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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220731/3/Schi/Ka

Linz, 18.07.1994

VwSen-220731/3/Schi/Ka Linz, am 18. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt; Berichter:

Dr. Schieferer, Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung des U S , W , H , vertreten durch RA Dr. B A , L , M , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde) vom 9.8.1993, GZ.100-1/16, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a Z1 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (Magistrat Linz) vom 9.8.1993, GZ.100-1/16, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 iVm § 5 GewO 1973 verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der R. GaststättenbetriebsgesmbH zu verantworten habe, daß zumindest am 8.1.1993, 0.42 Uhr, das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar im Standort L , W , von o.a. GesmbH ausgeübt wurde - wie aufgrund einer dienstlichen Wahrnehmung von Organen der BPD L , Wachzimmer K , festgestellt wurde - indem dort an Gäste (zum Zeitpunkt der Kontrolle waren vier Gäste im Lokal) Getränke ausgeschenkt wurden, ohne im Besitz einer entsprechenden Gastgewerbeberechtigung gewesen zu sein.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 2.000 S festgesetzt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, mit welcher das Straferkenntnis zur Gänze angefochten und beantragt wurde, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften das Straferkenntnis aufzuheben bzw in eventu die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde) als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Äußerung abgegeben.

Da im gegenständlichen Fall eine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt wurde, hat die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, die am 1.7.1993 in Kraft trat) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

Gemäß § 5 GewO 1973 sind die Gewerbe entweder 1. Anmeldungsgewerbe, das sind Gewerbe, die bei Erfüllung der allgemeinen und der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden dürfen (§ 6) oder 2. konzessionierte Gewerbe, das sind Gewerbe, die erst nach Erlangung einer Bewilligung (Konzession) ausgeübt werden dürfen (§ 25).

Gemäß § 189 Abs.1 GewO 1973 unterliegen der Konzessionspflicht, 1. die Beherbung von Gästen; 2. die Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen; 3. der Ausschank von alkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen; 4. der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen.

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Das heißt, daß jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel daran besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 5.12.1983, 82/10/125).

Dem § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem die Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Es hat daher der Bescheidspruch alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvor schrift (lit.b) erforderlich sind, zu enthalten.

Diesen Anforderungen entspricht der gegenständliche Tatvorwurf in mehrerer Hinsicht nicht.

4.3. Nach dem Tatbestand der obzitierten Verwaltungsübertretung bildet den Vorwurf der unbefugten Ausübung des Gastgewerbes die Anführung des - im vorliegenden Fall in Betracht kommenden - Merkmales des entgeltlichen Ausschankes von Getränken eine unabdingbare Voraussetzung. Gerade diesen Vorwurf erhebt jedoch das bekämpfte Straferkenntnis nicht. Auch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.3.1993 (als erste Verfolgungshandlung) läßt eine diesbezügliche Formulierung vermissen.

Da die gegen den Berufungswerber gerichtete Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.3.1993 denselben Tatvorwurf wie das angefochtene Straferkenntnis enthält und somit die einzige Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist darstellt, war eine entsprechende Berichtigung durch den O.ö. Verwaltungssenat gemäß § 66 Abs.4 AVG nicht mehr möglich.

5. Aber auch aus einem weiteren Grund war das angefochtene Straferkenntnis rechtswidrig und deshalb aufzuheben:

5.1. Mit 1.7.1993 ist die Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993, in ihren wesentlichen Teilen in Kraft getreten. Zufolge dessen § 5 Abs.2 Z2 iVm § 126 Z11 und § 148 Abs.1 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 wurden die bisher konzessionierten Gastgewerbe den gebundenen Gewerben zugeordnet. Die die konzessionierten Gewerbe betreffende Strafnorm des § 366 Abs.1 Z2 wurde daher aufgehoben.

5.2. Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Das angefochtene Straferkenntnis vom 9.8.1993, erlassen durch Zustellung am 15.9.1993 - sohin nach Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 - hat den Tatvorwurf sowohl sprachlich als auch bei der Zitierung der verletzten Verwaltungsvorschrift der Norm des § 366 Abs.1 Z1 iVm § 5 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 unterstellt. Im Lichte der obzitierten Norm des § 1 Abs.1 VStG ist aber in der Strafnorm des neuen § 366 Abs.1 Z1 (der ebenfalls eine Höchststrafe bis zu 50.000 S beinhaltet) keine günstigere Strafnorm zu erblicken; aus diesem Grund durfte die belangte Behörde - da der Tatzeitpunkt am 8.1.1993 war, sohin noch vor Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 - dieses Verhalten nicht nach dem späteren Gesetz der Gewerberechtsnovelle 1992 beurteilen bzw dieser Norm unterstellen. Auch aus diesem Grund erweist sich sohin das angefochtene Straferkenntnis als rechtswidrig; es war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6. Weil die verhängte Strafe infolge der Berufung aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt wurde, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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