Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220495/2/Schi/Ka

Linz, 25.08.1993

VwSen - 220495/2/Schi/Ka Linz, am 25. August 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Christian Schieferer über die Berufung des Ing. Ewald S, gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 26. Jänner 1993, Ge96/101/5-1990/Do/M, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.2 Z3 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 65 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Entscheidungsgründe:

Zu I: 1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 26. Jänner 1993, Ge96/101/5-1990/Do/M, wurde über den Berufungswerber als gewerberechtlichen Geschäftsführer eine Geldstrafe von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 40 Stunden) verhängt, weil er, wie durch ein Erhebungsorgan der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich am 27. November 1990 festgestellt wurde, am Haus der Frau Anna B, Fassadenausbesserungsarbeiten durch seine Bediensteten hat durchführen lassen, ohne im Besitz einer dafür erforderlichen Baumeisterkonzession zu sein. Er habe dadurch gegen § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 iVm §§ 157 und 5 Z2 GewO 1973 verstoßen.

1.2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 29. Jänner 1993 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 12. Februar 1993 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Einsicht genommen in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Eferding, Ge96/101/5-1990/Do/1/M. Da bereits aus diesem hervorging, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu die Nachweise bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S.936 ff; Manlicher-Quell, das Verwaltungsverfahren, 2. Halbband, 8. Auflage, S.782 ff; Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze Band II, S.381 ff) bedeutet dies, daß einerseits die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und das andererseits die Identität der Tat (insbesondere nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Diesem Gebot ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses zum einen die Tat in entsprechend konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, so daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch zum anderen geeignet ist, dem Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

3.2. Diesen Anforderungen wird das mit der vorliegenden Berufung angefochtene Straferkenntnis nicht gerecht.

3.2.1. Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses läßt jegliche Umschreibung der Tatzeit vermissen. Die bloße Angabe des Datums, wann von einem Erhebungsorgan der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich festgestellt wurde, daß an einem bestimmten Haus Fassadenausbesserungsarbeiten ohne die erforderliche Baumeisterkonzession durchgeführt wurden, genügt der Voraussetzung einer hinlänglichen zeitlichen Konkretisierung in keiner Weise. Nur bei Angabe der genauen Tatzeit (zumindest des Tages oder der Tage, an denen diese Arbeiten stattfanden) wäre die Tat vom denkmöglichen Vorwurf einer oder mehrerer weiterer Taten im gleichen Zeitraum hinreichend abgegrenzt.

3.2.2. In diesem Zusammenhang ist noch darauf zu verweisen, daß es sich bei den in Rede stehenden Anforderungen um Sprucherfordernisse handelt, es daher gleichgültig ist, ob sich Behörde und Beschuldigte im Verfahren über Tatzeit und Tatort "einig" waren (es könnte ja auch ein Irrtum auf beiden Seiten vorliegen) bzw daß sich der ausreichende Konkretisierungsgrad eventuell aus der Begründung ergibt (vgl. Hauer-Leukauf, a.a.O., S.940 m.w.N) was im vorliegenden Fall - wie im Punkt 3.4. gleich darzustellen sein wird - ohnehin nicht der Fall ist.

3.3. Zur "Pflicht" der Berufungsbehörde, einem allenfalls fehlerhaften Abspruch der ersten Instanz im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl.dazu etwa dessen Erkenntnisse vom 25. Juni 1992, 92/09/0054 und vom 22. April 1993, 92/09/0377) ist folgendes festzustellen:

Nach dieser Rechtsprechung könnte bzw müßte die Berufungsbehörde gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG innerhalb der Verjährungfrist den Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a VStG entsprechend korrigieren. Der O.ö. Verwaltungssenat hat aber in zahlreichen Entscheidungen bereits zum Ausdruck gebracht (vgl. zB VwSen-260022 vom 6.7.1992 und VwSen-240053 vom 9.3.1993) zum Ausdruck gebracht hat, daß schon allgemein dem aus Art.6 Abs.1 MRK abzuleitenden Prinzip des "fairen Verfahrens" mit dem eine Doppelfunktion des unabhängigen Verwaltungssenates als Anklage - und rechtsfindende Institution unvereinbar ist. Im vorliegenden Fall kann jedoch die hier skizzierte unterschiedliche Rechtsauffassung zwischen Verwaltungsgerichtshof und O.ö. Verwaltungssenat dahingestellt bleiben, weil der Spruch ohnehin nicht verbesserungsfähig ist.

3.4. Mit Schreiben vom 21. März 1993 (ON 7) hat die Bezirkshauptmannschaft Eferding dem Berufungswerber wegen des vorliegenden Sachverhaltes zur Rechtfertigung aufgefordert, wobei als Tatzeit "Oktober 1990" angegeben wurde. Auch der Berufungswerber hat in seiner Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten (ON 8) am 22. April 1991 angegeben, daß es richtig sei, daß im Oktober 1990 die angeführten Arbeiten ausgeführt wurden. Etwas später gab er an, daß diese Arbeiten ca. zwei Tage für zwei Arbeitnehmer gedauert hätten. Nun ist zwar hinsichtlich der Tatzeit "Oktober 1990" keine Verfolgungsverjährung eingetreten, da - wie eben dargestellt - mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21. März 1991 (zur Post gegeben am 22. März 1991) rechtzeitig eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 iVm § 31 Abs.2 VStG gesetzt worden ist. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch die Tatzeit möglichst konkret, insbesondere im Hinblick auf die ihm zur Last gelegte Tat zu formulieren. Die Umschreibung der Tatzeit allein mit der Angabe des Monates (hier: "im Oktober 1990") reicht keineswegs im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hin, dem Berufungswerber vor einer möglichen Doppelbestrafung zu schützen. Insbesondere im Hinblick darauf, daß der Berufungswerber selbst angegeben hat, daß diese Arbeiten lediglich zwei Tage gedauert hätten. Da der Monat Oktober immerhin 31 Tage aufweist, liegt es klar auf der Hand, daß auch der O.ö. Verwaltungssenat - selbst wenn man eine Pflicht annimmt, einen fehlerhaften Abspruch der ersten Instanz richtigzustellen oder zu ergänzen - nicht in der Lage ist, den erstbehördlichen Spruch der strengen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend zu konkretisieren. Eine Konkretisierung des Spruches lediglich mit der Tatzeitumschreibung "im Oktober 1990" wäre aber - wie bereits dargestellt - rechtswidrig, weil sie den Berufungswerber nicht vor einer allfälligen Doppelbestrafung schützen würde.

4. Konnte damit aber im Ergebnis die Tat in einer dem Gebot des § 44a Z1 VStG entsprechenden Konkretisierung überhaupt nicht erwiesen werden, so war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG schon aus diesem Grunde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen. Zu II: Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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