Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220429/5/Kl/Rd

Linz, 26.04.1993

VwSen - 220429/5/Kl/Rd Linz, am 26. April 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 10. Dezember 1992, Ge96-242-1991, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1973 (Fakten 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und mündlicher Verkündung am 16. April 1993 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis (Fakten 10 bis 18) aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

II. Es entfallen jegliche Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit eingangs zitiertem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 10.12.1992 wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von je 300 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je sechs Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 verhängt, weil er als nach außen vertretungsbefugtes Organ sowie als gewerberechtlicher Geschäftsführer der "K" Gaststättenbetriebs GesmbH am 11.5.1991 um 2.45 Uhr, am 12.5.1991 um 4.00 Uhr, am 16.5.1991 um 3.45 Uhr, am 13.5.1991 um 3.00 Uhr, am 19.5.1991 um 3.00 Uhr, am 23.5.1991 um 2.20 Uhr, am 25.5.1991 um 3.00 Uhr, am 26.5.1991 um 4.00 Uhr, am 30.5.1991 um 4.00 Uhr in W, eine Diskothek- Betriebsanlage betrieben hat, die, wie nicht zuletzt aus dem Bescheid des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16.9.1992, GZ: 315.211/1-III/3/92, hervorgeht, einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedarf, ohne hiefür eine gewerbebehördliche Genehmigung besessen zu haben.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher unrichtige Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die bezughabenden Verwaltungsstrafakte vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben. Es wurde am 16.4.1993 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und durchgeführt, an welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilnahmen.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Zum ebenfalls im angefochtenen Straferkenntnis angeführten Tatvorwurf am 9.12., 17.12. und 21.12.1990 (Faktum 1, 2 und 3) hat der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 19.2.1993, Ge-100037/1-1993/Sche/Th, das Straferkenntnis zu den diesbezüglichen Übertretungsfällen aufgehoben, und dies damit begründet, daß der Spruch des Straferkenntnisses nicht ausreichend konkretisiert sei, und daß es sich bei der Verwaltungsübertretung des unbefugten Betriebs einer Betriebsanlage in der Gesamtheit um eine einheitliche Übertretung, also um ein fortgesetztes Delikt handelt. Derart wesentliche Verfahrensmängel können von der Berufungsbehörde nicht saniert werden.

4.2. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 der Gewerbeordnung 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idgF, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

In ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird ausgesprochen, daß gemäß § 44a lit.a VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Danach erscheint es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

Es muß daher dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Diesen Konkretisierungsanforderungen entspricht weder die im Verwaltungsstrafverfahren ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung, welche zur Wahrung der Frist gemäß § 31 Abs.2 VStG erforderlich ist, noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses.

Es wäre nämlich erforderlich gewesen, daß in den Spruch des Straferkenntnisses auch jene Umstände gemäß den Tatbeständen nach § 74 GewO 1973 aufgenommen werden, die geeignet sind, eine Genehmigungspflicht nach § 74 GewO 1973 hervorzurufen.

4.3. Im übrigen aber stellt die unbefugte Gewerbeausübung nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein fortgesetztes Delikt dar, das die Anwendung des im § 22 VStG normierten Kumulationsprinzips ausschließt (vgl. Hauer-Leukauf, 4. Auflage, 1990, Seite 822, E.4; Mache-Kinscher, GewO, 5. erweiterte Auflage, Manz, Seite 725, Anm.14).

Betrifft das konkrete Verwaltungsstrafverfahren zu Ge96-242-1991 schon mehrere Tatzeitpunkte, so ist aber das Straferkenntnis bzw. der Spruch des Straferkenntnisses in seiner Gesamtheit zu betrachten, nämlich in der Weise, daß eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Deliktes erfüllt, aber in einem zeitlichen Zusammenhang stehen und auch unter einem einheitlichen Willen gesetzt wurden. Eine zeitliche Begrenzung findet diese Tateinheit lediglich durch die Erlassung des Straferkenntnisses durch die Behörde erster Instanz. Dies bedeutet, daß ungeachtet der in einem Spruch des Strafbescheides der Behörde erster Instanz angeführten Tatzeiten alle Einzeltathandlungen bis zu der mit seiner Zustellung erfolgten Fällung des Strafbescheides erster Instanz erfaßt sind und durch eine einzige Verwaltungsstrafe zu behängen sind.

4.4. Aus den angeführten Gründen war daher das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 10 bis 18 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen, weil eine weitere Verfolgung nicht mehr möglich ist.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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