Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220550/5/Kl/Rd

Linz, 02.05.1994

VwSen-220550/5/Kl/Rd Linz, am 2. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des J.W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R. vom 9.3.1993, Ge-.., wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973 bzw. dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt jegliche Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 9, 45 Abs.1 Z2 erste Alternative und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R.

vom 9.3.1993, Ge-.., wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 10.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z26 GewO 1973 verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der "Granitwerke S. W. KG" mit dem Sitz in A., am 24.8.1992 in N., den Arbeitnehmer M.R. mit dem Spalten von Granitsteinen an der hydraulischen Spaltpresse der Firma XX s.r.l. Nr. 063, Baujahr 1992/05, beschäftigt hat, ohne daß diese Presse mit einer Stauberfassungsanlage für den beim Spalten der Steine entstehenden Staub ausgestattet war. Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft R. vom 14.9.1976, Zl.:

Ge.., wurde ua in der Auflage unter Punkt 7 vorgeschrieben, daß alle Steinbearbeitungsplätze mit einer wirksamen Stauberfassungs- und Absaugeanlage auszustatten sind. Die Anlagen sind ständig intakt zu halten und zu warten.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S festgelegt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und es wurde diese damit begründet, daß seit 1.8.1992 der Berufungswerber nicht mehr Geschäftsführer der Granitwerke S. GesmbH ist. Ergänzend dazu wurde mit Schriftsatz vom 20.4.1993 ausgeführt, daß der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der GesmbH mit 1.8.1992 ausgeschieden ist und aber nach wie vor gewerberechtlicher Gesellschafter bzw. Geschäftsführer sei. Im übrigen wurde darauf hingewiesen, daß das Arbeitsinspektorat sich auf § 31 Abs.1 der AAV bezieht. Betroffen seien davon jedenfalls bei einer probeweisen Inbetriebnahme nicht solche Gefahren, die erst nach vieljähriger Einwirkung auf den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers negative Auswirkungen zeigen. Auch sei aus diesem Grund eine Strafe von 10.000 S nicht gerechtfertigt.

Außerdem werde auf die schwierige wirtschaftliche Situation hingewiesen, sowie auf die Kosten der Anschaffung einer Staubabsauganlage.

3. Die Bezirkshauptmannschaft R.als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Gegenäußerung erstattet.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt sowie durch ergänzende Ermittlungen im Wege der Bezirkshauptmannschaft R.

Diese hat über Ersuchen einen Auszug über das Firmenbuch vorgelegt, wonach ersichtlich ist, daß zum Tatzeitpunkt (24.8.1992) als einzige persönlich haftende Gesellschafterin der S. KG die W. GesmbH eingetragen ist, deren alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer Mag. W.W. ist. Der Berufungswerber ist demnach als persönlich haftender Gesellschafter ausgeschieden.

Da bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit diesem Erhebungsergebnis ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Die Bezirkshauptmannschaft R. hat mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 14.9.1976, Ge., für die zentrale Betriebsanlage für Steinbearbeitung in N. aufgrund einer gewerbebehördlichen Überprüfung gemäß §§ 333, 338 und 379 Abs.2 GewO 1973 sowie gemäß § 27 Abs.2 des ASchG zusätzliche Bescheidauflagen vorgeschrieben, darunter auch unter Punkt 7, daß alle Steinbearbeitungsplätze mit einer wirksamen Stauberfassungs- und Absauganlage auszustatten sind. Diese Anlagen sind ständig intakt zu halten und zu warten.

5.2. Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idgF, begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Es war davon auszugehen, nicht zuletzt auch aufgrund der im zugrundeliegenden obzitierten Bescheid genannten Rechtsgrundlagen, daß die gegenständliche Bescheidauflage - wenngleich auch im Zuge eines gewerbebehördlichen Überprüfungsverfahrens - im Grunde des § 27 Abs.2 ASchG zum Zweck des Arbeitnehmerschutzes ergangen ist, und daher die Nichteinhaltung der Auflage eine Mißachtung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen darstellt. Es ist daher das Tatbild der Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.2 lit.p ASchG erfüllt.

Es hat daher auch das Arbeitsinspektorat für den 9.

Aufsichtsbezirk die Übertretung nach § 31 Abs.2 lit.p ASchG der Bezirkshauptmannschaft R. angezeigt. Dazu hat auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29.9.1992, 88/08/0176, ausgeführt, daß bei den vom Arbeitsinspektorat inkriminierten Übertretungen es sich nicht um solche der Gewerbeordnung, sondern um Verletzungen des ASchG handelt.

Dies ist sowohl für die Frage des Beschuldigten und der Art seiner Verantwortlichkeit (der gewerberechtliche Geschäftsführer ist nicht der für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften Verantwortliche) als auch für die Frage des Tatortes von entscheidender Bedeutung.

5.3. Der Berufungswerber wurde als gewerberechtlicher Geschäftsführer hinsichtlich der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung zur Verantwortung gezogen. Dies geschah zu Unrecht. Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes gehören nämlich nicht zu den gewerberechtlichen Vorschriften, für deren Einhaltung der gewerberechtliche Geschäftsführer verantwortlich ist. Vielmehr ist strafrechtlich verantwortlich der handelsrechtliche Geschäftsführer (VwGH 27.9.1988, 88/08/0088).

Tritt auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Verantwortlichkeit bzw. der Eigenschaft des Verantwortlichen keine Verjährung ein, so konnte aber eine diesbezügliche Spruchkorrektur nicht vorgenommen werden. Wie sich nämlich aufgrund der Berufungsausführungen im Zusammenhalt mit dem Erhebungsergebnis gezeigt hat, war zum Tatzeitpunkt einzig persönlich haftende Gesellschafterin der S. KG die W. GesmbH, deren einziger handelsrechtlicher Geschäftsführer Mag. W.W. ist.

Es bestand daher der Einwand des Berufungswerbers, zum Tatzeitpunkt bereits als handelsrechtlicher Geschäftsführer ausgeschieden und daher nicht verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich zu sein, zu Recht.

Da die vorgeworfene Verwaltungsübertretung vom Berufungswerber daher im Sinn der obigen Ausführungen nicht begangen wurde, war das Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Nähere Ausführungen zum weiteren Sachvorbringen waren daher nicht mehr erforderlich.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren daher keine Verfahrenskostenbeiträge vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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