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VwSen-220694/13/Gu/La

Linz, 24.02.1994

VwSen-220694/13/Gu/La Linz, am 24. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des O.O., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W.M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R. vom 16.8.1993, Zl.:

Ge-.., wegen Übertretung der Bauarbeitenschutzverordnung nach der am 1. Februar 1994 in Gegenwart der Parteien durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben und wird dieser bestätigt.

Die verhängte Geldstrafe wird auf 5.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage und der Verfahrenskostenbeitrag auf 500 S herabgesetzt. Ein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.3 Bauarbeitenschutzverordnung, § 31 Abs.2 lit.p ASchG, § 19 VStG, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft R. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG der E. GesmbH mit dem Sitz in L.

verantworten zu müssen, daß am 12.10.1992 auf der Baustelle "Reihenhausanlage, KG. W., Parz.Nr. 761/51 in L." zwei Arbeitnehmer der E. GesmbH mit dem Sitz in L. auf einem Dach mit einer Neigung von 35 Grad und einer Traufenhöhe von ca. 5,5 bis 6 m mit Spenglerarbeiten (Herstellung der Kaminverblechung bzw. der Silikonabdichtung der Verblechung) beschäftigt gewesen seien, wobei diese Arbeiten nicht in der Nähe des Dachsaumes ausgeführt wurden, ohne daß Schutzblenden vorhanden gewesen seien, die geeignet gewesen wären, den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise hintanzuhalten, obwohl gemäß § 45 Abs.3 Bauarbeitenschutzverordnung bei Spenglerarbeiten die nicht in der Nähe des Dachsaumes, bei einer Dachneigung von mehr als 20 Grad und in einer Traufenhöhe von mehr als 5 m über dem Gelände ausgeführt werden, eine Schutzblende vorhanden sein muß, die geeignet ist, den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise hintanzuhalten.

Wegen Verletzung des § 45 Abs.3 der Bauarbeitenschutzverordnung wurde dem Rechtsmittelwerber unter Anwendung des § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) und ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S auferlegt.

In seiner rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung macht der Rechtsmittelwerber im wesentlichen geltend, daß er der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen ein besonderes Augenmerk zugewendet habe und es sich um die erstmalige Beanstandung des Vorarbeiters G. gehandelt habe. Aus dem Fehlverhalten des Vorarbeiters könne nicht abgeleitet werden, er - der Beschuldigte - hätte seine Kontrollpflichten verletzt. Der Vorarbeiter G. habe seine Bestellung zum zuständigen Vorarbeiter im Sinn des § 3 der Bauarbeitenschutzverordnung zugestimmt und sei auch angewiesen gewesen, die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen genauestens einzuhalten. Darüber hinaus hätten im Unternehmen regelmäßig Schulungen stattgefunden, wozu auch Fachleute des Arbeitnehmerschutzrechtes zugezogen worden seien.

Er habe nicht rechnen müssen, daß G. die noch offenen Abschlußarbeiten - die Kaminverblechung bzw. die Silikonabdichtung - ohne die entsprechende Schutzmaßnahme durchführe.

Neben mangelndem Verschulden macht er in eventu geltend, daß die Übertretung keinerlei Folgen gehabt habe und sein Verschulden geringfügig sei, zumal er die erforderlichen Weisungen erteilt und die Kontrollen auch tatsächlich durchgeführt habe, wobei er zumindest jeden zweiten Tag auf der Baustelle gewesen sei und nie eine Verletzung der Arbeitnehmerschutzvorschrift feststellen habe können.

Aufgrund der Berufung wurde am 1. Februar 1994 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart der Parteien durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte und der Zeuge M.G. vernommen.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Der Rechtsmittelwerber, der mit Bestellungs- und Zustimmungsurkunde vom 2.3.1992 zum verantwortlichen Beauftragten zur Wahrnehmung sämtlicher Belange für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften, insbesondere des Arbeitnehmerschutzgesetzes, der Bauarbeitenschutzverordnung, des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes und des Arbeitszeitgesetzes bestellt worden war, besuchte in dieser Eigenschaft und auch in seiner Eigenschaft als Inhaber der Prokura für die E. GesmbH mit dem Sitz in L. die Baustelle dieses Unternehmens, der Reihenhausanlage in der KG W., Parz.Nr. 761/51, in L., auf welcher Baustelle es Dachdecker- und Spenglerarbeiten zu verrichten galt, jeden zweiten Tag während der Perioden in denen gearbeitet wurde, u.zw. im Sommer und Herbst 1992.

Bezüglich der vom Straferkenntnis beschriebenen Örtlichkeit waren die Kamineinfassungen und die Silikonabdichtung die letzten Arbeiten. Hiezu war Herr M.G. als Vorarbeiter gemeinsam mit einem weiteren Arbeiter betraut.

Mit von der Partie war am 12.10.1992 ein Schnupperlehrling.

Der Rechtsmittelwerber war sich sicher, jedenfalls zwei Tage vor jenem 12.10.1992 die zum Schutze der Arbeiter bei den Arbeiten auf dem Dach montierten Schutzblenden noch funktionstüchtig vorgefunden zu haben.

Er hatte grundsätzlich im Betrieb dafür vorgesorgt, daß jeder Arbeiter zu Beginn einer Saison ein Sicherheitspaket erhält und dafür verantwortlich zeichnet. Vier bis fünf Mal jährlich werden Stichproben gemacht, ob dieses Paket noch vorhanden und komplett ist. Darüber hinaus finden alle zwei Monate Vorträge und Mitarbeitergespräche statt, in denen auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen hingewiesen wird. Im Betrieb werden auch Arbeitszettel für größere Baustellen ausgegeben, auf denen sich neben den handwerklichen Leistungen Vordrucke und Anordnungen in spezieller Form finden, welche Sicherheitsvorkehrungen (sei es das Einrüsten, sei es das Anbringen von Schutzblenden oder Pflicht zum Anseilen) anzuwenden sind.

Am 11.10.1992 bauten die Arbeitnehmer auf der in Rede stehenden Baustelle die Schutzblenden ab und nahmen sie mit in die Firma zurück.

Als die Partie am 12.10.1992 in der Früh vom Beschuldigten mit der Vornahme der in Rede stehenden Vollendungsarbeiten beauftragt war, wurde über Schutzgerüste nichts gesprochen.

Eine Kontrolle, ob für jeden der beiden Arbeitnehmer das sogenannte Sicherheitspaket vorhanden sei, führte weder der Beschuldigte noch die beiden Arbeitnehmer durch.

Am 12.10.1992 fand ein Arbeitsinspektor des 9.

Aufsichtsbezirkes zwei Dienstnehmer der E. GesmbH auf dem Dach der Reihenhausanlage, Parz.Nr. 761/51, KG W., vor, wie sie die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses beschriebenen Arbeiten verrichteten.

Hiebei waren sie weder angeseilt noch sonst gesichert und waren auch keine Schutzblenden, Gerüste oder sonstige Schutzvorkehrungen vorhanden. Die Dachneigung betrug 35 Grad, die Traufenhöhe ca. 5,5 bis 6 m. An jenem Tag war es sonnig und das eingedeckte Ziegeldach war trocken.

Bei diesem unbestritten gebliebenen Sachverhalt war rechtlich zu erwägen:

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Ist der Arbeitgeber eine juristische Person, kann im Sinn des § 9 Abs.2 und 4 VStG eine Delegation der Verantwortung, wie im gegenständlichen Fall, erfolgen.

Gemäß § 45 Abs.3 der Bauarbeitenschutzverordnung muß bei Spenglerarbeiten, die nicht in der Nähe des Dachsaumes ausgeführt werden, bei einer Traufenhöhe von mehr als 5 m über dem Gelände und einer Dachneigung von mehr als 20 Grad eine Schutzblende vorhanden sein, die geeignet ist den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise hintanzuhalten.

Diese Bestimmung ist von der zuvor beschriebenen Norm des Arbeitnehmerschutzgesetzes erfaßt und deren Nichteinhaltung unter Strafdrohung gestellt.

Der objektive Tatbestand ist nicht strittig. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite wird auf die ständige Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, derzufolge auch die umfangreichen erwiesenermaßen vom Beschuldigten gesetzten Anweisungen und Kontrollen nicht hinreichen, um sich von der vom Gesetz vermuteten Fahrlässigkeit beim vorliegenden Ungehorsamsdelikt zu befreien.

Unter diesem Blickwinkel war auch die subjektive Tatseite zu bejahen.

Nachdem das Maß der Fahrlässigkeit als gering anzusprechen ist, der Unrechtsgehalt der Tat ein mittleres Gewicht aufwies, keine besonderen Erschwernisgründe vorlagen und hingegen der Rechtsmittelwerber als mildernd seine Unbescholtenheit verbuchen kann, war angesichts der angenommenen Vermögenslosigkeit, des Nichtvorliegens von Sorgepflichten und einem geschätzten Monatseinkommen von 15.000 S, eine Geldstrafe von 5.000 S angemessen um, angesichts des bestehenden Strafrahmens bis zu 50.000 S, dem Strafzweck - zu genügen.

Der an der Strafhöhe orientierte Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren war demgemäß zu reduzieren (§ 64 Abs.1 und 2 VStG).

Wegen des Teilerfolges der Berufung fiel ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren nicht an (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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