Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220727/8/Schi/Rd

Linz, 31.08.1994

VwSen-220727/8/Schi/Rd Linz, am 31. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des W R jun., H , B , vertreten durch RA Dr. S H , G , S , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 17.9.1993, Ge96-1019-1993/Bi, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe vollinhaltlich bestätigt.

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist ein Betrag von (zusammengezählt) 800 S, ds 20 % der verhängten Strafen, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51/1991, iVm § 24, § 19, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991; § 33 Abs.7 iVm § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG), BGBl.Nr.234/1972 idF BGBl.Nr.650/1989; § 19 Abs.4 Bauarbeiterschutzverordnung (BAV), BGBl.Nr.267/1954; § 46 Abs.6 iVm § 100 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl.Nr. 218/1983.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 17.9.1993, Ge96-1019-1993/Bi, wurden über den Berufungswerber gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz (ANSchG) Geldstrafen von je 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen je 48 Stunden) verhängt, weil er es als das für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliche Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der R GesmbH zu verantworten hat (§ 9 VStG), daß am 14.10.1992 ein im Malerbetrieb der Gesellschaft in H , B , beschäftigter Arbeitnehmer auf der Baustelle beim Haus M in H auf der dritten Gerüstlage eines vierlagigen Stahlrohrgerüstes in einer Höhe von ca. 4 m Malerarbeiten durchführte, wobei 1) diese Gerüstlage nicht mit Fußwehren und die Enden der Gerüstlagen nicht mit Brust- und Fußwehren versehen waren, obwohl Gerüstlagen in Höhen von mehr als zwei Meter über dem Erd- oder Geschoßboden, dort - wo Absturzgefahr besteht mit Brust- und Fußwehren zu versehen sind; 2) die Enden der Gerüstlage nicht mit Mittelwehren gesichert waren, obwohl bei Gerüstlagen, bei denen Arbeitnehmer mehr als zwei Meter abstürzen können, zwischen Brust- und Fußwehr eine Mittelwehr so angebracht sein muß, daß der lichte Abstand zwischen jeweils zwei Teilen der Umwehrung nicht mehr als 0,4 m beträgt.

Der Berufungswerber hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1): § 19 Abs.4 BAV iVm § 31 Abs.2 lit.p, § 33 Abs.1 lit.a Z12 und § 33 Abs.7 ANSchG; zu 2): § 46 Abs.6 iVm § 100 AAV und § 31 Abs.2 lit.p ANSchG.

Gleichzeitig wurde ein Kostenbeitrag von (zusammengezählt) 400 S festgelegt.

2.1. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung vom 21.9.1993, in welcher beantragt wurde, allenfalls unter ergänzender Beweisaufnahme - der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen bzw. die Strafe tat- und schuldangemessen herabzusetzen bzw. gemäß § 20 oder mit einer "Abwandlung" gemäß § 21 VStG vorzugehen.

2.2. Begründend wird - nach einer Rüge einer Feststellung auf Seite 4 des Straferkenntnisses, wonach ein Arbeitnehmer auf der dritten Gerüstlage Malerarbeiten durchgeführt hätte - im wesentlichen ausgeführt, daß das Verfahren insofern mangelhaft geblieben sei, als die belangte Behörde die angebotenen Arbeitsscheine und die Einvernahme der damals beschäftigten Arbeitnehmer durchzuführen sowie weiters einen technischen Sachverständigen dafür beizuziehen gehabt hätte, daß die Arbeitnehmer ausreichend geschützt waren. Weiters habe die belangte Behörde eine unrichtige rechtliche Beurteilung insofern vorgenommen, als aus den unbestimmten Gesetzesbegriffen des § 19 Abs.1 BAV bzw. § 46 Abs.1 AAV sich ergäbe, daß nur auf die tatsächliche Inanspruchnahme des Gerüstes abzustellen sei und deshalb bei den Schlußarbeiten und die dadurch auftretende Beanspruchung das Gerüst eine ausreichende Sicherheit aufgewiesen habe. Auch die Behörde stelle im Straferkenntnis fest, daß das Gerüst einen stabilen und sicheren Eindruck machte und es daher als geradezu musterhaft angesehen werden müsse. Da schließlich die die Verwendung von Gerüsten regelnden arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften selbst für juristisch ausgebildete Personen schwer nachzuvollziehen seien, entspreche es der Judikatur des VwGH, daß diesfalls den Berufungswerber kein Verschulden treffe, zumindest aber wegen des klaren Überwiegens der Milderungsgründe mit einer außerordentlichen Strafminderung gemäß § 20 VStG vorzugehen gewesen wäre.

2.3. Die Berufung wurde in Wahrung des Parteiengehörs dem Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk zur Kenntnis gebracht. Dieses wies im Schreiben vom 22.6.1994 darauf hin, daß die Berufung keine neuen relevanten Erkenntnisse in bezug auf den Arbeitnehmerschutz hervorgebracht hat; es wurde daher auf die Stellungnahme des AI Wels vom 23.4. und 27.7.1993 hingewiesen.

2.4. Diese Stellungnahme des AI Wels vom 22.6.1994 wurde dem ausgewiesenen Vertreter des Berufungswerbers zur Kenntnis gebracht; dieser führt in seiner Stellungnahme vom 9.8.1994 aus, daß das AI den "substantiellen Ausführungen in der Berufung" nichts entgegenzusetzen vermöge. Es werde daher vollinhaltlich auf diese Ausführungen in der Berufung und die dort gestellten Anträge verwiesen.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. In diesem Zusammenhang wurde eine Gegenäußerung erstattet, in der ua darauf hingewiesen wurde, daß das Berufungsvorbringen bereits in der Begründung des Straferkenntnisses hinlänglich widerlegt wurde, sodaß ein Eingehen darauf entbehrlich erscheine.

3.2. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Der O.ö.

Verwaltungssenat hat über die - zulässige - Berufung, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde erwogen.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

3.3. Im übrigen wird mit der vorliegenden Berufung im Ergebnis lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht, weshalb gemäß § 51e Abs.2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte, zumal auch weitere Beweise nicht mehr aufzunehmen waren.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idgF (kurz: ANSchG), begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 33 Abs.1 Z12 ANSchG bleibt die Verordnung vom 10.11.1954, BGBl.Nr.267, über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, (bis zu einer Neuregelung des betreffenden Gebietes durch eine aufgrund von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung im bisherigen Umfang) als Bundesgesetz in Geltung (im folgenden kurz: Bauarbeitenschutzverordnung - BAV).

Gemäß § 33 Abs.7 ANSchG gelten bei Zuwiderhandlung gegen die im Abs.1 genannten Rechtsvorschriften die Bestimmungen des § 31 sinngemäß. Dies gilt auch hinsichtlich der im Abs.2 genannten Rechtsvorschriften, soweit es sich um Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes handelt. Soweit es sich nicht um Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes handelt, gelten Zuwiderhandlungen gegen die im Abs.2 genannten Rechtsvorschriften als Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung.

4.2. Zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Berufungswerbers Gemäß § 9 Abs.1 VStG finden dann, wenn eine Handlungs- oder Unterlassungspflicht, deren Nichterfüllung mit Verwaltungsstrafe bedroht ist, eine Gesellschaft, eine Genossenschaft oder einen Verein trifft, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, die Strafbestimmungen auf die satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenen Organe Anwendung. Die Vorschrift des § 9 VStG soll damit die strafrechtliche Verantwortung einer physischen Person für jene Fälle sicherstellen, in denen die erwähnte Handlungs- oder Unterlassungspflicht an sich einer (strafrechtlich nicht erfaßbaren) juristischen Person zugerechnet wird (diese "trifft").

"Arbeitgeber" im Sinne des § 31 Abs.2 ANSchG ist dabei in den Fällen des § 9 VStG das dort genannte Organ, also derjenige, der zur Vertretung nach außen berufen ist (vgl.

VwGH v. 25.2.1988, 87/08/0240).

Daß der Berufungswerber zur Tatzeit ein satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der genannten Gesellschaft war, ist unbestritten geblieben.

4.3. Wenn auch der Berufungswerber in seiner Berufung einleitend erklärt, das Straferkenntnis wegen "unrichtiger Sachverhaltsfeststellung, unrichtiger Beweiswürdigung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Begründungsmängel sowie inhaltlicher Rechtswidrigkeit" anzufechten, so ergibt sich dennoch aus dem gesamten Verfahrensakt, insbesondere seinen Stellungnahmen vom 25.6. und 16.8.1993 sowie aus der gegenständlichen Berufung, daß der Tatbestand bzw. das Tatbild der Verwaltungsübertretungen nicht in Abrede gestellt wird. Dazu kommt noch, daß die Berufungsausführungen - abgesehen von den völlig ins Leere gehenden Rügen der Nichteinvernahme der damals beschäftigten Arbeitnehmer sowie der Nichtzuziehung eines technischen Sachverständigen - die Berufungsausführungen ausschließlich die rechtliche Beurteilung betreffen, weshalb der O.ö.

Verwaltungssenat iSd § 51e Abs.2 VStG von einer mündlichen Verhandlung absehen konnte, zumal auch weitere Beweise nicht mehr aufzunehmen waren.

4.4. Der Berufungswerber hat bereits im erstbehördlichen Verfahren eine eingehende Rechtfertigung abgegeben; da auch die Berufung - abgesehen von einzelnen Facetten - im wesentlichen ähnliche Ausführungen enthält und insbesondere im Hinblick darauf, daß das angefochtene Straferkenntnis sich mit diesen Einwendungen eingehend und ausführlich auseinandersetzt, verweist der O.ö. Verwaltungssenat zunächst auf die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses.

5.1. Da allerdings die Berufungsausführungen erkennen lassen, daß der Berufungswerber eine gewisse Uneinsichtigkeit an den Tag legt bzw. seinen Standpunkt mit einer gewissen Beharrlichkeit verteidigt, sieht sich der O.ö. Verwaltungssenat veranlaßt, zu den Berufungsausführungen folgende Feststellungen zu treffen.

5.2. Unter Punkt 1 der Berufung wird die Feststellung der belangten Behörde auf Seite 4 der Begründung des Straferkenntnisses gerügt, wonach als erwiesen anzusehen sei, daß ein Arbeitnehmer auf der dritten Gerüstlage Malerarbeiten durchgeführt habe. Diese Feststellung habe die Erstbehörde nur aufgrund von Vermutungen treffen können, zumal aus dem Lichtbild in keiner Weise hervorgehe, daß nicht die vom Berufungswerber immer dargestellten Abschlußarbeiten durchgeführt worden seien. Hier verkennt der (noch dazu rechtsfreundlich vertretene) Berufungswerber, daß der Begründung eines Bescheides nach herrschender Auffassung im allgemeinen keine bindende Wirkung zukommt; sogar eine rechtswidrige Begründung würde einen rechtmäßigen Spruch nicht rechtswidrig machen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.

Auflage, Seite 449).

Da der Berufungswerber offensichtlich übersehen hat, daß diese Feststellung auch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthalten ist, wird dazu folgendes festgestellt: Schon aus den im Akt befindlichen Lichtbildern geht eindeutig hervor, daß zum Tatzeitpunkt von zwei Arbeitnehmern Arbeiten auf dem Gerüst (2. und 3. Gerüstlage) ausgeführt wurden; dabei ist erkennbar, daß jeder dieser Arbeiter einen gelben Eimer neben bzw. hinter sich stehen hat und an der Fassade tätig ist. Auch der Berufungswerber selbst (vgl. zB Rechtfertigung vom 25.6.1993, Seite 2) gab an, daß es sich hier um Arbeiten, und zwar Abschlußarbeiten dergestalt handelte, als nur noch Lochstellen überstrichen werden mußten, wo vorerst das Gerüst angehängt war. Da auch diese - vom Berufungswerber somit zugestandenen - Arbeiten unter die Schutznorm der AAV bzw. BAV fallen, zumal sie auf dem Gerüst ausgeführt wurden, hat der Berufungswerber jedenfalls objektiv den Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen und war somit seine diesbezügliche Einwendung vollkommen verfehlt.

5.3. Zur Rüge des mangelhaften Verfahrens, wonach die Erstbehörde bei Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Berufungswerbers die angebotenen Arbeitsscheine beischaffen und die Einvernahme der damals beschäftigten Arbeitnehmer hätte durchführen müssen, sowie einen technischen Sachverständigen im Hinblick auf die Frage der Sicherheit des im Zuge des Abbaues verwendeten Gerüstes beiziehen hätte müssen, bzw. dies nochmals ausdrücklich zum Beweis dafür beantragt wird, daß jedenfalls der Arbeitnehmer ausreichend geschützt war, ist zu bemerken: Durch die bloße Wiederholung seiner unschlüssigen Ausführungen konnte der Berufungswerber zu keiner Zeit die diesbezüglichen logischen und nachvollziehbaren Ausführungen des AI in der Stellungnahme vom 27.7.1993 entkräften; diese wurden auch im angefochtenen Bescheid übernommen. Dort wurde auf § 31 Abs.5 BAV hingewiesen, wonach das Abtragen von Gerüsten mit entsprechender Vorsicht durchzuführen ist. Demnach darf kein Gerüst nur teilweise abgetragen und so belassen werden, daß eine Verwendung desselben noch möglich ist, wenn nicht der stehengebliebene Teil den Anforderungen an Gerüste voll entspricht. Zu den Ausbesserungsarbeiten der Lochstellen wird auf die Lichtbildbeilagen hingewiesen, wonach ersichtlich ist, daß das Gerüst mit ca. 4 bis 6 m langen Metallrohren abgestützt war, weshalb es eine Verankerung mit dem Gebäude nicht gegeben hat. Ebenso ist ersichtlich, daß in einem Bereich des Gebäudes Malerarbeiten durchgeführt wurden, wo auf keinen Fall Verankerungen angebracht waren.

Solche Verankerungen werden an den Stoßstellen der Gerüststeher angebracht und nicht in der Mitte eines Gerüstfeldes. Dazu wurde vom AI mit Beilage 1 eine graphische Darstellung angeschlossen. Da der Berufungswerber mit seinen laienhaften diesbezüglichen Ausführungen in keiner Weise der Stellungnahme des AI entgegentreten konnte, und weil außerdem seine neuerlichen diesbezüglichen Ausführungen geradezu lebensfremd anmuten, konnte hier die Erstbehörde und auch der O.ö. Verwaltungssenat auf die Zuziehung eines technischen Sachverständigen jedenfalls verzichten.

5.4. Zur Nichteinvernahme der damals beschäftigten Arbeitnehmer im Hinblick auf die Rechtfertigung vom 25.6.1993 (Seite 3 oben); dort wurde ausgeführt, daß das gegenständliche Gerüst bereits dringend bei der Baustelle der Leichenhalle in G benötigt wurde; dies könne durch Vorlage der entsprechenden Arbeitsscheine und durch Einvernahme der Arbeitnehmer unter Beweis gestellt werden. Dazu ist festzustellen, daß es vollkommen unerheblich ist, wo und wann dieses Gerüst wieder benötigt wurde; entscheidend für den vorliegenden Fall ist, daß, so lange (irgendwelche) Arbeiten auf dem Gerüst ausgeführt werden, dieses in seiner Gesamtheit den gesetzlichen und durch Verordnung festgelegten Bestimmungen entsprechen muß.

Auch dieser Beweisantrag der Berufung war daher als unerheblich abzuweisen.

Bemerkt wird noch, daß - entsprechend der Äußerung des AI Wels vom 27.7.1993 ein gesetzeskonformer Abbau eines Gerüstes nur so vor sich gehen kann, daß die oberste Gerüstlage drei montiert wird; im Anschluß daran kann von der gesicherten Gerüstlage zwei (ausgestattet mit Brust-, Mittel- und Fußwehr) der Anker gelöst und entsprechende Ausbesserungsarbeiten durchgeführt werden. Die Rechtfertigung des Berufungswerbers, wonach das gegenständliche Gerüst bereits dringend bei der Baustelle der Leichenhalle in G benötigt worden sei, in Verbindung mit der Feststellung des AI Wels (Stellungnahme vom 23.4.1993), daß am Vormittag des 14.10.1992 keine Fußwehren und keine Seitenwehren auf der Baustelle sich befanden, würde somit bedeuten, daß bereits in der Früh die Wehren abgebaut wurden. Aus folgenden Gründen scheint diese Vorgangsweise (Behauptung) dem O.ö. Verwaltungssenat völlig unschlüssig und geradezu absurd: Denn da das Gerüst bis auf die fehlenden Brust-, Fuß- und Mittelwehren sich noch in Haag befand, konnte ja mit den (angeblich abmontierten) Wehren bei der neuen Baustelle überhaupt nichts bewirkt werden; denn da Brust-, Fuß- und Mittelwehren ohne Gerüst selbst bei einer Leichenhalle infolge des physikalischen Gesetzes der Schwerkraft nicht halten und auch keinen Schutz bewirken können, wären sie dort vollkommen nutzlos. Da eine derartige Vorgangsweise dem Berufungswerber als Malermeister wohl nicht unterstellt werden kann, ist eher anzunehmen, daß die Wehren von vornherein nicht angebracht wurden.

5.5. Zu den Berufungsausführungen betreffend das "musterhafte Gerüst, das einen stabilen und sicheren Eindruck machte" ist zu bemerken, daß auch ein äußerst stabiles Gerüst für die darauf befindlichen Arbeitnehmer dann keine Absturzsicherheit bietet, wenn Brust-, Mittelund/oder Fußwehren fehlen. Hinsichtlich des "musterhaften Gerüstes" verkennt der Berufungswerber offenbar den Sinngehalt in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses: Die belangte Behörde hat in der Begründung auf Seite 6 unten, das gegenständliche Gerüst nur im Vergleich zu dem im Verfahren Ge96-1236-1990 verwendeten Gerüstes als musterhaft bezeichnet, weil das damals verwendete Gerüst derartig schwere Mängel aufwies; hingegen hat die belangte Behörde sehr wohl im vorletzten Absatz auf Seite 6 das gegenständliche Gerüst ausdrücklich als mangelhaftes Gerüst bezeichnet. Die vom Berufungswerber aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses aus dem Zusammenhang gerissenen und zitierten Attribute des Gerüstes sind somit entsprechend zu relativieren; denn wenn es sich objektiv tatsächlich nur ein geradezu musterhaftes Gerüst gehandelt hätte, wäre das angefochtene Straferkenntnis wohl tatsächlich rechtswidrig gewesen. Vielmehr hätte die belangte Behörde diesfalls den Berufungswerber entsprechend belobigen (etwa um Verdienste für einen effizienten Arbeitnehmerschutz) müssen.

6. Zum Verschulden:

6.1. Die Berufung bestreitet weiters ein Verschulden des Berufungswerbers. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits in dieser Begründung ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Berufungswerbers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH v. 2. April 1990, Zl.

90/19/0078).

6.2. Hier bringt nun der Berufungswerber insbesondere vor, daß es deshalb an einem Verschulden mangelt, weil die diesbezüglichen arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften schon für einen Juristen schwer nachzuvollziehen sind und schon gar nicht für einen juristischen Laien. Dem ist entgegenzuhalten, daß es sicherlich dem Durchschnittsbürger nicht zuzumuten ist, die genauen Rechtsgrundlagen und womöglich noch die diesbezügliche Judikatur des VwGH (wonach das Fehlen der Mittelwehr ein Verstoß gegen § 46 Abs.6 AAV und das Fehlen der Fußwehr hingegen eine Überschreitung des § 19 Abs.4 BAV darstellt) zuzumuten ist. Als Gewerbetreibenden, der sich aber mit einer derartigen Beschäftigung befaßt, ist ihm aber sehr wohl zuzumuten, daß er jedenfalls weiß, daß ein Gerüst mit diesen Wehren ausgestattet sein muß. Die Rechtsgrundlage (insbesondere die genaue gesetzliche Bestimmung usw) ist dabei völlig irrelevant. Da der Berufungswerber offenbar diese Zusammenhänge nicht erkennt oder erkennen will, sei ihm dies an einem allgemein verständlichen Beispiel verdeutlicht: So weiß zB jeder Besitzer einer Lenkerberechtigung (und nicht nur diese, sondern sogar auch andere Personen, wie zB Schulkinder) daß bei Rot einer Verkehrslichtanlage anzuhalten ist; daß dieses Haltegebot aber im § 38 Abs.5 StVO normiert ist, weiß kaum jemand und ist dies auch völlig überflüssig. Genauso verhält es sich mit den Rechtsnormen hinsichtlich der Absturzsicherungen im vorliegenden Fall.

7. Zur Straffrage:

7.1. Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Weder das eine noch das andere kann der Berufungswerber für sich in Anspruch nehmen.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14).

Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs 1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

7.2. Das sorgfaltswidrige Verhalten des Berufungswerbers kann keinesfalls als minderes Versehen beurteilt werden.

Denn die vom Berufungswerber vorgebrachten Gründe lassen eine derartige Unwissenheit und Ignoranz der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen erkennen, daß von einem Minderungsgrund überhaupt keine Rede sein kann. Sowohl der Handlungsunwert und insbesondere auch der Gesinnungsunwert des Berufungswerbers sind so schwerwiegend, daß keinesfalls ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG möglich war.

8. Zur Strafzumessung:

8.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

8.2. Überwiegen gemäß § 20 VStG die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Da der Berufungswerber kein Jugendlicher ist und - wie schon oben angeführt - die Milderungsgründe überhaupt nicht vorliegen konnte auch von der außerordentlichen Milderung der Strafe gemäß § 20 VStG nicht Gebrauch gemacht werden.

Zur Höhe der Geldstrafe selbst hat der Berufungswerber überhaupt nichts mehr vorgebracht; es wird daher diesbezüglich wiederum auf die eingehende Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen. Der O.ö.

Verwaltungssenat kann hier keinesfalls erkennen, daß die verhängten Strafen - insbesondere in Anbetracht einer einschlägigen Vorstrafe - nicht angemessen wären. Es waren daher die verhängten Geld- und Ersatzarreststrafen zu bestätigen.

9. Da der Berufung kein Erfolg beschieden ist, war auch zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat ein Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafen aufzuerlegen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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