Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220746/5/Schi/Ka

Linz, 27.03.1995

VwSen-220746/5/Schi/Ka Linz, am 27. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des J P , W , H , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels (Magistrat Wels) vom 15.10.1993, MA2-Ge-4070-1993 Scho, wegen Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II. Der Berufungswerber hat keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.51/1991, iVm § 24, § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG, BGBl.Nr.52/1991.

zuII.: § 65 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Bürgermeister (Magistrat) der Stadt Wels hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber schuldig erkannt, zwei Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz (AZG), nämlich nach § 16 Abs.3 (Faktum a) und § 12 Abs.1 (Faktum b) begangen zu haben, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G P GesmbH, L , D , dafür verantwortlich war, daß, wie bei einer am 12.11.1992 im Grenzzollamt B in B vom Arbeitsinspektorat durchgeführten Überprüfung festgestellt wurde und aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz vom 16.12.1992, Zl.2095/63-9/92, hervorgeht, a) der LKW-Lenker R W vom 11.11. bis 12.11.1992 zu einer Einsatzzeit von ca. 25 Stunden herangezogen wurde, obwohl gemäß § 16 Abs.3 AZG die Einsatzzeit nur bis zu 14 Stunden betragen darf.

b) der LKW-Lenker R W am 12.11.1992 nur eine ununterbrochene Ruhezeit von 7 Stunden 15 Minuten zur Verfügung hatte, obwohl gemäß § 12 Abs.1 AZG die ununterbrochene Ruhezeit mindestens 10 Stunden betragen muß.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Berufungswerber gemäß § 28 Abs.1 iVm § 16 Abs.3 und § 12 Abs.1 AZG eine Geldstrafe von a) 5.000 S und b) 3.000 S verhängt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit wurde (undifferenziert) eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 4 Tagen verhängt.

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 21.10.1993 rechtzeitig Berufung erhoben und im wesentlichen vorgebracht, daß der besagte LKW-Fahrer am 11.11.1992 um 17.30 Uhr seinen Dienst in L begonnen hatte. Vorher habe er dienstfrei gehabt. Die Ladetätigkeit endete um 19.00 Uhr; der Fahrer konnte die Fahrt nach Bratislava (270 km) ohne Probleme sofort antreten und in einer Fahrperiode von ca. 4 Stunden bewältigen. Der Fahrer habe jedoch - wie schon erwähnt - aus ihm (dem Berufungswerber) nicht bekannten Gründen unregelmäßige größere Pausen im Gesamtausmaß von ca. 5,5 Stunden gemacht.

Er hatte auch den Auftrag, am 13. November 1992 um 8.00 Uhr in Wien zu laden. Wenn der Berufungswerber einem Fahrer für eine Wegstrecke von insgesamt 350 km einen Zeitraum vom 11.11. bis 13.11., also 36,5 Stunden zur Verfügung stellt, dann habe er als Arbeitgeber sicher alle Maßnahmen getroffen, um den LKW-Fahrer die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu ermöglichen. Er ersuche deshalb, die Strafe aufzuheben.

2.2. Der Magistrat der Stadt Wels als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Gegenäußerung abgegeben.

2.3. Die Berufung wurde in Wahrung des Parteiengehörs dem Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz zur Kenntnis gebracht. Dieses wies im Schreiben vom 23.1.1995 darauf hin, daß in der Berufung nichts wesentliches zur Entlastung des Berufungswerber vorgebracht wird; es wird auf die Stellungnahme des Arbeitsinspektorates vom 16.6.1993, gerichtet an den Magistrat der Stadt Wels, verwiesen.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Der O.ö.

Verwaltungssenat hat über die - zulässige - Berufung, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde erwogen.

3.2. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann.

Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

3.3. Da sich schon aus der Aktenlage ergab, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.1 VStG nicht anzuberaumen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat; 2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; 3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung; 4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche; 5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

Gemäß § 51 Abs.6 VStG darf aufgrund einer vom Beschuldigten oder zu seinen Gunsten erhobenen Berufung keine höhere Strafe verhängt werden, als im angefochtenen Bescheid.

4.2. Wie sich aus Punkt 1.1. ergibt, hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall die Verwaltungsübertretungen zu a und b mit verschiedenen Geldstrafen in der Höhe von 5.000 S und 3.000 S geahndet; als Ersatzfreiheitsstrafe für die Gesamtsumme aller verhängten Geldstrafen von 8.000 S wurde jedoch eine "Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 4 Tagen verhängt." 4.3. Diese Vorgangsweise widerspricht aber der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat schon - insbesondere seit der Novelle BGBl.Nr.231/1988 - in mehreren Erkenntnissen (vgl.

13.12.1990, Zl.90/09/0170, 17.1.1991, Zl.90/09/0154 und 90/09/0135) ausdrücklich ausgesprochen, daß bei mehreren Verwaltungsübertretungen die Verhängung von bloß einer Gesamtstrafe unzulässig ist und diese Vorgangsweise auch dem Gesetz widerspricht. Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof die Unzulässigkeit der Festsetzung einer einheitlichen Ersatzarreststrafe für mehrere Verwaltungsübertretungen ausgesprochen (vgl. Erk. vom 19.2.1993, Zl.92/09/0307 und vom 23.2.1994, Zl.93/09/0173).

4.4. Darüber hinausgehend hat der Verwaltungsgerichtshof in einem jüngst bekannt gewordenen Erkenntnis vom 30.6.1994, Zl.94/09/0049 (betreffend das h. Erkenntnis vom 18.1.1994, VwSen-250.204) in einem gleichgelagerten Fall ua ausgesprochen, daß sich dem erstinstanzlichen Straferkenntnis nicht entnehmen läßt (auch nicht in Verbindung mit seiner Begründung), wie die verhängte Gesamtstrafe (damals 20.000 S) auf die seinerzeit zur Last gelegten beiden Verwaltungsübertretungen aufzuteilen ist; deshalb gibt es keinen Maßstab für die Aufteilung der Strafen auf die einzelnen Fakten, insbesondere im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius gemäß § 51 Abs.6 VStG. Diese Folge einer Fehlleistung der Behörde erster Instanz kann jedenfalls von der Berufungsbehörde nicht mehr korrigiert werden; sie hat in diesem Fall den Strafausspruch ersatzlos aufzuheben. Eine Neufestsetzung der Strafe für die aufrechterhaltenen Verwaltungsübertretungen durch die belangte Behörde würde dem Gesetz widersprechen. Der Verwaltungsgerichtshof hat deshalb das obzitierte h.

Erkenntnis vom 18. Jänner 1994 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

4.5. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Da somit eine Sanierung durch entsprechende Aufteilung (die im übrigen fast unmöglich wäre, allein schon ziffernmäßig wegen der verschiedenartigen Höhe der einzelnen Geldstrafen) und auch deshalb, um das Verbot der reformatio in peius nicht zu verletzen. Aus diesem Grund war der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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