Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220802/2/Kon/Fb

Linz, 05.01.1995

VwSen-220802/2/Kon/Fb Linz, am 5. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der H H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 12. November 1993, Ge96-153-1993, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren hinsichtlich beider der Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretungen eingestellt.

II. Die vorgeschriebenen Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz entfallen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 51 Abs.1 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, und § 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält unter Faktum 1 und Faktum 2 nachstehende Tatvorwürfe:

"1.) Sie haben seit 4.6.1993 jeweils täglich (außer Montag) von 21.00 - 04.00 Uhr im Haus H, das Gastgewerbe ausgeübt, indem Sie unter oben genannter Adresse einen Club namens "H" (Bordell) führen, in welchem Sie gewerbsmäßig alkoholische Getränke ausschenken (das erste Getränk zum Preis von S 100,--, jedes weitere Getränk zum Preis von S 50,-- und eine Flasche Sekt S 500,--) und diese Getränke in unverschlossenen Gefäßen verkaufen, ohne hiefür die erforderliche Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe erlangt zu haben.

2.) Sie betrieben dadurch, daß Sie seit 4.6.1993 täglich (außer Montag) in Räumlichkeiten des Einfamilienhauses H, insbesondere im ehemaligen Wohnzimmer, welches nunmehr als Barraum Verwendung findet, Verabreichungs- und Ausschanktätigkeiten die dem Gastgewerbe unterliegen durchführen, eine gewerbliche Betriebsanlage, die geeignet ist, die Nachbarn durch Geruch und Lärm sowohl in ihrer Gesundheit zu beeinträchtigen als auch zu belästigen, ohne daß Sie eine hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung erlangt haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1.) § 366 Abs.1 Ziffer 1 GewO.1973, BGBl.Nr. 50/1974, i.d.g.F.

zu 2.) § 366 Abs.1 Ziffer 3 GewO.1973, BGBl.Nr. 50/1974, i.d.g.F. " Die Beschuldigte hat gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig Berufung erhoben.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, welche nicht allein durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Diesen Anforderungen kommt der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich beider darin angelasteter Verwaltungsübertretungen (Faktum 1: unbefugte Ausübung des Gastgewerbes und Faktum 2: genehmigungsloser Betrieb einer gastgewerblichen Betriebsanlage) aus folgenden Gründen nicht nach:

Zu Faktum 1:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreicher Rechtsprechung (siehe Erkenntnisse vom 12.12.1983, 83/04/0189, vom 18.9.1984, 84/04/0033, vom 31.3.1992, 91/04/0261 uva) zum Ausdruck gebracht, daß bei der Tatanlastung der unbefugten Ausübung des Gastgewerbes der Spruch zumindest einen Hinweis auf die Betriebsart zu enthalten hat. Die Anführung der Betriebsart ist zur Tatkonkretisierung allein schon deshalb notwendig, weil im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 97, 101, 105, 165 und 277 Abs.3 GewO 1973 nicht jeder Ausschank dem gebundenen Gastgewerbe (§ 126 Z11 leg.cit.) vorbehalten ist. Im Zusammenhang mit dem Erfordernis der Anführung der Betriebsart im Tatvorwurf wird auch auf die Bestimmungen des § 151 Abs.1 leg.cit. hingewiesen, wonach die Gewerbeanmeldung (§ 339) auch die Bezeichnung der Betriebsart zu enthalten hat, in der das Gastgewerbe ausgeübt werden soll.

Weiters ist die Anführung der Betriebsart für die Tatkonkretisierung auch deshalb erforderlich, weil das Gastgewerbe, dessen unbefugte Ausübung angelastet wird, im Bescheidspruch mit den maßgebenden Merkmalen dargestellt wird (siehe VwGH vom 30.10.1990, 90/04/0037). Wird die Betriebsart im Spruch nicht ausdrücklich angeführt, wäre es zumindest erforderlich, daß dieser eine genaue Beschreibung der Einrichtung und Ausstattung der Betriebsräume oder allfälliger sonstiger Betriebsflächen und der durch eine bestimmte Betriebsführung gekennzeichnete Gestaltung des Gastgewerbebetriebes enthält, um anhand dieser Beschreibung auf eine bestellte Betriebsart schließen zu können. Aber auch diese ist nach dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht möglich. Eine diesbezüglich sanierende Ergänzung des Spruches anhand der Begründung des noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ergangenen Straferkenntnisses war nicht möglich, weil auch deren Ausführungen keinen Hinweis auf eine Betriebsart enthalten.

Zu Faktum 2:

Um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, muß ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die Betriebsanlage den im § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (VwGH 25.6.1991, 90/04/0216, vom 22.12.1992, 91/04/0199, vom 25.2.1993, 92/04/0143 uva). Solche Umstände, wie beispielsweise Ausstattung, Betriebsweise, Verwendung bestimmter Maschinen und Geräte, Gästeparkplatz und dergleichen sind im Spruch aber nicht enthalten. Auch in der Begründung des Straferkenntnisses findet sich kein Hinweis auf solche Umstände, sodaß nicht beurteilt werden kann, ob die Anlage geeignet ist, die im § 74 Abs.2 geschützten Interessen zu beeinträchtigen. Es war sohin auch in bezug auf Faktum 2 nicht möglich, eine sanierende Ergänzung des Spruches vorzunehmen.

Aus den dargelegten Gründen war hinsichtlich beider Fakten wie im Spruch zu entscheiden.

zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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