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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220750/6/Kon/Fb

Linz, 23.11.1994

VwSen-220750/6/Kon/Fb Linz, am 23. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des KR H H , W , S , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J B , E , K , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11.10.1993, GZ:

MA2-Ge-4025-1993, wegen Übertretung des Arbeitsruhegesetzes (ARG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen den Schuldspruch wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß:

nach der Wortfolge: "S Straße 25," einzufügen ist die Wortfolge: "gemäß § 9 Abs.2 VStG strafrechtlich".

II. Der Berufung wird hinsichtlich des Strafausspruches insofern Folge gegeben, als die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von der Dauer von 288 Stunden (= 12 Tage) auf die Dauer von 286 Stunden und sohin für jede der insgesamt 26 Übertretungen eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 11 Stunden festgesetzt wird.

III. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG).

zu II.: §§ 16 und 19 VStG.

zu III.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. und II.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, daß am 16. Jänner 1993 im Betrieb der B GmbH W , S Straße 25, 26 namentlich angeführte Arbeitnehmer entgegen den Bestimmungen des § 3 Abs.2 ARG beschäftigt zu haben, als diese noch nach 13.00 Uhr zu Inventurarbeiten herangezogen wurden.

Gemäß § 27 Abs.1 ARG wurden über den Beschuldigten jeweils Geldstrafen in der Höhe von 1.000 S, insgesamt 26.000 S (26 x 1.000 S) verhängt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Tagen ausgesprochen.

Hinsichtlich ihres Schuldspruches führt die Erstbehörde begründend aus, daß die angelasteten Verwaltungsübertretungen aufgrund der Feststellungen des Arbeitsinspektorates Wels laut dessen Anzeige vom 12.2.1993 als erwiesen zu erachten seien und vom Beschuldigten die Heranziehung der genannten Arbeitnehmer zu Arbeitsleistungen entgegen den Bestimmungen des ARG grundsätzlich nicht bestritten werde.

Das Vorliegen der vom Beschuldigten eingewandten Rechtfertigungsgründe wird von der Erstbehörde unter Hinweis auf die jeweiligen Bestimmungen des ARG verneint.

Hinsichtlich des Strafausmaßes hält die Erstbehörde fest, daß dieses angemessen und dem Beschuldigten wirtschaftlich zumutbar sei. Strafmilderungs- bzw -erschwerungsgründe seien nicht zu berücksichtigen gewesen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht:

1. Der Wortlaut des Gesetzes gäbe nicht deutlich zu erkennen, ob die Beschäftigung mehrerer Arbeitnehmer zur Wochenruhezeit insgesamt nur eine Übertretung des ARG darstelle, oder ob die Beschäftigung jedes einzelnen Arbeitnehmers eine selbständige strafbare Verwaltungsübertretung bilde. Da im Zweifel Strafnormen einschränkend auszulegen seien, wäre im vorliegenden Fall nur insgesamt eine Übertretung des ARG gesetzt worden. Dementgegen nehme das angefochtene Straferkenntnis rechtsirrig mehrere strafbare Handlungen an und verhänge eine Gesamtstrafe, die an den Höchststrafrahmen des § 27 ARG heranreiche.

2. Die Erstbehörde habe es entgegen den einschlägigen Verfahrensvorschriften unterlassen, zu klären, wodurch er das ARG übertreten habe; so sei insbesondere unklar, ob ihm gesetzwidriges Handeln oder gesetzwidriges Unterlassen zur Last gelegt werde. Diese Frage sei nicht nur für die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens, sondern auch für das allfällig daraus resultierende Verschulden von Bedeutung.

3. Die am 16.1.1993 (Tatzeitpunkt) von den verfahrensgegen ständlichen Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeiten sei in einer Ausnahmesituation (Inventur) erbracht worden.

Dieser Umstand lasse ein Verschulden iSd § 5 VStG entfallen. Die Erstbehörde habe diese Schlußfolgerung nicht gezogen, hätte dann allerdings im Ergebnis zur Anwendung des § 21 VStG kommen müssen, weil lediglich geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen vorliegen.

4. Er habe im Verfahren vorgebracht, daß die Arbeitnehmer ihrer Beschäftigung zugestimmt hätten. Dieses Vorbringen habe die Erstbehörde mit dem Hinweis abgetan, daß die Zustimmung der Arbeitnehmer die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens nicht aufheben würde und auch keinen Entschuldigungsgrund darstellten. Die Erstbehörde hätte aber zumindest die erwähnte Zustimmung als Strafmilderungsgrund zu berücksichtigen gehabt.

5. Hinsichtlich der namentlich angeführten Arbeitnehmer sei er schon mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 8.9.1993, GZ: MA2-Ge-4024-1993, für den Tatzeitpunkt 16.1.1993 nach dem Arbeitszeitgesetz bestraft worden.

Dieses Straferkenntnis beziehe sich auf die im vorliegenden Straferkenntnis angeführten Arbeitnehmer, auf denselben Tattag und auf dieselben Arbeitszeiten, sodaß eine rechtswidrige Doppelbestrafung vorliegt. Aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 27 Abs.1 ARG sei die Strafbarkeit der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nach dem ARG nicht mehr gegeben, weil er aufgrund des erwähnten erstbehördlichen Straferkenntnisses nach dem AZG für die ihm nunmehr angelasteten Verwaltungsübertretungen nach dem ARG bereits strenger bestraft worden sei.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

zu 1.: Es ist dem Berufungswerber zu folgen, daß im Hinblick auf die Rechtsfigur des fortgesetzten Deliktes, welches die Identität des Angriffsobjektes nicht fordert, vom Vorliegen nur einer Tat auszugehen wäre. Ein solcher Fortsetzungszusammenhang ist aber dann zu verneinen, wenn höchstpersönliche Rechtsgüter, wie Leben oder Gesundheit verschiedener Personen durch eine solche Tathandlung einen Angriff erleiden. Da die Norm des § 3 Abs.1 ARG dem gesundheitlichen Schutz der Dienstnehmer dient, liegen im vorliegenden Fall insoweit mehrere Straftaten vor, als sich die rechtswidrigen Angriffe gegen die Gesundheit der angeführten 26 Dienstnehmer richtet (siehe VwGH vom 30.3.1982, 81/11/0087, angeführt in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, E 21 zu § 22 VStG, Seite 825).

zu 2.: Die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung wurde von der Erstbehörde ausreichend iSd § 44a Z1 VStG konkretisiert; die Qualifizierung der Rechtsnatur des Deliktes - im vorliegenden Fall liegt ein Unterlassungsdelikt vor - ist dabei für dessen Tatbestandsmäßigkeit nicht von Bedeutung. Dies gilt auch für das Verschulden, weil sowohl Tätigkeitsdelikten als auch Unterlassungsdelikten jeweils ein gleicher Schuld- und Unrechtsgehalt zugrundeliegen kann.

zu 3.: Der Umstand, daß Inventurarbeiten zu leisten gewesen sind, stellt keinen Ausnahmetatbestand im Sinne der Bestimmungen der §§ 10 und 11 des ARG dar und ist auch nicht geeignet, das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig im Sinne des § 21 VStG werden zu lassen.

zu 4.: Die erwähnte Zustimmung der Arbeitnehmer beseitigt die Strafbarkeit des vom Beschuldigten gesetzten Verhaltens nicht. Der Arbeitnehmer ist nämlich selbst dann strafbar, wenn Verstöße gegen Arbeitszeit- bzw Arbeitsruheregelungen ohne sein Wissen und seinen Willen begangen wurden, es sei denn, er habe solche Maßnahmen getroffen, die unter den gegebenen Voraussetzungen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund hätten erwarten lassen (siehe Hauer-Leukauf, E 58 zu § 5 VStG, Seite 721, unter Hinweis auf VwGH vom 21.11.1984, 82/11/0091). Die Errichtung eines Kontrollsystems hat der Berufungswerber nicht einmal behauptet. Die vom Beschuldigten eingewandte Subsidiaritätsklausel des § 27 Abs.1 ARG kann nicht mit der erwähnten Bestrafung des Beschuldigten nach dem AZG in Beziehung gebracht werden, weil die von ihm begangene Verwaltungsübertretung nach dem AZG nicht notwendigerweise die gegenständliche nach dem ARG nach sich gezogen hat. Die eingewandte Bestrafung nach dem AZG, mag ihr auch wegen der Möglichkeit einer Primärarreststrafe ein strengerer Strafrahmen zugrundeliegen, schließt daher die gegenständliche Bestrafung nach dem ARG nicht aus.

Die gegen den Schuldspruch erhobene Berufung erweist sich daher als unbegründet, weshalb diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis aus seinen zutreffenden Gründen zu bestätigen war.

Zur Strafhöhe:

In Anbetracht des in § 27 Abs.1 ARG vorgesehenen Strafrahmens, der Geldstrafen zwischen 500 S bis 30.000 S vorsieht einerseits, und des Ranges der durch die Strafnorm geschützten Interessen, nämlich die Gesundheit der Arbeitnehmer andererseits, erweisen sich die im untersten Bereich des Strafrahmens gelegenen Geldstrafen dem Schuldund Unrechtsgehalt der Tat voll angemessen und sind keinesfalls überhöht. Der Umstand, daß das Gesamtausmaß der Strafe an den obersten Strafrahmen grenzt, ist darauf zurückzuführen, daß wie unter Punkt 1. ausgeführt, die Strafen kumulativ zu verhängen waren. Auf die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten wurde von der Erstbehörde Bedacht genommen und es besteht aufgrund der Stellung des Beschuldigten im Rahmen der Bauhaus GmbH seitens der Berufungsinstanz kein Anlaß, diese Strafen als dem Beschuldigten wirtschaftlich nicht zumutbar zu erachten.

Eine Herabsetzung der ohnehin geringen Strafen ist aus Präventionsgründen nicht zu vertreten und würde auch dem Schutzzweck der Strafnorm zuwiderlaufen. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 21 VStG liegen insbesondere deshalb nicht vor, weil das Verschulden des Berufungswerbers keinesfalls als geringfügig einzustufen ist.

In bezug auf die erfolgte geringfügige Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist folgendes auszuführen:

Die Erstbehörde hat in dem sich aus § 16 Abs.1 VStG ergebenden Gebot, für jede der verhängten Geldstrafen eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen, undifferenziert eine Gesamtfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Tagen verhängt.

Diese Rechtswidrigkeit der Erstbehörde konnte insofern im Berufungsverfahren noch saniert werden, als die Gesamtfreiheitsstrafe in nachvollziehbarer Weise aliquot auf die jeweiligen Verwaltungsübertretungen aufgeteilt werden konnte. Bei dieser Aufteilung, bei der die Gesamtfreiheitsstrafe auf Stunden umzurechnen war, mußte jedoch auf das Verschlechterungsverbot Bedacht genommen werden. Da es bei der Umrechnung auf Stunden nicht möglich war, das Stundenausmaß der 12tägigen Gesamtersatzfreiheitsstrafe beizubehalten, mußte dieses geringfügig unterschritten werden.

Dies bewirkt, daß der vorliegenden Berufung in bezug auf die Ersatzfreiheitsstrafe in geringfügigem Ausmaß (2 Stunden) stattzugeben war. Aus diesem Grund waren auch keine Kosten des Berufungsverfahrens vorzuschreiben.

zu III.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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