Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220800/5/Schi/Ka

Linz, 25.04.1995

VwSen-220800/5/Schi/Ka Linz, am 25. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des A R, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Stadt Steyr vom 15.10.1993, Ge-3584/1992, wegen Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 31 Abs.2 und 32 Abs.2 sowie 45 Abs.1 Z3 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber insgesamt fünf Geldstrafen in der Gesamthöhe von 9.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen: jeweils zwischen 36 und 60 Stunden, insgesamt 216 Stunden) kostenpflichtig verhängt, weil er es als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der S R GesmbH. in S, zu vertreten hat, daß anläßlich einer Kontrolle im vorangeführten Betrieb durch Organe des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk am 27. April 1993 nachstehend angeführte Mängel festgestellt wurden:

1. Der überwachungspflichtige Druckbehälter (Inhalt 500 l, Betriebsdruck 10 bar) wird ohne entsprechende wiederkehrende Untersuchung verwendet; 2. die drei Krananlagen (Hallenkran 5000 kg, Schwenkkran 500 kg und der Kran im Maschinenraum 250 kg) werden ohne entsprechende jährliche Überprüfung verwendet; 3. die Hobel- Stoßmaschine wird an beiden Seiten ohne eine entsprechende Keilriemenauflaufschutzvorrichtung betrieben 4. die Holzkreissäge wird ohne Schutzvorrichtug betrieben, ohne den zum Schneiden nicht benützten Teil des Sägeblattes zu verdecken; 5. die Ständerschleifmaschine im Maschinenraum, welche Schleifkörper mit einem Durchmesser von mehr als 250 mm zuläßt, wird ohne eine entsprechend nachstellbare Schutzhaube und seitliche Verkleidung betrieben. Sie besitzt keine Einrichtung, welche es ermöglicht, die Breite des Spaltes zwischen Vorderkante der Schutzhaube und des Schleifkörpers kleiner als 6 mm zu halten.

Das angefochtene Straferkenntnis vom 15.10.1993 wurde dem Berufungswerber zugestellt und von ihm 19.10.1993 übernommen.

2. Dagegen hat der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 28.10.1993, eingelangt beim Magistrat Steyr am 2.11.1993 rechtzeitig Berufung erhoben.

Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

Diesen Sachverhalt legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn 1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet, 2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen; 3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

4.2. Gemäß § 32 Abs.1 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinne des AVG.

Eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

4.3. Aus dem gegenständlichen Verwaltungsakt ergibt sich, daß entsprechend der Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 8.5.1992, Zl.1050/125-9/92, entgegen den im Spruch des angeführten Straferkenntnisses zitierten "27. April 1993" - die strafbaren Tatbestände bereits am 27. April 1992 festgestellt wurden. Die erste Verfolgungshandlung der belangten Behörde erfolgte aber erst mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. März 1993, somit erst 11 Monate nach der Feststellung der Verwaltungsübertretungen. Daß das Schreiben der belangten Behörde vom 6.8.1992 an die Stahlbau Riesner GesmbH in Steyr, womit ersucht wurde, den gemäß § 9 VStG Verantwortlichen für die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen bekanntzugeben, keine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG ist, versteht sich von selbst.

Da somit die erste Verfolgungshandlung entgegen der Bestimmung des § 31 Abs.2 VStG nicht innerhalb von sechs Monaten, sondern erst nach 11 Monaten stattfand, hätte das angefochtene Straferkenntnis schon nicht mehr erlassen werden dürfen und war daher rechtswidrig, weil somit bereits im erstbehördlichen Verfahren Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat hatte daher (als Berufungsbehörde) das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und im Grunde des § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

II. Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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