Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220810/2/Kon/Fb

Linz, 27.12.1994

VwSen-220810/2/Kon/Fb Linz, am 27. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des M K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 17.11.1993, Ge96/76/11-1993, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), § 45 Abs.1 Z3 VStG und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthält nachstehenden Tatvorwurf:

"Anläßlich einer Überprüfung durch einen Beamten der Bezirkshauptmannschaft Eferding und einem Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Eferding am 16. August 1993 um ca.

14.30 Uhr im ersten Stock des Anwesens G, Gemeinde F, Grundstück Nr. , KG. F, wurde festgestellt, daß Sie als verantwortlicher Obmann des Vereines "Vereinigung der neuen Weltsicht/ Eferding und Umgebung Islamischer Kulturverein (Milli Görus)" zwei Zimmer als Verkaufsräume eingerichtet haben. Die Zimmer waren ausgestattet mit Holzregale und Kunststoffsteigen, zwei Gefriertruhen, ein Schreibtisch, ein Telefon, ein Taschenrechner und einer Waage. Die Regale und Behälter waren mit Lebensmittel, wie Zwiebel, Tomaten, Pfefferoni, Weintrauben, Brotfladen, Kekse, Dosengemüse, Suppenpulver, Kaffee und Datteln sowie Haushaltsgegenstände, wie 7 Kaffeekannen und mehreren Kartons Trinkgläser gefüllt.

Die erwähnten Waren werden nach Ihren eigenen Angaben von Ihnen an die Vereinsmitglieder verkauft. Für diese Tätigkeit, die die Ausübung des Handelsgewerbes gemäß § 126 Ziffer 14 Gewerbeordnung 1973 darstellt, benötigen Sie jedoch eine gewerbebehördliche Berechtigung (Gewerbeschein), die Sie am 16. August 1993 n i c h t besessen haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Abs. 1 Ziffer 1 Gewerbeordnung 1973 in Verbindung mit § 126 Ziffer 14 Gewerbeordnung 1973 in der Fassung BGBl.Nr.

532/1993 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991." Aufgrund der gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig erhobenen Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig, für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

Gemäß § 1 Abs.6 leg.cit. liegt bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist. Übt ein Verein gemäß dem Vereinsgesetz 1951 eine Tätigkeit, die bei Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fiele, öfter als einmal in der Woche aus, so wird vermutet, daß die Absicht vorliegt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.

Gemäß § 44a Abs.1 Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatvorhalts zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

Was den vorstehenden Punkt 1) (Umschreibung in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale) anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2) anlangt (Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Diesen, in § 44a Z1 VStG begründeten Erfordernissen, entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses deshalb nicht, weil es die Erstbehörde unterließ, die von ihr als Ausübung des Handelsgewerbes gewertete Tätigkeit des Beschuldigten in ihrem Spruch unter Beachtung aller hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu umschreiben. Der Vorwurf, die im Spruch angeführten Gegenstände verkauft zu haben, indiziert für sich allein noch nicht die Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit (VwGH vom 29.1.1991, Zl. 90/04/0126). So scheint im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses insbesondere nicht das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit im Sinne der Selbständigkeit, Regelmäßigkeit und insbesondere die Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auf. Eine Sanierung des Spruches anhand der Begründung des zwar noch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erlassenen erstbehördlichen Straferkenntnisses war dem unabhängigen Verwaltungssenat dennoch nicht möglich. Dies deshalb, weil in der Begründung außer der Legaldefinition der Gewerbsmäßigkeit (§ 1 Abs.2 und Abs.6 GewO 1973) keine Darlegungen enthalten sind, denen zufolge vom Vorliegen des Tatbestandsmerkmales Gewerbsmäßigkeit im Sinne der Legaldefinition des § 1 Abs.2 GewO 1973 auszugehen wäre. Insbesondere wäre es im vorliegenden Fall auch geboten gewesen, im Tatvorwurf festzustellen, daß der verfahrensgegenständliche Verein öfter als einmal in der Woche die Verkaufstätigkeit ausübt.

Aus den dargelegten Gründen war der Berufung Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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