Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220491/3/Ga/Fb

Linz, 06.06.1994

VwSen-220491/3/Ga/Fb Linz, am 6. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 4. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter:

Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des G F , vertreten durch Dr. B A , Rechtsanwalt in L , M , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 19.

Februar 1993, Zl. Ge-96/5/1993-1, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß a) im letzten Satz des Schuldspruchs die Wortfolge "oder in anderer Weise" zu entfallen hat, b) als verletzte Verwaltungsvorschrift anzuführen ist:

"§ 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z1 und Z2 GewO 1973" und c) die Strafnorm zu lauten hat: "§ 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1973".

II. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung Folge gegeben und die Geldstrafe auf 10.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage herabgesetzt.

III. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 1.000 S herabgesetzt; der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I. u. II.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 VStG.

Zu III.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber der Übertretung des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 schuldig erkannt:

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Der Berufungswerber habe seit 15. August 1992 bis 21. September 1992 in G , A , die errichtete, genehmigungspflichtige Betriebsanlage für das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar ohne die erforderliche Genehmigung betrieben; die gewerbebehördliche Genehmigung sei insbesondere deswegen erforderlich, weil der Betrieb der Anlage geeignet sei, das Leben und die Gesundheit des Berufungswerbers sowie das Leben und die Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen (Brandgefahr), zu gefährden; weiters bestehe die Möglichkeit, daß die Nachbarn durch Lärm oder in anderer Weise belästigt werden.

Deswegen wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 15 Tage) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Begründend hält die Strafbehörde fest, daß sie das Verwaltungsstrafverfahren auf Grund einer Anzeige des Gendarmeriepostens A eingeleitet habe. Der strafbare Tatbestand sei, so die rechtliche Beurteilung, einwandfrei erwiesen.

Die Strafbemessung habe sie gemäß den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen und die Strafe entsprechend dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat sowie unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten (der Berufungswerber habe kein Einkommen und kein Vermögen) festgesetzt, wobei mildernd die bisherige Unbescholtenheit, erschwerend kein Umstand zu berücksichtigen gewesen sei.

2. Dagegen richtet sich die mit der Erklärung, das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach anzufechten, bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

Eingewendet wird, daß das Straferkenntnis an Rechtswidrigkeit deswegen leide, weil dem Berufungswerber zum Vorwurf der Möglichkeit einer Belästigung der Nachbarn während des gesamten Ermittlungsverfahrens keine Verteidigungsmöglichkeit gegeben worden sei; mit diesem Vorwurf sei er zum ersten Mal durch den Schuldspruch des Straferkenntnisses konfrontiert worden. Verfahrensfehler sieht der Berufungswerber darin, daß sich die Strafbehörde allein auf die Anzeige des GPK A gestützt hätte, ohne eigene Erhebungen zu pflegen. Dies gelte insbesondere für die Feststellung der Gefährdungseignung des Betriebes der Anlage. Worin die Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Kunden bestehe, sei nicht begründet, wie überhaupt die vorgenommene rechtliche Beurteilung aus dem Straferkenntnis nicht nachvollziehbar sei; auch dieser Begründungsmangel mache das Straferkenntnis rechtswidrig.

Die Strafbemessung bekämpft der Berufungswerber als verfehlt und die verhängte Geldstrafe als bei weitem überhöht.

Er stellt den Antrag, das Straferkenntnis aufzuheben, hilfsweise die verhängte Geldstrafe herabzusetzen bzw. das Verwaltungsstrafverfahren "wegen Geringfügigkeit im Sinne des VStG einzustellen".

3. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat die Berufung und den Strafakt vorgelegt. Zum Inhalt der Berufung hat sie sich nicht geäußert.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat stellt nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt zu Zl.

Ge-96/5/1993-1 unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung den dem bekämpften Straferkenntnis zugrundegelegten und in seinem Schuldspruch hinsichtlich aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale hinreichend konkretisierten Sachverhalt als erwiesen fest. Dieser Sachverhalt, der auch für dieses Erkenntnis als maßgebend festgestellt wird, ist von der Strafanzeige (samt Beilagen) des Gendarmeriepostenkommandos A vom 19. November 1992 an den Bezirksanwalt beim BG in A (im folgenden kurz: Anzeige), die in Kopie der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht wurde, gedeckt und ist weiters vollständig und unter Anschluß eben dieser Anzeige (samt Beilagen) mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.

Jänner 1993 dem Berufungswerber als Verdacht einer bestimmten Verwaltungsübertretung bekanntgegeben worden.

Durch den Berufungswerber nicht bestritten sind jedenfalls Tatzeit und Tatort, weiters die in der Betriebsart einer Bar betriebene Anlage an diesem Ort und daß es Nachbarn zu dieser Anlage gibt sowie die Annahme seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit. Auch daß ihm, zwar nicht ausdrücklich, so doch aus dem Straferkenntnis insgesamt erschließbar, Verschulden in der Tatverwirklichung zugerechnet wurde, läßt der Berufungswerber unbekämpft.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1973 (idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993) begeht eine Verwaltungsübertretung, die (gemäß Einleitungssatz dieser Vorschrift) mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ... 3. eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Nach § 74 Abs.1 GewO 1973 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Solche Anlagen dürfen gemäß § 74 Abs.2 GewO 1973 nur mit gewerbebehördlicher Genehmigung ... betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, 1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden (selbst) ... oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen ... zu gefährden, 2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

5.2. Zunächst erweist sich, daß der Berufungswerber mit seinem Vorwurf des Begründungsmangels im Recht ist.

Tatsächlich hat die belangte Behörde entgegen der Anordnung des § 58 Abs.2 und § 60 AVG (iVm § 24 VStG) nicht ausreichend dargestellt, auf welche Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sie ihre rechtliche Beurteilung gestützt hat. Zur Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung führt der Begründungsmangel jedoch nicht. Immerhin nämlich geht aus der Begründung des Straferkenntnisses hervor, daß sich die belangte Behörde in der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes auf die erwähnte Anzeige gestützt hat und über den daraus abgeleiteten Tatvorwurf das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet und geführt hat. Der Berufungswerber muß daher trotz des Begründungsmangels gegen sich gelten lassen, daß er den Inhalt der Anzeige gekannt hat. Er hat aber in seiner schriftlichen Rechtfertigung vom 3. Februar 1993 weder die Existenz der in der Betriebsart einer Bar betriebenen Anlage am genannten Ort als solche, noch daß diese von Kunden aufgesucht wurde, noch daß Nachbarn zur Betriebsanlage vorhanden sind, bestritten.

Aktenwidrig ist der Einwand des Berufungswerbers, wonach ihm zum Vorwurf der Eignung der Betriebsanlage, Nachbarn durch Lärm "oder in anderer Weise" zu belästigen, kein Parteiengehör gewährt worden sei. Diesen Vorwurf hatte - in wortgleicher Formulierung mit dem Schuldspruch des Straferkenntnisses - die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25. Jänner 1993 auf der Rückseite des verwendeten Formulars enthalten; darauf wurde mit dem üblichen Vermerk ("b.w.") hingewiesen. Aktenwidrig ist weiters der Einwand, daß die dem Schuldspruch zugrundegelegte Annahme, wonach der Betrieb der Anlage Gefährdungseignung habe, nicht begründet sei, weil nicht dargelegt werde, worin diese Gefahr bestehe.

Schon in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25. Jänner 1993 wurde nämlich vorgeworfen, daß die Eignung, Leben und Gesundheit sowohl des Berufungswerbers als auch der Kunden zu gefährden, in der Brandgefahr gesehen wird.

Lärmerregungseignung und Gefährdungseignung durch Brandgefahr hat jedoch der Berufungswerber zu keiner Zeit, auch nicht in seiner Berufung, konkret bestritten.

5.3. Mit dem h. Erkenntnis 220492/3 vom heutigen Tag hat der unabhängige Verwaltungssenat die Rechtsansicht der belangten Behörde bestätigt, daß es sich bei der in Rede stehenden Tätigkeit des Berufungswerbers um die der Gewerbeordnung unterliegende Ausübung des konzessionspflichtigen Gastgewerbes handelt und die vorgeworfene Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 erwiesen ist. Damit aber handelt es sich bei den Räumen, in denen diese gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wurde, um eine gewerbliche Betriebsanlage iSd § 74 Abs.1 GewO 1973, welche jedenfalls im Hinblick auf die von der belangten Behörde festgestellten und auch vom Berufungswerber in Wahrheit nicht bestrittenen Lärmimmissionen und Brandgefahr geeignet war, die in § 74 Abs.2 GewO 1973 genannten Gefährdungen und Belästigungen zu verursachen. Sie unterlag daher nach der genannten Gesetzesstelle der Genehmigungspflicht, weshalb auch die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Berufungswerber habe durch deren genehmigungslosen Betrieb das Tatbild des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 erfüllt, nicht rechtswidrig ist (vgl. VwGH 19.6.1990, 90/04/0036).

5.4. Aus den dargelegten Gründen ist der Schuldspruch, weil auch die schon im Grunde des § 5 Abs.1 VStG anzunehmen gewesene schuldhafte Begehung der Tat nicht bestritten wurde und nach der Aktenlage nicht mit Erfolg hätte bestritten werden können, zu Recht erfolgt, und war das Straferkenntnis diesbezüglich - ohne daß es der Durchführung einer, vom Berufungswerber ohnedies nicht beantragten, öffentlichen mündlichen Verhandlung bedurft hätte - zu bestätigen und der Berufung insoweit der Erfolg zu versagen.

5.5. Gleichzeitig war jedoch aus dem Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses die Wendung "oder in anderer Weise" zu eliminieren, weil damit ein im Lichte des § 44a Z1 VStG in jeder Hinsicht unkonkretisiert gebliebener Sachverhalt vorgeworfen wurde.

Die verfügte Verbesserung des Straferkenntnisses in den Spruchelementen gemäß § 44a Z2 und Z3 VStG berührt nicht die Sachbindung des unabhängigen Verwaltungssenates an die Tat des Schuldspruchs, sondern betrifft deren rechtliche Einordnung.

Zu II. (Strafbemessung):

1. Der Berufungswerber bemängelt, daß, wenn der bis 50.000 S reichende Strafrahmen bedacht wird, die verhängte Geldstrafe nicht zum Ausdruck bringe, daß die belangte Behörde doch immerhin keinen Erschwerungsgrund, als mildernd aber die bisherige Unbescholtenheit gewertet habe.

Mit diesem Einwand ist der Berufungswerber im Recht. Die belangte Behörde hat bei ihrer Strafbemessung zwar offensichtlich die Grundsätze des § 19 VStG angewendet. Den Unrechtsgehalt der Tat und das Ausmaß des Verschuldens hat sie allerdings nicht ausdrücklich dargelegt. Mindestens jedoch war im Grunde des § 5 Abs.1 VStG ohne weiteres Fahrlässigkeitsschuld - grobe Sorgfaltsverletzung oder eine Schuldform des Vorsatzes hat die belangte Behörde nicht vorgeworfen - anzunehmen und war, nicht zuletzt wegen der fortgesetzten Tatbegehung durch nahezu fünfeinhalb Wochen, von einem nicht unbeträchtlichen Unrechtsgehalt auszugehen.

Dennoch aber hat die belangte Behörde bei ihrer Ermessensübung mit der verhängten Geldstrafe von 15.000 S zu hoch gegriffen. Der nach der Aktenlage zutreffend gewertete Milderungsgrund der Unbescholtenheit und die Nichtberücksichtigung von Erschwerungsgründen lassen eine auf 10.000 S herabgesetzte Geldstrafe, das entspricht einem Fünftel der Höchststrafe, als tat- und schuldangemessen erscheinen. Nach der Aktenlage ist die Bezahlung der herabgesetzten Geldstrafe dem Berufungswerber zumutbar.

2. Die Ersatzfreiheitsstrafe war herabzusetzen, weil zum einen ihr Ausmaß gemäß § 16 Abs.2 VStG in diesem Fall zwei Wochen nicht übersteigen darf - das von der belangten Behörde festgesetzte Ausmaß von 15 Tagen ist insoweit rechtswidrig - und zum anderen, weil das nun festgesetzte Ausmaß der Wahrung einer annähernden Proportionalität zur herabgesetzten Geldstrafe dient.

3. Auf den Eventualantrag des Berufungswerbers, das Strafverfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen, brauchte nicht näher eingegangen werden, weil das VStG einen solchen Einstellungsgrund nicht vorsieht.

Zu III.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Kosten des Verfahrens ist bundesgesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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