Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420337/10/Gf/Ri , VwSen420338/10/Gf, VwSen420339/10/Gf

Linz, 06.08.2002

VwSen-420337/10/Gf/Ri , VwSen-420338/10/Gf, VwSen-420339/10/Gf

Linz, am 6. August 2002 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlass der Beschwerden der S N, K, CZ V, der P P, K, CZ D, und der R Z, N, CZ Bor, alle vertreten durch RA Dr. W W, Hstr., S, wegen Zurückweisung an der Grenze durch Organe des Bezirkshauptmannes von Freistadt, zu Recht erkannt:

I. Die Zurückweisung der Beschwerdeführerinnen am 12. Mai 2002 bei der Grenzkontrollstelle W wird als rechtswidrig festgestellt.

II. Der h. Beschluss vom 26. Juni 2002, Zlen. VwSen-420333 bis VwSen-420339, wird aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 68 Abs. 2 AVG.

Begründung:

1.1. In ihren mit 7. Juni 2002 datierten, bei der BH Freistadt eingebrachten und von dieser am 21. Juni 2002 - und damit rechtzeitig (der h., insoweit auf einer unzutreffenden Sachverhaltsannahme beruhende Beschluss vom 26. Juni 2002, VwSen-420337/2/Gf/Stu bis 420339/2/Gf/Stu, ist damit gemäß § 68 Abs. 2 AVG als gegenstandslos zu betrachten) - an den Oö. Verwaltungssenat weitergeleiteten, auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützten Beschwerden bringen die drei - untereinander befreundeten - Rechtsmittelwerberinnen vor, dass sie am 12. Mai 2002 bei dem Versuch, bei der Kontrollstelle W in das Bundesgebiet einzureisen, von Gendarmeriebeamten an der Grenze zurückgewiesen worden seien.

Als Begründung für diese Maßnahme sei ohne näheren Beleg angegeben worden, dass der Verdacht bestehe, dass die Beschwerdeführerinnen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ohne die hiefür erforderlichen Bewilligungen, nämlich: die Ausübung der Prostitution, angestrebt hätten.

Tatsächlich hätten sie jedoch nur beabsichtigt, mit einem ihnen bekannten österreichischen Staatsbürger drei bis vier Urlaubstage in O zu verbringen, weshalb sie auch (nur) eine dementsprechende Ausrüstung (Rucksäcke; je 2 Hosen, Kleider, T-Shirts und Trikots; Schmuck; Pflegeutensilien; etc.) mit sich führten. Spätestens am 21. Mai 2002 (dem Tag nach dem Pfingstmontag) hätten alle drei Rechtsmittelwerberinnen - aus verschiedenen, näher dargelegten Gründen (Arbeitsantritt in S, Aufsichtspflicht für eine zehnjährige Tochter, Absolvierung einer Fahrschulstunde) - wieder in Tschechien bzw. in der BRD sein müssen.

Daher wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zurückweisungen beantragt.

1.2. Die belangte Behörde hält dem in ihrer Stellungnahme vom 21. Juni 2002, Zl. Sich01-229 bis 231-2002, entgegen, dass für die einschreitenden Sicherheitsorgane anlässlich der Grenzkontrolle der Verdacht bestanden habe, dass die Beschwerdeführerinnen beabsichtigt hätten, in Österreich der Ausübung der Prostitution nachzugehen, weil eine der Beschwerdeführerinnen überhaupt kein Reisegepäck und die beiden anderen lediglich Reizwäsche und Schminkutensilien mit sich führten. Diese Annahme habe von ihnen auch nicht sofort entkräftet werden können.

Da sich die Zurückweisungen somit als rechtmäßig erweisen würden, wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten der BH Freistadt zu Zlen. Sich01-229 bis 231-2002; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und ein dementsprechender Antrag von den Verfahrensparteien nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 67d AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 52 Abs. 2 Z. 3 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 69/2002 (im Folgenden: FrG), ist ein Fremder u.a. dann bei der Grenzkontrolle zurückzuweisen, wenn er zwar für den von ihm angegebenen Aufenthaltszweck zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt ist, aber bestimmte Tatsachen entweder die Annahme rechtfertigen, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden (§ 52 Abs. 2 Z. 3 lit. a FrG) oder dass er ohne die hiefür erforderlichen Bewilligungen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit beabsichtigen würde (§ 52 Abs. 2 Z. 3 lit. b FrG).

Nach § 52 Abs. 3 FrG ist über die Zulässigkeit der Einreise nach entsprechender Befragung des Fremden auf Grund des von diesem glaubhaft gemachten oder sonst bekannten Sachverhalts zu entscheiden.

3.2.1. Zu dieser gesetzlich festgelegten "Beweislastverteilung" hält der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur fest, dass nicht das Grenzkontrollorgan zu diesbezüglich zielgerichteten Ermittlungen verpflichtet ist, sondern der Fremde den Sachverhalt in einer solchen Form darzulegen und erforderlichenfalls auch zu belegen hat, dass es ihm gelingt, einen Verdacht auf das Vorliegen eines Zurückweisungsgrundes sofort zu entkräften (vgl. z.B. VwGH v. 30. Juni 2000, 2000/02/0107, m.w.N.). Andererseits muss es sich dann, wenn von den Grenzkontrollorganen in diesem Zusammenhang etwa der Verdacht der Begehung einer strafbaren Handlung geäußert wird, um einen begründeten, auch durch entsprechende Beweisergebnisse untermauerten Vorwurf handeln (vgl. VwGH v. 29. Jänner 2002, 2001/01/0232).

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist in der Anzeige der Grenzkontrollorgane angegeben, dass die Rechtsmittelwerberinnen - soweit sie überhaupt Gepäck bei sich hatten - nur "Reizwäsche und Schminkutensilien" mit sich geführt hätten (vgl. die Anzeigen der BG Grenzkontrollstelle W vom 13. Mai 2002, Zlen. A2/716/ 2002 und A2/717/2002).

Demgegenüber haben die Beschwerdeführerinnen in ihrem Schriftsatz vom 7. Juni 2002 dezidiert angeführt, dass ihre Ausrüstung aus zwei Rucksäcken, je 2 Hosen, Kleidern, T-Shirts und Trikots sowie aus Schmuck und Pflegeutensilien bestanden hat.

Dieser Darstellung ist die belangte Behörde im weiteren Verfahren nicht entgegengetreten.

Daraus sowie aus dem Umstand, dass es die Grenzkontrollorgane unterlassen haben, die von den Rechtsmittelwerberinnen mit sich geführten Gegenstände erschöpfend und detailliert anzugeben und stattdessen bloß eine subjektive Pauschalbezeichnung gewählt haben, folgt aber insgesamt, dass objektiv nicht nachvollziehbar ist, auf Grund welcher bestimmter (und entsprechend erhärteter) Tatsachen die einschreitenden Sicherheitsorgane zu der Annahme kommen konnten, dass die Beschwerdeführerinnen nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet die Prostitution auszuüben beabsichtigen.

Weder handelte es sich nämlich etwa bei diesen noch bei dem mit ihnen befreundeten österreichischen Staatsbürger um einschlägig amtsbekannte Personen noch wurden anlässlich der Grenzkontrolle selbst von ihnen entsprechende Äußerungen getätigt oder bei ihnen Gegenstände vorgefunden, die eindeutige und zweifelsfreie Schlussfolgerungen in diese Richtung rechtfertigen würden.

Überdies kann die Aussage des befreundeten Österreichers, sich "lieber diese drei ‚Mädchen' nach Österreich zu holen" und "für den Unterhalt aufzukommen", als "im Puff für Sex zu bezahlen" (vgl. die Niederschrift der BG Grenzkontrollstelle W vom 24. Mai 2002, A2/715-A2/717/2002), ebenso gegen die Annahme, dass die Rechtsmittelwerberinnen beabsichtigt hätten, im Bundesgebiet die Prostitution auszuüben, ins Treffen geführt werden.

Konnte daher diese Prognose von vornherein lediglich auf den Umstand, dass die Beschwerdeführerinnen "bloß Reizwäsche und Schminkutensilien" bei sich gehabt hätten, gestützt werden und ist gleichzeitig eine detaillierte Aufnahme der mitgeführten Gegenstände unterblieben, so lässt sich insgesamt besehen nicht vom Vorliegen objektiver Tatsachen i.S.d. § 52 Abs. 2 Z. 3 FrG ausgehen. Unter den gegebenen Umständen konnte die Zurückweisung somit nicht auf diese Bestimmung gestützt werden.

3.3. Daher war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG stattzugeben und die Zurückweisung der Rechtsmittelwerberinnen als rechtswidrig festzustellen.

4. Obwohl die Beschwerdeführerinnen demnach i.S.d. § 79a Abs. 2 AVG als obsiegende Parteien anzusehen sind, war mangels eines darauf gerichteten Antrages keine Kostenentscheidung zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

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