Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-220743/4/Schi/Ka

Linz, 12.04.1995

VwSen-220743/4/Schi/Ka Linz, am 12. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 18. Aufsichtsbezirk, 4840 Vöcklabruck, Ferdinand-Öttl-Straße 12, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7. Oktober 1993, Ge-322-1993, betreffend Ermahnung gemäß § 21 VStG wegen Übertretungen nach dem KJBG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7. Oktober 1993, Ge-322-1993, insofern abgeändert als anstatt der erteilten Ermahnung zu den Fakten 1, 2, 3, 4a, 4b, 4c, 5a, 5b und 5c jeweils eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von je 12 Stunden), insgesamt sohin 9.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 108 Stunden), verhängt wird.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 16, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991; § 11 Abs.1, § 16, § 17 iVm § 30 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, BGBl.Nr.222/1987 idF BGBl.Nr.175/1992, im folgenden: KJBG.

Zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Datum vom 7.10.1993, Ge-322-1993, einen Bescheid gegen Herrn W S , S , S , mit folgendem Spruch erlassen:

" ERMAHNUNG Sie haben als geschäftsführender Gesellschafter und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG nach außen Berufener der "H ", wie anläßlich einer am 25.11.1992 vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck in Ihrem Gastgewerbebetrieb in S , S , 4 und 6, durchgeführten Kontrolle festgestellt worden ist, 1. den Jugendlichen J F , geb. am 2.11.1975, am 9.10.1992 von 9.00 bis 13.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 10.10.1992 von 9.00 bis 17.00 Uhr, am 16.10.1992 von 9.00 bis 13.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 17.10.1992 von 9.00 bis 13.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 18.10.1992 von 9.00 bis 13.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 19.10.1992 von 9.00 bis 13.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 20.10.1992 von 9.00 bis 13.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 21.10.1992 von 9.00 bis 13.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 31.10.1992 von 14.00 bis 22.00 Uhr, am 1.11.1992 von 9.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr sowie am 2.11.1992 von 9.00 bis 17.00 Uhr, beschäftigt und haben ihm somit im Anschluß an die Tagesarbeitszeit am 9., 16., 17., 18., 19., 20. und 31.10.

und am 1.11.1992 nur eine Ruhezeit von 11 Stunden gewährt, obwohl den Jugendlichen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 12 Stunden zu gewähren ist, 2. den Jugendlichen J S , geb. am 9.7.1975, am 2.10.1992 von 9.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 3.10.1992 von 9.00 bis 13.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 11.10.1992 von 9.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 12.10.1992 von 9.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 13.10.1992 von 9.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 31.10.1992 von 9.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, sowie am 1.11.1992 von 9.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, beschäftigt und haben ihm somit im Anschluß an die Tagesarbeitszeit am 2., 11., 12., 13. und 31.10.1992 nur eine Ruhezeit von 11 Stunden gewährt, obwohl den Jugendlichen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 12 Stunden zu gewähren ist, am 3.11.1992 von 10.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 4.11.1992 von 17.00 bis 22.00 Uhr, am 5.11.1992 von 9.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 6.11.1992 von 10.00 bis 15.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 7.11.1992 von 10.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 8.11.1992 von 10.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr, am 9.11.1992 von 10.00 bis 19.00 Uhr, beschäftigt und haben sie somit a) am 10., 17., 30.10., 5., 6. und 9.11.1992 9 Stunden beschäftigt, obwohl es in diesen Wochen zu keiner Verteilung der Arbeitszeit gekommen ist und die tägliche Arbeitszeit 8 Stunden nicht überschreiten darf, b) in der Kalenderwoche vom 12.10. bis zum 18.10.1992 42 Stunden und in der Kalenderwoche vom 2.11. bis zum 8.11.1992 47 Stunden beschäftigt, obwohl die Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten darf und c) ihr im Anschluß an die Tagesarbeitszeit am 9., 16.10. und am 3.11.1992 nur eine Ruhezeit von 11 Stunden gewährt, obwohl den Jugendlichen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 12 Stunden zu gewähren ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1., 2., 3., 4.c, und 5.c:

§ 16 iVm § 30 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, BGBl.Nr.222/1987 idgF.

4.a, 5.a und b:

§ 11 Abs.1 iVm § 30 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, BGBl.Nr.222/1987 idgF 4.b:

§ 17 Abs.2 iVm § 30 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, BGBl.Nr. 222/1987 idgF Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Ihnen eine Ermahnung erteilt.

Rechtsgrundlage: § 21 des Verwaltungsstrafgesetzes" 2. Gegen diesen Bescheid hat das Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk, 4840 Vöcklabruck, Ferdinand-Öttl-Straße 12, (im folgenden: AI) mit Schreiben vom 13.10.1993 rechtzeitig Berufung erhoben und den Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, daß gegen den Beschuldigten wegen der §§ 11 Abs.1, 16 und 17 Abs.2 KJBG gemäß § 30 KJBG eine Strafe von insgesamt 27.000 S (9 Fälle) verhängt wird.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des angefochtenen Bescheides vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann.

Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt, der im übrigen vom Berufungswerber gar nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

3.2. Die Berufung des AI vom 13.10.1993 wurde dem Beschuldigten mit Schreiben vom 28.12.1994, VwSen-220743/2/Schi/Ka, zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit gegeben, eine allfällige Äußerung bis längstens 15.2.1995 abzugeben. Der Beschuldigte hat sich bis zum heutigen Tag dazu nicht weiter geäußert.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 11 Abs.1 KJGB darf die tägliche Arbeitszeit der Jugendlichen 8 Stunden, ihre Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt wird.

Gemäß § 16 KJBG ist nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit den Jugedlichen eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 12 Stunden zu gewähren.

Gemäß § 17 Abs.1 KJBG dürfen Jugendliche in der Nachtzeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr nicht beschäftigt werden. Zufolge Abs.2 dieses Paragraphen dürfen im Gastgewerbe Jugendliche über 16 Jahre bis 22.00 Uhr beschäftigt werden.

Gemäß § 30 KJBG ist, wer diesem Bundesgesetz oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 1.000 S bis 15.000 S, im Wiederholungsfall von 3.000 S bis 30.000 S, oder mit Arrest von 3 Tagen bis zu 6 Wochen zu bestrafen. Beide Strafen können auch nebeneinander verhängt werden. Die Verjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) beträgt 6 Monate.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

4.2. Das AI hat mit Schreiben vom 13.10.1993 den Bescheid der belangten Behörde vom 7.10.1993, Ge-322-1993, nur insofern angefochten, als damit eine Ermahnung erteilt wird; es ist sohin der Bescheid vom 7.10.1993, Ge-322-1993, hinsichtlich seines Schuldspruches rechtskräftig geworden.

Die gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) somit für den unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorliegende Sache betrifft daher nur die Frage, ob in den von der belangten Behörde festgestellten Fällen zu Recht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden konnte, weil allenfalls das Verschulden des Beschuldigten (nur) geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Dies ausdrücklich festzustellen ist deshalb von entscheidender Bedeutung, weil - wie der O.ö.

Veraltungssenat in ständiger Rechtsprechung (vgl. zB.

VwSen-221006/5/Ga vom 27.7.1994 und VwSen-280046/2/Ga/La vom 13.3.1995) ausgesprochen hat, daß der unabhängige Verwaltungssenat (sachlich) nicht zuständig ist, einen Schuldspruch - wie eine Strafverfolgungsbehörde nach dem Inquisitionsprinzip - erstmalig auszusprechen; dies ergibt sich aus den in den zitierten Erkenntnissen näher angeführten verfassungsrechtlichen Gründen. Dies ist aber hier nicht der Fall, weil mit dem angefochtenen Bescheid und der insofern eingeschränkten Berufung des AI der Schuldspruch - wie oben bereits erwähnt - in Rechtskraft erwachsen ist.

4.3. Begründend hat das AI in der Berufung vom 13.10.1993 im wesentlichen ausgeführt:

Nach dem ersten Satz des § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit an sich fahrlässiges Verhalten, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes angeordnet ist. Bloße Fahrlässigkeit stellt daher keinen Milderungsgrund, wohl aber die beabsichtigte Begehung einen gewichtigen Erschwerungsgrund dar (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 31. Jänner 1979, Zl. 578/78).

Im gegebenen Falle wurde vor Begehung der Taten laut Aussage des Beschuldigten das Einvernehmen mit den Jugendlichen hergestellt. Es wurden die Taten somit beabsichtigt begangen.

Die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG kommt nur in Frage, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist. Davon kann aber nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vergleiche VwGH-Erkenntnis vom 22. Oktober 1987, Zl.

87/08/0138). Zur Erfüllung dieser Voraussetzungen sind die im gegebenen Falle von der belangten Behörde zur Begründung des geringfügigen Verschuldens des Beschuldigten an den ihm zur Last gelegten Übertretungen herangezogenen Umstände nicht geeignet.

Die dem Beschuldigten zugute gehaltenen widrigen Umstände vermögen sein Verschulden nicht in einem für die Anwendung des § 21 VStG erforderlichen Maße zu mindern, wäre er doch als Unternehmer eines Gastgewerbebetriebes verpflichtet gewesen, entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen, um die nach der Begründung des angefochtenen Bescheides erfahrungsgemäß bestehende, somit entgegen den Ausführungen nicht unvorhersehbar gewesene höhere Gästefrequenz auch ohne die gesetzwidrige Beschäftigung von Jugendlichen zu bewältigen (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 27. Februar 1986, Zl.

86/08/0033).

Es zeigt sich somit, daß die von der belangten Behörde vorgenommene Einschätzung des Verschuldens des Beschuldigten als bloß geringfügig nicht zutrifft. Fehlt es aber dem Kriterium des geringfügigen Verschuldens, dann braucht das Vorliegen des weiteren Kriteriums nicht geprüft werden, ob die Folgen der dem Beschuldigten zur Last fallenden Übertretungen als unbedeutend angesehen werden können (vgl.

VwGH-Erkenntnis vom 19. November 1987, Zl. 87/08/0251).

Mit diesem Vorbringen ist das AI im Ergebnis im Recht.

5.1. Zum Verschulden: Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Zu dieser Umkehr der Beweislast kommt es allerdings nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, wobei in dieser Hinsicht die Beweislast die Behörde trifft. Wie aber bereits ausgeführt wurde, hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt. Es wäre daher Sache des Beschuldigten gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war.

Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, daß er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. VwGH v. 2. April 1990, Zl. 90/19/0078). Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurde. Ein derartiges Vorbringen - von Tatsachen oder von Beweismitteln -, das geeignet gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen, hat der Beschuldigte aber nicht erstattet.

5.2. Aus dem Akt (insbesondere aus der niederschriftlichen Einvernahme am 16. April 1993) ergibt sich, daß der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht bestritten hat. Er hat lediglich im wesentlichen darauf hingewiesen, daß diesbezüglich mit den Jugendlichen das Einvernehmen hergestellt worden sei. Grundsätzlich würden auch die Bestimmungen des KJBG eingehalten, jedoch könnten im Gastgewerbe unvorhersehbare Umstände zutagetreten, die eine 100 %ige Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen fast unmöglich machen würden. Im übrigen hätten die Übertretungen keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen.

5.3. Es liegt sohin jedenfalls objektive Sorgfaltswidrigkeit vor; aber auch die subjektive Sorgfaltswidrigkeit, die im Regelfall durch die objektive Tatseite indiziert wird (vgl Burgstaller, Wiener Kommentar zum StGB, § 6 Rz 88 und 95; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 6 Rz 15 und 19a; Kienapfel, Strafrecht AT, 4. A, 1991, Z 25 Rz 22 und 31) ist zu bejahen. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, daß der Berufungswerber nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen nicht fähig gewesen wäre, den objektiven Sorgfaltsanforderungen zu genügen. Die Aufwendung der gebotenen Sorgfalt war dem Berufungswerber in der gegebenen Situation auch zumutbar, weshalb an seinem Verschulden keine Zweifel bestehen können.

6. Zum Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG bzw zum "geringfügigen" Verschulden:

6.1. Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14).

Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs 1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

6.2. Das sorgfaltswidrige Verhalten des Beschuldigten kann somit keinesfalls als minderes Versehen beurteilt werden, zumal die Beschäftigungszeiten doch nicht ganz unerheblich überschritten und auch die Ruhezeiten in einem nicht gerade geringfügigen Ausmaß verkürzt wurden. Die Schuld des Beschuldigten im Sinne des § 21 Abs.1 VStG wäre nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehaltes erheblich zurückbleibt (VwGH 22.10.1987, 87/08/0138). Dies trifft im gegenständlichen Fall nicht zu, weil die in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargelegten Erwägungen nicht zur Annahme eines geringfügigen Verschuldens ausreichen. Auch vermögen die dem Beschuldigten zugutegehaltenen widrigen Umstände sein Verschulden nicht in einem für die Anwendung des § 21 VStG erforderlichen Ausmaßes zu mindern, da er doch als Unternehmer eines Gastgewerbebetriebes verpflichtet gewesen wäre, entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen, um die oft doch nicht ganz unvorhersehbar gewesenen höheren Gästefrequenzen auch ohne gesetzwidrige Beschäftigung von Jugendlichen zu bewältigen (VwGH 27.2.1986, Zl.86/08/0033).

Da es somit schon an dem Kriterium des geringfügigen Verschuldens fehlt, brauchte das Vorliegen des weiteren Kriteriums der Unbedeutsamkeit der Folgen der Übertretung nicht mehr geprüft zu werden (VwGH 19.11.1987, 87/08/0251).

Da somit eine der Voraussetzungen für das Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG, nämlich ein geringfügiges Verschulden, nicht vorliegt, war der Berufung insofern Folge zu geben, daß statt der Ermahnung Geldstrafen zu verhängen sind.

7. Zur Strafbemessung:

7.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat sind gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

7.2. Gemäß § 51 Abs.6 VStG darf aufgrund einer vom Beschuldigten oder zu seinen Gunsten erhobenen Berufung keine höhere Strafe verhängt werden, als im angefochtenen Bescheid. Daraus ergibt sich e contrario daß hier - da im vorliegenden Fall das Arbeitsinspektorat berufen hat - das Verbot der reformatio in peius nicht gilt. Der O.ö.

Verwaltungssenat hat daher unter den oben dargelegten Grundsätzen des § 19 VStG die Höhe der zu verhängenden Strafen zu bemessen. Aus dem Akt ergibt sich, daß der verantwortliche Beauftragte ein monatliches Nettoeinkommen von 20.000 S erhält, kein Vermögen hat und sorgepflichtig für einen Sohn ist.

7.3. Im Hinblick auf § 30 KJB, der eine Mindestgeldstrafe von 1.000 S, im Wiederholungsfall von 3.000 S vorsieht, wobei offensichtlich vom AI in der Berufung vom 13.10.1993 eine Strafe von insgesamt 27.000 S in neun Fällen, somit also die Mindeststrafe von 3.000 S für den (einzelnen) Wiederholungsfall beantragt wurde, ist festzustellen:

Diesbezüglich kann dem Antrag des AI in der Berufung nicht gefolgt werden, zumal sich aus dem im Akt befindlichen Vorstrafenauszug des Beschuldigten ergibt, daß nunmehr alle drei aus dem Jahr 1989 stammenden Vorstrafen des Berufungswerbers nach dem KJBG getilgt sind; die weitere Strafe nach dem KJBG vom 31.3.1993 (Ge-322-1993) kommt im gegenständlichen Falle (noch) nicht zum Tragen, da es sich hier um Tatzeitpunkte im Oktober 1992 handelte, weshalb die Strafe vom 31.3.1993 zu diesen Zeitpunkten noch nicht bekannt sein konnte. Auch sie durfte daher nicht als "Wiederholungsfall" iS § 30 KJBG herangezogen werden. Somit konnte im gegenständlichen Fall im Hinblick auf die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers und im Hinblick darauf, daß er für den vorliegenden Fall als unbescholten bzw als Ersttäter galt, mit der gesetzlichen Mindeststrafe von je 1.000 S das Auslangen gefunden werden.

zu II. Aus den §§ 64, 65 und 66 VStG ergibt sich, daß Kosten des Straf- und Berufungsverfahrens immer nur dann dem Bestraften auferlegt werden können, wenn er Berufung erhoben hatte und die Berufung vollinhaltlich abgewiesen wurde (VwGH 20.9.1985, 84/11/0059). Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde lediglich eine Ermahnung gemäß § 21 Abs.1 VStG erteilt; Berufung erhoben hat das Arbeitsinspektorat.

Für diesen Fall sieht das Gesetz keine Kostentragungsregel dergestalt vor, daß die Verfahrenskosten der Bestrafte zu tragen hätte (vgl. § 64 Abs.1 VStG: In jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat). Im vorliegenden Fall ist aber kein Straferkenntnis vorhanden, das bestätigt wird. Aus diesem Grund kann dem Bestraften kein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben werden (vgl.

Thienel, das Verfahren der Verwaltungssenate, S.351; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, RZ 960).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum