Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220781/11/Kl/Rd

Linz, 23.11.1994

VwSen-220781/11/Kl/Rd Linz, am 23. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des KR W W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 15.11.1993, Ge-96/140/1993/Gru, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung am 9.11.1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 600 S, ds 20 % der verhängten Strafe, binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 15.11.1993, Ge-96/140/1993/Gru, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs.1 AAV gemäß § 31 Abs.2 lit.p ASchG verhängt, weil er am 5.5.1993 die Betriebsanlage im Standort M betrieben hat, obwohl der Verkaufsraum des Verkaufsmarktes sowie das dem Verkaufsraum angrenzende zum Betrieb gehörende Büro über keine in das Freie führende natürliche Belichtungsflächen verfügen. Der Verkaufsraum, in welchem Arbeitnehmer beschäftigt werden, hat eine Größe von ca.

250 m2 und das dem Verkaufsraum angrenzende Büro eine Größe von ca. 12 m2. Durch die in Glas ausgebildete Eingangstür in der Größe von ca. 2,5 x 2 m, der eine überdachte bzw.

überbaute ca. 18 m lange Passage, welche von der Straße zum Verkaufsmarkt führt, vorgelagert ist, ist keine wirksame Belichtung gegeben. Arbeitsräume müssen ins Freie führende Lichteintrittsflächen, wie Fenster, Oberlichten oder Lichtkuppeln besitzen, deren Summe mindestens ein Zehntel der Fußbodenoberfläche des Raumes betragen muß.

2. Dagegen wurde fristgerecht sowohl vom Berufungswerber als auch vom zuständigen Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk Berufung eingebracht. Der Berufungswerber führte an, daß mit dem Arbeitsinspektorat vereinbart wurde, daß er im Jänner 1994 über den Verlauf der Verhandlungen bezüglich der Aussiedlung der Apotheke vom Haus M berichten werde, wobei ein Teil des Lebensmittelmarktes in die Räume der Apotheke übersiedeln könnte, um im bestehenden Markt Lichtkuppeln einzubauen. Das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk verwies in seiner Berufung auf die Uneinsichtigkeit des Beschuldigten, was straferschwerend wirken müßte. Da keine Milderungsgründe vorliegen, sei die verhängte Strafe auch bei den angegebenen Einkommensverhältnissen nicht angemessen und werde daher die Abänderung des Straferkenntnisses auf eine Strafe von 10.000 S beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufungen samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und teilte mit, daß nach ihrer Rechtsansicht der Tatbestand einwandfrei erwiesen sei.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat in Wahrung des Parteiengehörs dem Berufungswerber die Gelegenheit zu einer Stellungnahme eingeräumt, und es hat der Berufungswerber mitgeteilt, daß er für den Neubau des Lebensmittelmarktes im Jahr 1973 eine behördliche Baubewilligung erhalten habe, um eine gewerbebehördliche Genehmigung hatte er aber nicht angesucht. Beim Ansuchen um eine nachträgliche Kommissionierung wurde vom Arbeitsinspektorat das Fehlen der Lichtkuppeln festgestellt und die Behebung dieser Mängel aufgetragen. Aus Gründen der Statik, wie auch aus finanziellen Gründen, sei aber eine entsprechende Mängelbehebung nur erschwert möglich, da es sich um eine Investition von 1 Mio Schilling handle, was die Bilanzen zur Zeit nicht zulassen. Im übrigen handle es sich um keine absichtliche oder böswillige Straftat und es wurde auch dem Arbeitsinspektorat versprochen, bei besserer finanzieller Situation die Mängel zu beheben.

Das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk hat mit Schreiben vom 20.10.1994 seine Berufung zurückgezogen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.11.1994, an welcher der Berufungswerber und ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben. Das Arbeitsinspektorat ist trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung bestreitet der Berufungswerber das Fehlen der Belichtung in der Betriebsanlage nicht. Vielmehr stützt er sich auf einen rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid, wonach eine Belichtung nicht gefordert wurde. Auch habe er bereits ein Projekt bei der Gewerbebehörde vorgelegt und es wurde auch eine gewerbebehördliche Verhandlung durchgeführt.

Sowohl aus den Ausführungen der belangten Behörde als auch aus den Darlegungen des Berufungswerbers geht einwandfrei hervor, daß den Anforderungen hinsichtlich der Belichtung nach der AAV in seinem Verkaufslokal nicht entsprochen wird, daß dies auch nicht bestritten wird, daß eine gewerbebehördliche Genehmigung des Standortes zur Zeit noch nicht vorliegt und daß aber der Berufungswerber bereits ein Projekt und den guten Willen habe, den mehrmaligen Aufforderungen zur Verbesserung der Mängel seitens des Arbeitsinspektorates nachzukommen. Dies mußte als erwiesen festgestellt und der Entscheidung zugrundegelegt werden. Auf den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses und die Ausführungen im Verwaltungsstrafverfahren wird verwiesen.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 8 Abs.1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983 idgF (kurz: AAV), müssen Arbeitsräume, soweit die Art der Arbeitsvorgänge oder die Zweckbestimmung des Raumes dem nicht entgegenstehen, ins Freie führende Lichteintrittsflächen, wie Fenster, Oberlichten oder Lichtkuppeln, besitzen, deren Summe mindestens ein Zehntel der Fußbodenfläche des Raumes betragen muß; mindestens eine etwa in Augenhöhe gelegene Sichtverbindung mit dem Freien in einer Größe von mindestens einem Zwanzigstel der Fußbodenfläche des Raumes muß vorhanden sein. Arbeitsräume müssen möglichst gleichmäßig natürlich belichtet sein.

Gemäß § 100 AAV sind Übertretungen dieser Verordnung nach Maßgabe des § 31 des ASchG zu ahnden.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972 idgF (kurz: ASchG), begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

5.2. Da der Berufungswerber selbst die Richtigkeit des vorgeworfenen Sachverhaltes nicht bestreitet, mußte daher auch der unabhängige Verwaltungssenat das Nichtvorliegen der nach der zitierten Gesetzesstelle geforderten Belichtung des Arbeitsraumes feststellen. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses war keine Gesetzwidrigkeit zu erblicken, sodaß sich der O.ö. Verwaltungssenat den Ausfüh rungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses diesbezüglich vollinhaltlich anschließt.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die vom Berufungswerber erwähnte (nicht vorhandene) böse Absicht wurde daher weder von der Behörde erster Instanz noch vom Verwaltungssenat angenommen, sondern ist hinsichtlich der Tatbegehung Fahrlässigkeit anzunehmen. Da es sich nämlich beim gegenständlichen Tatvorwurf um ein Ungehorsamkeitsdelikt handelt, wird Fahrlässigkeit gemäß § 5 Abs.1 VStG ex lege angenommen. Ein Entlastungsnachweis ist hingegen dem Berufungswerber nicht gelungen. Mit seinem Vorbringen, daß er um die Notwendigkeit einer gewerbebehördlichen Bewilligung nicht wußte bzw. daß eine baubehördliche Bewilligung vorliege, kann er für sich keine Entlastung beanspruchen, da einerseits einem Gewerbetreibenden die Kenntnis der entsprechenden Rechtsvorschriften zugemutet werden kann bzw. ihm zugemutet werden kann, entsprechende Erkundigungen einzuholen, und andererseits auch einem Arbeitgeber die Kenntnis der entsprechenden arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften - wie eben ausgeführt - zugemutet werden kann. Im übrigen wurde der Berufungswerber auch mehrmals vom zuständigen Arbeitsinspektorat auf die festgestellten Mängel hingewiesen und ein Behebungsauftrag erteilt, welchem vorerst nicht nachgekommen wurde.

Es ist daher ein Verschulden jedenfalls gegeben.

5.3. Wenn hingegen der Berufungswerber seine wirtschaftliche Notlage als Schuldausschließungsgrund geltend machen will, so ist dem die ständige Rechtsprechung des VwGH entgegenzuhalten, wonach ein strenger Maßstab anzulegen ist und daher ein Notstand dann nicht gegeben ist, wenn damit nur eine wirtschaftliche Not oder die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Schädigung abgewendet werden soll. Vielmehr gehört es zum Wesen des Notstandes, daß die Gefahr zumutbarerweise nicht anders als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung zu beheben und die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 736f mN).

Indem aber der Berufungswerber sich nicht entsprechend erkundigt hat, und sich nicht entsprechende Kenntnis über die AAV verschafft hat und deren Anforderungen nicht erfüllt hat, ist seine Notlage nicht unverschuldet eingetreten. Es war daher ein schuldhaftes Verhalten erwiesen.

Es hat daher der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen, weshalb das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

6. Die Strafbemessung wurde von der Erstbehörde nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen und es wurde von ihr in diesem Zuge auf sämtliche Strafbemessungsgründe Bedacht genommen. Da die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich festgelegten Strafrahmens gelegen ist, war sie auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, insbesondere im Hinblick auf seine Einkommenssituation überaus angemessen und nicht als überhöht anzusehen. Auch hat der Berufungswerber weder in seinem Schriftsatz noch in der mündlichen Verhandlung Strafmilderungsgründe geltend gemacht bzw. Gründe für eine anders lautende Strafbemessung vorgebracht. Es war daher auch die verhängte Geldstrafe zu bestätigen, wobei festzustellen ist, daß sie als ausreichend betrachtet wird, um den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis, weil also der Berufung kein Erfolg beschieden ist, war dem Berufungswerber zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ein Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe gemäß der im Spruch zitierten Gesetzesstelle aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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