Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220715/10/Kon/Fb

Linz, 21.11.1994

VwSen-220715/10/Kon/Fb Linz, am 21. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des KR H H , W , S , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J B , E , K , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 8.9.1993, GZ:

MA2-Ge-4024-1993, idFd Berichtigungsbescheides der gleichnamigen Behörde vom 6.10.1993, GZ: MA2-Ge-4024-1993, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der zu Faktum 1) (Verwaltungsübertretung gemäß § 9 AZG) und Faktum 2) (Verwaltungsübertretung gemäß § 11 Abs.1 AZG) ergangenen Schuldsprüche keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß nach der Wortfolge: "S Straße 25," einzufügen ist: "gemäß § 9 Abs.2 VStG strafrechtlich".

II. Hinsichtlich der jeweils zu Faktum 1) und Faktum 2) ergangenen Strafaussprüche wird der Berufung Folge gegeben und werden diese ersatzlos behoben.

Die vorgeschriebenen Verfahrenskostenbeiträge entfallen.

III. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), und § 51 Abs.1 VStG.

zu II.: § 16 Abs.1 VStG, § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

zu III.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, nach bescheidmäßig erfolgter Richtigstellung des Tatzeitpunktes, am 16.1.1993, im Rahmen von Inventurarbeiten 26 namentlich angeführte Arbeitnehmer im jeweils angeführten Ausmaß über die höchstzulässige Tagesarbeitszeit von 10 Stunden beschäftigt zu haben (Faktum 1)) und drei namentlich angeführten Arbeitnehmern die gemäß § 11 Abs.1 AZG vorgeschriebene Ruhepause von einer halben Stunde nicht gewährt zu haben (Faktum 2)).

Gemäß § 28 Abs.1 AZG wurden über den Beschuldigten folgende Geldstrafen zu Faktum 1) jeweils 1.000 S (26 x 1.000 S = 26.000 S); zu Faktum 2) jeweils 500 S (3 x 500 S = 1.500 S).

Der insgesamt vom Beschuldigten zu entrichtende Betrag an Geldstrafen beträgt 27.500 S.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit wurde (undifferenziert) eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 10 Tagen verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht:

Er habe die ihm unter Faktum 1) und Faktum 2) zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen. Die 26 Arbeitnehmer wären am 16.7.1993 nicht in den im Erkenntnis angegebenen Zeiten tätig gewesen. Das Straferkenntnis widerspreche in diesem Punkt dem erstinstanzlich geführten Verwaltungsstrafverfahren. In diesem Verfahren sei ihm nämlich vorgehalten worden, die genannten Arbeitnehmer am 16.1.1993 entgegen den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes beschäftigt zu haben.

Weiters habe er in seiner Rechtfertigung dargelegt, daß die am 16.1.1993 geleisteten Arbeitszeiten in einer Ausnahmesituation (Inventur) erfolgt seien. Diese Inventur sei in einer Art und Weise durchgeführt worden, wie sie die Arbeitnehmer selbst gewünscht hätten. Diese Umstände ließen ein Verschulden iSd § 5 VStG entfallen. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG vor.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die dem Beschuldigten jeweils unter Faktum 1) und Faktum 2) angelasteten Überschreitungen der höchstzulässigen täglichen Arbeitszeit und die Unterschreitungen der Mindestruhepausen sind aufgrund der Feststellungen des Arbeitsinspektorates als erwiesen zu erachten und werden vom Beschuldigten, seinem Berufungsvorbringen nach, auch nicht in Abrede gestellt. Die vom Berufungswerber eingewendeten Umstände einer durch Inventurarbeiten bedingten Ausnahmesituation bzw das Ausmaß der geleisteten Arbeitszeiten hätte den Wünschen der Arbeitnehmer entsprochen, vermögen mangels Deckung in den Bestimmungen des Arbeitzeitgesetzes die objektive Tatbestandsmäßigkeit der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen nicht zu beseitigen. Der diesbezüglichen Begründung der Erstbehörde ist beizutreten.

Was das Vorliegen der subjektiven Tatseite betrifft, so hat der Beschuldigte - was gemäß § 5 Abs.1 VStG ihm oblegen wäre - nicht glaubhaft dargetan, daß ihn an der Verletzung der Bestimmungen der §§ 9 und 11 Abs.1 AZG kein Verschulden getroffen hat. Es ist sohin auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen auszugehen. Aus diesen Gründen war der Schuldspruch der Erstbehörde zu bestätigen.

zu II.:

Der Strafausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

"Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe falls diese un- Freiheits- gemäß § 28 Abs.1 von einbringlich ist strafe von Schilling Ersatzfreiheits- i.Z.m.

strafe von 10 Tagen zu 1.:

26 x 1.000,- = § 9 leg.cit.

S 26.000,-zu 2.:

3 x 500,- = § 11 Abs.1 S 1.500,-insges. S 27.500,--" Dem darin enthaltenen Ausspruch über die Ersatzfreiheitsstrafe ist nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen, ob diese jeweils zu den unter Punkt 1) und 2) angeführten Verwaltungsübertretungen (§ 9 und § 11 Abs.1 AZG) verhängt wurde, sich lediglich auf die unter Punkt 1) angeführten Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 leg.cit.

bezieht oder beide Verwaltungsübertretungen insgesamt umfassen soll. Schon deshalb ist er mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Weiters ist aufzuzeigen, daß die in dieser Form ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe der zwingenden Bestimmung des § 16 Abs.1 VStG, wonach für jede verhängte Geldstrafe zugleich eine Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen ist, widerspricht und daher rechtswidrig ist (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens E 4 zu § 16 Abs.1 unter Hinweis auf VwGH vom 25.10.1979, 1323/79, 8.11.1979, 1324/79).

Die Festsetzung einer einheitlichen Ersatzfreiheitsstrafe für mehrere Verwaltungsübertretungen (im vorliegenden Fall für die unter Punkt 1) und 2) angeführten) ist, wie der Verwaltungsgerichtshof in den nachstehend angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht hat, unzulässig (so vom 19. Februar 1993, 92/09/0307, vom 23. Februar 1994, 93/09/0183 und vom 30. Juni 1994, 94/09/0049). Eine Sanierung dieser Rechtswidrigkeit durch aliquote Aufteilung des Gesamtausmaßes der Ersatzfreiheitsstrafe auf die vom Tatbestand her unterschiedlichen Verwaltungsübertretungen war wegen des aufgezeigten Mangels der Zuordenbarkeit aber nicht möglich. Der Ausspruch über die Ersatzfreiheitsstrafe war daher im vorliegenden Fall ersatzlos zu beheben. In bezug auf die ebenfalls erfolgte Aufhebung des Ausspruches über die Geldstrafe, wird darauf hingewiesen, daß der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 27.

September 1988, 87/08/0026, wie in dem vom 19. Februar 1993, 92/09/0307, die Rechtsansicht vertritt, daß bei einem rechtswidrigen Ausspruch der Ersatzfreiheitsstrafe der Strafausspruch zur Gänze aufzuheben ist, da er eine Einheit bildet. Aufgrund dieser Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes sah sich der unabhängige Verwaltungssenat dazu verhalten, auch den Ausspruch über die Geldstrafen - sohin den gesamten Strafausspruch - aufzuheben. Diese Gesamtaufhebung des Strafausspruches bewirkt auch eine Aufhebung des erstbehördlichen Kostenspruches.

zu III.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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