Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220511/22/Schi/Ka

Linz, 26.05.1994

VwSen-220511/22/Schi/Ka Linz, am 26. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 5.

Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt; Berichter: Dr. Schieferer; Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung des Herrn Dr.

A. P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R. vom 8. März 1993, Zl.Ge.., wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung am 19. Mai 1994, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit eingangs zitiertem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R. vom 8. März 1993 wurde der Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z4 iVm § 81 Abs.1 und § 74 Abs.2 Z5 GewO 1973 eine Geldstrafe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der F. GmbH bzw der E. M. Handelsges.m.b.H.

(Muttergesellschaft der F. GmbH) dafür verantwortlich ist, daß eine Ölabfülleinrichtung für Biosägekettenöl und Motoröle von der zu sanierenden früheren Ölabfüllhalle in die ehemalige PKW-Waschhalle verlegt und somit eine wegen des Schutzes der Gewässer (Grundwasser) genehmigungspflichtige Betriebsanlage geändert und zumindest vom 13.1.1992 bis 20.1.1993 betrieben wurde, obwohl die Änderung der Betriebsanlage und das Betreiben der Änderung dann genehmigungspflichtig ist, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 GewO 1973 umschriebenen Interessen (im vorliegenden Fall Schutz der Gewässer) erforderlich ist.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.500 S festgelegt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wurde. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß einerseits aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht erkennbar sei, ob der Berufungswerber als Verantwortlicher der F. GmbH oder als Verantwortlicher der angeblichen Mutterfirma der E. M.handels GmbH zur Verantwortung gezogen wird. Weiters sei während der angeführten Tatzeit nicht der Berufungswerber, sondern der Geschäftsführer K. T., Verantwortlicher der F.

GmbH gewesen. Außerdem sei die Firma E.

M. Handelsges.m.b.H. nicht die Muttergesellschaft der F. GmbH; vielmehr sind seit Mai 1991 beide Gesellschaften getrennt und gehören unterschiedlichen Gesellschaftern. Schließlich weist der Berufungswerber daraufhin, daß die Verlagerung der Betriebsanlage lediglich einen kleinen Teil der Gesamtanlage, nämlich vier Öltanks, eine Verschlußmaschine sowie eine Ölabfüllanlage umfaßte; diese wurden abgebaut und in der Waschhalle nur zwischengelagert bzw infolge fehlender Verkabelung nie in Betrieb genommen. Aus diesem Grund könne eine gewerberechtliche Genehmigung hiefür nicht erforderlich sein. Außerdem sei der Boden der Waschhalle nachweislich flüssigkeits- und insbesondere öldicht, weil ein Ölabscheider vorhanden sei sowie die Waschhalle durch eine betonierte Auffangwanne im Störfall jegliches Öl hätte auffangen können. Aus diesem Grund könne sich keine Genehmigungspflicht ergeben, weshalb dadurch auch keine Strafbarkeit indiziert werden könne.

3. Die Bezirkshauptmannschaft R.. als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt samt der Berufung vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c VStG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige 5. Kammer, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat zunächst im Vorverfahren vom Landesgericht R.. als Handelsgericht Firmenbuchauszüge über die Firma E. M. Handelsges.m.b.H. (Abteilung B Nr.405) und F. GmbH (Abteilung B Nr.407) eingeholt sowie von der belangten Behörde einen Auszug aus dem Gewerberegister betreffend die beiden Firmen beigeschafft. Weiters hat der unabhängige Verwaltungssenat Beweis erhoben durch Anberaumung und Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Mai 1994.

5. Aufgrund des vorgelegten Verwaltungsaktes, der eingeholten weiteren Unterlagen sowie des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Mai 1994 hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81 leg.cit.).

Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Geräten oder Maschinen, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, ua zufolge Z5 eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen.

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1973 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

5.2. In ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird ausgesprochen, daß gemäß § 44a lit.a VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat.

Danach erscheint es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2. die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

Es muß daher dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

5.3. Diesen Konkretisierungsanforderungen entspricht weder die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. Jänner 1992 noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses. Denn nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Angabe des Tatortes ein wesentliches Tatbestandsmerkmal im Sinne des § 44a Z1 VStG dar. Nun findet sich im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zwar die Firmenbezeichnung "F. GmbH bzw E. M. Handelsges.m.b.H." jedoch ist der Standort der gewerblichen Betriebsanlage bzw der die Betriebsanlage betreibenden GesmbH nirgends ausdrücklich angeführt. Auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. Jänner 1992 findet sich derartiges nicht; nicht einmal in der Begründung des angefochtenen Bescheides ist der Tatort enthalten.

5.4. Nach § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von einer Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Eine Verfolgungshandlung unterbricht nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat. Diesem Erfordernis wurde, wie oben angeführt, nicht entsprochen.

Dem O.ö. Verwaltungssenat war es daher im Rahmen seiner Entscheidungspflicht gemäß § 66 Abs.4 AVG, welche auch eine Berechtigung und Verpflichtung enthält, den fehlerhaften Spruch der Strafbehörde zu berichtigen, verwehrt, eine diesbezügliche Spruchergänzung bzw Berichtigung vorzunehmen, weil bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

5.5. Es war daher das gegenständliche Straferkenntnis - ohne daß in die Sache näher einzugehen war - aufgrund der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6. Der Vollständigkeit halber wird noch darauf hingewiesen, daß - abgesehen von der fehlenden Tatortbezeichnung - das angefochtene Straferkenntnis noch weitere Mängel enthält.

6.1. Nach § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 liegen zwei Fälle strafbarer Tatbestände vor, die aber im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses unzulässigerweise vermengt wurden. Bei der konsenslosen Änderung einer genehmigten Betriebsanlage handelt es sich um ein Zustandsdelikt (1.

Fall); beim Betrieb der Betriebsanlagen nach der Änderung ohne entsprechende Genehmigung handelt es sich hingegen um ein fortgesetztes Delikt. Entsprechend der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wäre jedenfalls im Spruch des Straferkenntnisses zunächst zum Ausdruck zu bringen zu gewesen, daß für die schon bestehende Anlage eine rechtskräftige Genehmigung vorliegt. Weiters hätte die Änderung der genehmigten Betriebsanlage sowie der Betrieb nach der Änderung ohne entsprechende Genehmigung getrennt werden müssen. Auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungssenat konnte nicht einwandfrei geklärt werden, wann tatsächlich die Änderung der Betriebsanlage durchgeführt wurde (während der Berufungswerber angab, es sei etwa im Jahr 1991 gewesen, gab der Zeuge T. an, dies wäre im Jahr 1990 der Fall gewesen).

6.2. Weiters war dem Berufungswerber insofern Recht zu geben, da das angefochtene Straferkenntnis bzw dessen Spruch nicht erkennen ließ, ob gegen ihn als gewerberechtlichen Geschäftsführer der F. GmbH oder der E.

M. Handelsges.m.b.H. die Strafe verhängt werden sollte; aus dem Akteninhalt sowie aufgrund der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergab sich, daß der Berufungswerber zwar während des ganzen Tatzeitraumes gewerberechtlicher Geschäftsführer der F. GmbH war, jedoch gewerberechtlicher Geschäftsführer der E. M.

Handelsges.m.b.H. erst seit 4.3.1992. Aus diesem Grund wäre auch der alternative Vorwurf über den Zeitraum 13.1.1992 bis 20.1.1993 als gewerberechtlicher Geschäftsführer der F.

GmbH bzw. der E. M. Handelsges.m.b.H.

strafrechtlich unzulässig gewesen.

7. Einer Verbesserung durch den unabhängigen Verwaltungssenat ist der Schuldspruch nicht (mehr) zugänglich, weil es sich vorliegend nicht etwa nur um Konkretisierung von bloß unklar formulierten Tatbestandselementen (vgl VwGH vom 28.6.1988, 88/04/0047), sondern um einen von vornherein wesentlich unvollständig vorgeworfenen Tatbestand handelte.

8. Es war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen, weil eine weitere Verfolgung nicht mehr möglich ist.

9. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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