Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-220689/11/Gu/La

Linz, 28.02.1994

VwSen-220689/11/Gu/La Linz, am 28. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des F.L., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R.A., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L. vom 30. Juni 1993, Zl.:

Ge-.., wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes nach der am 1. Februar 1994 in Gegenwart des Vertreters des Beschuldigten und des Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird in allen Fakten Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und die Verwaltungsstrafverfahren werden eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 28 Abs.1 iVm §§ 3 Abs.1, 9 und 7 Abs.1 und 2, § 26 Abs.2 AZG, § 27 Abs.1 iVm § 3 Abs.1, § 4, § 25 Abs.1 und § 6 Arbeitsruhegesetz, § 44a Z1 VStG, § 45 Abs.1 Z1 VStG, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft L. hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Rechtsmittelwerber schuldig erkannt, den Arbeitnehmer A.N. am 8.11.1991 mit einer täglichen Arbeitszeit von 10,5 Stunden und am 9.11.1991 mit einer täglichen Arbeitszeit von 12 Stunden beschäftigt zu haben; ferner ihn in der Zeit vom 4. bis 10.11.1991 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 73 Stunden beschäftigt zu haben, darüber hinaus am 3.11.1991 am 10.11.1991 und am 24.11.1991 nicht die nötige Wochenendruhe; in den Kalenderwochen vom 3. bis 9. und vom 10. bis 16.11.1991 nicht eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden (Wochenruhe) gewährt zu haben.

Ferner wurde er schuldig erkannt, daß dem Arbeitsinspektor am 17.2.1992 anläßlich einer Überprüfung trotz Aufforderung für den Arbeitnehmer V.H. keine Aufzeichnungen über die von diesem Arbeitnehmer geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung vorgewiesen wurden, obwohl gemäß § 26 Abs.2 AZG die Arbeitgeber der Arbeitsinspektion und deren Organen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und nach Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu geben haben.

Im letzten Spruchabschnitt wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, für den Arbeitnehmer V.H. am 17.2.1992 auf Verlangen des Arbeitsinspektors diesem keine Aufzeichnungen über Ort, Dauer und Art der Beschäftigung des während der Wochenend-, Wochen-, Ersatz- oder Feiertagsruhe beschäftigen Arbeitnehmers und dessen Entlohnung sowie über die gemäß § 6 ARG gewährte Ersatzruhe vorgewiesen zu haben, obwohl gemäß § 25 Abs.1 ARG der Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der Ruhezeiten Aufzeichnungen über Ort, Dauer und Art der Beschäftigung aller während der Wochenend-, Wochen-, Ersatz- oder Feiertagsruhe beschäftigten Arbeitnehmer und deren Entlohnung sowie über die gemäß § 6 ARG gewährte Ersatzruhe zu führen hat.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte macht in seiner rechtzeitigen Berufung geltend, daß kein Arbeitsverhältnis vorgelegen sei, sondern die beiden vorerwähnten Personen nur sporadisch erschienen seien und selbständige Arbeiten verrichtet hätten, im übrigen besäße ein von N.

angefertigtes Verzeichnis der Stunden, auf welche sich die belangte Behörde, maßgeblich stütze, keine Glaubwürdigkeit; dies insbesondere aufgrund des einheitlichen Schriftbildes und der in perfekter deutscher Rechtschreibung getätigten Aufzeichnungen.

Die Angaben des N. anläßlich seiner Einvernahme am 5.8.1992 widersprächen jedenfalls in einigen Punkten den angeblich von ihm selbst angefertigten bzw. zugedachten Aufzeichnungen über geleistete Arbeitsstunden bzw. über Anwesenheit im Betrieb. Bezüglich H. hätten keine Arbeitsaufzeichnungen existieren können, da dieser nicht bei ihm beschäftigt gewesen sei.

In eventu rügt der Rechtsmittelwerber die Höhe der verhängten Strafe. Diese nehme nicht Bedacht auf seine bisherige Unbescholtenheit und auf seine triste Vermögenslage nach dem erfolgten Konkurs. Spezialpräventive Überlegungen seien nicht angebracht, weil er ohnedies keine Arbeitgeberfunktion mehr ausübe.

In einem weiteren Eventualantrag beantragt er die Anwendung des § 21 VStG.

Aufgrund der Berufung wurde am 1. Februar 1994 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Vertreters des Beschuldigten und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk durchgeführt, in deren Rahmen der durch seinen Vertreter repräsentierte Beschuldigte sowie A.N. als Zeuge vernommen und in die dem A.N. zugedachten Aufzeichnungen über die Arbeitszeit, in den Schriftverkehr des Masseverwalters (Kanzlei Dr. G.D., Dr. M.S.), mit der Kammer für Arbeiter und Angestellte betreffend die Anerkenntnis eines Teiles der Forderungen von N. und H., sowie in die diesem Anerkenntnis zugrundeliegenden Klagen, Gegenklagen und Klagebeantwortungen Einsicht genommen. Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:

Im Frühjahr 1991 begab sich A.N. ein 25-jähriger slowenischer Staatsbürger, von seinem Heimatort in Slowenien auf einen Tip des V.H., einem bekannten Landsmann, gemeinsam zum Betrieb des Beschuldigten nach O.

um dort Arbeit aufzunehmen. Schon zuvor war H. im Betrieb des Beschuldigten beschäftigt und hatte von diesem mitgeteilt bekommen, daß er, wenn er einen Arbeitnehmer wüßte, ihn mitnehmen solle. Beide bezogen in einem dem Betriebe angebauten Trakt, welcher im Verfügungsrecht des Beschuldigten stand, Unterkunft.

Da für N., der gelernter Maler war, in seinem Beruf nur ein enges Betätigungsfeld, nämlich das gelegentliche Spritzen weißer Kunststoffprofile mit verschiedenen Farbtönen gegeben war, wurde er im Betrieb des Beschuldigten zu sonstigen Arbeiten herangezogen, u.zw. zum Putzen und Aufräumen, Zermalen von Kunststoffteilen zu Granulat und Zusammenschweißen von Kunststoffprofilen. Zu letzterem wurde er von dem Beschuldigten persönlich angelernt. Die beiden Genannten wurden nicht zur Sozialversicherung angemeldet, fuhren nach vier- bis sechswöchiger Tätigkeit mehrmals auf drei bis vier Tage zu den Angehörigen nach Slowenien nach Hause, bezogen meistens vor dem Abreisen Vorschüsse, um dann später nach Maßgabe der geleisteten Stunden abzurechnen. Im Betrieb waren weiters vier Bosnier beschäftigt, für die in der Firma ein Buch auflag, indem die tägliche Arbeitszeit dieser vier Personen eingetragen wurde. Die Arbeitszeiten des H. und N. wurden in kein Buch eingetragen, sondern auf Zetteln summiert und in Intervallen abgerechnet.

N. fertigte später eine Übersicht an, welche er der Arbeiterkammer übergab und von deren Vertretern auf dem Schriftstück Vermerke angebracht wurden.

Im September 1991 zogen H. und N. nach W., verrichteten aber weiterhin regelmäßig und Wochen hindurch die ihnen zugewiesenen Tätigkeiten im Betrieb des Beschuldigten. N. meldete sich dann im September 1991 bei der Meldebehörde an. Er hatte vorher keine Aufenthaltsbewilligung.

N. und H. beendeten im Jänner 1992 die Tätigkeit im Betrieb des Beschuldigten. Dazu kam es, als N. in diesem Monat eine Vorladung von der Bundespolizeidirektion W.

bezüglich seines Visums bekommen hatte, den Chef mit der Frage zur Rede gestellt hatte, ob er eine Beschäftigungsbewilligung besitze. Nachdem der Beschuldigte keine solche vorweisen konnte, kam es zur Auseinandersetzung. Der Beschuldigte zeigte kein Interesse zu bestätigten, daß die Ausländer bei ihm arbeiteten. Bis zur fremdenpolizeilichen Vorladung bestand ein gutes Einvernehmen mit dem Beschuldigten.

Aufgrund der aufgenommenen Beweise steht fest, daß zwischen dem Beschuldigten und den Ausländern, H. und N., ein Beschäftigungsverhältnis vorlag, u.zw. mit N. seit April 1991 bis Jänner 1992, mit H. seit einem früheren jedoch ungewissen Zeitpunkt, jedenfalls aber ab April 1991 bis ebenfalls Jänner 1992. Ein Nachvollzug von exakt festehendem Arbeitsbeginn und Endezeit bezüglich bestimmter Arbeitstage und Arbeitswochen sowie Wochenenden ist nicht exakt nachvollziehbar. Dies wäre aber beim Vorwurf von der Überschreitung der Tage- und Wochenarbeitszeit, der Verletzung der Wochen- und Wochenendruhe erforderlich. Der Zeuge N. hat angegeben, daß er die Übersicht über die geleisteten Stunden anhand von Einzeleintragungen zu einem nicht mehr bekannten Zeitpunkt vorgenommen haben will.

Die stereotype Wiedergabe von Arbeitszeitbeginn und jeweils runden Arbeitszeitenden sowie von Aufzeichnungen von noch nicht geschehenen, mutmaßlichen Arbeitsbeginnen im Dezember 1991 lassen diese Aufzeichnung nicht als sichere nach Tagen, Stunden und Minuten festehende Beurteilungsgrundlage erscheinen.

Dazu kommt, daß eine vorgeworfene Arbeitszeit Mitte November 1991 tatsächlich im Widerspruch von Aufzeichnungen und Aussagen des Zeugen N. steht.

Der nach Beschreitung des Prozeßweges erzielte Vergleich bzw. die teilweise Anerkennung der Forderung auf Bezahlung aushaftender Bezüge aus einem Dienstverhältnis ist ebenfalls, aber auch nur ein Indiz für bestandene Beschäftigungsverhältnisse nicht aber für eine nach Tagen und Stunden genau bestimmte geleistete Arbeitszeit.

Angesichts des nur zugestandenen Stundenlohnes von 45 S, kann auch eine pauschale Abgeltung der untertariflichen Entlohnung mitenthalten sein.

Der teilweise Forderungsverzicht läßt in der Gesamtsicht jedenfalls die Bestimmtheit der Arbeitszeitüberschreitung und Verletzung der Wochen- und Wochenendruhe zweifelhaft erscheinen.

Im Zweifel waren daher die diesbezüglichen Fakten einzustellen.

Bezüglich des Vorwurfes der den H. betreffenden Fakten ist zu vermerken, daß es ihnen durch die Wortwahl des Nichtvorweisens sowohl bezüglich des Arbeitsstunden- und Entlohnungsverzeichnisses als auch der Wochen-, Wochenend-, Ersatz- oder Feiertagsruhe betreffenden Verzeichnisses an der erforderlichen Bestimmtheit fehlt. Es geht bei beiden nicht eindeutig hervor, ob dem Beschuldigten damit vorgeworfen wurde, kein entsprechendes Verzeichnis geführt zu haben, oder dem Vertreter des Arbeitsinspektorates über sein Verlangen hin die Einsicht in ein bestehendes und geführtes Verzeichnis verweigert zu haben. Beides sind verschiedene Straftatbestände.

Nachdem das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG nicht erfüllt war, und dieser Mangel bereits in der Verfolgungshandlung grundgelegt war, blieb es dem O.ö.

Verwaltungssenat versagt, die Sprüche bezüglich dieser Fakten auszuwechseln. Aus diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis in allen Fakten zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Über den Vorwurf der konsenslosen Ausländerbeschäftigung wird in einem gesonderten Verfahren entschieden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum