Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220713/10/Ga/La

Linz, 21.11.1994

VwSen-220713/10/Ga/La Linz, am 21. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des H.A., vertreten durch Dr. H.B., Rechtsanwalt in L., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L.

vom 4. August 1993, Zl. .., wegen Übertretung des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz - BZG, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und durch öffentliche mündliche Verkündung am 19. Oktober 1994, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die Strafnorm wie folgt zu lauten hat: "§ 4 Abs.1 Schlußsatz BZG".

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, ds. 200 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses bei sonstigem Zwang zu leisten.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 51 Abs.1, § 51e, § 51g und § 51i, § 64 Abs.1 und Abs.2 Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der B.

Handelsgesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß er zumindest am 15. März 1992 von 14.30 Uhr bis 15.00 Uhr das Geschäftslokal der Firma B.Handelsgesellschaft m.b.H.

in der H.straße in L. offengehalten und an mehrere Kunden Lebensmittel verkauft habe, obwohl dies gemäß BZG verboten ist. Dadurch habe er § 4 Abs.1 Z2 iVm § 2 Abs.2 BZG verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 4 Abs.1 Z2 BZG eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: ein Tag) kostenpflichtig verhängt.

2. Dagegen richtet sich die bei der Strafbehörde rechtsfreundlich eingebrachte, die Aufhebung und Verfahrenseinstellung beantragende, hilfsweise die Anwendung des § 21 VStG geltend machende Berufung.

Begründend bestreitet der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung im wesentlichen mit dem Vorbringen, daß zur fraglichen Zeit lediglich Reinigungsund Putzarbeiten, jedoch keine Verkaufstätigkeiten durchgeführt worden seien; keinesfalls habe eine gewerbliche Tätigkeit stattgefunden. Das Ausmaß der verhängten Strafe wird gesondert nicht bekämpft.

Diese Berufung hat die Strafbehörde als belangte Behörde ohne Gegenäußerung vorgelegt und den Strafakt angeschlossen.

3. Zur Klärung von Tatfragen hat der unabhängige Verwaltungssenat am 19. Oktober 1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung mit den geladenen und anwesenden Parteien (der Beschuldigte war durch seinen Rechtsfreund vertreten) durchgeführt. Dem Beweisverfahren dieser Verhandlung war der Strafakt zu Zl. .. zugrundegelegt.

Rev.Insp. K.F., dessen eigene dienstliche Wahrnehmung im Zuge eines zur Tatzeit versehenen Streifendienstes zur Anzeige jenes Sachverhalts geführt hat, der schließlich dem bekämpften Straferkenntnis von der belangten Behörde als maßgebend zugrundegelegt worden ist, war als Zeuge geladen und wurde als solcher förmlich vernommen.

3.1. Auf Grund dieser Beweisaufnahme wird gemäß § 51i erster Satz VStG iVm § 37 AVG - unter Einbeziehung der Berufungsbegründung - der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt. Unstrittig ist die Funktion des Berufungswerbers als gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Handelsgesellschaft m.b.H. und weiters, daß es sich bei der tatgegenständlichen Lokalität eine dieser Gesellschaft zuzurechnende Betriebsstätte im Sinne des § 2 Abs.2 BZG, nämlich um ein Lebensmittelgeschäft handelt.

Bestritten wird, daß diese Betriebsstätte am Tattag zur angegebenen Uhrzeit offengehalten wurde, u.zw. erkennbar in dem Sinn, daß Personen durch die Geschäftseingangstüre den Verkaufsraum betreten konnten. Strittig ist auch, wofür offengehalten wurde. Der Berufungswerber behauptet die Durchführung von Reinigungs- und Putzarbeiten.

3.2.1. Der Zeuge gab an, daß ihm die Örtlichkeit deswegen vertraut war, weil ihm aus Streifengängen in letzter Zeit, jedenfalls zwei Mal unter seiner Beteiligung, aufgefallen war, daß dieses Geschäftslokal an Sonntagen offensichtlich offengehalten gewesen ist. Jedes Mal aber wurde das Geschätspersonal nur abgemahnt und darauf aufmerksam gemacht, daß ein Offenhalten dieses Geschäftes an Sonntagen in Österreich nicht erlaubt ist. Im Berufungsfall hat der Zeuge am Tattag vor Beginn der eigentlichen Amtshandlung schon vom Auto aus durch die Glasfront des Geschäftes gesehen, daß sich darinnen Leute befanden. Das Betreten des Geschäftes durch die Eingangstüre war für ihn und seinen Kollegen ohne weiteres möglich. Im Verkaufsraum hat er wahrgenommen, daß sich einige Personen in diesem Raum aufgehalten und nach seinem Eindruck im Geschäft eingekauft haben. Dies hat der Zeuge daraus geschlossen, daß eine dieser Personen eine Tasche mit Lebensmittel bei sich hatte.

Hinter dem Verkaufspult befand sich eine weitere Person, die vom Zeugen als "Verkäufer" eingestuft wurde. Weder wurde (irgend-)ein Reinigungsgerät im Geschäftslokal wahrgenommen noch, daß irgend jemand mit einem solchen Gerät Reinigungsarbeiten vorgenommen hätte. Während der Amtshandlung sind einige der ursprünglich anwesenden Personen aus dem Geschäfslokal hinausgegangen, mindestens zwei Personen (abgesehen vom "Verkäufer") sind jedoch im Geschäftslokal verblieben.

3.2.2. Der unabhängige Verwaltungssenat hält die Aussage des Zeugen für glaubwürdig. Trotz des schon längere Zeit zurückliegenden Geschehens konnte sich der Zeuge sowohl an den Ablauf insgesamt als auch an Details erinnern. Die Aussage ist frei von Widersprüchen und wurde auch vom Rechtsfreund des Berufungswerbers nicht in Zweifel gezogen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat rechtlich erwogen:

4.1. Gemäß § 4 Abs.1 BZG begeht eine mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu ahndende Verwaltungsübertretung, wer als Gewerbetreibender an Sonntagen oder Feiertagen gemäß Z2 dieser Vorschrift entgegen § 2 Abs.2 BZG Betriebsstätten für den Kundenverkehr offenhält.

§ 2 Abs.2 BZG bestimmt, daß an Sonntagen und Feiertagen Betriebsstätten nur für die Ausübung von unter Abs.1 Z1 bis 3 fallenden Tätigkeiten offengehalten werden dürfen. Die Ausübung solcher privilegierter Tätigkeiten wurde im vorgelegten Fall weder behauptet noch sind solche Tätigkeiten hervorgekommen.

Wurde die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers angezeigt, so sind bei Übertretung von wie hier - gewerberechtlichen Vorschriften Geldstrafen gegen ihn zu verhängen.

Das Tatbestandsmerkmal 'Offenhalten für den Kundenverkehr' ist unschwer nach der Wortbedeutung auszulegen: Damit sind alle Verhaltensweisen erfaßt, die das Zugänglichmachen der Betriebsstätte den Kunden gegenüber herbeiführen, u.zw. im Sinne eines nach den Geschäftsusancen jeweils üblichen Betretens der Betriebsstätte durch Kunden, somit durch Personen, die ein Verkaufsgeschäft seiner Bestimmung gemäß aufsuchen.

4.2. Vor dem Hintergrund dieser hier anzuwendenden Rechtslage steht fest, daß der Berufungswerber die ihm angelastete Tat begangen und zu verantworten hat.

Zunächst besteht kein Zweifel, daß das Geschäftslokal offengehalten gewesen ist. Für die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers in seiner Berufungsbegründung, daß nämlich zum fraglichen Zeitpunkt lediglich Reinigungs- und Putzarbeiten durchgeführt worden seien, hat das Beweisverfahren nicht den geringsten Hinweis erbracht. Sind aber nicht einmal Reinigungs- und Putzarbeiten durchgeführt worden, bleibt selbst vom Berufungswerber unerklärt, aus welchen Gründen sonst das Geschäftslokal zur Tatzeit an einem Sonntag offengehalten worden ist, wenn nicht für den Kundenverkehr. Indem der Rechtsfreund des Berufungswerbers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung unmittelbar in Kenntnis der Zeugenaussage nur vorbringt, daß dem Berufungswerber in der Formulierung des Schuldspruchs etwas vorgeworfen werde, was der Berufungswerber tatsächlich nicht gemacht habe, nämlich daß er das Geschäftslokal offengehalten habe, bringt er zur Verteidigung substantiell nichts vor bzw. geht sein Einwand über eine schlichte Verneinung des Beweisergebnisses nicht hinaus.

Aus der Tatsache, daß sich im Geschäftslokal ein Kommen und Gehen von Personen abgespielt hat einerseits, und aus dem Umstand, daß in der Tasche einer dieser Personen sich Lebensmittel befunden haben andererseits, hält der unabhängige Verwaltungssenat mit der belangten Behörde die Schlußziehung, nämlich daß an Kunden Lebensmittel verkauft worden sind, sowohl für zulässig und schlüssig, weil den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechend, als auch für richtig.

Auch die Einschätzung der hinter dem Verkaufspult befindlichen Person als "Verkäufer" ist unter Würdigung des Gesamtgeschehens mit der allgemeinen Lebenserfahrung vereinbar.

Ist aber durch indirekte Beweisführung für erwiesen zu halten, daß an Kunden Lebensmittel verkauft wurden, ist damit auch erwiesen, daß die Betriebsstätte für den Kundenverkehr offengehalten worden ist.

4.3. Was die Zurechnung der Tat dem Berufungswerber als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen gewerberechtlichen Geschäftsführer anbelangt, so ist der Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses unter Einbeziehung des Akteninhalts und der Ergebnisse des Beweisverfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat für einen verständigen Leser hinlänglich als Vorwurf an den Berufungswerber zu erkennen, für die Nichteinhaltung der als verletzt angelasteten Rechtsvorschrift durch die involvierte Gesellschaft eintreten zu müssen. Bei einer verständigen Gesamtwürdigung des Falles ist nämlich die Umschreibung: "Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer ... zu verantworten, daß Sie ... offengehalten und an mehrere Kunden Lebensmittel verkauft" (haben), nicht als Anlastung der persönlichen Begehung einer Tat mißzuverstehen (vgl. VwGH 24.1.1989, 88/04/0131 - zit. bei: Stolzlechner-Wendl-Zitta [Hrsg.], Die gewerbliche Betriebsanlage, 2.A [1991], Rz 319).

5. Der vom Berufungswerber beantragten Anwendung des § 21 VStG war nicht zu entsprechen. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für ein 'Absehen von der Strafe' sind in diesem Fall nicht vollständig erfüllt. Mögen zwar die Folgen der Gesetzesübertretung im Hinblick auf die bloß halbstündige Dauer des unbefugten Offenhaltens eher unbedeutend gewesen sein, kann von einem iSd § 21 Abs.1 VStG bloß geringfügigen Verschulden des Berufungswerbers nicht die Rede sein. Unwidersprochen war nämlich davon auszugehen, daß der involvierten Gesellschaft - und somit auch dem verantwortlichen gewerberechtlichen Geschäftsführer - aus früheren Beanstandungen jedenfalls bekannt gewesen sein mußte, daß in Österreich Betriebsstätten dieser Art an Sonntagen und an Feiertagen für den Kundenverkehr grundsätzlich nicht offengehalten werden dürfen.

Vorauszusetzen ist weiters, daß sich in einer freien Marktwirtschaft auch im gewerblichen Verkaufsgeschäft jeder Mitbewerber über grundlegende Wettbewerbsusancen (dazu zählt die Beachtung der in diesem Fall verletzten Rechtsvorschriften) ausreichend informiert und sich nicht durch Verharren in Unkenntnis Wettbewerbsvorteile zu schaffen versucht.

Im übrigen hat die belangte Behörde mit der Festsetzung einer Geldstrafe in der Höhe von (bloß) 1.000 S die Grundsätze des § 19 Abs.1 und Abs.2 VStG offensichtlich beachtet. Die Festsetzung der Geldstrafe mit bloß einem Zehntel der hier durch den Betriebszeitengesetzgeber festgesetzten Höchststrafe hält der unabhängige Verwaltungssenat - selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Tat schon zweieinhalb Jahre zurückliegt für nicht unangemessen.

6. Bei diesem Ergebnis war der Berufung nicht Folge zu geben. Aus der Abweisung des Rechtsmittels resultieren die Kostenfolgen mit der Verpflichtung des Berufungswerbers zu einem Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der gesetzlich vorgesehenen Höhe.

Die Berichtigung des Spruchelements gemäß § 44a Z3 VStG bedeutet keine Erweiterung bzw. Änderung des Abspruchsgegenstandes.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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