Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220386/2/Kl/Rd

Linz, 31.01.1994

VwSen-220386/2/Kl/Rd Linz, am 31. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des P S , vertreten durch Mag. C S , p.A.

F. GesmbH, W , D , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 16.11.1992, MA2-Ge-2539-1992 Scho, wegen Übertretungen nach dem Arbeitsruhegesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 45 Abs.1 Z2 und Z3 und 44a Z1 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 16.11.1992, Zl. MA2-Ge-2539-1992 Scho, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von insgesamt 8.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt vier Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 3 Abs.2 iVm § 27 Abs.1 Arbeitsruhegesetz in vier Fällen verhängt, weil er als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 VStG (Leitung und Kontrolle im gesamten Lager und Fuhrpark im Lager W , G , der Firma F GesmbH - seit 1.7.1991 der Firma "F " Handelsgesellschaft AG) dafür zuständig ist, daß, wie aufgrund einer Überprüfung der Arbeitsaufzeichnungen des Betriebes W , G , durch das Arbeitsinspektorat Wels festgestellt wurde, 4 Arbeitnehmer am Samstag, den 14.12. bzw. am Sonntag, den 15.12.1991, wie aus nachstehender Aufstellung ersichtlich ist, zu Arbeitsleistungen entgegen der Bestimmung des § 3 Abs.2 des Arbeitsruhegesetzes (Nichteinhaltung der Wochenendruhe) herangezogen wurden. Gemäß § 3 Abs.2 ARG hat die Wochenendruhe für alle Arbeitnehmer spätestens am Samstag um 13.00 Uhr, für Arbeitnehmer, die mit unbedingt notwendigen Abschluß-, Reinigungs-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten beschäftigt sind, spätestens am Samstag um 15.00 Uhr zu beginnen.

Samstag Sonntag 1. K A 14.12. 5.53-15.17 15.12. 6.53-11.33 2. G M 14.12. 5.52-16.13 15.12. 6.53-11.37 Unterbrechung 8-10Uhr und 12-13 Uhr 3. A M 14.12. 6.52-16.10 15.12. 6.53-11.31 4. C A 14.12. 5.52-16.10 15.12. 7.01-11.31
Weiters wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 800 S eingehoben.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, welche das Straferkenntnis zur Gänze anficht und dazu im wesentlichen ausführt, daß die Verantwortlichkeit im Sinn des § 9 VStG nicht genau bezeichnet wurde, kein Tatort im Sinn des § 44a Z1 VStG, nämlich der Sitz der Unternehmungsleitung, im Spruch aufscheint, und aus der "Zuständigkeit" nicht eine "Verantwortlichkeit" abzuleiten sei. Im übrigen wurde darauf hingewiesen, daß § 3 Abs.2 ARG den Beginn der Wochenendruhe regelt, nicht jedoch, daß jedem Arbeitnehmer eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden zu gewähren ist (Nichteinhaltung der Wochenendruhe). Aus diesem Grunde sei der Spruch rechtswidrig. Schließlich sei der Arbeitnehmer Manfred Gruber Abteilungsleiter und sohin leitender Angestellter nach dem ARG und sei dieses Gesetz nicht anwendbar. Auf das Zutreffen von Ausnahmen nach § 11 Abs.1 Z2 ARG wurde hingewiesen. Auch wurde die Strafbemessung angefochten.

3. Der Bürgermeister (Magistrat) der Stadt Wels als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Da schon aus der Aktenlage im Zusammenhalt mit den Berufungsausführungen ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl.Nr.

144/1983 (kurz: ARG), hat der Arbeitnehmer in jeder Kalenderwoche Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, in die der Sonntag zu fallen hat (Wochenendruhe). Während dieser Zeit darf der Arbeitnehmer nur beschäftigt werden, wenn dies aufgrund der §§ 2 Abs.2, 10 bis 18 zulässig ist.

Die Wochenendruhe hat für alle Arbeitnehmer spätestens Samstag um 13.00 Uhr, für Arbeitnehmer, die mit unbedingt notwendigen Abschluß-, Reinigungs-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten beschäftigt sind, spätestens Samstag um 15.00 Uhr zu beginnen (§ 3 Abs.2 ARG).

Gemäß § 27 Abs.1 ARG sind Arbeitgeber oder deren gesetzliche Vertreter, die ua dem § 3 zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S zu bestrafen.

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Es sind daher in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Im übrigen muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

5.3. Diesen Konkretisierungsanforderungen in bezug auf die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen sowie auch hinsichtlich der Verantwortlichkeit entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses unter mehreren Aspekten nicht.

5.3.1. Es hat im Spruch aus dem Tatvorwurf die Verantwortlichkeit des Beschuldigten in eindeutiger Weise hervorzugehen. Darunter ist zu verstehen, daß eine Konkretisierung sowohl hinsichtlich der im § 9 VStG vorgesehenen Alternativen der Verantwortlichkeit als auch hinsichtlich der vertretenen juristischen Person erforderlich ist. Aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses geht zweifelsfrei hervor, daß der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter verwaltungsstrafrechtlich herangezogen wird, und es läßt sich aus dem Sinn auch noch erkennen, daß der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter des gesamten Lagers und Fuhrparks im Lager W , G , der Firma F. GesmbH - seit 1.7.1991 der Firma "F " Handelsgesellschaft AG, belangt ist. Dies entspricht aber nicht der Aktenlage, da die gegenständliche Bestellungsurkunde vom 1.1.1989 von der F. GesmbH bzw. dessen nach außen Vertretungsbefugten unterzeichnet wurde. Im übrigen ergibt sich auch aus dem Akteninhalt inklusive der beigelegten Niederschrift, aufgenommen vor der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn am 11.5.1992 in einer Angelegenheit nach dem Lebensmittelgesetz, daß das Lager und der Fuhrpark in W nunmehr nicht von der F. GesmbH, sondern von der "F " Handelsgesellschaft AG seit 1.7.1991 (also noch vor dem Tatzeitpunkt im Dezember 1991) betrieben wird. Betreiber, Arbeitgeber und daher Beauftragender nach § 9 VStG kann sohin nur die F Handelgesellschaft AG sein. Es ist daher der diesbezügliche Tatvorwurf bzw. schon die Bestellungsurkunde dahingehend mangelhaft, da zum Tatzeitpunkt eine rechtswirksame Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten durch den Arbeitgeber nicht nachgewiesen werden kann. Im übrigen sei an dieser Stelle auch noch angemerkt, daß die genannte Bestellungsurkunde nicht detailliert Bezug darauf nimmt, für welches Lager und welchen Fuhrpark in W die Bestellung gelten soll.

Es war daher unter diesem Aspekt schon das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

5.3.2. Im Hinblick auf die Konkretisierung des Tatvorwurfes hat der Spruch des Straferkenntnisses jedenfalls sämtliche Tatbestandsmerkmale des Vorwurfes zu enthalten. Will daher die belangte Behörde die "Nichteinhaltung der Wochenendruhe" dem Berufungswerber zum Vorwurf machen - dies geht aus einem Klammerausdruck sowie auch aus den angeführten Tatzeiten hervor -, so ist es auch erforderlich, neben der Bezeichnung der Arbeitnehmer und der Tatzeitpunkte alle jene Tatbestandselemente in den Spruch aufzunehmen, welche die Nichteinhaltung der Wochenendruhe im Sinne der vorzitierten § 3 Abs.1 und 2 ARG ausmachen. Danach ist - wie der Berufungswerber zu Recht bemängelt hat - wesentlich, daß den Arbeitnehmern der Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, in die der Sonntag zu fallen hat (Wochenendruhe), nicht gewährt wurde. In dieses Verbot ist überdies die Ausnahmeregelung des § 3 Abs.1 2. Satz einzubeziehen. Nur unter Bezeichnung dieser Tatbestandselemente ist der Vorwurf der Arbeitsleistung am Sonntag berechtigt. Ein solcher im vorstehenden Sinn formulierter Tatvorwurf wurde aber dem Berufungswerber nie vorgehalten.

Nur unter diesem Aspekt - ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, in die der Sonntag zu fallen hat - ist der weitere Tatvorwurf, daß die Wochenendruhe spätestens am Samstag um 13.00 Uhr und für bestimmte Arbeitnehmer spätestens Samstag um 15.00 Uhr zu beginnen hat, gerechtfertigt. Im übrigen muß auch dem Spruch die konkrete diesbezügliche Übertretung zu entnehmen sein, nämlich ob hinsichtlich der konkreten Arbeitnehmer jeweils die Wochenendruhe um 13.00 Uhr oder um 15.00 Uhr zu beginnen gehabt hätte. Auch diesbezüglich bleibt der Spruch mangelhaft.

5.4. Da auch die diesbezüglichen Verfolgungshandlungen (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31.3.1992) diesen Konkretisierungsanforderungen bzw. der Anführung aller relevanter Tatbestandselemente nicht entspricht, war aufgrund der eingetretenen Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5.5. Es wird die belangte Behörde weiters darauf hingewiesen, daß jedem Tatvorwurf und jeder Tat auch jeweils ein Unrechtsgehalt zuzuschreiben und daher eine gesonderte Strafe zu verhängen ist. Dies hat auch zur Folge, daß für jede verhängte Geldstrafe auch eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist, wobei jeweils gemäß § 16 Abs.2 VStG vorzugehen ist (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 784 E.4).

5.6. Was jedoch die Berufungsausführungen zum Tatort anbelangt, so kommt im gegenständlichen Fall diesen Vorbringen keine Berechtigung zu. Der Berufungswerber wurde nämlich als verantwortlicher Beauftragter des Lagers und Fuhrparks in Wels belangt. Mit dieser (vermeintlichen) Bestellung ist die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers (der Z GesmbH) bzw. seines gesetzlichen Vertreters auf den verantwortlichen Beauftragten übergegangen. Dies bedeutet auch, daß die entsprechenden Arbeitgeberpflichten, nämlich im konkreten Fall die Einhaltung der Arbeitszeit, auf den verantwortlichen Beauftragten übergegangen sind.

Anknüpfungspunkt für den Tatort ist bei Verwaltungsübertretungen, die in der Nichterfüllung einer Handlungs- oder Unterlassungspflicht bestehen, der Ort, wo hätte gehandelt werden müssen bzw. eine Handlung unterlassen hätte werden müssen. Dazu hat sodann der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort ist, denn dort hätte in der Regel vom Arbeitgeber gehandelt werden müssen bzw. wurde die gebotene Vorsorgehandlung unterlassen.

Wurde aber ein verantwortlicher Beauftragter für einen Bereich bestellt, so hat der verantwortliche Beauftragte wie im gegenständlichen Fall - für die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften zu sorgen. Als Verantwortlicher in Wels hätte er daher in Wels die gebotenen Maßnahmen zu treffen. Es wurde daher auch richtig im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses Wels als Tatort angeführt.

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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