Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420351/11/Gf/An

Linz, 07.02.2003

VwSen-420351/11/Gf/An Linz, am 7. Februar 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des F W, G, W, vertreten durch RA Dr. T K, P, W, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Wels am 16. November 2002, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. In seinem am 17. Dezember 2002 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebenen, auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützten Schriftsatz bringt der Beschwerdeführer vor, am 16. November 2002 dadurch in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dass Organe der Bundespolizeidirektion Wels in seiner Wohnung rechtsgrundlos einen Schlachtschussapparat in Beschlag genommen hätten. Begründend führt er dazu im Wesentlichen aus, dass die Sicherstellung im gegenständlichen Fall ausdrücklich auf das Waffengesetz gestützt worden sei. Da ein Schlachtschussapparat aber keine Waffe im Sinne dieses Gesetzes darstelle; sei sohin die Gesetzwidrigkeit dieses Eingriffes mangels tauglicher Grundlage evident.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahme beantragt.

1.2. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Begründend wird dazu ausgeführt, dass der Schlachtschussapparat hier von den einschreitenden Sicherheitsorganen deshalb als eine mögliche Tatwaffe anzusehen gewesen sei, weil der Rechtsmittelwerber zuvor eine gefährliche Drohung gegen seine Ehefrau ausgestoßen und in deren Zuge auch seine Absicht erkennen lassen habe, dass er ihr allenfalls auch mit diesem Apparat Gewalt antun könnte. Zum Schutz seiner Gattin sei daher (auch) dieses Gerät in Beschlag zu nehmen gewesen.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Wels zu Zl. P-7623 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 30. Jänner 2003, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter einerseits sowie Mag. H als Vertreter der belangten Behörde auf der anderen Seite und der Zeuge RI P W erschienen sind.

2.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Am 16. November 2002 hat die Ehefrau des Beschwerdeführers bei der BPD Wels telefonisch vorgebracht, dass sie von ihrem Gatten eben massiv bedroht worden sei. Als der Zeuge gemeinsam mit einigen anderen Sicherheitswachebeamten gegen 20.30 Uhr vor dem Wohnhaus des Beschwerdeführers eintraf, stand dort bereits seine Ehefrau in Hausschuhen auf dem Gehsteig. Sie gab weinend und ganz aufgelöst an, dass ihr Gatte Alkohol getrunken habe und sie sich deshalb vor ihm fürchte, weil er dabei immer sehr aggressiv werde; insbesondere habe er gerade zuvor auch mit den Fäusten gegen ihre Zimmertür geschlagen und außerdem besitze er zwei Gewehre und einen Schlachtschussapparat. Darauf bezogen habe er ihr gegenüber vor ihrem Anruf bei der Polizei dezidiert geäußert, dass er "nur einmal ordentlich durchzuladen brauche und die Sache damit erledigt" sei. Die Ehegattin vermittelte den Polizeibeamten den Eindruck, dass diese Drohung durchaus ernst gemeint war, indem sie diese ausdrücklich zu besonderer Vorsicht beim Betreten des Objektes anhielt.

Die einschreitenden Kollegen begaben sich darauf hin mit angelegten Sicherheitswesten in das Haus des Beschwerdeführers, der vom Erscheinen der Exekutive völlig überrascht war. Er ließ sich auch widerstandslos festnehmen, da er sich subjektiv keiner Schuld bewusst war. Dann wurde er ins Wachzimmer der BPD Wels überstellt.

In der Folge betrat auch der Zeuge, der zunächst mit der Gattin des Rechtsmittelwerbers in sicherer Entfernung die Festnahme abgewartet hatte, mit dieser das Haus. Der Sicherheitswachebeamte fand dann die Waffen jeweils an den Orten, die von der Ehefrau angegeben worden waren. Da ihm zu diesem Zeitpunkt der weitere Fortgang, nämlich insbesondere nicht klar war, ob der Beschwerdeführer weiterhin angehalten oder über ihn ein Betretungsverbot verhängt oder dieser ohne Einschränkungen freigelassen werden wird, hat der Zeuge ein Flobertgewehr, den Schlachtschussapparat und einige andere Gegenstände des Rechtsmittelwerbers (eine Faustfeuerwaffe sowie verschiedene Munition) in Beschlag genommen.

2.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen und insoweit von den Parteienvertretern auch unbestritten gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers und des einvernommenen Zeugen.

3. Über die gegenständliche Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Im vorliegenden Fall blieb allseits unbestritten, dass jedenfalls auch der hier in Rede stehende Schlachtschussapparat von den Exekutivorganen der belangten Behörde in Beschlag genommen wurde.

3.2.1. Nach dem eigenen Vorbringen des Rechtsmittelwerbers (vgl. insbes. S. 4 des h. Verhandlungsprotokolles) besteht ein Schlachtschussapparat aus einem ca. 30 cm langen Rohr, das mit Kartuschen (d.s. bloß aus Schwarzpulver bestehende Patronen ohne eigenes Projektil) geladen wird. Der beim Zünden entstehende Druck lässt an jenem Ende, das üblicherweise direkt und - wegen des starken Rückstoßes - mit beiden Händen festgehalten auf dem Kopf des Tieres aufgesetzt werden muss, einen 10 bis 12 cm langen Bolzen herausschnellen, der bis in dessen Gehirn eindringt. Wenngleich dadurch noch keine unmittelbare Tötung, sondern zunächst bloß eine Betäubung des Tieres bewirkt wird, so ist dennoch evident, dass ein Schlachtschussapparat im Falle eines zielgerichteten Einsatzes bei einem Menschen auch lebensgefährliche und v.a. irreversible Verletzungen nach sich ziehen kann.

Zweckentfremdet - nämlich nicht (wie primär gedacht) bei Tieren, sondern bei Menschen - angewendet ist daher ein Schlachtschussapparat seinem Wesen, seiner Funktionsweise nach (nämlich: als ein Schussinstrument) gleichfalls dazu bestimmt, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen. So besehen stellt dieser auch nach § 1 Z. 1 des Waffengesetzes, BGBl.Nr. I 12/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 134/2002 (im Folgenden: WaffG), wonach es bei der Bestimmung des "Wesens" des jeweiligen Gegenstandes nicht auf dessen abstrakte, sondern vielmehr auf die konkrete Verwendung ankommt, eine Waffe dar. Demgegenüber ist das vom Beschwerdeführer eingewendete Vorbringen, wonach bei einem Menschen ein Schuss schon deshalb stets fehlgehen müsse, weil dieser im Gegensatz zu einem Tier die Intensität der drohenden Einwirkung vorhersehen könne und sich demgemäß nicht ruhig verhalte, was aber deshalb erforderlich sei, weil der potenzielle Angreifer den Schlachtschussapparat mit beiden Händen ansetzen müsse, schon deshalb nicht stichhältig, weil unschwer auch Situationen denkbar sind, wo das drohende Unheil nicht ex ante wahrgenommen werden kann (z.B. Schlaf, Bewusstlosigkeit, durch Rauschmittel herabgesetzte Wahrnehmungsfähigkeit, o.ä.).

War davon ausgehend aber das WaffG im gegenständlichen Fall grundsätzlich anwendbar, dann durfte das einschreitende Organ den Schlachtschussapparat auch gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 WaffG sicherstellen, weil dieses nach den Mitteilungen der Ehefrau durchaus Grund zur Annahme hatte, dass der Beschwerdeführer damit in der Folge deren Leben oder Gesundheit ernsthaft hätte gefährden können.

3.2.2. Aber selbst wenn das Hilfsorgan der belangten Behörde im gegenständlichen Fall § 13 Abs. 1 Z. 1 WaffG (wegen Nichterfüllung des Waffenbegriffes) nicht heranziehen hätte können, käme man mit Blick auf § 42 Abs. 1 Z. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 22/2002 (im folgenden: SPG), zum gleichen Ergebnis:

Danach sind nämlich die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes generell ermächtigt, Sachen (jeglicher Art) sicherzustellen, wenn diese Vorgangsweise bei gefährlichen Angriffen u.a. dazu dient, eine weitere Bedrohung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen zu verhindern. Dabei ist unter einem "gefährlichen Angriff" gemäß § 16 Abs. 2 SPG die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung eines Tatbestandes einer vorsätzlich in Aussicht genommenen gerichtlich strafbaren Handlung (hiezu zählen jedenfalls die Tötungs- und Körperverletzungsdelikte) zu verstehen.

Indem nun der einschreitende Sicherheitswachebeamte jedenfalls vertretbar davon ausgehen konnte, dass der Beschwerdeführer seine Gattin ernstlich damit bedroht hat, eine Waffe auf sie zu richten (arg.: man brauche "nur einmal ordentlich durchzuladen" und damit sei "die Sache erledigt"; vgl. S. 7 f. des h. Verhandlungsprotokolles), lagen somit auch noch im Zuge der Beschlagnahme des Apparates die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Z. 1 SPG vor, weil für ihn zu diesem Zeitpunkt noch in keiner Weise absehbar war, ob der Rechtsmittelwerber (mit oder ohne Bedingungen [Betretungsverbot]) freigelassen werden wird oder nicht.

Dass die Sicherstellung dann unter diesem Aspekt fälschlicherweise auf § 13 WaffG gestützt worden wäre, macht diese aber nicht rechtswidrig.

3.2.3. Insgesamt besehen stellt sich daher die Beschlagnahme als gesetzmäßig dar.

3.3. Die gegenständliche Beschwerde war daher gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

4. Obwohl die belangte Behörde bei diesem Verfahrensergebnis nach § 79a Abs. 3 AVG als obsiegende Partei anzusehen ist, war eine Kostenentscheidung mangels eines darauf gerichteten Antrages dennoch nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Für diese Eingabe sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben; VwGH vom 12.09.2006, Zl.: 2005/03/0068-5 (früher: 2003/20/0098)

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