Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220741/8/Kon/Fb

Linz, 21.11.1994

VwSen-220741/8/Kon/Fb Linz, am 21. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 14. Aufsichtsbezirk in Innsbruck gegen den die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen P K , vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. G Z und Dr. E M , G , L , verfügenden Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21.9.1993, GZ:

502-32/Kn/We/25/92b, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und Herr P E K , L , S , nachstehender Verwaltungsübertretungen für schuldig erkannt:

1) § 72 Abs.1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl.Nr. 218/1983, zuletzt geändert mit BGBl.Nr.

220/1993, und 2) gemäß § 7 Abs.2 der Verordnung des Bundesministeriums für Soziale Verwaltung vom 10. November 1954, BGBl.Nr.

267/1954 (Bauarbeitenschutzverordnung), als er als Inhaber der Firma P K und somit als Arbeitgeber im Sinne des Arbeitnehmerschutzgesetzes es zu verantworten hat, daß auf der von dieser Firma betriebenen Baustelle in G , B , Tirol, am 16.4.1992, wie anläßlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk in Innsbruck, festgestellt wurde, ad 1) den mit der Montage der ca 10 m hohen Regalanlage auf der oben angeführten Baustelle beschäftigten, absturzgefährdeten vier Arbeitnehmern die notwendige Schutzausrüstung (Sicherungsseile und Seilkürzer oder Höhenüberbrückungsgeräte) nicht zur Verfügung gestellt wurde; ad 2) die Arbeitnehmer mit der Montage der Regalanlage bei einer Absturzgefahr über eine Höhe bis zu 10 m beschäftigt wurden, ohne daß sie durch Anseilen oder sonstige Maßnahmen gegen Absturz gesichert gewesen wären.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 234/1972 idF BGBl.Nr. 650/1989, werden wegen dieser Verwaltungsübertretungen über den Beschuldigten folgende Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt:

Faktum 1): 6.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden Faktum 2): 6.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden.

Weiters wird der Beschuldigte gemäß § 64 VStG verpflichtet, jeweils 600 S, insgesamt 1.200 S, als Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu zahlen.

Der vom Beschuldigten zu entrichtende Strafgesamtbetrag (Strafen + Strafkostenbeiträge) beträgt 13.200 S.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), §§ 16 und 19 VStG, § 11 Abs.3 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (ArbIG), BGBl.Nr. 27.

Entscheidungsgründe:

Die Erstbehörde begründet ihre Einstellungsverfügung im wesentlichen damit, daß der Beschuldigte P K einen Bevollmächtigten iSd § 31 Abs.2 ASchG, nämlich Herrn W P bestellt habe und bei dessen Auswahl und Beaufsichtigung iSd § 31 Abs.5 ASchG es nicht an der notwendigen Sorgfalt habe fehlen lassen.

Gegenteilig zu dieser Begründung wendet das Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk in Innsbruck in seiner rechtzeitigen Berufung dazu ein, daß sich der Beschuldigte als Arbeitgeber neben dem erwähnten Bevollmächtigten iSd § 31 Abs.5 ASchG strafbar gemacht habe, da er es sowohl bei der möglichen eigenen Beaufsichtigung der Baustelle als auch bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten an der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen. Im Gegensatz zur Strafbehörde erster Instanz liege kein geeigneter Entlastungsbeweis diesbezüglich vor. Unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 15.12.1992, Zl. 88/08/0288) bringt die Berufungswerberin vor, daß in jenen Fällen, wo aufgrund konkreter Vorfälle oder auch allgemein nach der Lebenserfahrung mit der Nichteinhaltung bestimmter Arbeitnehmerschutzvorschriften gerechnet werden müsse, ein strenger Maßstab für die Tauglichkeit eines Überwachungssystems anzulegen sei. Hinsichtlich des von der Behörde zu erbringenden Entlastungsbeweises, werde beantragt, dem Beschuldigten, P K , Herrn W P und die in der inkriminierten Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer zeugenschaftlich zu vernehmen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Eingangs ist zunächst festzuhalten, daß die vom Arbeitsinspektorat für den 14. Aufsichtsbezirk zur Anzeige gebrachten Verwaltungsübertretungen aufgrund vor Ort getroffenen Feststellungen des meldungslegenden Arbeitsinspektors als erwiesen zu erachten sind; sie werden vom Beschuldigten auch nicht in Abrede gestellt.

Gemäß § 31 Abs.5 ASchG sind Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen.

Ausgehend davon, daß für die gegenständliche Baustelle ein Bevollmächtigter iSd § 31 Abs.2 leg.cit. in der Person des W P bestellt worden ist, war von der Berufungsinstanz zu prüfen, ob der Beschuldigte P K seiner Sorgfaltspflicht gemäß der zitierten Gesetzesstelle (§ 31 Abs.5 leg.cit.) nachgekommen ist.

In Anbetracht der Gefährlichkeit der verfahrensgegenständlichen Arbeiten einerseits und der Folgenschwere der Unfälle, welche sich aufgrund der Nichtbeachtung der Arbeitnehmerschutzvorschriften ergeben können, andererseits, ist hinsichtlich der in § 31 Abs.5 leg.cit. geforderten Sorgfalt ein strenger Maßstab anzulegen. Im Gegensatz zur Erstbehörde vertritt dabei der unabhängige Verwaltungssenat, daß der Beschuldigte in bezug auf die Beaufsichtigung des Bevollmächtigten diesem Sorgfaltsmaßstab nicht gerecht geworden ist bzw es diesbezüglich an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen.

So gab der als Zeuge vernommene und vom Beschuldigten als Bevollmächtigter angegebene W P an, daß der Beschuldigte die verfahrensgegenständliche Baustelle ca alle 14 Tage kontrolliert habe. In Anbetracht der großen Gefahrenmomente bei den gegenständlichen Arbeiten geht diese Kontrollfrequenz nicht über das bloß stichprobenartige Ausmaß hinaus. Auch wenn dem Beschuldigten in bezug auf den Bevollmächtigten offensichtlich kein Auswahlverschulden angelastet werden kann, ist er, was dessen Beaufsichtigung betrifft, seiner Sorgfaltspflicht nicht ausreichend nachgekommen.

Zur Strafhöhe:

Die entsprechend dem Strafantrag verhängten Geldstrafen entsprechen dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat und sind aus Gründen der General- wie Spezialprävention in dieser Höhe erforderlich. Der Unrechtsgehalt der Tat liegt insbesondere in einem besonders hohen Ausmaß der Gefährdung der von den verletzten Normen geschützten Interessen der Arbeitnehmer. Diese liegen im Schutz des Lebens und der körperlichen Integrität. So darf nicht verkannt werden, daß ein Absturz aus 10 m Höhe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit tötlich endet, jedenfalls aber schwerste körperliche Verletzungen und lebenslange Invalidität nach sich ziehen kann. In Anbetracht des Umstandes, daß der Beschuldigte selbst der Firmeninhaber ist, wird das Ausmaß der über ihn verhängten Geldstrafen als ihm wirtschaftlich zumutbar erachtet.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Der Kostenspruch ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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