames Kontrollsystem sei nicht nachgewiesen worden, insbesondere seien nicht im einzelnen das Kontrollsystem und die Gestaltung der erforderlichen Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden dargelegt worden.

Es wurde daher die Aufhebung des Bescheides beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Da bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung der Sachverhalt geklärt erscheint und nicht bestritten wurde und im übrigen nur die rechtliche Beurteilung angefochten wurde und eine öffentliche mündliche Verhandlung ausdrücklich nicht verlangt wurde, war eine solche gemäß § 51e Abs.2 VStG nicht anzuberaumen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Nach § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von einer Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist. Eine Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat (§ 32 Abs.2 VStG). Eine Verfolgungshandlung unterbricht aber nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. VwGH vom 26.4.1993, Zl. 92/10/003).

Diesen Anforderungen wurde aber seitens der belangten Behörde nicht entsprochen.

4.2. Wie bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, wurde der nunmehrige Beschuldigte aufgrund eines Rechtshilfeersuchens um zeugenschaftliche Einvernahme der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erstmals von der Bezirkshauptmannschaft Schärding mit Schreiben vom 27.2.1992 als Zeuge geladen und in der Folge am 9.3.1992 vor der Bezirkshauptmannschaft Schärding wegen des "Verdachts der Übertretung des ASchG" einvernommen. Wurde auch ein Formular über die Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten ausgefüllt, so wurde bis zu diesem Zeitpunkt sowie auch in dieser Niederschrift ein auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogener Vorwurf nicht gemacht, sondern wurden aufgrund dieser Vernehmung erst Verantwortliche des Unternehmens ermittelt.

Auch weitere Zeugenladungen enthielten keine konkreten Tatvorwürfe. Auch die folgende Verständigung vom Beweisergebnis an den nunmehrigen Beschuldigten enthielt keinen konkretisierten Tatvorwurf, insbesondere geht daraus nicht hervor, daß der Genannte in seiner Verantwortlichkeit als Beschuldigter eine bestimmte Verwaltungsübertretung zu verantworten habe. In der Folge ist dann letztlich der angefochtene Einstellungsbescheid ergangen.

4.3. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt aber, wenn aus einem Ladungsbescheid nicht zu erkennen ist, daß gegen eine Person als Beschuldigter ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig ist, geschweige denn, welche Tat ihr als Beschuldigter zur Last gelegt wird, keine Verfolgungshandlung vor. Eine nicht als Bescheid zu qualifizierende Ladung, die nicht erkennen läßt, welche Tat dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, stellt keine taugliche Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs.2 VStG dar (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 886, E.7 und 8).

Im Grunde der zitierten Verwaltungsvorschriften im Zusammenhalt mit der angeführten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht daher fest, daß im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der gesetzlich festgelegten Verfolgungsverjährungsfrist von sechs Monaten bzw. eine Verfolgungshandlung überhaupt nicht ergangen ist.

4.4. Wegen eingetretener Verjährung war daher das Verwaltungsstrafverfahren von der belangten Behörde einzustellen bzw. konnte aus diesem Grund der eingebrachten Berufung nicht Rechnung getragen werden.

5. Verfahrenskostenbeiträge waren nicht festzulegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t