Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220914/8/Schi/Ka

Linz, 20.11.1995

VwSen-220914/8/Schi/Ka Linz, am 20. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des Dipl.Ing. J R, Hgasse, W, vertreten durch Rechtsanwälte Prof. Dr. A. H, DDr. H M, Dr. P W, Dr. W M, Dr. W G-W, Kgasse , L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (Magistrat - Bauwirtschaftsamt als Bezirksverwaltungsbehörde) vom 21.2.1994, GZ.502-32/Li/Fu/70/93g, wegen Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ASchG), BGBl.Nr.234/1972 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt. Der Eventualantrag auf Absehen von der Strafe wird abgewiesen.

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind (zusammengezählt) 2.000 S, ds. 20 % der verhängten Strafen, binnen 14 Tagen ab der Zustellung zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 9, 16, 19, 21, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: §§ 64 Abs. 1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die belangte Behörde hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis vom 21.2.1994 über den Berufungswerber wegen Übertretung nach § 31 Abs.2 lit.p ASchG iVm Verordnung über die Verbindlicherklärung von ÖNORMen über Bauvorschriften für Kräne und Windwerke sowie über Betriebs- und Wartungsvorschriften für Kräne 505/1981 iVm Punkt 17) der ÖNORM M 9601 (Faktum 1 des Straferkenntnisses) und gemäß § 31 Abs.2 lit.p ASchG iVm § 68 Abs.4 Bauarbeiterschutzverordnung (BAV), BGBl.Nr.267/1954 (Faktum 2) in Anwendung des § 22 VStG eine Geldstrafe von je 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von je 5 Tagen) kostenpflichtig verhängt, weil der Berufungswerber (Bw) es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. H Baugesellschaft mbH, Wstraße, L, und somit als gemäß § 9 verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten, daß am 5.4.1993, wie anläßlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, auf der von o.a.

Firma betriebenen Baustelle "Ö-Chemie, , St. 1) zwei Arbeitnehmer des o.a. Betriebes mit dem Versetzen von Doka-Faltbühnen (Arbeits- und Schutzgerüst) von einer Höhe von 7,3 m auf eine Höhe von 10,5 m an der Außenfassade des Baues 37a mittels Kran beschäftigt waren, wobei der Arbeitnehmer K P nach dem Einhängen des Krangehänges nicht die Bühne verließ, sondern mit der Bühne entlang der Fassade nach oben verfuhr, obwohl Punkt 17 der ÖNORM M 9601, verbindlich erklärt durch die Verordnung 505/1981 über die Verbindlicherklärung von ÖNORMen über Bauvorschriften für Kräne und Windwerke sowie über Betriebs- und Wartungsvorschriften, vorschreibt, daß das Mitfahren von Personen auf der Last verboten ist; 2) die Arbeitnehmer des o.a. Betriebes mit dem Herstellen der Attika auf der Geschoßdecke in einer Höhe von 10,5 m beschäftigt waren und sie diese Arbeitsplätze mittels Kran und Personentransportkorb erreichten, wobei der vorhandene Kran Liebherr, Typ 35 KR, Nr. 3351604, Baujahr 1989, nur für den Transport von Lasten vorgesehen und zugelassen ist, sodaß diese Beförderung von Personen eine Übertretung des § 68 Abs.4 BAV darstellt, wonach die Beförderung von Personen mit Vorrichtungen, die nur für den Transport von Lasten bestimmt sind, verboten ist.

2. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 14.3.1994 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, "nach allenfalls vorgängiger mündlicher Verhandlung" das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu von der Verhängung einer Geldstrafe Abstand zu nehmen oder die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:

Er sei zum Tatzeitpunkt (5.4.1993) handelsrechtlicher Geschäftsführer gewesen. Für die Überwachung und Organisation der Baustellen sei der gewerberechtliche Geschäftsführer Herr Direktor H zuständig gewesen. Genannter sei auch zum Tatzeitpunkt verantwortlicher Beauftragter entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen gewesen. Das vom Arbeitsinspektorat gewünschte, ab 1.4.1993 erforderliche Formular, sei zum Tatzeitpunkt allerdings noch nicht zur Post gegeben worden, wobei allerdings zu berücksichtigen sei, daß bei durchschnittlich 50 Baustellen und einer Mitarbeiterzahl von 700 in ganz Österreich es einer entsprechenden Organisation bedurft hätte, eine Anpassung an das im Jänner 1993 verlautbarte und am 1.4.1993 in Kraft getretene Arbeitsinspektionsgesetz 1993 vorzunehmen.

Es treffe ihn auch in bezug auf Direktor H kein Überwachungsverschulden. So sei der Genannte jahrelang im Betrieb mit außergewöhnlicher Sorgfalt und Umsicht tätig gewesen. Abgesehen von der Rechtsfrage, inwieweit der handelsrechtliche Geschäftsführer verpflichtet sei, einen mit Teilbetriebsaufgaben beauftragten gewerberechtlichen Geschäftsführer zu überprüfen und wie weit eine solche Berechtigung gegeben sei, stehe jedenfalls fest, daß auch die beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer laufend Baustellen besuchten und somit auch den gewerberechtlichen Geschäftsführer, gleichgültig ob eine Verpflichtung bestehe oder nicht, überwachten und seine pflichtgemäße Sorgfalt festgestellt sei. Es liege sohin weder ein Auswahl- noch ein Überwachungsverschulden noch ein Organisationsverschulden seinerseits in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer vor.

Das Beweisverfahren hätte weiters ergeben, daß Direktor H verantwortlicher Beauftragter gewesen sei und täglich zumindest einmal alle Baustellen in seinem Bereich besucht habe. Weiters hätte sich ergeben, daß Herr P als Bauleiter eingesetzt gewesen sei und dieser täglich zumindest dreimal die gegenständliche Baustelle besucht habe. Weiters sei erwiesen, daß ein Polier, nämlich Herr M als Bevollmächtigter für die Einhaltung der Vorschriften eingesetzt gewesen wäre.

Wenn im Straferkenntnis angeführt werde, daß es sich um 6 bis 7 Baustellen gehandelt habe, so entspreche dies insofern nicht den Tatsachen, als es sich im Bereich der Chemie Linz um eine Gesamtbaustelle gehandelt habe, wenngleich gelegentlich an 6 bis 7 Stellen gearbeitet worden sei. Der Polier M sei ausschließlich dieser Gesamtbaustelle zugeordnet gewesen und habe auf dieser Baustelle gearbeitet.

Wenn er angebe, daß er täglich ein bis zweimal jede richtigerweise - Teilbaustelle kontrolliert habe, so sei dies insoweit zu ergänzen, daß er ja den ganzen Tag jeweils auf dieser Gesamtbaustelle tätig gewesen sei und sich seine Tätigkeit daher nicht bloß auf Kontrollen beschränkt habe.

Es ergebe sich sohin eine täglich mehrfache Kontrolle durch verschiedene Personen, sodaß eine bessere Organisation kaum denkbar sei.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen.

3.3. Zu diesem Sachverhalt ist noch folgendes vorweg zu bemerken:

Nachdem das Mitfahren Philip KARADZAS auf einer von einem Krangehänge bewegten Arbeitsbühne in einer Höhe von 7,3 10,5 m einerseits und das Hinaufbefördern von Arbeitnehmern auf eine Geschoßdecke von 10,5 m Höhe mittels nicht abgenommenem Kran und Personentransportkorb andererseits, und zwar zur Tatzeit am Tatort nicht bestritten wurde und auch die grundsätzliche Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit generell für die Einhaltung der diesbezüglichen Arbeitnehmerschutzvorschriften Verantwortlicher im Sinn des § 31 Abs. 2 AnSchG nicht in Abrede gestellt, ferner auch sonst in der Berufung keine konkreten Beweisanträge gestellt wurden, war die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entbehrlich und war als Rechtsfrage nur die subjektive Tatseite und die Strafhöhe zu beurteilen.

4. Aufgrund der Aktenlage ist im Zusammenhalt mit den Berufungsausführungen und der ergänzenden Stellungnahme vom 2.8.1995 im Hinblick auf die Äußerung des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz (im folgenden: AI 9.) vom 9.5.1995, Zl.1160/41-9/95 sowie vom 10.4.1995, Zl.1160/41-9/95, von folgendem erwiesenen Sachverhalt auszugehen:

4.1. Im gegenständlichen Fall wurde von der Fa. H BaugesmbH bei der Ö-Chemie Linz eine größere Gesamtbaustelle betrieben; diese bestand aus ca. 6 bis 7 Teil-Baustellen. Eine davon war die gegenständliche Baustelle beim Bau , St. Pstraße. Dort waren zwei Arbeitnehmer am 5.4.1993 mit dem Versetzen von Doka-Faltbühnen (Arbeits- und Schutzgerüst) von einer Höhe von 7,3 m auf eine Höhe von 10,5 m auf der Außenfassade des Baues 37a mittels Kran beschäftigt. Dabei verließ der Arbeitnehmer K P nach dem Einhängen des Krangehänges nicht die Bühne, sondern ist mit der Bühne entlang der Fassade nach oben gefahren. Weiters waren die Arbeitnehmer des o.a. Betriebes mit dem Herstellen der Attika auf der Geschoßdecke in einer Höhe von 10,5 m beschäftigt, wobei sie diese Arbeitsplätze mittels Kran und Personentransportkorb erreichten, obwohl der vorhandene Kran (Liebherr, Typ 35 KR, Nr. 3351604, Bj. 1989), nur für den Transport von Lasten vorgesehen und zugelassen ist.

4.2. Diese Verstöße gegen das Arbeitnehmerschutzgesetz wurden am 5.4.1993 durch ein Organ des AI 9. festgestellt, wobei dieser Sachverhalt auch vom Bauleiter H P, der während der Kontrolle des Arbeitsinspektorates am Tatort anwesend war, wahrgenommen wurde und unbestritten geblieben ist.

4.3. Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma Hr BaugesmbH, Wstraße, L. Ihm untergeordnet ist der gewerberechtliche Geschäftsführer Dir.

H, der auch betriebsintern für die Überwachung und Organisation der Baustellen zuständig war. Während der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer und der weitere handelsrechtlicher Geschäftsführer (Dipl.Ing. H) die Baustellen nur sporadisch kontrollierten, besucht Dir.

H nach den Ausführungen in der Berufungsschrift die Baustellen ein Mal täglich. Der Bauleiter H P kontrolliert die Baustellen laut eigenen Angaben in seiner Niederschrift dreimal täglich, nach Angaben des Polier M ein- bis zweimal täglich. Der Polier K P M befindet sich zwar dauernd auf der Gesamtbaustelle, kann aber naturgemäß zu einem bestimmten Zeitpunkt immer nur an einer der 6 bis 7 Teil-Baustellen sich aufhalten; zum Tatzeitpunkt war er sogar auf der vorfallsgegenständlichen Teil-Baustelle; zugleich hielt sich dort der kontrollierende Arbeitsinspektor auf.

4.4. Wegen desselben Sachverhaltes wurden gegen den Bevollmächtigten K P M mit Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Landeshauptstadt Linz vom 21.2.1994 wegen Übertretung des § 31 Abs.2 ASchG zwei Geldstrafen verhängt; die dagegen erhobene Berufung wurde mit Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 19.5.1994, VwSen-220913/4/Gu/Atz, abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis in beiden Fällen bestätigt. Weiters wurde gegen den zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführer Dipl.-Ing. E H ebenfalls vom Bürgermeister (Magistrat) der Landeshauptstadt Linz ein Straferkenntnis vom 21.2.1994 erlassen, womit er wegen Übertretung nach § 31 Abs.2 lit.p ASchG in zwei Fällen bestraft wurde; dieser Berufung wurde mit Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 23.6.1995, VwSen-220912/8/Kon/Fb, Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis einschließlich seines Ausspruches über die Kosten des Strafverfahrens behoben und das Strafverfahren mit der Feststellung, daß Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, eingestellt.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idgF (kurz: ANSchG), begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 33 Abs.1 Z12 ANSchG bleibt die Verordnung vom 10.11.1954, BGBl.Nr.267, über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, (bis zu einer Neuregelung des betreffenden Gebietes durch eine aufgrund von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung im bisherigen Umfang) als Bundesgesetz in Geltung (im folgenden kurz: Bauarbeitenschutzverordnung - BAV).

Gemäß § 33 Abs.7 ANSchG gelten bei Zuwiderhandlung gegen die im Abs.1 genannten Rechtsvorschriften die Bestimmungen des § 31 sinngemäß. Dies gilt auch hinsichtlich der im Abs.2 genannten Rechtsvorschriften, soweit es sich um Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes handelt. Soweit es sich nicht um Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes handelt, gelten Zuwiderhandlungen gegen die im Abs.2 genannten Rechtsvorschriften als Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung.

Gemäß § 31 Abs. 5 ASchG sind Arbeitnehmer neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen.

Punkt 17 der ÖNORM in 9601 (verbindlich erklärt durch die Verordnung 505/1981 über die Verbindlicherklärung von ÖNORMen über Bauvorschriften für Kräne und Windwerke) sowie über Betriebs- und Wartungsvorschriften für Kräne, normiert, daß das Mitfahren von Personen auf der Last verboten ist.

Gemäß § 68 Abs.4 BAV ist die Beförderung von Personen mit Vorrichtungen, die nur für den Transport von Lasten bestimmt sind, verboten.

5.2. Fest steht der Verstoß gegen die eben zitierten Vorschriften, so wie er in den Punkten 1 und 2 des Straferkenntnisses enthalten ist. Weiters ist unbestritten bzw vom Bw auch zugestanden, daß er zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. H Baugesellschaft mbH und damit ein satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der genannten Gesellschaft war. Arbeitgeber im Sinne des § 31 Abs.2 ASchG ist dabei in den Fällen des § 9 VStG das dort genannte Organ, also derjenige, der zur Vertretung nach außen berufen ist. Daß der Bw im Sinne des § 31 Abs.5 ASchG die nach den Verhältnissen mögliche eigene Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen, geht aus folgendem hervor:

Der Polier K P M befand sich zwar dauernd auf der Gesamtbaustelle, konnte naturgemäß nicht immer auf jeder der sieben Teilbaustellen zugleich sich befinden. Der Bauleiter H P kontrollierte die Baustellen mit wechselnder Intensität (1 bis 3 x täglich); der ihm übergeordnete Direktor Hinterkörner nach Angaben in der Berufung 1x täglich und der Bw überhaupt nur sporadisch).

Schon daraus geht hervor, daß das Kontrollnetz bei weitem nicht so dicht war, wie es in der Berufung dargestellt wurde, nämlich insbesondere deshalb, daß diese Gesamtbaustelle aus 6 bis 7 Teil-Baustellen bestand und somit die Kontrollintensität der genannten Personen entsprechend gesteigert hätte werden müssen. Weiters kommt insbesondere im gegenständlichen Fall noch zum Tragen, daß der Polier K P M wegen dieses Vorfalles als Bevollmächtigter bestraft und seine Berufung mit dem erwähnten Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 19.5.1994, VwSen-220.913/4/Gu/Atz, abgewiesen wurde. In diesem Erkenntnis wird zur Schuld des Poliers K P M als Bevollmächtigter ua ausgeführt:

"Für den Arbeitnehmerschutz ist es belanglos, ob eine Firma groß oder klein ist, ob sie eine kleine Baustelle, mehrere kleinere Baustellen oder Großbaustellen betreibt, der Schutz von Leib und Leben jedes einzelnen Arbeitnehmers ist vom Blickwinkel des Gesetzgebers gleich hoch anzusetzen.

Gewiß können sich verantwortliche Personen tüchtiger und ausreichender Erfüllungsgehilfen bedienen. Sie müssen jedoch derart intensiv und häufig instruiert und kontrolliert werden, daß ein sorgloses Mißachten von Schutzvorschriften durch Arbeitnehmer wirksam vermieden wird (vergl. die ständige Kontrollnetzjudikatur des VwGH). Nimmt ein Bevollmächtigter eine zu große Aufgabe auf sich, sei es, daß der Überwachungsrayon zu groß angesetzt ist und daß ihm hiefür zu wenig Erfüllungsgehilfen für die Kontrolltätigkeit zur Seite gestellt werden, dann hat er auch diese Einlaßfahrlässigkeit zu verantworten, wenn den Arbeitnehmerschutzvorschriften zuwidergehandelt wird.

Im übrigen muß ein Bevollmächtigter von der Abnahmepflicht eines Förderkorbes, der durch Hebezeug bewegt wird, (und zwar für jede Baustelle) Bescheid wissen und hat er den Förderkorb vor Zulassung verläßlich außer Betrieb zu halten.

Das Vorbringen des Rechtsmittelwerbers war nicht geeignet, seine Entlastung zu bewirken und ist der Schuldspruch der ersten Instanz daher zu Recht erfolgt." 5.3. Insbesondere hält es der O.ö. Verwaltungssenat hier für entscheidend, daß dieser Polier als Bevollmächtigter einerseits (nach seinen eigenen Angaben!) über die Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht entsprechend Bescheid wußte und andererseits sich während des Vorfalles sogar auf der gegenständlichen Baustelle befand (zugleich befand sich auch der Arbeitsinspektor dort). Durch dieses offenbare Nichtfunktionieren des Kontrollsystems liegt daher sogar der Schluß nahe, daß dieses den Vorschriften widersprechende Handeln des Arbeitnehmers K P schon öfter unbeanstandet durchgeführt wurde bzw vom Bevollmächtigten möglicherweise aus seiner Unwissenheit heraus unbeanstandet blieb. Jedenfalls geht aber aus dem Vorfall eindeutig hervor, daß der Bevollmächtigte nicht entsprechend intensiv und häufig instruiert und insbesondere zielführend kontrolliert wurde, sei es, weil sein Überwachungsrayon zu groß angesetzt war, sei es, daß die ihn überwachenden Personen (Bauleiter H P, Dir. H sowie der Bw) selbst bei einer Betreuung von durchschnittlich 50 Baustellen und einer Mitarbeiteranzahl von rd. 700 in ganz Österreich überfordert waren. Die belangte Behörde hat somit den Tatbestand der dem Bw angelasteten Verwaltungsübertretungen zu Recht in objektiver Hinsicht als erfüllt angesehen.

6. Zu den Berufungsausführungen:

6.1. Zunächst wendet der Bw ein, daß das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 mit 1.4.1993 in Kraft getreten ist und sich der Vorfall bereits wenige Tage danach, nämlich am 5.4.1993 ereignete. Zufolge der innerbetrieblichen Organisation sollte Dir. H als verantwortlicher Beauftragter entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen bestellt werden. Das vom Arbeitsinspektorat gewünschte (somit ab 1.4.1993) erforderliche Formular sei zum Tatzeitpunkt am 5.4.1993 allerdings noch nicht zur Post gegeben worden. Daß von Dir. H am 5.4.1993 die entsprechende Veranlassung noch nicht getroffen war, sei dem Bw als handelsrechtlichen Geschäftsführer nicht bekannt gewesen und habe ihm auch nicht bekannt sein können.

Dazu ist der Bw zunächst darauf hinzuweisen, daß das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (ArbIG) im 16. Stück des Bundesgesetzblattes unter Nr.27/1993 verlautbart wurde; dieses 16. Stück des BGBl. wurde aber bereits am 14. Jänner 1993 ausgegeben und somit verfassungskonform kundgemacht. Da somit eine ausreichende Legisvakanz bis zum Inkrafttreten am 1.4.1993 bestand, kann der O.ö. Verwaltungssenat nicht erkennen, inwieweit der Umstand, daß der Tatzeitpunkt kurz nach dem Inkrafttreten des ArbIG lag und somit die Bestellung des Dir. H als verantwortlichen Beauftragten noch (immer) nicht durchgeführt worden war, den Bw entschuldigen sollte. Zum Tatzeitpunkt war somit Dir.

H möglicherweise aus betrieblicher Sicht faktisch "verantwortlich Beauftragter", jedoch keinesfalls im Sinne des Gesetzes. Denn gemäß § 23 ArbIG wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist.

In diesem Zusammenhang ist noch auf die ergänzende Berufungsausführung des BW hinsichtlich der Auslegungsrichtlinien betreffend Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten sowie des sog.

"Bestellungsformulares", welches offenbar erst später zur Verfügung gestanden sei, kurz einzugehen. Auch dieser Hinweis kann den BW nicht entschuldigen. Denn es war sowohl nach der alten als auch nach der neuen Rechtslage klar, daß zu einem derartigen Bestellungsakt jedenfalls zwei Personen notwendig sind, nämlich der Besteller (hier der an sich von Gesetzes wegen zunächst verantwortliche handelsrechtliche Geschäftsführer) und der zu Bestellende (hier offenbar Dir.

H). Daraus folgt aber, daß der BW solange, bis die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten - aus welchen Gründen immer - rechtswirksam geworden ist, er selbst verantwortlich bleibt. Daß angeblich das Formular noch nicht zur Verfügung stand und auch andere Fragen zur Bestellung noch unklar waren, ist daher völlig unerheblich.

6.2. Zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Berufungswerbers:

Gemäß § 9 Abs.1 VStG finden dann, wenn eine Handlungs- oder Unterlassungspflicht, deren Nichterfüllung mit Verwaltungsstrafe bedroht ist, eine Gesellschaft, eine Genossenschaft oder einen Verein trifft, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, die Strafbestimmungen auf die satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenen Organe Anwendung. Die Vorschrift des § 9 VStG soll damit die strafrechtliche Verantwortung einer physischen Person für jene Fälle sicherstellen, in denen die erwähnte Handlungs- oder Unterlassungspflicht an sich einer (strafrechtlich nicht erfaßbaren) juristischen Person zugerechnet wird (diese "trifft").

"Arbeitgeber" im Sinne des § 31 Abs.2 ANSchG ist dabei in den Fällen des § 9 VStG das dort genannte Organ, also derjenige, der zur Vertretung nach außen berufen ist (vgl.

VwGH v. 25.2.1988, 87/08/0240).

Daß der Berufungswerber zur Tatzeit ein satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der genannten Gesellschaft war, ist unbestritten geblieben.

6.3. Hinsichtlich der unzulänglichen Dichte des Kontrollsystems in Ansehung der aus 6 bis 7 Teilbaustellen bestehenden Gesamtbaustelle bei der C L ist auf die Ausführungen oben unter Punkt 5 hinzuweisen.

6.4. Weiters führt der Bw aus, daß "entsprechend dem Ergebnis des Beweisverfahrens" P K entgegen einer ausdrücklich erteilten Weisung gehandelt habe und außerdem eine BAV auf der Baustelle aufliege. Dazu ist festzustellen, daß diese Behauptung insofern aktenwidrig ist, als von einer ausdrücklich entgegenstehenden Weisung im Akt nichts enthalten ist, sondern im Gegenteil, der als Bevollmächtigte bestellte Polier M offenbar sich selbst nicht einmal im klaren war, welche Verhaltensweisen den Arbeitnehmerschutzvorschriften entsprechen und welche nicht.

Dieser Einwand ist sohin zunächst als völlig aus der Luft gegriffen, abzutun. Insofern der Bw aber damit dartun möchte, daß es sich hier um eine eigenmächtige Handlung eines Arbeitnehmers handelt, ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.9.1994, Zl.94/02/0258, 0259, hinzuweisen, worin ausgeführt wird, daß eben gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften das entsprechende effiziente Kontrollsystem Platz zu greifen hat. Ein mangelndes Verschulden des Bw konnte daher im Lichte dieser Ausführungen nicht erkannt werden.

6.5. Das diesbezüglich widersprechende Judikat des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 23.6.1995, VwSen-220912/8/Kon/Fb, kann an diesem Ergebnis nichts ändern, zumal es einerseits dem o.a. h.

Erkenntnis vom 19.5.1994, VwSen-220913/4/Gu/Atz, womit der Polier M als Bevollmächtigter bestraft wurde, widerspricht und andererseits vom erkennenden Mitglied deshalb als nicht ganz zutreffend angesehen wird, weil - wie oben dargelegt - kein funktionierendes Kontrollsystem vorlag. Bemerkt wird noch, daß deswegen gegen letzteres Erkenntnis bereits eine Beschwerde des Sozialministers beim VwGH anhängig ist.

6.6. Da somit der Bw tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat, war als nächstes die Straffrage zu prüfen.

7.1. Zum Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG:

Nach dieser Vorschrift kann von einer Strafe abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Das Verschulden bzw die Schuld des Täters ist gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. A, 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14).

Nach der Judikatur des OGH zum vergleichbaren § 42 StGB muß die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der jeweiligen Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124; SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend ist zum einen der das Unrecht mitbestimmende Handlungsunwert und zum anderen der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 42 Rz 14 f mwN). Der Aspekt des Erfolgsunwerts wurde im § 21 Abs.1 VStG ebenso wie im § 42 StGB unter dem Merkmal "unbedeutende Folgen der Tat" verselbständigt.

7.2. Das sorgfaltswidrige Verhalten des BW kann keinesfalls iS der aufgezeigten Vorgaben als so minderes Versehen beurteilt werden, daß ein Absehen von der Strafe gerechtfertigt wäre. Denn das Verschulden des BW, welches darin bestand, daß er als Verantwortlicher letztlich nicht für ein funktionierendes Kontrollsystem gesorgt hat, ist vom Handlungs- und Gesinnungsunwert her betrachtet nicht so geringfügig, daß es in dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

8. Zur Strafbemessung:

8.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

8.2. Hier ist - um Wiederholungen zu vermeiden - auf die eingehenden und schlüssigen Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis zu verweisen, denen sich der O.ö.

Verwaltungssenat vollinhaltlich anschließt. Neue Gesichtspunkte, die die von der Strafbehörde angenommenen Erwägungen in Frage stellen könnten, hat der BW nicht vorgebracht.

9. Da der Berufung kein Erfolg beschieden ist, war auch zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ein Kostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Strafen aufzuerlegen. Dies gründet sich in den im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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