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VwSen-220671/14/Gu/Atz

Linz, 29.12.1993

VwSen-220671/14/Gu/Atz Linz, am 29. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Guschlbauer über die Berufung des P.

M. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L. vom 26. Juli 1993, Zl. Ge-96.., wegen Übertretung der Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 24 VStG, § 366 Abs. 1 Z.4 i.V.m. § 81 Abs. 1 GewO 1973, Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4.9.1989, Ge-9021/2-1989, § 1 Abs. 1 VStG, § 44a Z.1 VStG, § 45 Abs. 1 Z.1 VStG, § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft L. hat am 26. Juli 1993 zur Zahl Ge-96.., gegen den Rechtsmittelwerber ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"Sie haben als verantwortlicher Inhaber einer Gastgewerbekonzession im Standort T., zu vertreten, daß die do. mit ha. Bescheid Ge-.. vom 4.9.1989 genehmigte Gastgewerbe-Betriebsanlage (mit der Sperrzeit von 24.00 Uhr bzw. von 2.00 Uhr am Samstag und Sonntag) ohne die hiefür erforderliche Genehmigung der Behörde nach erfolgter Änderung der Betriebszeit betrieben wurde, indem das Lokal wie folgt offen gehalten wurde:

in der Nacht vom 11. auf 12. Jänner 1992 zumindest bis 3.20 Uhr in der Nacht vom 31.1. auf 1. Februar 1992 zumindest bis 3.30 Uhr in der Nacht vom 1. auf 2. Februar 1992 zumindest bis 3.50 Uhr in der Nacht vom 22. auf 23. Februar 1992 zumindest bis 3.00 Uhr in der Nacht vom 29.2. auf 1. März 1992 zumindest bis 3.45 Uhr in der Nacht vom 7. auf 8. März 1992 zumindest bis 3.15 Uhr in der Nacht vom 28. auf 29. März 1992 zumindest bis 3.20 Uhr Dadurch bestand die Möglichkeit einer Lärmbelästigung der Nachbarn durch Fahrtbewegungen von Gäste-PKW zu oder von den do.

Parkplätzen beim Lokal bzw. durch lärmende Gäste oder laute Musik aus dem Lokalinneren." Dagegen hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und im wesentlichen dargetan, daß er nur in den Nächten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag das Gastgewerbelokal offen halte und zwar jeweils nur von 20.00 Uhr bis 2.00 Uhr Früh.

Anschließend würden von ihm mit seiner Frau und den Töchtern, die im Familienbetrieb mitarbeiten, Reinigungs- und Aufräumarbeiten durchgeführt. Natürlich brenne dabei Licht und werde, wenn die Familienangehörigen das Lokal einer nach dem anderen verlassen, die Lokal- oder die Hintertüre geöffnet, zumal die Töchter nicht im Haus wohnen. Auch komme es vor, daß während der Reinigungsarbeiten noch Kunden aus den Nachbarlokalen versuchen, im Lokal des Beschuldigten eingelassen zu werden. Diese würden jedoch konsequent abgewiesen. Im übrigen verweist er auf zwei schalltechnische Meßberichte bezüglich eines laufenden Betriebsanlageverfahren, welches die Verlängerung der Betriebszeit zum Gegenstand hat, jedoch noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Diese Meßberichte würden jede Möglichkeit der Lärmbelästigung der Nachbarn widerlegen.

Über die Berufung wurde am 17. Dezember die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Beschuldigten durchgeführt, in deren Rahmen dieser selbst, der Zeuge W.

G. sowie der Zeuge E.R. vernommen und die Aussage der Zeugin D.R. vor der Bezirkshauptmannschaft S. sowie die Aussage des Zeugen A.D. vor der Bezirkshauptmannschaft L. verlesen.

Unbestritten ist, daß das Lokal des Rechtsmittelwerbers zu den im Spruch angeführten Zeiten nicht von jeder Tätigkeit frei war.

Nicht erwiesen ist, ob in den Zeiten außer Aufräumarbeiten noch ein Kundenverkehr mit Gästen stattgefunden hat.

Doch selbst auch für diesen Fall war das angefochtene Straferkenntnis von der Aufhebung bedroht, weil es an der Bestimmtheit des zugrundeliegenden Betriebsanlagenbescheides und im Spruch am Vorwurf mangelt, daß es die Änderung der genehmigten Betriebsanlage zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 GewO 1973 umschriebenen Interessen erforderlich machte, eine Genehmigung einzuholen. Die Bestimmung des § 81 Abs. 1 GewO 1973 i.d.F., wie sie dem Straferkenntnis zugrundelag, trat durch die Gewerberechtsnovelle 1988 die Nachfolge nach dem § 81 GewO 1973 Stammfassung an, wonach die Genehmigungspflicht nur ausgelöst wird, wenn durch die Änderung sich neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 ergeben können. Diese Sinngebung erhellt aus der Regierungsvorlage zur Gewerberechtsnovelle 1988 (Anmerkung zu Art. I Z.85), wonach der Absatz 1 des neuen § 81 den Zielsetzungen des geltenden § 81 entspricht. Durch die neuen Bestimmungen sollten alle möglichen Änderungsfälle - und nicht nur die baulichen, wie man nach der alten Fassung hätte meinen können, erfaßt werden.

Prüfungsmaßstab der Änderung, zum Beispiel der Betriebsweise einer Anlage ist die Möglichkeit der Erhöhung des Maßes der genehmigten (zumutbaren) Belästigung durch Intensität oder (und) Dauer.

Der Betriebsanlagenbescheid, welcher als Prüfungsmaßstab für die vorgeworfene Änderung der Betriebszeit (im Sinne von Betriebsweise) heranzuziehen ist, welcher auf ein Ansuchen des P.M. um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für den Betrieb eines Gastgewerbes in T.

im zweiten Rechtsgang am 4.9.1989 zur Zahl Ge-..erlassen wurde, lautet in seinem maßgeblichen Spruchteil:

Dem Ansuchen wird Folge gegeben und Herrn P.M., T.

die Errichtung einer Gastgewerbebetriebsanlage in der Betriebsart "Tanzcafe" samt Parkplatz für 14 Stellplätze in T. nach Maßgabe der in der mitfolgenden Verhandlungsschrift vom 15.6.1989 enthaltenen Beschreibung und der vorgelegten, mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen gewerbebehördlich genehmigt.

Dieser Genehmigung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Auszug aus der Katastralmappe im M 1:1000, GZ. 5335-40/3; Einreichplan im M 1:100, verfaßt von der J. K. GesmbH. & Co KG, H., vom April 1987; Skizze der Lüftungsanlage und technische Beschreibung, verfaßt von der Firma K.B., T.; Darstellung der Lüftungsanlage der W. Klimatechnik, L.; Beschreibung des Betriebes und der Betriebseinrichtung; Parkplatzanordnung, verfaßt von der J. K. GesmbH. & Co KG, H.; Folgende Auflagen sind einzuhalten:

1. Die Anlage ist projektsgemäß unter Beachtung der im Befund der Verhandlungsschrift getroffenen Feststellungen zu errichten und betreiben. Es folgen weitere 12 (vom Amtssachverständigen) und drei vom Arbeitsinspektorat vorgeschlagene Auflagen. In dem vom Spruch des Genehmigungsbescheides erfaßten, vom Amtssachverständigen in der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft L. vom 15.6.1989 zur Zahl Ge-.. auf Seite 16 im Befund festgehaltenen Text findet sich die Passage:

"Die Öffnungszeit des Gastgewerbebetriebes wird mit Montag bis Donnerstag von 16.00 bis 24.00 Uhr und von Freitag bis Samstag von 16.00 bis 2.00 Uhr angegeben. An Sonntagen ist ein Sperrtag vorgesehen.

Auch beim anschließenden Gutachten, welches in der Begründung des Genehmigungsbescheides übernommen wurde und sich mit der Lärmfrage auseinandersetzte, wurde offensichtlich von einer Lärmerregung ausgegangen, die durch Gäste und Musiklärm im Lokal verursacht wird. Eine Lärmerregung durch den Betriebsinhaber bzw. seine im Betrieb verwendeten Dienstnehmer oder mithelfenden Familienangehörigen stand nicht zur Erörterung heran. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter Öffnungszeit eines Gastgewerbebetriebes jener Zeitraum verstanden, innerhalb dem ein Lokal zum Betreten und zum Verweilen für Gäste bereitgehalten wird und deckt sich mit jenem Begriff, wie er in der Sperrstundenverordnung verstanden wird.

Von einer Betriebszeit ist im Genehmigungsbescheid nicht die Rede. Dessen ungeachtet wirft das angefochtene Straferkenntnis dem Beschuldigten eine konsenslose Änderung der Betriebszeit vor. Es mangelt somit an der Bestimmtheit einer Strafnorm im Sinne des § 1 Abs. 1 VStG.

Um bezüglich der "Betriebszeit" klare Verhältnisse zu schaffen, kann das laufende administrative Betriebsanlagenverfahren dienen. In der vorliegenden Verwaltungsstrafsache hingegen war der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Dies hatte auf der Kostenseite die Auswirkung, daß der Rechtsmittelwerber weder für das erstinstanzliche Verfahren noch für das Berufungsverfahren Kostenbeiträge zu leisten hat (§ 66 Abs. 1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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