Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220725/2/Kl/Rd

Linz, 18.07.1994

VwSen-220725/2/Kl/Rd Linz, am 18. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des A W , K , S , vertreten durch die RAe Dr. K S , Dr. W S , S , G , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 6.9.1993, Ge96/99/18-1992/Ms/M, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es sind keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 31 Abs.1 und 2, 32 Abs.2, 44a Z1 und 2, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit Straferkenntnis vom 6.9.1993, Ge96/99/18-1992/Ms/M, über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 5.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden, wegen einer Verwaltungs übertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 idF BGBl.Nr.

29/1993 verhängt, weil er, wie am 25.9.1992 anläßlich einer Überprüfung festgestellt wurde, Reparaturarbeiten und Spritzarbeiten am Personenkraftwagen Ford Fiesta mit dem amtlichen Kennzeichen , zugelassen auf B S , wohnhaft S , am 25.9.1992 durchgeführt hat, ohne die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher Tatsachen- und Verfahrensmängel sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurden und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wurde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und mitgeteilt, daß die im Straferkenntnis getroffene Entscheidung in allen Belangen richtig sei und daher von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung nicht Gebrauch gemacht wird.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung. Es muß sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbe standselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG beziehen (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II, zu § 32 E5 sowie E30 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

5.2. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 447/1992 (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer Z1 ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; Z2 ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

5.2.1. Vorauszuschicken ist, daß gemäß § 1 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Der darin enthaltene Grundsatz "nullum crimen sine lege" bringt zum Ausdruck, daß maßgebliche Rechtslage jene im Zeitpunkt der Begehung der Tat ist. Dieser Grundsatz erfährt nur dann keine Anwendung, wenn zwischen Tatbegehung und Bestrafung eine Änderung der Rechtslage für den Täter günstiger ist, dh eine nach Art oder Maß mildere Strafdrohung vorsieht.

Es war daher die Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992 anzuwenden.

5.2.2. Nach der ständigen Judikatur des VwGH erfordert die oben beschriebene Tatkonkretisierung die Umschreibung der Tätigkeit, die den Gegenstand eines Gewerbes bildet, die konkrete Anführung dieses Gewerbes sowie auch Feststellungen über die Ausübung der Tätigkeit wie auch über die Gewerbsmäßigkeit nach § 1 GewO 1973. Es wurde daher unterlassen, die als einem Anmeldungsgewerbe unterliegend gewertete Tätigkeit des Berufungswerbers im Spruch als das konkrete Handwerk "Kraftfahrzeugmechaniker" zu bezeichnen sowie anzuführen, daß die Tätigkeit selbständig, dh auf eigene Rechnung und Gefahr, regelmäßig und in der Absicht einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeführt wurde. Die einem bestimmten Gewerbe zugerechneten Arbeiten indizieren nämlich für sich allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit (VwGH vom 24.11.1992, 92/04/0156; vom 10.9.1991, 91/04/0098).

Die Anführung des Gewerbes im Spruch wäre aber nicht nur wegen des Konkretisierungsgebotes des § 44a Z1 VStG erforderlich gewesen, sondern auch deshalb, weil erst die Art des unbefugt ausgeübten Gewerbes eine Zuordnung zur Strafbestimmung des § 366 Abs.1 Z1 (unbefugte Ausübung eines Anmeldungsgewerbes) oder zu der Strafbestimmung des § 366 Abs.1 Z2 (unbefugte Ausübung eines konzessionierten Gewerbes) GewO iSd § 44a Z2 VStG zugelassen hätte (VwGH 4.11.1983, 83/04/0161 und 30.9.1986, 86/04/0066).

Da eine diesen Konkretisierungsanforderungen entsprechende Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt wurde, war daher das diesbezügliche Straferkenntnis nicht mehr vom Verwaltungssenat zu ergänzen, sondern aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

Auf das weitere Berufungsvorbringen war nicht mehr einzugehen.

5.3. Abschließend wird angemerkt, daß nach der nunmehr ständigen Judikatur des VwGH in allen Fällen des § 366 Abs.1 GewO 1973 die für die verhängte Strafe angewendete Gesetzesbestimmung iSd § 44a Z3 VStG "§ 366 Abs.1 Einleitung GewO 1973" zu lauten hat.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren gemäß § 66 Abs.1 VStG - weil das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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