Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220836/2/Ga/La

Linz, 28.01.1994

VwSen-220836/2/Ga/La Linz, am 28. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des F F in S Nr., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 24. November 1993, Zl.

Ge-96/103/1993-8/93/Schf, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zum Verwaltungsstrafverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung über den Berufungswerber gemäß § 366 GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: vier Tage) kostenpflichtig verhängt, weil er eine Verwaltungsübertretung dadurch begangen habe, daß er "im Mai 1993" an einem bestimmt genannten Haus in der Gemeinde Schenkenfelden "Spenglerarbeiten (Montage von Kupferrinnen und Kupferabflußrohren) durchgeführt" habe, "ohne im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung" gewesen zu sein; dadurch habe er die Vorschrift des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 verletzt.

1.2. Dagegen richtet sich die mit dem ausdrücklichen Antrag auf "wesentliche" Herabsetzung der verhängten Strafe, jedoch erkennbar mit ihrer Begründung auch gegen die rechtliche Beurteilung gerichtete, bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2. Darüber hat die belangte Behörde eine Berufungsvorentscheidung mit identem Schuldspruch, jedoch mit auf 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage) herabgesetzter Geldstrafe erlassen.

Über den daraufhin vom Berufungswerber eingebrachten Vorlageantrag vom 12. Jänner 1994 hat die Strafbehörde als belangte Behörde nun das Rechtsmittel samt Strafakt vorgelegt. Zum Inhalt der - zulässigen - Berufung hat sie sich nicht geäußert.

3. Schon aus der Aktenlage zu Zl. Ge-96/103/1993 war ersichtlich, daß das Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist. Dies aus folgenden Gründen.

3.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 (in der Fassung vor dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992; nach den äußeren Umständen läge hier zwar ein Anwendungsfall des § 1 Abs.2 VStG vor, doch ist der hiefür wesentliche Tatbestand des für den Täter günstigeren Rechts nicht erfüllt) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Gemäß § 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1973 ist eine derartige Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis zu 50.000 S bedroht.

Das im vorliegenden Fall offenbar angesprochene Anmeldungsgewerbe ist das Spenglerhandwerk gemäß § 94 Z74 GewO 1973.

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist. Gemäß § 1 Abs.4 GewO 1973 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

3.2. An dieser, für den vorgelegten Fall maßgebenden Rechtslage hätte die belangte Behörde den von ihr festgestellten Sachverhalt zu beurteilen gehabt. Wenngleich in der Begründung des Straferkenntnisses die Beurteilung der Rechtsfrage zumindest in Teilbereichen dargestellt ist, hat sich das wichtigste Ergebnis der rechtlichen Beurteilung im Schuldspruch des Straferkenntnisses nicht niedergeschlagen.

So unterläßt es der spruchgemäße Tatvorwurf, die inkriminierten "Spenglerarbeiten (Montage von Kupferrinnen und Kupferabflußrohren)" in die aus dem Blickwinkel des § 44a Z1 VStG hier unverzichtbare Beziehung zur Gewerbsmäßigkeit zu setzen. Dadurch reduziert sich die Tatanlastung in Wahrheit auf den Vorwurf, bestimmte Arbeiten durchgeführt zu haben. Daß die belangte Behörde die Durchführung dieser Arbeiten eigentlich als gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeiten, u.zw. als die Ausübung des Handwerksgewerbes der Spengler vorwerfen wollte, ist dem Schuldspruch nicht zu entnehmen.

Der schlichte Sachverhalt der Durchführung bestimmter Arbeiten für sich allein genommen kann den tatbildlich unverzichtbaren Bezug zur Gewerbsmäßigkeit bzw. Gewerbeordnung nicht herstellen.

3.3. Indem die belangte Behörde dem Berufungswerber hinsichtlich der Spenglerarbeiten nicht auch vorgeworfen hat, daß er diese Tätigkeit in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ausgeübt hat und indem sie auch nicht das vorliegend angesprochene und unbefugt ausgeübte Gewerbe, nämlich das Spenglerhandwerk genannt hat, hat sie den Schuldspruch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Diesen Mangel hat auch schon die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19.

Oktober 1993 (als erste Verfolgungshandlung; als solche kann die Niederschrift über die Zeugenvernehmung vom 9. August 1993 nicht gewertet werden, weil daraus ein konkretes Beweisthema nicht hervorgeht) aufgewiesen.

3.4. Einer Verbesserung durch den unabhängigen Verwaltungssenat ist der Schuldspruch nicht zugänglich, weil es sich vorliegend nicht etwa nur um die Verdeutlichung von bloß nicht deutlich genug formulierten Tatbestandselementen (vgl.

VwGH v. 28.6.1988, 88/04/0047), sondern um einen von vornherein wesentlich unvollständig vorgeworfenen Tatbestand, der in dieser wesentlich verkürzten Fassung keine Verwaltungsübertretung bildet, handelt.

4. Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweite Alternative VStG einzustellen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner