Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220769/2/Ga/La

Linz, 13.12.1994

VwSen-220769/2/Ga/La Linz, am 13. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des H F-K in G, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 18. Oktober 1993, Zl.

502-32/Sta/We/117/92a, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Übertretung gemäß § 366 Abs.1 Z4 iVm § 81 sowie § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 schuldig erkannt: Er habe es als Gewerbe- und Betriebsanlageninhaber und somit gewerberechtlich Verantwortlicher für die Firma Möbel H F-K zu vertreten, daß die gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage (eine Tischlerei) im näher angegebenen Standort in L nach Durchführung von genehmigungspflichtigen Änderungen zumindest am 16. Dezember 1991 ohne die hiefür erforderliche rechtskräftige Betriebsanlagenänderungsgenehmigung betrieben worden sei, obwohl die Betriebsanlage durch die Änderung geeignet sei, die Nachbarn durch Lärm und Geruch in größerem Ausmaß zu belästigen.

Das unzulässige Betreiben der Betriebsanlage nach durchgeführter Änderung beschreibt die belangte Behörde im Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses in der Weise, daß sie vorwirft, es seien insgesamt sechs näher angegebene Maschinen/maschinelle Anlagen über den genehmigten Umfang hinaus betrieben worden.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe im Ausmaß von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: sechs Tage) kostenpflichtig verhängt.

2. Die belangte Behörde hat die gegen Schuld und Strafe gerichtete Berufung ohne Gegenäußerung vorgelegt und den Strafakt angeschlossen. Aus der Beweisaufnahme durch Einsicht in diesen Strafakt zu Zl. 502-32/Sta/117/92c ging hervor, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung aufzuheben ist.

Dies aus folgenden Gründen:

2.1. Der Berufungswerber wendet zunächst unter Hinweis auf seinen im politischen Bezirk Urfahr-Umgebung gelegenen Wohnsitz die örtliche Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses ein.

Damit ist der Berufungswerber nicht im Recht. Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, als Strafbehörde örtlich zuständig, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten sein sollte. Im Inland ist gemäß § 2 Abs.2 VStG eine Übertretung dann begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörige Erfolg im Inland eingetreten ist.

Danach besteht kein Zweifel, daß mit dem Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz die in diesem Fall örtlich zuständige Strafbehörde entschieden hat. Auf den Wohnsitz des Berufungswerbers war vorliegend nicht abzustellen.

2.2. In der Hauptsache jedoch bringt der Berufungswerber, u.zw. als Neuerung im Rechtsmittelverfahren vor, daß am 8.

November 1993 auf Grund seines Antrages vom 16. März 1989 auf gewerbebehördliche Genehmigung der Änderung des vorliegend involvierten Tischlereibetriebes eine kommissionelle Verhandlung an Ort und Stelle stattgefunden und diese ergeben habe, daß derartige Belästigungen (wohl: aus den Änderungen), die über das ortsübliche Maß hinaus gingen, nicht zu befürchten seien. Demzufolge seien auch die Voraussetzungen für die Genehmigungspflichtigkeit der dem Straferkenntnis zugrundegelegten Änderungen nicht gegeben.

2.3. Aber zunächst nicht schon dieses Vorbringen führt zur Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, sondern ein wesentlicher, vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht behebbarer Spruchmangel, der ungeachtet des Umstandes, daß der Berufungswerber diesbezüglich nichts releviert hat, von Amts wegen aufzugreifen war:

Nach der Aktenlage unzweifelhaft wird die nämliche Tischlerei mindestens schon seit 1983 nicht vom Berufungswerber selbst als natürliche Person, sondern von der "Möbel H F-K Ges.m.b.H." mit dem Sitz in L, geführt.

Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen ist gemäß § 9 Abs.1 VStG, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Das ist im Fall einer Gesellschaft m.b.H. deren handelsrechtlicher Geschäftsführer.

Wie sich aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, hat die darin getroffene Regelung jedoch nur subsidiär, dh.

nur dann zur Anwendung zu kommen, wenn in den im Einzelfall belangvollen besonderen Verwaltungsvorschriften nicht eine selbständige Regelung der Verantwortlichkeit nach außen getroffen ist. Dies ist für den Bereich des Gewerberechts durch die Bestimmung des § 9 Abs.1 und des § 370 Abs.2 GewO 1973 geschehen.

Nach § 9 Abs.1 leg.cit. können juristische Personen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben. Wurde die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt (§ 39), so sind zufolge § 370 Abs.2 leg.cit. Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen.

Mit Rücksicht auf diese Sondernormen des Gewerberechts ist somit im Hinblick auf die im § 9 Abs.1 VStG normierte Subsidiarität für den Bereich des Gewerberechts § 9 Abs.2 VStG nicht anwendbar. Nur dann, wenn ein gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht bestellt wurde, ist das zur Vertretung nach außen berufene Organ der juristischen Person nach § 9 Abs.1 VStG (allenfalls der nach § 9 Abs.2 VStG bestellte verantwortliche Beauftragte) für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verwaltungsstrafrechtlich ver antwortlich (vgl. VwGH 23.11.1993, 93/04/0152 mwN).

§ 44a Z1 VStG bestimmt, daß der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Nach zuletzt bestätigter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl.

Erk. 30.6.1994, 93/09/0491) muß in der Tatumschreibung zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich Verantwortliche begangen hat. Wäre demgemäß ein Täter als verantwortliches Organ einer juristischen Person zu bestrafen, so erfordert es die Bestimmung des § 44a Z1 VStG, daß im Spruch des Straferkenntnisses die Art der Organfunktion eindeutig angeführt wird (vgl. VwGH 25.9.1992, 92/09/0161).

2.4. Vorliegend wurde der Berufungswerber in eigener Person verwaltungsstrafrechtlich in Anspruch genommen, obwohl nach der Aktenlage der Vorwurf der Verwaltungsübertretung an die Gesellschaft m.b.H. zu richten gewesen wäre und der Berufungswerber daher nur in seiner Vertretungsfunktion dafür einzustehen gehabt hätte. In diesem Verantwortungsbereich, der zwar in Wahrheit nicht zweifelhaft sein konnte (vgl.

VwGH 25.3.1992, 92/02/0041), hätte ihm jedoch als wesentliches Merkmal der Tatumschreibung - und somit aus dem Blickwinkel des Bestimmtheitsgebotes schon in der ersten Verfolgungshandlung - vorgeworfen werden müssen, ob er als Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG bzw. verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG, oder, falls eine einschlägige Bestellung angezeigt wurde, gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 als gewerberechtlicher Geschäftsführer haftbar gemacht wird.

2.5. Daß irgendwelche Ermittlungen zum Grund der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Berufungswerbers im Rahmen dieses oder eines anderen, schon früher rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens geführt worden sind, ist im vorgelegten Strafakt nicht belegt. Die Unterlassung jedweder Ermittlungstätigkeit diesbezüglich darf sich jedoch nicht dahin auswirken, daß der maßgebende Sachverhalt (nämlich:

Hat eine Bestellung und Anzeige der Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer stattgefunden? Wenn nein, ist überhaupt der Beschuldigte ein Vertretungsorgan oder liegt sonst eine taugliche Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten vor?) zum ersten Mal somit erst vom unabhängigen Verwaltungssenat festgestellt wird, weil eine solche Konsequenz in verfassungswidriger Weise (idS vgl.

VfGH 1.10.1991, B 976/90-12) die Rechtsverfolgungsmöglichkeit des Berufungswerbers in diesem Punkt vergleichbar einer unzulässigen Verkürzung des Instanzenzuges behindern würde.

2.6. Zusammenfassend war der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis wegen nicht (mehr) behebbaren Verstoßes gegen § 44a Z1 VStG aufzuheben und die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

3. Die Aufhebung und die Einstellung bewirken auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder vor der belangten Behörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

4. Bei diesem Ergebnis kann auf sich beruhen, ob das inhaltliche Vorbringen des Berufungswerbers, wonach sich nun im nachhinein ergeben habe, daß die belangte Behörde zu Unrecht von der Genehmigungspflichtigkeit der inkriminierten Änderungen ausgegangen sei, berechtigt gewesen wäre. Der unabhängige Verwaltungssenat hält jedoch fest, daß der angefochtene Schuldspruch ausdrücklich darauf abstellt, daß die Nachbarn durch Lärm und Geruch in größerem Ausmaß belästigt werden können. Gerade aber ein größeres Ausmaß der Beeinträchtigung scheint nach dem Ergebnis der gewerbebehördlichen Verhandlung am 8. November 1993 (die Verhandlungsschrift darüber hat der Berufungswerber als Beilage zu seiner Berufung vom 11. November 1993 ergänzend angeschlossen) nicht bestätigt worden zu sein. Wie aus dieser Verhandlungsschrift hervorgeht, hat sich im Gegenteil eine Verringerung des aus der Tischlerei zu den Nachbarn emittierten Lärms herausgestellt, weil ein Teil der in den Schuldspruch einbezogenen Maschinen und Geräte im fraglichen großen Werkraum, so zB die Kreissäge, bisher in den kleineren östlichen Räumlichkeiten aufgestellt war und dort bisher schon mit gewerbebehördlicher Genehmigung betrieben worden ist. So hält der bei dieser Verhandlung zugezogen gewesene immissionstechnische Amtssachverständige in seinem Gutachten fest: "Zusammenfassend ist festzustellen, daß sich die immissionsseitige, durch den Betrieb von Tischlereimaschinen verursachte Lärmsituation durch den Umbau keinesfalls verschlechtern, sondern verbessern wird." Davon abgesehen fällt auf, daß die Frage von Geruchsemissionen aus dem Betrieb der geänderten Betriebsanlage (die dem angefochtenen Schuldspruch gleichfalls zugrundegelegt sind) in der Verhandlung am 8. November 1993 überhaupt keine Rolle gespielt hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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