Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220509/7/Ga/La

Linz, 15.06.1993

VwSen - 220509/7/Ga/La Linz, am 15. Juni 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Karl B, gegen das wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes erlassene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 22. Februar 1993, Zl. Ge-4817/1991, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 31 Abs.1 und Abs.2, § 32, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Der Bürgermeister der Stadt Steyr (als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung schuldig gesprochen, weil er es als gemäß § 9 Abs.2 VStG Verantwortlicher der in , befindlichen Filiale der Hartlauer Handelsgesellschaft m.b.H. zu vertreten habe, daß, wie anläßlich einer Überprüfung in dieser Filiale durch Organe des Arbeitsinspektorates für den 2. Aufsichtsbezirk in Wien am 7. Juni 1991 festgestellt wurde, in insgesamt sechs Fällen Arbeitnehmerschutzvorschriften des technischen Sicherheitsbereichs nicht eingehalten wurden; deswegen wurde über ihn wegen Verletzung des § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes (iVm weiteren, im einzelnen angeführten Arbeitnehmerschutznormen) durch sechs selbständige Taten gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes Geldstrafen in der Höhe von (zusammengezählt) 27.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen:

zusammengezählt 648 Stunden) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von (zusammengezählt) 2.700 S zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die bei der Strafbehörde mit Schriftsatz eingebrachte Berufung.

Vordergründig könnte der Berufungserklärung und dem Berufungsantrag ein nur auf die Bekämpfung der Höhe der verhängten Geldstrafen gerichtetes Rechtsmittel entnommen werden. Mit hinreichender Klarheit ist jedoch aus der Berufungsbegründung erkennbar (vgl. VwGH v. 14.12.1992, Zl. 92/10/0394), daß der Berufungswerber sich gegen die Bestrafung als solche wendet, u.zw. deswegen, weil ihm Strafübel für Mißstände, für deren Herbeiführung er sich nicht verantwortlich fühle, zugefügt werde. Die Gesamtumstände dieses Falles würdigend, geht daher der unabhängige Verwaltungssenat im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers davon aus, daß sein Rechtsmittel in Wahrheit auch gegen den Schuldspruch gerichtet ist.

2. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge-4817/1991, über die - zulässige - Berufung erwogen:

3.1. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

3.2. In diesem dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegten Fall ist nämlich die Verjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG nie unterbrochen worden, weil eine das Strafverfahren einleitende (erste) Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG von einer zur Anwendung des VStG gemäß Art. II EGVG bestimmten Behörde gegen den Berufungswerber als Beschuldigter während laufender Verjährungsfrist nicht gerichtet worden ist. Das mit Datum vom 16. September 1991 von der belangten Behörde ausschließlich an den Rechtsfreund der Hartlauer Handelsgesellschaft m.b.H. gerichtete Schreiben hat keinen anderen Inhalt als die Aufforderung, den gemäß § 9 VStG Verantwortlichen für die vom involvierten Arbeitsinspektorat angezeigte Verwaltungsübertretung innerhalb bestimmter Frist (der belangten Behörde) bekanntzugeben. Diesem Schreiben war in Kopie die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 2. Aufsichtsbezirk angeschlossen. Diese Anzeige führt im Betreff nur die genannte Gesellschaft (mit aktenkundigem Sitz in Steyr); der Name des Berufungswerbers ist in der Anzeige offenbar schon deshalb nicht erwähnt, weil er dem anzeigenden Arbeitsinspektorat zum Kontrollzeitpunkt nicht bekannt gewesen ist.

Mit diesem Inhalt hat das zitierte Schreiben der belangten Behörde nicht die Qualität einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG. Aber auch nachdem der Rechtsfreund des bezeichneten Untrnehmens den für die mit der Anzeige an die belangte Behörde herangetragenen Gesetzesübertretungen verantwortlichen Beauftragten bekanntgegeben hatte, ist in der Folge ein als strafverfahrensrechtliche Verfolgungshandlung zu qualifizierender Tatvorwurf an den Berufungswerber während aufrechter Verfolgunsverjährungsfrist nicht erfolgt.

Das bekämpfte, am 24. Februar 1993 abgefertigte Straferkenntnis ist somit die erste Verfolgungshandlung im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung; zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits Verjährung eingetreten.

4. Aus diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben; gleichzeitig war die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen, weil iSd § 45 Abs.1 Z3 VStG Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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