Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220889/5/Ga/La

Linz, 11.04.1995

VwSen-220889/5/Ga/La Linz, am 11. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des F Ein L, Hstraße , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. Dezember 1993, Zl. Ge-96/451/1992/Eich, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4 VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d und § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem eingangs zitierten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z2 und Z5 GewO 1973 kostenpflichtig bestraft, weil er schuldig sei, es als gewerberechtlicher Geschäftsführer gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 für das Gewerbe "Handel mit Kühlmaschinen und Klimageräten, deren Bestandteile und Zubehör" der "Kund K Gesellschaft m.b.H." verantworten zu müssen, daß, wie durch Behördenorgane am 17. November 1992 festgestellt worden sei, an einer bestimmten Adresse in der Gemeinde W ein näher beschriebenes Lager für die Zwischenlagerung von Kühlvitrinen und Kühlschränken, eine Handwerkstätte mit maschinellen Einrichtungen wie Metallkreissäge und Ständerbohrmaschine, sanitäre Anlagen und ein Büro betrieben werde; somit sei eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage, die geeignet sei, Nachbarn zB durch Lärm beim Betrieb der Metallbearbeitungsmaschinen zu belästigen und Gewässer durch eventuell auslaufende Kältemittel zu beeinträchtigen, ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden.

2.1. Die dagegen mündlich erhobene, die Sachverhaltsannahme und die rechtliche Beurteilung bestreitende Berufung hat die belangte Behörde samt dem bezughabenden Strafakt vorgelegt; zum Inhalt der Berufung hat sie sich nicht geäußert.

2.2. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Gemäß § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1973 begeht eine mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z3 dieser Vorschrift (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Gemäß § 74 Abs.1 GewO 1973 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen gemäß § 74 Abs.2 GewO 1973 nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, (gemäß Z2 dieser Vorschrift) die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen oder (gemäß Z5 dieser Vorschrift) eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen (...).

3.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den aus dieser Vorschrift als Konkretisierungsgebot in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgeleiteten Grundsätzen zu entsprechen, muß der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat, jedenfalls nach Ort und Zeit, unverwechselbar feststeht.

Es muß daher dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Diesen Konkretisierungsanforderungen muß, soll der Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist unterbrochen werden, auch schon die erste Verfolgungshandlung iSd § 32 VStG genügen.

3.3. Vorliegend entspricht weder der bekämpfte Schuldspruch noch die mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. März 1993 ergangene erste Verfolgungshandlung den dargelegten Anforderungen.

So ist die Erfüllung der maßgeblichen Tatbestandsmerkmale aus der spruchgemäßen Bezeichnung der dem Berufungswerber angelasteten Tat insofern nicht ausreichend zu entnehmen, als hieraus nicht hervorgeht, WER die Betriebsanlage betrieben haben soll sowie in Ansehung welcher gewerblichen Tätigkeit der inkriminierte Vorwurf erhoben wird. Es ist nämlich in diesem Zusammenhang - jedenfalls nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB Erk.

vom 28.6.1988, 88/04/0047), von der abzuweichen hier kein Anlaß besteht - weder als ausreichend anzusehen, daß der Berufungswerber dies "als ... gewerberechtlicher Geschäftsführer für das Gewerbe ... der ... Gesellschaft m.b.H." zu verantworten habe, noch daß eine "genehmigungspflichtige Betriebsanlage" ohne die erforderliche Genehmigung betrieben worden sei, zumal auch Begründungsdarlegungen eine dem § 44a Z1 VStG nicht entsprechende Spruchfassung nicht zu sanieren vermögen (jedenfalls dann nicht, wenn das Straferkenntnis als Verfolgungshandlung erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erlassen wurde).

3.4. Da die belangte Behörde diese Bestimmtheits anforderungen schon im Stadium der oben erwähnten ersten Verfolgungshandlung verkannte und taugliche andere, die Verjährungsfrist daher unterbrechende Verfolgungsschritte nicht gesetzt wurden, war die Tat des Schuldspruchs einerseits zum Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Straferkenntnisses bereits verjährt und konnte andererseits deswegen der Schuldspruch vom unabhängigen Verwaltungssenat auch nicht verbessert werden.

3.5. Unbeschadet dieses Befundes ist die dem Schuldspruch zugrundegelegte Sachverhaltsannahme aus den im Strafakt auffindbaren Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens in wesentlichen Punkten nicht nachvollziehbar.

Ausgehend davon, daß im Schuldspruch als Zeitkriterium nur der Feststellungstag angegeben ist und damit zugleich offenbar auch der Zeitpunkt der - einzigen - Zuwiderhandlung ausgedrückt werden sollte; ausgehend weiters davon, daß an diesem einen Tattag zufolge der Formulierung des Schuldspruchs die Handwerkstätte "mit" maschinellen Einrichtungen wie ... betrieben worden sein soll, dann geht jedoch weder daraus noch aus dem Strafakt insgesamt klar genug hervor, daß die angeführten Maschinen an diesem einen Tag tatsächlich betrieben wurden. Auch aus dem Verhandlungsprotokoll vom 17. November 1992 (OZ 1) ist nur das Faktum der Aufstellung der Maschinen ersichtlich.

Dies ist im Lichte des darauf bezogenen Vorbringens des Berufungswerbers, der die Tatsache des Aufstellens der Maschinen zwar nicht bestreitet, beachtlich. Allerdings gibt er in der Begründung des Rechtsmittels - von der belangten Behörde nicht widersprochen - glaubhaft an, daß die in der Handwerkstätte vorhandenen Maschinen seinerzeit nur zu dem Zwecke angeschafft worden seien, um das Recht für die Ausbildung von Lehrlingen zu bekommen; tatsächlich aber seien diese Maschinen nie angeschlossen und auch nie im Betrieb gewesen; dies könne von der Rayonsleitung der O bestätigt werden; von Vertretern der O seien nämlich wiederholt Überprüfungen, ob diese Maschinen im Betrieb stehen, vorgenommen worden; bei Inbetriebnahme wäre nämlich eine erhöhte Strom-Grundgebühr zu entrichten gewesen.

Dazu kommt, daß aus dem erwähnten Protokoll vom 17. November 1992 nicht abgeleitet werden kann, daß und aus welchen Gründen der der Augenscheinsverhandlung zugezogen gewesene gewerbetechnische Amtssachverständige ein konkret mögliches Auslaufen von Kühlmitteln angenommen hat.

In diesem Zusammenhang fällt auf, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses (Seite 3, erster Absatz) in einer Fehlauslegung der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Reichweite der von § 74 Abs.2 GewO 1973 geschützten Interessen davon ausgeht, daß diesbezüglich bereits die "abstrakte" Möglichkeit einer Belästigung bzw. Beeinträchtigung genüge. Tatsächlich ist jedoch nicht lediglich auf die abstrakte, sondern auf die konkret sachverhaltsbezogene Möglichkeit der Beeinträchtigung dieser Interessen abzustellen. Dies bedeutet, daß jedenfalls das Emissionsverhalten der in Rede stehenden Anlage, aber auch die konkrete Umwelt, in der sie sich befindet, einzubeziehen ist (vgl. VwGH 20.12.1994, 92/04/0276).

4. Aus allen diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis wegen Vorwurfs einer unzureichend konkretisierten Tat aufzuheben; gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

5. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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