Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220590/2/Schi/Ka

Linz, 12.01.1994

VwSen-220590/2/Schi/Ka Linz, am 12. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des R.P., gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) erlassene Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrat) der Stadt W. vom 25. Mai 1993, Zl.MA2.., zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß a) Der Schuldspruch wie folgt einzuleiten ist: Sie haben es als gemäß § 9 Abs.1 VStG iVm § 370 Abs.2 GewO 1973 verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma B+P ..............."; b) im zweiten Satz des Spruches der Punkt 2.) zu lauten hat:

"die WC-Anlagen waren nicht bescheidgemäß (Punkt 2), weil beim Herren-WC die Türe zum Vorraum fehlte, das Damen-WC über keinen Vorraum verfügte; in beiden WC's Seife und Handtuch fehlten, die WC-Türen keine Beschilderung hinsichtlich des Geschlechts aufwiesen sowie eine Entlüftung fehlte",......

c) im Spruch des Straferkenntnisses nach dem Klammerausdruck "(Punkt 8)" folgender Satzteil zu entfallen hat: "und schließlich wurden die allgemeinen Vorschreibungen für Gaststätten in wesentlichen Punkten nicht eingehalten."; d) im Spruch als verletzte Rechtsvorschrift anzugeben ist:

"§ 367 Z26 GewO 1973 iVm den Auflagenpunkten 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 8 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 30. Jänner 1990, MA2-Ge-3145-1989"; e) im Spruch die angewendete Gesetzesbestimmung, nach der die Strafe verhängt wurde (§ 44a Z3 VStG) zu lauten hat:

"Gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1973".

II. Als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich sind 20 % der verhängten Strafe, ds 600 S, binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exektion zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister (Magistrat) der Stadt W. hat mit Straferkenntnis vom 25. Mai 1993, GZ MA2.., über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 367 Z26 GewO 1973 eine Geldstrafe von 3.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen verhängt, weil es der Berufungswerber als Verantwortlicher der Firma B+P Ges.mbH., zu vertreten, daß, wie am 18.

März 1993 festgestellt wurde, die Auflagenpunkte des für das Gastlokal "XX", W., geltenden Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 30. Jänner 1990, MA2-Ge-3145-1989, wie nachstehend dargestellt, nicht eingehalten wurden:

Es lag kein Elektroattest vor (Punkt 1), die WC-Anlagen waren nicht bescheidgemäß (Punkt 2), im Lokal war kein Feuerlöscher (Punkt 3), der Behälter für Zigaretten- und Zigarrenabfälle wurde widmungsfremd verwendet (Punkt 4), es gab keine ordnungsgemäße Fluchttüren und die Fluchtwegkennzeichnung fehlte (Punkt 5), es fehlte eine Fluchtwegorientierungsbeleuchtung (Punkt 6), im Lokal war kein Anschlag betreffend "das Verhalten im Brandfalle" angebracht (Punkt 8) und schließlich wurden die allgemeinen Vorschreibungen für Gaststätten in wesentlichen Punkten nicht eingehalten.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 300 S auferlegt.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, welche im wesentlichen darauf hinweist, daß zum Zeitpunkt der Überprüfung das Lokal wegen notwendigen Instandhaltungsarbeiten nicht geöffnet war bzw an diesem Tag kein Gastbetrieb durchgeführt wurde und auch nicht geplant war, später an diesem Abend das Lokal zu öffnen; es seien deshalb keine Gäste anwesend gewesen.

3. Der Bürgermeister (Magistrat) der Stadt W. hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem O.ö. Verwaltungssenat vorgelegt und keine Berufungsvorentscheidung erlassen, weshalb die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates gegeben war.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsstrafakt. Nach Einsichtnahme im Zusammenhalt mit den Berufungsausführungen erwies sich der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten geklärt. Der im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfene Sachverhalt wird daher auch der nunmehrigen Entscheidung zugrundegelegt.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 367 Z26 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

5.2. Mit Bescheid vom 30. Jänner 1990, MA2-Ge-3145-1989, wurde vom Magistrat der Stadt W. dem Berufungswerber die Betriebsanlagengenehmigung unter verschiedenen Auflagen erteilt. Anläßlich einer gewerbebehördlichen Überprüfung am 18. März 1993 zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr im Cafe "XX" in W., wurde von Organen des Magistrates der Stadt W, die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Mängel wahrgenommen. Weiters wurde festgehalten, daß sich neben dem Berufungswerber auch Frau M,S,G, sowie vier weitere Personen im Lokal befanden. Dies widerlegt sohin die Behauptung des Berufungswerbers, wonach das Lokal wegen Instandsetzungsarbeiten nicht geöffnet war; diesfalls hätten auch die Organe des Magistrates W, keinen Zutritt gehabt.

Dazu kommt noch, daß die Überprüfung erst zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr am 18. März 1993 stattgefunden hat, zu einer Zeit also, wo normalerweise Instandsetzungsarbeiten nicht durchgeführt werden. Im Lichte dieser Überlegungen ist auch die weitere Behauptung des Berufungswerbers zu sehen, wonach auch nicht geplant war, später an diesem Abend das Lokal zu öffnen. Schließlich waren neben der Kellnerin auch vier Gäste anwesend, sodaß auch die diesbezügliche Behauptung des Berufungswerbers, daß keine Gäste anwesend gewesen wären, geradezu aus der Luft gegriffen erscheint. Die Mängel selbst hat der Berufungswerber nicht bestritten.

Somit hat der Berufungswerber die objektive Tatseite zweifelsfrei verwirklicht.

5.3. Hinsichtlich der Schuldfrage war im Berufungsfall wegen der feststehenden Nichteinhaltung der im gewerbebehördlichen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen von der Erfüllung des objektiven Tatbestandes der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z26 GewO 1973 auszugehen. Diese Übertretung stellt ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG dar. Für die Strafbarkeit genügt alleine schon fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist diesfalls (bei Nichtbefolgung eines Gebotes) dann ohne weiteres anzunehmen wenn - wie hier - zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies hat der Berufungswerber in keiner Weise getan. Deshalb ist hier aus der objektiven Sorgfaltsverletzung zumindest auf das Vorliegen einer Fahrlässigkeitsschuld zu schließen, die der unabhängige Verwaltungssenat, und zwar in der Qualität einer schon auffallenden (groben) Sorglosigkeit, somit für erwiesen hält.

6. Hinsichtlich der Strafhöhe ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Demnach ist das Recht am Interesse einer geordneten Gewerbeausübung sowie auch insbesondere des Kunden- und Nachbarschutzes anzuführen, welche speziell durch die Nichteinhaltung der Auflagen des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides in erheblichem Maße verletzt ist. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Strafbehörde hat diesbezüglich angeführt, daß diese Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten aus zahlreichen anderen Verfahren der Behörde bekannt sind und deshalb entsprechend berücksichtigt wurden.

Auch dem O.ö. Verwaltungssenat sind diese Verhältnisse aus zahlreichen anderen Verfahren bekannt. In dem im etwa gleichem Zeitraum abgewickelten Verfahren MA2-GeBA-511-1993 (beim O.ö. Verwaltungssenat protokolliert unter VwSen-220648) gab der Berufungswerber anläßlich der Vernehmung bzw der Aufnahme einer Strafverhandlungsschrift am 12.7.1993 beim Magistrat der Stadt W,, ein Einkommen von ca. 12.000 S netto monatlich zu erhalten und über kein Vermögen zu verfügen sowie für zwei Kinder sorgepflichtig zu sein. Im Hinblick auf den bis 30.000 S reichenden Strafrahmen (§ 367 Einleitungssatz GewO 1973) beträgt die hier verhängte Strafe lediglich 10 % und bewegt sich sohin im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens; außerdem kommt im vorliegenden Fall aufgrund der zahlreichen Vorstrafen des Berufungswerbers der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zum Tragen. Die verhängte Geldstrafe ist daher dem Unrechtsgehalt der Tat, dem Verschulden sowie den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers durchaus angepaßt und jedenfalls erforderlich, um ihn von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Es war daher die Strafe zu bestätigen.

6. Die vorzunehmen gewesenen Ergänzungen des Spruchs hat zum Hintergrund die Anordnung des § 44a Z2 VStG, wonach der Strafspruch die verletzte Verwaltungsvorschrift vollständig - zu enthalten hat. Weiters war im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Organfunktion des Berufungswerbers entsprechend konkret anzugeben; da weiters die Angabe, daß die "WC-Anlagen nicht bescheidgemäß waren" im Spruch des Straferkenntnisses zu unpräzise ist, mußte auch hier die entsprechende Aufzählung der Mängel nachgeholt werden und schließlich hatte der Satzteil, wonach "die allgemeinen Vorschreibungen für Gaststätten in wesentlichen Punkten nicht eingehalten wurden" zu entfallen, weil diese wesentlichen Punkte weder im Spruch noch in der Begründung des Straferkenntnisses angeführt worden sind. Diese rechtlichen (nicht sachverhaltsmäßigen) Spruchfehler zu beseitigen, liegt innerhalb der Entscheidungspflicht des unabhängigen Verwaltungssenates in der Sache selbst (z.B.VwGH vom 28.1.1993, 92/04/0129).

7. Da in jeder Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe, ds 600 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h i e f e r e r