Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220695/4/Kl/Rd

Linz, 18.07.1994

VwSen-220695/4/Kl/Rd Linz, am 18. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Dkfm. M.Z., vertreten durch M.S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L. vom 27.7.1993, Ge-.., wegen Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1973 beschlossen:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben wird.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 27, 29a und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L.

vom 27.7.1993, Ge-96.., wurde über den Berufungswerber eine Gesamtstrafe von 8.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt vier Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 367 Z26 GewO 1973 verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Kommanditgesellschaft "XX XX-WarenhandelsgesmbH & Co" für das Handelsgewerbe zu vertreten hat, daß beim Betrieb des Einkaufsmarktes in T., am 15.10.1991 näher bezeichnete Auflagenpunkte der genannten Genehmigungsbescheide nicht eingehalten bzw. erfüllt wurden (in vier Fällen).

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das genannte Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Darin wurde Verfolgungsverjährung eingewendet, der Mangel der Spruchbezeichnung im angefochtenen Straferkenntnis geltend gemacht, Mangelhaftigkeit des Bescheidspruches gemäß § 44a Z2 VStG geltend gemacht und weiters ausgeführt, daß der Tatvorwurf zum Teil aktenwidrig, zum Teil zu ungenau und daher gesetzwidrig angenommen wurde. Schließlich wurde geltend gemacht, daß eine Überprüfung einer zwischenzeitlichen Brandschutzplanerstellung von der belangten Behörde unterlassen wurde.

Dieser Schriftsatz wurde von Dkfm. M.Z., vertreten durch Mag. C.S., c/o F.M. Z.

GesmbH, eingebracht und mit "Dkfm. M.Z. i.V. S." gezeichnet.

3. Die Bezirkshauptmannschaft L. als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Eine Vollmacht wurde vom Berufungswerber nachgereicht.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat stellt fest, daß das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren von der Bezirkshaupt mannschaft L. als Tatortbehörde (Betrieb der Betriebsanlage in T.,) eingeleitet wurde. Im Wege der Amtshilfe wurde dem Beschuldigten Akteneinsicht und Parteiengehör gewährt. Daraufhin hat die belangte Behörde das Strafverfahren gemäß § 27 VStG zur Weiterführung an die Bezirkshauptmannschaft D.

abgetreten, welche nach neuerlichem Parteiengehör, nach einer Zeugeneinvernahme und nach einer Einholung einer Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft L., welche in dieser Stellungnahme richtigstellte, daß die Abtretung gemäß § 29a VStG erfolgte, den Verwaltungsstrafakt gemäß § 27 VStG an die Bezirkshauptmannschaft L. mit der Begründung retourniert, daß die Abtretung eines Verwaltungsstrafaktes gemäß § 29a VStG zur Durchführung des Strafverfahrens unter Hinweis auf die in der Kopie angeschlossene Rechtsprechung nicht mehr möglich ist. Die Bezirkshauptmannschaft L. hat hierauf das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

5. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Zum Straftatbestand des § 367 Z26 GewO hat der VwGH judiziert, daß dieser Tatbestand auf beim Betrieb der Anlage einzuhaltende Auflagen abgestellt ist und daher nicht angenommen werden kann, daß die Übertretung nicht am Standort der Betriebsanlage, sondern am hievon abweichenden Sitz der Unternehmensleitung begangen worden wäre. Zuständig ist jene Behörde, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich der Standort der Betriebsanlage ist (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 856 E.9).

5.2. Der Beschuldigte hat seinen Wohnsitz in D.

Gemäß § 29a VStG kann, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird, die zuständige Behörde das Strafverfahren oder den Strafvollzug an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat.

Es handelt sich bei der Bestimmung des § 29a VStG um eine Befugnis, die der Behörde aus Gründen der zweckmäßigen Abwicklung des Verfahrens eingeräumt ist, also um eine Verfahrensanordnung, auf deren Anwendung die dem Verfahren Unterworfenen kein Recht haben (Hauer-Leukauf zu § 29a VStG mN.). Es ist daher darauf Bedacht zu nehmen, ob hiedurch das Verfahren "wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird".

Die Bezirkshauptmannschaft L. hat als zuständige Behörde die (nachträglich korrigierte) Übertragung nach § 29a VStG durchgeführt; auch konnte sie begründeter Auffassung sein, daß eine wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens erzielt werden könnte. Es waren daher die Voraussetzungen einer Übertragung erfüllt.

5.3. Mit der Übertragung der Durchführung eines Strafverfahrens an die Behörde am Wohnsitz des Beschuldigten endet aber die Zuständigkeit der übertragenden Behörde in diesem Strafverfahren. Die Behörde kann daher die Übertragung einer Strafsache an sie nicht ablehnen oder die Sache nach Vernehmung des Beschuldigten rückübertragen (vgl. Walter Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage, RZ 834, sowie VwGH vom 30.10.1990, 90/04/0201). Die Rückübertragung des Strafverfahrens durch die Behörde am Wohnsitz des Beschuldigten konnte daher einen Übergang der Zuständigkeit zurück an die übertragende Behörde nicht bewirken. Auch die Fortführung des Strafverfahrens durch die Bezirkshauptmannschaft L. konnte daran nichts ändern, weil Fragen der Zuständigkeit nicht der Disposition der Behörden unterliegen.

5.4. Wenn hingegen die Bezirkshauptmannschaft D. die Auffassung vertritt, daß nur die Einvernahme des Beschuldigten durch die delegierte Behörde eine Rückübertragung hindert, so ist darauf hinzuweisen, daß nach der Übertragung Akteneinsicht und Gelegenheit zur Stellungnahme dem Beschuldigten gewährt wurde (AV vom 19.10.1992), und ist entgegenzuhalten, daß dem wohl auch gleichgelagerte Verfahrenshandlungen - wie zB Fortführung des Strafverfahrens durch Zeugeneinvernahme - das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 29a VStG und die Annahme des Verwaltungsstrafverfahrens bestätigen und daher eine Rückübertragung - weil die Zuständigkeit der Tatortbehörde hiemit weggefallen ist ausschließen.

5.5. Es wurde daher im Grunde dieser Ausführungen das gegenständliche Straferkenntnis von einer unzuständigen Behörde erlassen und war daher wegen Unzuständigkeit aufzuheben.

Zum Vorbringen in der Sache selbst war nicht mehr weiters einzugehen.

6. Da der Berufung Folge gegeben wurde, waren Kosten zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 65 und § 66 VStG nicht aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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