Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220498/3/Schi/<< Rd>> Linz, am 22. Oktober 1993 VwSen 220498/3/Schi/<< Rd>>

Linz, 22.10.1993

VwSen 220498/3/Schi/<< Rd>> Linz, am 22. Oktober 1993
VwSen - 220498/3/Schi/<< Rd>> Linz, am 22. Oktober 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Christian Schieferer über die Berufung des Herrn Paul P, gegen das Straferkenntnis des Magistrates (Bürgermeisters) der Stadt Wels vom 10.2.1993, GZ: MA2-Ge-2673-1992 Scho (miterledigt MA2-Ge-2748-1992), wegen Übertretungen des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird in allen Punkten bestätigt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idF, BGBl.Nr. 666/1993; § 19, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 VStG. § 3 Abs.1 und § 9 Abs.1 Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen, BGBl.Nr. 237/1972 idF des Bundesgesetzes BGBl.Nr. 209/1986.

II. Der Rechtsmittelwerber hat an Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren 3.200 S binnen zwei Wochen an den O.ö. Verwaltungssenat zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Magistrat der Stadt Wels hat mit Datum vom 10.2.1993, GZ: MA2-Ge-2673-1992 Scho, miterledigt MA2-Ge-2748-1992, ein Straferkenntnis erlassen; dessen Spruch lautet:

"I. Sie sind als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs.2 VStG für die Bereiche Packerei, Expedit und Warenübernahme der Firma Obst H, dafür verantwortlich, daß, wie aufgrund einer Überprüfung der Arbeitsaufzeichnungen dieses Betriebes durch das Arbeitsinspektorat Wels am 21.8.1992 festgestellt wurde, die nachstehend angeführten Arbeitnehmerinnen im Mai 1992 entgegen den Bestimmungen des Gesetzes über die Nachtarbeit der Frauen (Beschäftigung in der Nacht zwischen 20.00 Uhr und 6.00) beschäftigt wurden:

1) G - Packerei 18. Mai 1992 bis 22.16 Uhr 19. Mai 1992 bis 20.22 Uhr 25. Mai 1992 bis 20.39 Uhr 26. Mai 1992 bis 21.30 Uhr 29. Mai 1992 bis 21.08 Uhr 2) F - Packerei 6. Mai 1992 bis 20.46 Uhr 13. Mai 1992 bis 21.52 Uhr 18. Mai 1992 bis 22.16 Uhr 20. Mai 1992 bis 21.35 Uhr 21. Mai 1992 bis 21.01 Uhr 25. Mai 1992 bis 20.46 Uhr 26. Mai 1992 bis 21.30 Uhr 29. Mai 1992 bis 21.01 Uhr 3) G - Packerei 5. Mai 1992 bis 21.00 Uhr 6. Mai 1992 bis 21.00 Uhr 7. Mai 1992 bis 21.21 Uhr 12. Mai 1992 bis 20.20 Uhr 13. Mai 1992 bis 22.20 Uhr 20. Mai 1992 bis 21.33 Uhr 25. Mai 1992 bis 21.37 Uhr 4) R - Packerei 4. Mai 1992 bis 20.16 Uhr 6. Mai 1992 bis 20.46 Uhr 7. Mai 1992 bis 20.15 Uhr 12. Mai 1992 bis 20.22 Uhr 13. Mai 1992 bis 22.00 Uhr 16. Mai 1992 bis 22.05 Uhr 18. Mai 1992 bis 22.01 Uhr 19. Mai 1992 bis 20.22 Uhr 20. Mai 1992 bis 21.37 Uhr 21. Mai 1992 bis 21.00 Uhr 25. Mai 1992 bis 20.40 Uhr 26. Mai 1992 bis 21.30 Uhr 29. Mai 1992 bis 21.08 Uhr 5) S - Packerei 6. Mai 1992 bis 20.45 Uhr 13. Mai 1992 bis 21.52 Uhr 16. Mai 1992 bis 22.00 Uhr 21. Mai 1992 bis 21.01 Uhr 25. Mai 1992 bis 20.46 Uhr 6) S - Packerei 13. Mai 1992 bis 21.09 Uhr 29. Mai 1992 bis 21.01 Uhr Gemäß § 3 Abs.1 FNG dürfen Dienstnehmerinnen in der Nacht zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr nicht beschäftigt werden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 3 Abs.1 des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen, BGBl.Nr. 237/1972 i.d.g.F. in 6 Fällen Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S : falls diese uneinbringlich gemäß § 9 Abs.1 ist, Ersatzfreiheitsstrafe i.Z.m § 3 Abs.1 von 4 Tagen 2 x 2.000,-- S 4.000,-Pkt. 5 und 6 4 x 3.000,-- S 12.000,-----------Pkt. 1 - 4 Summe S 16.000,-Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

1.600,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher 17.600,-- Schilling.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)." 2. In seiner rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung macht der rechtsfreundlich vertretene Rechtsmittelwerber, ohne daß er die einzelnen Arbeitszeitüberschreitungen in Frage stellt, im wesentlichen geltend, daß die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen sich nur im Monat Mai 1992 ereignet hätten. Damals seien trotz entsprechender Vorankündigungen der Zeitpunkte des Einlangens von Transporten durch die jeweiligen Frächter diese Zeitpunkte nicht eingehalten worden. Die leicht verderblichen Obstund Gemüselieferungen mußten daher noch am selben Tag (abend) abgefertigt werden. Das tagsüber eingesetzte männliche Personal sei damals weitestgehend ausgelastet gewesen bzw. die Tagesarbeitszeit dieser Arbeitnehmer sei erreicht gewesen, sodaß er keine männlichen Arbeitskräfte für diese Tätigkeit einsetzen hätte können und gezwungen war, um den Verderb der Waren hintanzuhalten die Frauen auch nach 20.00 Uhr einzusetzen. Eine Vorsorge, daß jeden Abend nach 20.00 Uhr ausreichend viele männliche Arbeitskräfte zur Verfügung stünden, sei deshalb untragbar, weil dann eine große Anzahl von Arbeitskräften ständig anwesend sein müßte und dadurch eine wirtschaftliche Führung des Betriebes nicht mehr gegeben wäre. Darüber hinaus könne er wohl das Einstellen von Arbeitnehmern fordern, er könne aber selbst keine zusätzlichen Arbeitnehmer einstellen. Im übrigen sei sein Verschulden geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend, da die Beschäftigung der Frauen teilweise nur bis 22.20 Uhr dauerte. Er habe deshalb einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 21 VStG. Im übrigen bekämpfe er auch die Höhe der verhängten Geldstrafe, da diese nicht seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen angepaßt sei und bei weitem seine Leistungsfähigkeit übersteige.

Zusammenfassend beantragt der Rechtsmittelwerber das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen bzw. unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen; allenfalls die verhängte Geldstrafe auf insgesamt 5.000 S herabzusetzen und die Ersatzfreiheitsstrafe mit zwei Tagen festzusetzen.

3. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt, sodaß dieser gemäß § 51 Abs.1 VStG zur Entscheidung zuständig ist. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Einsicht genommen in den Strafakt der belangten Behörde zu Zl. MA2-Ge-2673-1992 Scho (miterledigt MA2-Ge-2748-1992) und da in den einzelnen Fällen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied über die zulässige Berufung erwogen:

5. Da der Sachverhalt klar gegeben ist und nur die rechtliche Beurteilung angefochten wurde, war die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen (§ 51e Abs.2 VStG).

6. Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen dürfen Dienstnehmerinnen während der Nacht nicht beschäftigt werden (Abs.1). Als Nacht im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt ein Zeitraum von mindestens 11 aufeinander folgenden Stunden, der die Zeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr einschließt (Abs.2). Nach § 9 Abs.1 leg.cit. sind Dienstnehmer oder deren Bevollmächtigte, die § 3 Abs.1 oder den §§ 4 bis 7 zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, soweit es sich um Betriebe handelt, die der bergbehördlichen Aufsicht unterliegen, von der Berghauptmannschaft mit einer Geldstrafe von 1.000 S bis 15.000 S, im Wiederholungsfall von 3.000 S bis 30.000 S zu bestrafen.

7. Mit seinen Ausführungen macht der Berufungswerber zunächst im Ergebnis einen Schuldausschließungsgrund des übergesetzlichen Notstandes geltend; hiezu wird auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach wirtschaftliche Einbußen die Verantwortung für die Einhaltung einer Norm (hier des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen) nicht aufheben können. Die Vernichtung der Existenz im Falle der Einhaltung des FNG wurde nicht behauptet und wurde auch sonst nicht dokumentiert. Wenngleich dem Berufungswerber zuzubilligen ist, daß in seinem Betrieb das FNG schwieriger einzuhalten ist, als in anderen Betrieben, so muß der für die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen verantwortlichen Person immerhin zugemutet werden, daß eine entsprechende personelle Disposition, etwa dahingehend, daß Frauen ausschließlich tagsüber beschäftigt werden und männliche Arbeitnehmer für solche Tätigkeiten herangezogen werden, bei denen fallweise durch verspätete Lieferungen von verderblichen Waren Arbeitszeiten bis nach 20.00 Uhr entstehen können, sodaß keine derartigen Übertretungen sich ergeben, um seine Sorgfaltspflicht zu erfüllen. Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß dem Berufungswerber die Möglichkeit offengestanden wäre, für die Dauer von außerordentlichen Verhältnissen einen Antrag nach § 3 Abs.3 des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen zu stellen. Danach kann das Arbeitsinspektorat auf Antrag eines Betriebsinhabers nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstgeber und der Dienstnehmer für Betriebe, die dem Einfluß der Jahreszeit unterworfen sind oder allgemein, wenn außerordentliche Umstände es erfordern, auf die Dauer von zwei Wochen, jedoch für nicht mehr als 40 Tage innerhalb eines Kalenderjahres, zulassen, daß als Nacht ein Zeitraum von mindestens 10 aufeinander folgenden Stunden, der die Zeit zwischen 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr einschließt, gilt.

8. Wenn man auch das Verschulden des Rechtsmittelwerbers als nicht besonders ins Gewicht fallend wertet, erschien der Unrechtsgehalt der Tat demgegenüber als gravierend und mußte die Anwendung des § 21 VStG ausgeschlossen bleiben.

Geschützt ist nach dem Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen die Gesundheit und das Ruhebedürfnis und insbesondere der Schutz der weiblichen Arbeitnehmer. Bei den vorliegenden fortgesetzten Delikten war beachtlich, daß hinsichtlich der Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes jeweils mehrere, zum Teil sogar ungewöhnlich viele Einzelfakten hinsichtlich der einzelnen Dienstnehmerinnen vorlagen (betreffend die Dienstnehmerinnen Führlinger Herta, Görecka Stanislawa und Rustemoska Dulzime). Entgegen der vom Berufungswerber vertretenen Meinung, daß die Beschäftigung teilweise "nur" 22.20 Uhr erreichte, hält es der unabhängige Verwaltungssenat für sehr gravierend, daß die Beschäftigung der Frauen dennoch in einigen Fällen sogar über 22.00 Uhr hinausging. Auch der diesbezügliche Unrechtsgehalt ist daher als bedeutsam zu qualifizieren.

Angesichts der Verwirklichung der objektiven und subjektiven Tatseite des vorgeworfenen strafwürdigen Verhaltens und der bereits vorgenommenen Gewichtung der objektiven und subjektiven Tatseite war hinsichtlich der Strafzumessungsgründe der Strafrahmen in Erinnerung zu rufen.

Dieser beträgt, wie oben unter Punkt 6. ausgeführt, von mindestens 1.000 S bis 15.000 S, im Wiederholungsfall von 3.000 S bis 30.000 S. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse hat der Rechtsmittelwerber anläßlich seiner Vernehmung am 28.9.1992 vor dem Magistrat der Stadt Wels ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 25.000 S und Sorgepflicht für zwei Kinder sowie kein Vermögen angegeben. Unter Zugrundelegung dieser Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sind die verhängten Geldstrafen im Hinblick auf general- und spezialpräventive Zwecke tat- und schuldangemessen und nicht überhöht; auch ist die Leistung der Geldstrafe dem Beschuldigten zumutbar. Auf die Möglichkeit der Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen gemäß § 54b Abs.3 VStG wird hingewiesen.

In der Zusammenschau der Strafzumessungsgründe sowie unter Bedachtnahme auf die einzelnen Fakten hat die Strafbehörde die unterschiedlichen Gewichte der Unrechtsgehalte auch dementsprechend berücksichtigt und den Strafrahmen für Ersttäter maximal bis zu einem Fünftel ausgeschöpft.

Nachdem ihr hiebei kein Ermessensfehler unterlaufen ist, war das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze zu bestätigen. Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß der Rechtsmittelwerber gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG einen Kostenbeitrag von 20% der ausgesprochenen Strafen für den Aufwand des Berufungsverfahrens an den O.ö. Verwaltungssenat zu entrichten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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