Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220747/5/Ga/La

Linz, 05.12.1994

VwSen-220747/5/Ga/La Linz, am 5. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Dr. H B in L , P , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Juni 1993, Zl. 100-1/16, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Über die rechtzeitig mit dem Antrag auf Aufhebung gegen das eingangs zitierte Straferkenntnis, mit dem der Berufungswerber einer Übertretung der GewO 1973 schuldig erkannt und kostenpflichtig mit einer Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Tage) bestraft wurde, eingebrachte Berufung, die von der belangten Behörde zugleich mit dem Strafakt vorgelegt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Als Tat iSd § 44a Z1 VStG wird dem Berufungswerber im Schuldspruch (übereinstimmend auch schon in der ersten Verfolgungshandlung, das ist die am 27. Mai 1993 hinausgegebene Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28. April 1993) vorgeworfen, er habe zumindest "mit Schreiben vom 28.12.1992 (Zahlungsaufforderung) an die Fa. B " das konzessionierte Gewerbe der Einziehung fremder Forderungen (gemäß § 307 GewO 1973) im Standort L , P , ausgeübt, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Konzession 'Einziehung fremder Forderungen' gewesen zu sein.

Dadurch habe er § 366 Abs.1 Z2 iVm § 5 Z2 GewO 1973 verletzt.

2.2. Dem Strafakt, in den als Beweismittel der unabhängige Verwaltungssenat Einsicht genommen hat, liegt die Kopie eines vom Berufungswerber gefertigten, von ihm selbst als "Zahlungsaufforderung" bezeichneten Schreibens ein. Diese Zahlungsaufforderung ist vom Berufungswerber am 28. Dezember 1992 verfaßt und mit Datum versehen worden.

2.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes versteht die GewO unter Ausübung eines Gewerbes im hier zu beurteilenden Regelungszusammenhang eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit (vgl. Erk.

21.5.1992, 91/09/0100). Die hier den Gegenstand des Gewerbes gemäß § 307 Abs.1 GewO 1973 (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993) bildende Tätigkeit liegt nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates jedoch nicht schon allein in dem über die interne Sphäre des Einziehers nicht hinausreichenden Akt des Verfassens einer Zahlungsaufforderung. Auf der Hand liegend kann das Gewerbe durch die bloße Redaktion und das Datieren solcher und anderer Aufforderungsschreiben, ohne daß diese dann auch in die externe Sphäre der Adressaten eintreten, nicht ausgeübt werden. Die Tätigkeit der Einziehung einer Forderung verlangt vielmehr, daß jener Akt, der überhaupt erst zur Einziehung führen kann, den (vermeintlichen) Schuldner der einzuziehenden Forderung tatsächlich erreicht.

Nur dieser Zeitpunkt der ersten Konfrontation des Schuldners mit der Aufforderung des Eintreibers ist das hier für die Tatzeit bestimmende, wesentliche Sachverhaltsmerkmal.

Indem jedoch die belangte Behörde nicht darauf, sondern auf das Datum der Abfassung der Zahlungsaufforderung als Tatzeit abgestellt hat, ist dem Berufungswerber entgegen dem Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG kein hinlänglich individualisierter Tatverdacht angelastet worden. Nach der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vertretenen Rechtsauffassung verlangen die aus der genannten Vorschrift erfließenden Bestimmtheitsanforderungen einen so konkret formulierten Spruch, daß dadurch der Beschuldigte jedenfalls rechtlich davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden.

Diesen rechtlichen Schutz jedoch leistet der zur Prüfung vorliegende Schuldspruch nicht.

Dem unabhängigen Verwaltungssenat ist es wegen seiner Sachbindung verwehrt, den Schuldspruch in diesem wesentlichen Sachverhaltsmerkmal durch Einfügung der eigentlichen Tatzeit zu ändern.

2.4. Aus diesen Gründen war das wegen Unbestimmtheit inhaltlich rechtswidrige Straferkenntnis aufzuheben; gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

3. Die Aufhebung und Einstellung bewirken auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder vor der belangten Behörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis kann auf sich beruhen, ob, wie dies der Berufungswerber unter Hinweis auf seine Rechtfertigung im erstbehördlichen Verfahren einwendet, die erwähnte Zahlungsaufforderung - andere einschlägige Akte des Berufungswerbers sind in das Strafverfahren nicht einbezogen gewesen - hier überhaupt dem Begriff 'Einziehung fremder Forderungen' unterstellbar gewesen ist. Weder nämlich hat der Berufungswerber die Zahlung der Restschuld im eigenen Namen verlangt noch hat er die Einziehung auf eigene Rechnung betrieben. Auch die schließliche gerichtliche Geltendmachung der Forderung stellt der Berufungswerber nicht als eigene Maßnahme, sondern als die seiner Mandantschaft in Aussicht. Vertretbar scheint, in diesem Aufforderungsschreiben eine schlichte Zahlungserinnerung ohne Einziehungscharakter im strengen Sinn der gewerberechtlichen Vorschrift zu sehen. Wie dabei der Umstand, daß der Berufungswerber für diese im fremden Namen und auf fremde Rechnung formulierte Zahlungserinnerung ein Honorar für die eigene Mühewaltung in Rechnung gestellt hat, rechtlich zu beurteilen ist, kann ebenso dahingestellt bleiben, wie die Beurteilung der weiteren Verantwortung des Berufungswerbers, wonach er schon auf Grund der ihm rechtens verliehenen "Konzession für den öffentlichen Agenten" gemäß Hofkanzleidekret vom 16. April 1833 für Tätigkeiten, wie der vorliegenden, von der Gewerbeordnung überhaupt ausgenommen sei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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