Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-220700/2/Schi/Ka

Linz, 14.07.1994

VwSen-220700/2/Schi/Ka Linz, am 14. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des W.R., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E.H. und Dr. K.H., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshaupstadt L.

(Magistrat-Bauwirtschaftsamt als Bezirksverwaltungsbehörde) vom 9.8.1993, GZ... wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch a), die verletzte Rechtsvorschrift (§ 44a Z2 VStG) zu lauten hat ad Ia bis j: § 367 Z26 Gewerbeordnung (GewO) 1973, BGBl.Nr.50/1974 iVm § 370 Abs.2 GewO 1973, BGBl.Nr.50/1974 iVm Bescheid des Magistrates L., Baurechtsamt, vom 13.12.1984, GZ...; ad II: § 366 Abs.1 Z4 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973; b) die angewendete Gesetzesbestimmung, nach der die Strafen verhängt werden (§ 44a Z3 VStG) zu lauten hat:

ad Ia bis j: § 367 Einleitungssatz GewO 1973 iVm § 370 Abs.2 GewO 1973; ad II: § 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1973; II. Als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind 20 % der verhängten Strafen, ds 3.300 S, binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51/1991, iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991; § 366 Abs.1 Z4 und § 367 Z26 Gewerbeordnung 1973, BGBl.Nr.50/1973 idF der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr.29/1993.

II.: §§ 64 Abs.1 und Abs.2 und VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt L. (Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit Straferkenntnis vom 9.8.1993, GZ..., wegen Übertretungen des § 367 Z26 GewO 1973 iVm dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L. vom 13.12.1984, GZ...

(Punkte Ia bis j) und wegen einer Übertretung des § 366 Abs.1 Z4 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 (II.) Geldstrafen von je 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe von je 2 Tagen), insgesamt sohin 16.500 S (22 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe), verhängt, weil es der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma XX Gastronomie und HandelsgesmbH, , welche Betreiberin des Lokales "Cafe XX" in L. ist und somit als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 gewerberechtlich Verantwortlicher zu vertreten hat, daß I. im oa Lokal die im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 13.12.1984, GZ..., unter Punkt 3 angeführte Auflage, daß "die Zugangstüre mit einer Selbstschließeinrichtung zu versehen und während der gesamten Betriebszeit geschlossen zu halten ist", a) am 3.6.1992 vom 23.00 Uhr bis 23.20 Uhr, b) am 7.6.1992 von 0.34 Uhr bis 0.49 Uhr, c) am 13.6.1992 von 01.41 Uhr bis 01.56 Uhr, d) am 19.6.1992 von um 00.43 Uhr bis 00.46 Uhr, e) am 25.6.1992 von 01.39 Uhr bis 01.46 Uhr, f) am 28.6.1992 von 00.36 Uhr bis 00.52 Uhr, g) vom 30.6.1992, 23.53 Uhr bis 1.7.1992, 00.25 Uhr, h) vom 3.7.1992, 23.46 Uhr bis 4.7.1992, 00.07 Uhr, i) am 10.7.1992 von 01.50 Uhr bis 02.11 Uhr, j) vom 15.7.1992, 23.35 Uhr bis 16.7.1992, 00.30 Uhr, nicht eingehalten wurde, indem die Lokaleingangstür während der oa Zeiträume (Betriebszeit) ständig geöffnet war; II. das oa Lokal zumindest am 10.8.1992 nach Durchführung einer gemäß § 81 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO genehmigungspflichtigen Änderung betrieben wurde, ohne daß die hiefür erforderliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung vorgelegen wäre, indem zusätzlich zum gewerbebehördlich genehmigten Gastlokal unmittelbar vor dem Objekt L., ein Schanigarten, bestehend aus 2 runden Tischen mit insgesamt 11 Stühlen errichtet und betrieben wurde (es wurden Gäste in diesem Garten mit Getränken bewirtet), obwohl dieser zusätzliche Schanigarten geeignet ist, Nachbarn durch Lärm und Rauch zu belästigen.

Gleichzeitig wurde ein Kostenbeitrag von insgesamt 1.650 S auferlegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben bzw das Strafverfahren einzustellen, in eventu das Strafausmaß auf ein schuld- und tatangemessenes Maß herabzusetzen.

Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, daß - da das angefochtene Straferkenntnis mit 9.8.1993 datiert sei durch die am 1.7.1993 in Kraft getretene Gewerberechtsnovelle 1992 gemäß § 153 GewO die Genehmigungspflicht für Schanigärten aufgrund einer "gesetzlichen Betriebszeitengarantie" weggefallen sei. Gemäß § 379 Abs.1 GewO sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auch auf strafbare Handlungen und Unterlassungen anzuwenden, die vor seinem Inkrafttreten begangen worden sind, soferne diese dadurch nicht einer strengeren Behandlung unterliegen, als nach den bisher geltenden Vorschriften. Durch diesen der österreichischen Rechtsordnung immanenten Grundsatz des Günstigkeitsprinzips im Strafverfahren sei das seinerzeitige Delikt, das ihm im Punkt II. vorgeworfen wurde, strafrechtlich nicht mehr relevant.

Zu den Fakten I a) bis j) wird ausgeführt, daß es sich bei den angeführten Tatzeiten um ausgesprochene Schönwettertage handelte; es sei allgemein bekannt, daß zu solche Zeiten "beinahe tausende Menschen" die in der L. Altstadt situierten Lokale aufsuchen und diese sehr häufig wechseln.

Selbstverständlich könne eine Eingangstüre nur dann geschlossen gehalten werden, wenn nicht ständig Gäste ins Lokal eintreten bzw das Lokal verlassen. Aufgrund dieser hohen Besucherfrequenz sei es geradezu unmöglich, die Türen ständig geschlossen zu halten. Außerdem komme es vor, daß an besonders heißen Tagen sich auch Gäste genau in den Bereich der Eingangstüre stellen und dadurch die Türe offenhalten.

Es sei dem Bedienungspersonal nicht ständig möglich, die Gäste darauf aufmerksam zu machen, daß die Türe geschlossen zu halten sei. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens werde darin erblickt, weil die Erstbehörde keinerlei Ermittlungstätigkeit darüber durchgeführt habe, warum die Eingangstür zu diesen Zeiten offengehalten worden sei. Dies sei lediglich für den Deliktszeitraum 15.7.1992, 23.35 Uhr bis 16.7.1992, 0.30 Uhr durchgeführt worden. Die Behörde hätte von Amts wegen auch Ermittlungen über Umstände durchführen müssen, die den Beschuldigten entlasten. Auch diesfalls liege eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Im übrigen sei die Eingangstüre mit einer Selbstschließeinrichtung versehen; es sei von der Erstbehörde nicht vorgeworfen worden, daß die Eingangstüre durch irgendwelche Hilfsmittel wie zB Spreizer udgl.

offengehalten wurde. Im übrigen sei durch das Cafe XX seitens der Hausbewohner bzw der Nachbarn noch keinerlei Beschwerden bezüglich einer Lärmbelästigung hervorgekommen; auch die Musikanlage werde lediglich als Hintergrundmusik verwendet und erreicht keine Lautstärke, die geeignet wäre, auch bei geöffneter Eingangstüre ins Freie zu dringen. An heißen Sommertagen herrsche in der H. aufgrund der zahlreichen Altstadtbesucher ein hoher Lärmpegel und könne daher in etwaiger aus dem Lokal ins Freie gelangender Lärm diesen Lärmpegel keinesfalls erhöhen, sondern gehe diese Immission dabei völlig unter und könne vernachlässigt werden. Im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat sei dies jedenfalls zu berücksichtigen.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil in den einzelnen Fällen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Der O.ö. Verwaltungssenat hat über die zulässige - Berufung, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde erwogen.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen (Z2).

Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1973 bdarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Genehmigung, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Nach § 370 Abs.2 GewO 1973 sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Diese Bestimmung bringt zum Ausdruck, daß ihre Verantwortlichkeitsregelungen nur dann anzuwenden sind, sofern es keine Sonderbestimmungen gibt.

Da die Gewerbeordnung in § 9 Abs.1 und § 370 Abs.2 selbständige Regelungen hinsichtlich der Delegierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe juristischer Personen trifft, ist für den Bereich des Gewerberechtes nach dem diesbezüglichen klaren Wortlaut des § 9 Abs.1 VStG der § 9 Abs.2 VStG nicht anwendbar (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 755 mit Nachweis).

Gemäß § 9 Abs.1 der GewO 1973 können juristische Personen und Personengesellschaften des Handelsrechts ein Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer bestellen. Es muß sich daher der Gewerbeinhaber eines Geschäftsführers bedienen, der sich im Betrieb entsprechend betätigt (§ 39 Abs.3 GewO 1973). Unter diesem Aspekt ist auch die Regelung des § 370 Abs.2 GewO 1973, wonach Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen sind, naheliegend bzw. logische Folge.

4.2. Zur Rüge des mangelhaften Verfahrens ist festzustellen, daß es rechtlich völlig irrelevant ist, warum die Eingangstüre nicht geschlossen bzw geöffnet war. Nach den zitierten Gesetzesbestimmungen in Verbindung mit dem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 13.12.1984 (Punkt 3.) ist es lediglich erforderlich, daß die Eingangstüre geschlossen zu halten ist; weshalb irgendein Hilfsmittel zum Offenhalten der Eingangstüre in irgendeiner Weise rechtlich relevant sein soll, behauptet auch weder der Berufungswerber noch ist eine solche Relevanz dem unabhängigen Verwaltungssenat erkennbar. Aber selbst wenn es so gewesen sein sollte, daß - wie der Berufungswerber andeutet - Gäste in der Tür standen und somit ein Schließen nicht möglich war, könnte dies den Berufungswerber nicht exkulpieren, weil er diesfalls verpflichtet gewesen wäre, die Gäste enstsprechend auf das Geschlossenhalten der Eingangstüre aufmerksam zu machen und sie an einem weiteren Verweilen in diesem Bereich zu hindern. Warum dies ihm bzw. dem Bedienungspersonal unmöglich gewesen wäre, bleibt der Berufungswerber zu erklären schuldig. Zur angeblichen Nichtbeeinträchtigung der Nachbarschaft ist festzustellen, daß es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl.

27.4.1993, Zl.92/04/0221) nicht auf die tatsächliche Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung usw ankommt, sondern es genügt allein schon die Möglichkeit.

4.3. Im übrigen ist zum Verschulden hinsichtlich der Fakten Ia) bis j) noch zu bemerken:

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht. Ein derartiges Vorbringen - von Tatsachen oder von Beweismitteln -, das geeignet gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, hat der Berufungswerber aber nicht erstattet. Das Berufungsvorbringen ist im Sinne der ständigen Judikatur insofern nicht stichhaltig. Es war daher die diesbezüglich geltend gemachte Mangelhaftigkeit weder begründet noch entscheidungsrelevant.

Aus diesem Grund hat der Berufungswerber die Verwaltungsübertretung auch subjektiv zu vertreten.

5. Zur behaupteten Straflosigkeit hinsichtlich Faktum II wegen der inzwischen eingetretenen Rechtsänderung durch die Gewerberechtsnovelle 1992 ist festzustellen:

5.1. Gemäß § 153 Abs.1 GewO 1973 (in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992) dürfen Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, jedenfalls von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr, vom 15.6. bis einschließlich 15.9. bis 23.00 Uhr, betrieben werden, wenn sie ausschließlich der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken dienen, lautes Sprechen, Singen und Musizieren in ihnen vom Gastgewerbetreibenden untersagt ist und auf dieses Verbot hinweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen zum Gastgarten deutlich erkennbar angebracht sind. Der erste Satz gilt auch für bereits bestehende sonstige Gastgärten.

5.2. Der O.ö. Verwaltungssenat ist - entgegen der Auffassung der Berufung - der Meinung, daß § 153 Abs.1 GewO nicht zwingend so zu verstehen ist, daß die im ersten Satz angeführte Rechtswohltat, welche für Gastgärten auf öffentlichem Grund normiert wurde, daß eine Betriebsanlagengenehmigung für das Betreiben eines Gast(Schani) Gartens innerhalb der gesetzlichen Betriebszeitengarantie nicht mehr erforderlich ist, bzw ohne eine solche nicht mehr strafbar ist. Aus § 153 Abs.1 leg.cit. ist sicherlich nicht ableitbar, daß für diese Gastgärten bei Vorliegen bestimmter Kriterien überhaupt keine Genehmigungspflicht mehr besteht; vielmehr sind bei Vorliegen der angeführten Kriterien lediglich bestimmte Betriebszeiten gewährleistet, unabhängig von der nach wie vor bestehenden Genehmigungspflicht der Gastgärten.

Allerdings wird für das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren § 153 Abs.1 leg.cit insofern Bedeutung erlangen, als hinsichtlich der Immissionsart Lärm wegen des ausschließlichen Abstellens des Gesetzes auf "lautes Sprechen, Singen und Musizieren" einem Konsenswerber aufgrund dieser neugeschaffenen Bestimmungen die im Gesetz vorgesehenen Betriebszeiten garantiert sind.

5.3. Zur Anwendung des vom Berufungswerber im § 379 Abs.1 GewO 1973 erblickten Günstigkeitsprinzips ist anzumerken, daß diese Bestimmung lediglich normiert, daß die GewO 1973 auch auf strafbare Handlungen oder Unterlassungen anzuwenden ist, die vor ihrem Inkrafttreten begangen worden ist, sofern diese dadurch nicht einer strengeren Behandlung unterliegen, als nach den bisher geltenden Vorschriften.

Vom Berufungswerber dürfte offensichtlich das Prinzip der Rückwirkung der günstigeren Strafnorm (§ 1 Abs.2 VStG) gemeint sein. Denn nach dieser Bestimmung richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. § 1 Abs.2 VStG regelt somit den Fall, daß zwischen dem Zeitpunkt der Begehung der Verwaltungsübertretung und dem Zeitpunkt der Bestrafung (Erlassung des Bescheides) die Strafe der (in beiden Zeitpunkten geltenden) Strafnorm geändert wurde. In diesem Fall wird von der Regel, daß sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet, abgegangen, falls das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für Täter günstiger wäre (vgl. auch § 61 StGB).

Aber selbst die Betrachtung der Berufungsausführungen im Hinblick auf die richtige Norm des § 1 Abs.2 VStG kann der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen; denn wie schon oben unter Punkt 4.3. ausführlich dargelegt, ist auch im Lichte der Gewerberechtsnovelle 1992 sehrwohl eine Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage durch Errichtung eines Gastgartens (Schanigarten) unabdingbar.

5.4. Es ist daher auch dieses Delikt vom Berufungswerber objektiv verwirklicht worden; hinsichtlich der subjektiven Tatseite kamen auch hier keine weiteren Argumente hervor, sodaß auch hier das oben unter Punkt 4.3. Gesagte gilt.

6. Zur Strafbemessung:

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat sind gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

6.2. Tatsächlich hat die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses sowohl den Unrechtsgehalt der Tat als auch den Schuldgehalt der Tat vollständig und übersichtlich so erörtert, daß aus dem Blickwinkel des Rechtsschutzes die Ermessensübung der belangten Behörde mit ihren maßgeblichen Überlegungen für den Berufungswerber offen vorgelegen ist.

Im Hinblick darauf genügt die bloß mit allgemein gehaltenen Formulierungen zum Ausdruck gebrachte Ablehnung des Straferkenntnisses nicht, um die Strafbemessung der belangten Behörde grundsätzlich zu erschüttern. Auch der O.ö. Verwaltungssenat schließt sich daher im Hinblick auf die von der Strafbehörde angenommenen bzw erhobenen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse den Erwägungen der Strafbehörde vollinhaltlich an und hat dem nichts mehr hinzuzufügen. Die verhängte Strafe erfüllt den Strafzweck, wobei auch generalpräventive Gesichtspunkte nicht gänzlich außer Acht gelassen werden durften; die Bezahlung der Strafe ist dem Berufungswerber zumutbar.

7. Da in jeder Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20 % der verhängten Strafe, ds insgesamt 3.300 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum