Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220649/2/Schi/Ka

Linz, 10.01.1994

VwSen-220649/2/Schi/Ka Linz, am 10 . Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des R.P., gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 erlassene Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrat) der Stadt W. vom 20. Juli 1993, Zl.MA2-Ge-.., zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe vollinhaltlich mit der Maßgabe bestätigt, daß 1. Der Spruch zu lauten hat:

"Sie haben es als verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der XX Gastronomie und Hotelmanagement Ges.mbH, W., zu vertreten, daß am 27. April 1993 um 4.25 Uhr das Gastlokal Cafe "XX", noch geöffnet war und sich noch ca. sieben Gäste darin aufgehalten haben bzw diesen dort das weitere Verweilen gestattet war; dies obwohl die Sperrstunde nach der Sperrzeiten - Verordnung für die Betriebsart Cafe mit 04.00 Uhr festgesetzt ist"; 2. die verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z2 VStG) zu lauten hat:

"§ 368 Z10 iVm § 157 Abs.1 und 2 Gewerbeordnung 1973, BGBl.Nr.50/1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr.29/1993 iVm § 1 Abs.1 lit.d Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl.Nr.73/1977"; 3. die angewendete Gesetzesbestimmung (§ 44a Z3 VStG) nach der die Strafe verhängt wurde, zu lauten hat:

"§ 368, Einleitungssatz, GewO 1973".

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG, BGBl.Nr.51/1991, iVm § 24, § 51 und § 19 Verwaltungsstrafverfahrensgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991; § 368 Z10 iVm § 157 Abs.1 und 2 Gewerbeordnung 1973, BGBl.Nr.50/1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr.29/1993; § 1 Abs.1 lit.d Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl.Nr.73/1977.

II. Als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind 20 % der verhängten Strafe, ds 600 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exektion zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister bzw in dessen Namen das zuständige Mitglied des Stadtsenates der Stadt W. hat mit Straferkenntnis vom 20. Juli 1993, GZ MA2-Ge-.., wegen einer Übertretung nach § 368 Z10 iVm § 157 GewO 1973 iVm § 1 Abs.1 lit.d Sperrzeiten - Verordnung 1978, LGBl.Nr.73/1977, eine Geldstrafe von 3.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen verhängt, weil der Berufungswerber es als Verantwortlicher der XX Gastronomie- und Hotelmanagement Ges.mbH., W., zu vertreten hat, daß am 27.4.1993 um 4.25 Uhr das Gastlokal "XX" in W., noch geöffnet war und sich noch ca.

sieben Gäste darin aufgehalten haben; dies obwohl die Sperrstunde nach der Sperrzeiten-Verordnung für die Beitriebsart "Cafe" mit 04.00 Uhr festgesetzt ist.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, worin sich der Berufungswerber auf die Aufräumarbeiten beruft, die noch durchzuführen gewesen seien und auch in diesem Ausmaß erlaubt seien. Er nehme weiters an, daß es sich bei den sieben Gästen um persönliche Bekannte des diensthabenden Kellners handelte. Dies entschuldige hoffentlich die 25 Minuten der Überschreitung.

3. Der Magistrat der Stadt W. hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem O.ö. Verwaltungssenat vorgelegt und keine Berufungsvorentscheidung erlassen. Ebenso wurde auf die Abgabe einer Gegenschrift verzichtet. Nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt erweist sich der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten als geklärt und es wird daher der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfene Sachverhalt auch der nunmehrigen Entscheidung zugrundegelegt. Im übrigen wurde in der Berufung im Ergebnis lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und eine mündliche Verhandlung ausdrücklich nicht verlangt, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG nicht anzuberaumen war.

Es wurde daher der Entscheidung der erwiesene, weil in der Berufung nicht bestrittene Sachverhalt zugrundegelegt; danach waren am 27. April 1993 um 04.25 Uhr im Gastlokal Cafe "XX" in W., welches in der Betriebsart eines Cafes geführt wird und für welches die Sperrstunde mit 04.00 Uhr festgelegt ist, noch sieben Gäste anwesend, welche Getränke konsumierten. Der Berufungswerber R.P. ist als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt und genehmigt.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 157 Abs.1 GewO 1973 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Touristen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen. Bei den in Bahnhöfen, auf Flugplätzen und an Schiffslandeplätzen gelegenen Gastgewerbebetrieben hat der Landeshauptmann insbesondere den Verpflegungsbedarf der Reisenden zu berücksichtigen; zu dieser Frage sind auch die in Betracht kommenden Verkehrsunternehmen zu hören.

Nach Abs.2 dieses Paragraphen hat der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den nach Abs.1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Der Gastgewerbetreibende hat die Gäste rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

In Beherbergungsbetrieben ist die Verabreichung von Speisen und Getränken an Beherbergungsgäste auch während der vorgeschriebenen Sperrzeiten gestattet.

Gemäß § 198 (seit 1.7.1993: § 157) GewO 1973 wurde mit der Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl.Nr.73/1977, im § 1 Abs.1 lit.d für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Cafes, eines Kaffeehauses, eines Cafe-Restaurants, die Sperrstunde mit 04.00 Uhr und die Aufsperrstunde mit 06.00 Uhr festgelegt.

4.2. Vom Berufungswerber blieb in seiner Berufung unbestritten, daß zum genannten Zeitpunkt am Tatort das Gastlokal geöffnet war und sich Gäste im Lokal aufhielten und dort Getränke konsumierten.

Dies steht aber im Widerspruch zu dem zitierten § 157 Abs.2 GewO 1973 bzw § 1 Abs.1 lit.d Sperrzeiten-Verordnung 1978.

Danach haben nämlich die Gäste den Gastgewerbebetrieb spätestens zur Sperrstunde, also im Fall eines Cafes spätestens um 04.00 Uhr zu verlassen. Ein weiteres Verweilen - auch zum angeblich bloßen Austrinken - darf nicht gestattet werden.

Es war daher entsprechend diesen Ausführungen der Spruch im Sinne der gesetzlichen Umschreibung des Tatbildes zu konkretisieren, wobei der Sachverhalt, nämlich daß sich Gäste nach der Sperrstunde im Lokal aufhielten sowie daß es sich bei dem Gastlokal "XX" um einen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Cafes handelte, nicht verändert wurde.

Die weiters vorzunehmen gewesene Ergänzung des Spruchs hat zum Hintergrund die Anordnung des § 44a Z2 und Z3 VStG, wonach der Strafspruch die verletzte Verwaltungsvorschrift sowie die verhängte Strafe und die dabei angewendete Gesetzesbestimmung genau zu enthalten hat. Diesen rechtlichen (nicht sachverhaltsmäßigen) Spruchfehler zu beseitigen, liegt innerhalb der Entscheidungspflicht des unabhängigen Verwaltungssenates "in der Sache selbst" (vgl.

VwGH 28.1.1993, 92/04/0129).

Schließlich war die Organfunktion des Berufungswerbers im Spruch des Straferkenntnisses entsprechend dem Erkenntnis des VwGH vom 6.2.1990, 89/04/0133, entsprechend zu konkretisieren, da das Straferkenntnis den Berufungswerber lediglich als "Verantwortlichen" der XX Ges.mbH. bezeichnet.

5. Gemäß § 368 Z10 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer die Bestimmungen des § 157 oder der aufgrund des § 157 (früher: § 198 Abs.1) GewO 1973 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält.

Es wurde der Tatbestand objektiv erfüllt, zumal selbst tatsächlich durchgeführte Aufräumarbeiten zum inkriminierten Zeitpunkt nichts an der Tatsache ändern, daß die sieben Gäste noch im Lokal verweilten. Auch der Umstand, daß die sieben Gäste möglicherweise persönliche Bekannte des "Diensthabenden" waren, ändert nichts an der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes.

6. Zum Verschulden ist zu bemerken, daß die Berufung lediglich die Hoffnung ausdrückt, daß die 25-minütige Überschreitung der Sperrzeit deshalb entschuldigt wäre, weil es sich bei den sieben Gästen möglicherweise um persönliche Bekannte des "Diensthabenden" gehandelt hätte.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wobei Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein Ungehorsamsdelikt ist, ist daher im Sinne der obigen gesetzlichen Bestimmung Fahrlässigkeit anzunehmen. Es kann einen Gewerbetreibenden nämlich die Kenntnis der maßgeblichen Vorschriften, insbesondere auch der Sperrzeiten-Verordnung zugemutet werden, weshalb jedenfalls Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar Vorsatz anzunehmen war. Ein das Verschulden ausschließender Grund wurde hingegen nicht glaubhaft gemacht. Die angeführte Behauptung des Berufungswerbers kann weder einen Schuldausschließungsgrund noch einen Nachweis für ein mangelndes Verschulden bewirken. Vielmehr hätte der Berufungswerber ein mangelndes Verschulden dadurch nachweisen müssen, daß alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

Der Berufungswerber hat daher die gegenständliche Sperrzeiten-Überschreitung voll zu verantworten.

7. Hinsichtlich der Strafhöhe ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Durch die Nichteinhaltung der Sperrstunde bzw die Überziehung von etwa 25 Minuten war somit das Interesse an einer geordneten Gewerbeausübung sowie am Kunden und Nachbarschutz in erheblichem Maße verletzt, zumal die Sperrzeitenüberschreitung gerade wegen einer Lärmerregung durch das geöffnete Lokal von Organen der Bundespolizeidirektion Wels festgestellt wurde.

8. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat bereits zutreffend die innerhalb des letzten Jahres fünf rechtskräftig verhängten Geldstrafen wegen Sperrstundenüberschreitungen als straferschwerend gewertet. Strafmilderungsgründe kamen keine hervor.

Hinsichtlich des Verschuldens ist auszuführen, daß dem Berufungswerber eine Sorgfaltsverletzung dahingehend anzulasten ist, daß er nicht jene Maßnahmen gesetzt bzw jene Sorgfalt aufgewendet hat, die die Begehung von Verwaltungsübertretungen hintanhalten. Auch die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers wurden bereits von der belangten Behörde berücksichtigt. Im übrigen befindet sich die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (bis zu 15.000 S) und ist daher nicht als überhöht zu werten. Die verhängte Strafe ist tatund schuldangemessen. Sie ist hingegen jedenfalls erforderlich, um den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Es war daher auch die verhängte Strafe zu bestätigen.

9. Da in jeder Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe, ds 600 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h i e f e r e r