Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220614/5/Ga/La

Linz, 03.02.1994

VwSen-220614/5/Ga/La Linz, am 3. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung der A.B., vertreten durch M.B.

gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S. vom 9. Juni 1993, Zl. Ge-.. wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes - AZG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben; in beiden Spruchpunkten wird die Geldstrafe auf je 2.000 S herabgesetzt; die Ersatzfreiheitsstrafen hingegen werden bestätigt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf (zusammengezählt) 400 S herabgesetzt; ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 VStG.

Zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft die Berufungswerberin in zwei Fällen der Übertretung des § 10 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 AZG schuldig erkannt, weil sie der gesetzlichen Regelung der Überstundenvergütung dadurch zuwidergehandelt habe, daß sie 1.

einer bestimmt genannten Arbeitnehmerin nicht den Zuschlag von 50 v.H. für die von der 27. bis einschließlich 30. Woche des Jahres 1992 geleisteten 245,5 Überstunden und 2. einem bestimmt genannten Arbeitnehmer nicht den Zuschlag von 50 v.H. für die von der 27. bis einschließlich 30. Woche des Jahres 1992 geleisteten 160,5 Überstunden gewährt habe; deswegen wurden über die Berufungswerberin Geldstrafen in der Höhe von je 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: je 14 Tage) je kostenpflichtig verhängt.

1.2. Gegen die Höhe der verhängten Strafen richtet sich die vom Vater der Beschuldigten als Vertreter mit dem Antrag auf Herabsetzung der verhängten Strafen eingebrachte Berufung.

2.1. Hinsichtlich der Höhe der verhängten Geldstrafen führt die belangte Behörde aus:

"Zur Strafbemessung ist festzustellen, daß die Höchststrafe verhängt werden mußte, weil Sie bereits 1991 vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck auf die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes hingewiesen worden sind, Sie somit die Übertretungen mit Vorsatz über einen längeren Zeitraum fortgesetzt haben und das Nichtbezahlen der Überstunden und somit die Schädigung der Arbeitnehmer die verhängte Strafe erheblich überschreitet. Die Bezahlung der Strafe erscheint Ihnen auch wirtschaftlich zumutbar (Einkommen ca.

S 15.000,-- monatlich, Besitz eines Einfamilienhauses, Sorgepflicht für 1 Kind)." 2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin lediglich vor, es seien ihr die verhängten Strafen deswegen zu hoch, weil sie ohnedies schon mit dem Straferkenntnis der belangten Behörde vom 13. Oktober 1992, Ge-423-1992/Pa, wegen Verwaltungsübertretungen, die einschlägig seien und mit dem bekämpften Straferkenntnis im Zusammenhang stünden, bestraft worden sei; außerdem seien ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht so günstig, daß ihr die Bezahlung der verhängten Strafen ohne weiteres zumutbar wäre.

Warum ihre persönlichen Verhältnisse "nicht so günstig" sein sollen, bringt die Berufungswerberin konkret ebensowenig vor, wie sie auch das von der belangten Behörde durchgeführte Strafbemessungsverfahren als solches konkret nicht bemängelt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat über die von der Strafbehörde als belangte Behörde ohne Gegenäußerung vorgelegte, zulässige Strafberufung - nach Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge-423-1992 und nach Anhörung des als Amtspartei beteiligten Arbeitsinspektorats - erwogen:

4.1. Die Berufungswerberin bestreitet, wie festgehalten, mit ihrem Vorbringen weder die ihr angelasteten Gesetzesübertretungen noch behauptet sie ihre Schuldlosigkeit. Sie wendet sich allein gegen die Schwere der Strafwürdigkeit ihres Verhaltens, wie dies in der Höhe der verhängten Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) zum Ausdruck kommt. Somit ist das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruchs rechtskräftig geworden.

Die Berufung ist - teilweise - begründet.

4.2. Der Strafbehörde obliegt es, ihre Wertung der Tat auf der Grundlage des § 19 Abs.1 VStG innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun. Dazu gehört die Beantwortung der rechtserheblichen Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, ob und inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts der Tat sind auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat auf der Grundlage des § 19 Abs.2 VStG zu erörtern. Diese Vorschrift verlangt ausdrücklich die besondere Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung selbst bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Zur Erleichterung dieses Vorganges ist die sinngemäße Anwendung der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) angeordnet. Und schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.3. Nun ist die belangte Behörde bei der Strafbemessung offensichtlich nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorgegangen. Die Begründung des Straferkenntnisses läßt die Auseinandersetzung mit dem Unrechtsgehalt der Taten erkennen. Insbesondere geht daraus auch die Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens hervor. Daß dabei die belangte Behörde eine vorsätzliche Tatbegehung - begründet - angenommen hat, blieb von der Berufungswerberin unbeeinsprucht.

Und schließlich ist die Berufungswerberin auf die der Strafbemessung zugrundegelegten persönlichen Verhältnisse konkret nicht eingegangen.

4.4. Dennoch ist die in beiden Spruchpunkten verhängte Höchststrafe nach den Umständen des Falles nicht gerechtfertigt.

Die belangte Behörde übersieht, daß der Sachverhalt, wonach die Berufungswerberin "bereits 1991" vom Arbeitsinspektorat auf die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes hingewiesen worden ist, allenfalls den Vorwurf der Vorsatzschuld (zumindest in ihrer bedingten Form) nachvollziehbar macht, jedoch die Verhängung der Höchststrafe damit nicht, auch nicht in Verbindung mit dem nicht unerheblichen Unrechtsgehalt der Taten, begründbar ist.

Im Gegenteil: Die belangte Behörde hätte berücksichtigen müssen, daß die Berufungswerberin im Zeitpunkt der (hier geahndeten) Taten zufolge der Aktenlage verwaltungsstrafrechtlich unbescholten gewesen ist (vgl. die zB bei K.

Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], auf Seite 185 f angeführte Judikatur des VwGH). Dies hätte als Milderungsgrund gewertet werden müssen. Auf der anderen Seite darf daraus, daß die durch das Nichtbezahlen der Überstundenzuschläge bewirkte Schädigung der Arbeitnehmer "die verhängte Strafe erheblich überschreitet", vorliegend kein Kriterium für die Strafbemessung gezogen werden - weder aus dem Blickwinkel des § 19 VStG noch aus jenem des § 28 AZG.

5. Aus all diesen Gründen waren - ohne öffentliche mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 VStG) - die Geldstrafen herabzusetzen. Bei dem hier bundesgesetzlich vorgegebenen und gemäß § 10 VStG zu berücksichtigenden Strafrahmen von 300 S bis 6.000 S erfüllen die nun mit immerhin noch je einem Drittel der Höchststrafe verhängten, tat- und schuldangemessenen Geldstrafen in noch vertretbarer Weise den primären Strafzweck, nämlich die Berufungswerberin von weiteren Gesetzes übertretungen dieser Art abzuhalten. Nach der Aktenlage ist die Bezahlung der herabgesetzten Strafen der Berufungswerberin auch zumutbar.

Die von der belangten Behörde gemäß § 16 VStG ausgemessenen Ersatzfreiheitsstrafen hingegen waren aus folgenden Gründen nicht herabzusetzen:

Das gesetzliche Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe beträgt für Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes gemäß § 28 Abs.1 letzter Halbsatz AZG iVm § 16 Abs.2 VStG sechs Wochen. Die von der belangten Behörde je ausgemessenen 14 Tage entsprechen einem Drittel des Höchstausmaßes. Mit diesem Drittel entsprechen auch die Ersatzfreiheitsstrafen dem ermittelten Unrechts- und Schuldgehalt der Taten, wie er in den nun festgesetzten Geldstrafen zum Ausdruck kommt. Für eine dennoch vorzunehmende, außerverhältnismäßige Minderung der Ersatzfreiheitsstrafe ist kein Grund hervorgekommen.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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