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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220837/20/Gu/Atz

Linz, 24.11.1994

VwSen-220837/20/Gu/Atz Linz, am 24. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz des Dr. Kurt WEGSCHAIDER sowie durch Dr. Hans GUSCHLBAUER als Berichter und Dr. Ewald LANGEDER als Beisitzer über die Berufung des R M gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3.12.1993, Zl. Ge96/209/1993-3/93/Pef, wegen Übertretung der Gewerbeordnung nach der am 17. Juni 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben und wird diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Die verhängte Geldstrafe wird auf 10.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage und der Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren auf 1.000 S herabgesetzt.

Der Rechtsmittelwerber hat für das Berufungsverfahren keinen Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 367 Z26 GewO 1973 iVm Auflage des Bescheides des LH von OÖ. vom 5.4.1993, Ge-440041/7-1993/Sch/Th, § 5, § 16, § 19, § 64 Abs.1 und 2, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als Gewerbetreibender der Gastgewerbebetriebsanlage in R Nr, die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5.4.1993, Ge-440041/7-1993/Sch/Th, erteilte Auflage, daß die Lautstärke der Musikanlage so einzustellen ist, daß in der Mitte der Tanzfläche ein Lärmpegel von 75 dB nicht überschritten wird und daß diese Einstellung zu plombieren ist, weiters daß vom beauftragten Fachunternehmen eine Bestätigung über die Einhaltung des Lärmpegels von 75 dB und über die fachgerechte Plombierung einzufordern und der Gewerbebehörde vorzulegen ist - nicht eingehalten zu haben, weil eine Bestätigung über die Einhaltung des vorgeschriebenen Lärmpegels nicht vorgelegt worden sei und die Lärmmessung des Fachunternehmens S Consulting am 5.9.1993 einen äquivalenten Dauerschallpegel von 90 dB am Rande der Tanzfläche ergeben habe, womit der Beschuldigte somit am 5.9.1993 von 21.00 Uhr bis 22.00 Uhr eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z26 GewO 1973 begangen habe.

Hiefür wurde ihm in Anwendung des § 367 leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von 15.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen und ein Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von 1.500 S auferlegt.

In seiner rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß der von der Firma K plombierte Lärmpegelbegrenzer am gleichen Tage vom Amt der o.ö. Landesregierung auf die vorgeschriebene Lautstärke von 75 dB überprüft worden sei und dies von Nachbarn und seinem Rechtsvertreter nicht beanstandet worden sei. Bis zu der von der S Consulting durchgeführten Lärmmessung am 5.9.1993 habe er weder die Lautstärke verändert noch am Lärmpegelbegrenzer manipuliert, sodaß sich nie mehr als ein äquivalenter Dauerschallpegel von 75 dB in der Mitte der Tanzfläche ergeben habe.

Die von ihm angeordnete und am 16.12.1993 von dem Befugten Dipl.-Ing. F H durchgeführte Schallpegelmessung habe einen Dauerschallpegel von 75 dB in der Mitte der Tanzfläche ergeben. Gleichzeitig sei festgestellt worden, daß es in unmittelbarer und mittelbarer Nähe der Lautsprecherboxen, die am Rande der Tanzfläche befestigt sind, zu Spitzen von 90 dB und darüber komme. Dies würden seine Angaben bestätigen. Er anerkennt die Messungen des Fachunternehmens SConsulting, bezweifle jedoch, daß sie der Auflage des Bescheides des Landeshauptmannes von OÖ.

dienlich sei, zumal vorgeschrieben wurde, daß die Lautstärke der Musikanlage in der Mitte der Tanzfläche einen Pegel von 75 dB nicht überschreiten darf.

Bei den Messungen am 16.12.1993 sei der Nachbar nicht bereit gewesen (Kontroll)messungen in seinen Wohnräumen durchführen zu lassen.

Der Beschuldigte beantragt eine neuerliche Messung durch die Bezirkshauptmannschaft Urfahr zur Gewährleistung der Objektivität durch die Behörde im Beisein aller Beteiligten.

Sinngemäß bekämpft der Rechtsmittelwerber mit seiner Berufung das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach und leuchtet das Begehren hervor, wegen der Sache nicht bestraft zu werden.

Aufgrund der Berufung wurde am 17. Juni 1994 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen, in den Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 5.4.1993, Ge-440041/7-1993/Sch/Th und in die Bestätigung des Elektrounternehmens H K über die am 6.4.1993 erfolgte Plombierung des Lärmpegelbegrenzers Einsicht genommen, das schalltechnische Gutachten der S Consulting vom 7.9.1993 zur Erörterung gestellt, ein Gutachten des technischen Amtssachverständigen Ing. H S eingeholt und zur Erörterung gestellt wurde. Ferner wurde noch Einsicht genommen in den Gerichtsakt C 404/91g des BG B L betreffend eine Klage eines Nachbarn gegen den Beschuldigten auf Unterlassung der ungebührlichen Lärmerregung.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Der Rechtsmittelwerber war am 5.9.1993 - zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Tat - der Inhaber und Betreiber der gastgewerblichen Betriebsanlage in R Nr., für welche zuvor von der Behörde eine Betriebsanlagengenehmigung erteilt worden war, für deren Betrieb aber aufgrund der Berufung eines Nachbarn der Landeshauptmann von OÖ. im Instanzenzug mit Bescheid vom 5.4.1993, Ge-440041/7-1993/Sch/Th, für den Betrieb der Anlage folgende zusätzliche Auflage vorschrieb:

"Die Lautstärke der Musikanlage ist so einzustellen, daß in der Mitte der Tanzfläche ein Lärmpegel von 75 dB nicht überschritten wird; diese Einstellung ist zu plombieren; vom beauftragten Fachunternehmen ist eine Bestätigung über die Einhaltung des Lärmpegels von 75 dB und über die fachgerechte Plombierung einzufordern und der Gewerbebehörde (Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung) vorzulegen." Dieser Bescheid wurde dem Rechtsmittelwerber nachweislich am 16.4.1993 zugestellt. Von den Parteien wurde dagegen keine Berufung eingebracht. Der Bescheid ist somit mit Ablauf des 30.4.1993 in Rechtskraft erwachsen.

Dem Bescheid des Landeshauptmannes ging am 30.3.1993 eine mündliche Verhandlung, verbunden mit Lokalaugenschein und Lärmmessungen unter Zuziehung eines technischen Amtssachverständigen voraus. Am Tage der Berufungsverhandlung war in der Musikanlage ein Pegelbegrenzer eingebaut, der aber an der Frontseite eine mit zwei Schrauben befestigte Abdeckung aufwies, welche an diesem Tage nur mit einem Draht gegen Öffnen gesichert war. Eine Plombierung war nicht vorhanden.

Aus der Bescheinigung des Elektrounternehmens H K vom 9.4.1993 ergibt sich, daß der Lärmpegelbegrenzer von H K am 6.4.1993 mit einer Plombe versehen wurde.

Am 5.9.1993 - dem angelasteten Tatzeitpunkt - wurde von der S Consulting über gerichtlichen Auftrag im Rahmen eines Zivilprozesses eine Lärmmessung beim klagsführenden Nachbarn und eine unangesagte Lärmmessung im Betriebslokal des Beschuldigten, und zwar am Rande der Tanzfläche (gemessen wurden zwei Musikstücke) durchgeführt.

Eine Rückrechnung durch den technischen Amtssachverständigen bei der mündlichen Verhandlung am 17. Juni 1994 nach den physikalischen Regeln der Schallausbreitung unter Zuhilfenahme von Vergleichswerten, auch von früheren Meßergebnissen durch das Amt der o.ö. Landesregierung hat ergeben, daß demnach in der Mitte der Tanzfläche ein Dauerschallpegel von 83 - 85 dB zum Zeitpunkt der Messung durch die S Consulting geherrscht hat.

Erst am 16.12.1993 wurde aus Anlaß des Einbaues eines Verstärkers in der Musikanlage durch die ARGE Lärmschutz (laut deren Bericht vom 17.1.1994) die Einstellung des Verstärkers auf einen Schallpegelwert LA,eq in der Mitte der Tanzfläche, ca. 1,5 m über Fußboden, auf 75 dB und die Plombierung dieser Einstellung vorgenommen und bestätigt.

Erst dadurch und zu diesem Zeitpunkt wurde demnach der Auflage des vorzitierten Administrativbescheides entsprochen.

Durch die vorzitierten Beweismittel und die gutächtliche Äußerung des zugezogenen Amtssachverständigen ist die leugnende Verantwortung des Beschuldigten eindeutig widerlegt.

Bei diesem Sachverhalt war folgendes rechtlich zu erwägen:

Der bei sonstiger Strafdrohung (§ 367 Z26 GewO 1973) einzuhaltende Bescheid des Landeshauptmannes von OÖ. vom 5.4.1993 enthält in der zusätzlichen Auflage zwei Imperative:

Einstellung der Lautstärke der Musikanlage auf maximal 75 dB (in der Mitte der Tanzfläche) schlechthin zum einen und Schutz vor Manipulation und gegen Veränderung durch Kontrolle und fachgerechte Plombierung, (sohin uno actu) durch ein Fachunternehmen mit anschließender Vorlage dieser Bestätigung an die Gewerbebehörde zum anderen.

Wenngleich die Strafbehörde erster Instanz die Verwirklichung des Tatbestandes nicht auf die als maßgeblich erachtete Mitte der Tanzfläche abgestellt hat, war die Übertretung, daß die fachtechnische Adjustierung und gleichzeitige Verplombung durch eine Fachfirma nicht vor Inbetriebnahme der Anlage erfolgt ist und die Auflage daher am 9.5.1993 unerfüllt war, und somit die Verletzung der Sorgfaltspflicht durch nicht (gänzliche) Erfüllung der Auflage gegeben.

Durch die bloße Verplombung bei nicht unmittelbar vorgängiger Justierung durch eine Fachfirma am 6.4.1993 blieb die vorgängige Manipulierbarkeit der Anlage erhalten und ist die Musikanlage tatsächlich über den zulässigen Schallpegelwerten betrieben worden. Bei gehörigem Pflichtbewußtsein eines maßgerechten Gewerbetreibenden wäre dies ausgeschlossen geblieben.

Dies muß sich der Rechtsmittelwerber als Verschulden vorwerfen lassen.

Gemäß § 367 Z26 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 - 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Nachdem die objektive und subjektive Tatseite bezüglich der Nichtvorlage eines Attestes einer Fachfirma, die die Kontrolle der einzuhaltenden Schallpegelwerte und die Plombierung der Einstellungsbegrenzung beinhaltete gegeben ist, war der Schuldspruch gerechtfertigt. Bei dem im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aufscheinenden Meßwert von 90 dB am Rande der Tanzfläche im Lokal des Beschuldigten handelte es sich, nachdem nicht auf die Mitte der Tanzfläche Bezug genommen wurde, um kein gesondertes Tatbild, sondern um die Individualisierung der Tat (des Versäumnisses), welche unter Anwendung der physikalischen Gesetzmäßigkeit aber eine zuverlässige Rück- und Zurechnung erlaubte und dadurch eine einhergehende ungebührliche Belästigung des Nachbarn als eine bei der Strafbemessung zu beachtende gewichtige Verletzung des geschützten Interesses im Sinn des § 19 Abs.1 VStG entsprechend zu würdigen war.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nachdem im Verfahren keine Milderungsgründe hervorgekommen sind, dem Beschuldigten jedoch nur eine punktuelle Übertretung vorgeworfen wurde, konnten frühere meßtechnische Überschreitungen des Lärmpegels, zu welchen keine rechtskräftigen vorgängigen Bestrafungen ausgewiesen sind, nicht als erschwerend herangezogen werden. Angesichts eines monatlichen Durchschnittseinkommen von 11.000 bis 15.000 S, der Sorgepflicht für ein Kind und der sonstigen Vermögenslosigkeit erschien bei mittlerem Grad des Verschuldens eine Herabsetzung der Geldstrafe auf 10.000 S gerechtfertigt.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war zufolge § 16 Abs.2 VStG entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgebot anzupassen.

Die Verfahrenskosten für das erstinstanzliche Verfahren waren unter einem auf den 10-%igen Hebesatz der Geldstrafe auszurichten (§ 64 Abs.1 und 2 VStG).

Der Teilerfolg der Berufung befreite den Rechtsmittelwerber von einem Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens (§ 65 VStG).

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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