Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220723/2/Kon/Fb

Linz, 03.10.1994

VwSen-220723/2/Kon/Fb Linz, am 3. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des R H , T , S , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A Z , E , K , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28.7.1993, Ge96/325/1992, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben, und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat 20 % der gegen ihn verhängten Geldstrafe, ds 1.000 S, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973; § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, es als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der "H GmbH" zu vertreten zu haben, daß in T , S , am 26.8.1992, wie von einem Organ der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land festgestellt wurde, ein Gastlokal, in welchem an Gäste entgeltlich Getränke ausgeschenkt und Speisen verabreicht wurden und dadurch eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, welche geeignet ist, Nachbarn durch Lärm und Geruch zu belästigen, ohne die hiefür erforderliche Genehmigung der Behörde betrieben wurde, wodurch folgende Rechtsvorschriften verletzt worden sind:

§ 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973.

Wegen der dadurch begangenen Verwaltungsübertretung wurde über den Beschuldigten gemäß § 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen verhängt.

Ferner wurde der Bestrafte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 500 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Der Beschuldigte hat gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig Berufung erhoben und wendet zu deren Begründung im wesentlichen ein, daß er zu Unrecht als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG von der Erstbehörde angesehen worden sei, weil im gegenständlichen Fall die zu § 9 Abs.1 VStG bestehende lex spezialis des § 9 GewO 1973 heranzuziehen gewesen wäre. § 9 GewO bestimme nämlich, daß juristische Personen, zu welchen die H GmbH gehöre, Gewerbe ausüben können, hiezu jedoch einen Geschäftsführer zu bestellen hätten. Die Erstbehörde gehe ihrem Straferkenntnis nach davon aus, daß die strafrechtliche Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht gegeben gewesen sei, da dessen Bestellung von der Behörde noch nicht genehmigt gewesen wäre. Dies widerspreche aber den Bestimmungen des § 370 Abs.2 GewO 1973, welche eindeutig aussage, daß dann, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt worden sei, Geldstrafen gegen diesen zu verhängen seien. Es wäre daher die ausgesprochene Strafe gegen den angezeigten Geschäftsführer zu verhängen gewesen. In diesem Zusammenhang werde als Feststellungsmangel gerügt, daß die Erstbehörde nicht festgestellt habe, daß bereits am 6.2.1992 Frau Marianne Patrias als gewerberechtliche Geschäftsführerin angezeigt worden sei. Aufgrund der Namhaftmachung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers, welcher die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Genehmigung seiner Bestellung erfülle, sei jedenfalls aber die Namhaftmachung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG zu erblicken. Durch die Unterfertigung des Genehmigungsansuchens betreffend die Genehmigung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers durch die für in Aussicht genommene M P , liege jedenfalls auch die nachweisliche Zustimmung iSd § 9 Abs.4 VStG der Genannten, zu ihrer Bestellung als verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs.2 VStG vor.

Mit Einbringung des Ansuchens um Genehmigung der Geschäftsführerbestellung vom 6.2.1992 sei nachgewiesen, daß der Erststrafbehörde die als verantwortlich beauftragte bestellte Person zur Kenntnis gebracht worden sei. Ab diesem Zeitpunkt sei Frau M P in rechtswirksamer Weise als Adressatin der Verwaltungsstrafnormen an die Stelle des Beschuldigten getreten und sei sohin dessen verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für das vorgeworfene Delikt nicht mehr gegeben gewesen.

In materiellrechtlicher Hinsicht wendet der Beschuldigte mit näherer Begründung gegen seine Bestrafung das Vorliegen einer Bewilligung gemäß § 206a GewO 1973 ein. Diese stelle zumindest einen Rechtfertigungsgrund für die ihm angelastete Verwaltungsübertretung dar.

In bezug auf das Strafausmaß bringt der Berufungswerber vor, daß dieses nicht den Bestimmungen des § 19 VStG entspreche.

Die Erstbehörde habe die im gegebenen Fall vorliegenden Milderungsgründe überhaupt nicht berücksichtigt. So hätte ihm in bezug auf das Vorliegen einer Bewilligung gemäß § 206a GewO 1973 jedenfalls ein die Schuld nicht ausschließender Rechtsirrtum als Strafmilderungsgrund zugestanden werden müssen. Auch der Umstand, daß er den Sachverhalt nie bestritten habe, wäre als Tatsachengeständnis strafmildernd zu werten gewesen. Darüber hinaus hätte seine Tat keinen Schaden herbeigeführt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den erstbehördlichen Verfahrensakt Einsicht genommen und einen ausreichend ermittelten und unter Beweis gestellten Sachverhalt festgestellt, dessen Vorliegen überdies vom Beschuldigten nicht bestritten wird. Da die vorliegende Berufung demnach nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, war von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 51e Abs.2 VStG abzusehen. Die Durchführung einer solchen wurde vom Berufungswerber auch nicht ausdrücklich beantragt.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG Abstand genommen und die gegenständliche Berufung sogleich dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

Eine Gegenschrift wurde im Zuge der Berufungsvorlage nicht erstattet.

Da keine den Betrag von 10.000 S überschreitende Geldstrafe verhängt wurde, war über die Berufung gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates zu entscheiden.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschuldigten:

Gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 sind, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers genehmigt wurde, Geld- oder Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen.

Gemäß § 370 Abs.3 leg.cit. ist der Gewerbetreibende neben dem Geschäftsführer strafbar, wenn er die Verwaltungsübertretung wissentlich duldet oder wenn er bei der Auswahl des Geschäftsführers es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen.

Gemäß § 9 Abs.4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter unter anderem nur eine Person sein, die ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Gemäß § 9 Abs.7 VStG haften juristische Personen für die über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige entgeltbemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Der vom Berufungswerber vertretenen Ansicht, wonach sein Ansuchen vom 6.2.1992 um gewerbebehördliche Genehmigung der Bestellung der Frau M P zur gewerberechtlichen Geschäftsführerin bewirke, daß die Genannte bis zur Entscheidung über dieses Ansuchen als verantwortliche Beauftragte iSd § 9 Abs.2 VStG zu gelten gehabt hätte, ist nicht zu folgen. Dies deshalb, weil zwischen einem gewerberechtlichen Geschäftsführer und einem verantwortlichen Beauftragen inhaltliche und formelle entscheidende Unterschiede bestehen und mit deren jeweiliger Bestellung auch unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt werden. Diese Unterschiedlichkeiten gehen aus den voran zitierten Gesetzesstellen eindeutig hervor. Zusammenfassend ergibt sich, daß im Anwendungsbereich der Gewerbeordnung 1973 - aufgrund der Bestimmungen des § 370 Abs.2 - die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 nicht möglich ist. Aufzuzeigen ist, daß die Ansicht des Berufungswerbers, Frau M P wäre als verantwortliche Beauftragte iSd § 9 Abs.2 VStG anzusehen gewesen, eine Rechtsbehauptung und keine Tatsachenbehauptung darstellt.

Auch der vom Berufungswerber unter Bezugnahme auf § 193 Abs.2 GewO 1973 erhobene materiellrechtliche Einwand, demzufolge sinngemäß eine Bewilligung gemäß § 206a leg.cit.

die Strafbarkeit der ihm angelasteten Tat anschließe, trifft nicht zu. Dies liegt darin begründet, daß das Verfahren betreffend die Eignung der Betriebsräume nicht auf den Nachbarschutz iSd § 74 Abs.2 leg.cit. abstellt, bzw Nachbarn in diesem Verfahren keine Parteienstellung erlangen können.

Die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher voll gegeben.

Was deren subjektive Tatseite im Sinne des Verschuldens betrifft, so ist es dem Berufungswerber seinen Ausführungen nach nicht gelungen, glaubhaft darzulegen, daß ihm die Einhaltung der übertretenen Verwaltungvorschrift unmöglich war. Die durch das Betriebsanlagenverfahren bedingte Unterbrechung des Gastgewerbebetriebes und die daraus resultierende wirtschaftliche Belastung vermag weder einen Rechtfertigungs- noch einen Entschuldigungsgrund darzustellen.

Ebensowenig kann ihm unverschuldete Rechtsunkenntnis iSd § 5 Abs.2 VStG noch ein Rechtsirrtum zugebilligt werden, da vom Gewerbetreibenden zu verlangen ist, daß er sich vor Antritt seiner Tätigkeit mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und Vorschriften vertraut macht. Es wäre dem Beschuldigten jedenfalls zuzumuten gewesen, in Anbetracht des anhängigen Betriebsanlagenverfahrens, bei der Gewerbebehörde anzufragen, ob er aufgrund der Bewilligung gemäß § 206a GewO 1973, ungeachtet der noch ausständigen Betriebsanlagengenehmigung, den Gastgewerbebetrieb ausüben darf oder nicht.

Aus diesen Gründen ist auch die subjektive Tatseite der vorliegenden Verwaltungsübertretung gegeben, weshalb der Schuldspruch der Erstbehörde zu Recht ergangen ist.

Was die gegen den Beschuldigten im ordentlichen Strafverfahren verhängte Geldstrafe betrifft, so entspricht diese voll dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat und dem durch sie verursachten Ausmaß der Gefährdung der durch die Strafnorm geschützten Interessen. Diese bestehen im vorliegenden Fall vorwiegend im Schutz der Nachbarschaft vor unzumutbaren Lärmbelästigungen durch den Gastgewerbebetrieb und den dadurch möglichen nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit. Die von der Erstbehörde vorgenommene Schätzung des Nettoeinkommens des Beschuldigten in der Höhe von 10.000 S ist realistisch, sodaß auch die Strafe von ihrer Höhe her, dem Beschuldigten wirtschaftlich durchaus zumutbar ist. Es ist darauf hinzuweisen, daß der Beschuldigte auch durch den Gastgewerbebetrieb in der Dauer des Tatzeitraumes Einnahmen erzielt hat. Eine Herabsetzung der ohnehin im unteren Strafrahmen gelegenen Geldstrafe - die Verwaltungsübertretung ist bis zu 50.000 S strafbar - wäre sowohl aus general- wie auch spezialpräventiven Gründen nicht zu vertreten. Es war daher kein Verstoß gegen die Bestimmungen des § 19 VStG zu verzeichnen.

Aus den dargelegten Gründen war der Berufung der Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu entscheiden.

zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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