Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220921/11/Le/La

Linz, 18.07.1994

VwSen-220921/11/Le/La Linz, am 18. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Manfred Leitgeb über die Berufung der Frau A L, Fstraße , A, vertreten durch Dr. J N, Rechtsanwalt in L, Rstraße , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28. Februar 1994, Zl. Ge-96/102/1993/Tr, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Die Berufungswerberin hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm §§ 24, 5, 45 Abs.1 Z2, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28.2.1994, Ge-96/102/1993/Tr, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z4 iVm § 81 Abs.1 und § 74 Abs.2 Z2 Gewerbeordnung 1973, BGBl.Nr.50/1974 idF BGBl.Nr. 532/1993 verhängt, weil sie als gemäß § 370 Abs.2 GewO verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführerin der "G. F. L Gesellschaft m.b.H. & Co. KG" für das Gewerbe "Fabriksmäßige Erzeugung von Buntpapier und allen einschlägigen Papiersorten" im Standort A, Fstraße und, es zu vertreten habe, daß am 13. Oktober 1992 und am 23. Februar 1993 die genehmigte Betriebsanlage (Aktenzahl Ge-665/2,4,6,9,10) zur Verarbeitung von Papier (bestehend aus einem Altbestand und einem zweigeschossigen Hallentrakt samt Betriebshalle, Treibstoffbehälter, Dieselnotstromanlage, Dampfkessel, ...) nach erfolgter Änderung ohne die hiefür erforderliche Genehmigung der Behörde betrieben wurde, indem in einem eingeschossigen Nebentrakt westlich der Betriebshalle - nach Auflassung der bestehenden Thermoöl-Heizanlage - eine konsenslos errichtete erdgasbefeuerte Warmwasserpumpenzentralheizung, bestehend aus einem Heizkessel der Firma S, Typ NAS 450 SB 2, Nennleistung 581 KW, Gasgebläsebrenner Fabrikat Klöckner, Typ KL 35.1 ZG III, Leistungsbereich 135 - 775 KW, betrieben wurde, wodurch die Möglichkeit einer Geruchsbelästigung von Nachbarn durch Verbrennungsgase bzw. die Möglichkeit einer Lärmbelästigung von Nachbarn durch den Betrieb der gegenständlichen Heizungsanlage bestand.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde eine Geldstrafe von 5.000 S verhängt; die Kosten des Strafverfahrens wurden mit 10 % der verhängten Strafe, also 500 S festgesetzt.

2. In der Begründung führte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land aus, daß im Zuge von behördlichen Überprüfungen am 13.10.1992 und am 23.2.1993 die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung dienstlich festgestellt worden sei.

In der Rechtfertigung vom 15.4.1993 hätte die Beschuldigte ins Treffen geführt, daß sie die vorgenommene Änderung im Bereich der Heizanlage als Änderung iSd § 81 Abs.2 Z5 GewO 1973 angesehen hätte. Im übrigen sei die Installation der neuen Heizgeräte von einem befugten Gewerbetreibenden fachgerecht erfolgt und sei daher eine Gefährdung nicht gegeben gewesen. Auch eine Geruchsbelästigung der Nachbarn sei angesichts der erheblichen Entfernung bzw. der sachgerechten Ausführung der Montage der Heizanlage nicht zu befürchten gewesen. Die gegenständliche Gasheizanlage würde auch wesentlich weniger Lärm als die ursprüngliche Thermoölheizanlage verursachen.

Nach einer Darstellung der Gesetzeslage führte die Erstbehörde begründend aus, daß es zufolge der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage nicht darauf ankomme, ob von der Betriebsanlage tatsächlich die im Gesetz näher bezeichneten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen, sondern sei die Genehmigungspflicht vielmehr schon dann gegeben, wenn diese Umstände nicht auszuschließen wären. Es genüge somit bereits die abstrakte Möglichkeit zB einer Belästigung von Nachbarn, um eine gewerbebehördliche Genehmigungspflicht zu begründen. Dies gelte sinngemäß für Änderungen an bestehenden gewerblichen Betriebsanlagen.

Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens könne beim Betrieb der gegenständlichen Heizanlage sicherlich nicht ausgeschlossen werden, daß es hiebei insbesondere durch Betriebslärm oder durch die Verbrennungsgase zu Belästigungen der Nachbarschaft durch Lärm oder Geruch kommen könne. Auch wenn sich die nächsten Nachbarn in einiger Entfernung zum Betriebsgebäude befänden, so könne eine mögliche Geruchs- oder Lärmbelästigung von vornherein nicht ausgeschlossen werden. Daß diese Gasheizungsanlage Lärm verursache, wenn auch womöglich in geringerem Ausmaß als die vorherige Ölheizungsanlage, sei auch in der Rechtfertigung vom 15. April 1993 bestätigt worden.

Ebenso könne beim Betrieb dieser Gasheizung nicht ausgeschlossen werden, daß zB durch eine nicht ordnungsgemäße Einstellung des Brenners eine Geruchsbelästigung von Nachbarn verursacht werden könne. Für die Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage bzw. von Betriebsanlagenänderungen genüge ua. jedoch bereits die abstrakte Möglichkeit zB einer Belästigung von Nachbarn durch Lärm oder Geruch.

Die gegenständliche konsenslos errichtete und zu den Tatzeitpunkten bereits in Betrieb stehende Gasheizungsanlage stelle zweifellos eine genehmigungspflichtige Änderung der bereits bestehenden genehmigten Betriebsanlage iSd § 81 Abs.1 GewO 1973 dar. Dies werde auch dadurch indiziert, daß ein Ansuchen um Betriebsanlagengenehmigung für die gegenständlichen Erweiterungen anhängig war und die Genehmigung auch nur unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erfolgte.

Zum Vorbringen in der Rechtfertigung vom 15. April 1993 führte die Erstbehörde aus, daß bei einem Austausch einer Thermoöl-Heizungsanlage gegen eine von Grund auf verschiedene erdgasbefeuerte Warmwasserpumpenzentralheizungsanlage sicherlich nicht von einem Austausch gleichartiger Maschinen oder Geräte iSd § 81 Abs.2 Z5 GewO 1973 gesprochen werden könne, weshalb das diesbezügliche Vorbringen ins Leere gehe.

Zum Verschulden führte die Erstbehörde unter Hinweis auf § 5 Abs.1 VStG aus, daß es sich bei der vorliegenden Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handle, weshalb der Täter schon durch den objektiven Tatbestand belastet sei; der Beweis des Gegenteils sei durch die Rechtfertigungsangaben nicht gelungen, weshalb das Verschulden als gegeben angenommen wurde. Der Schuld- bzw.

Tatvorwurf beziehe sich ausdrücklich auf die Verpflichtung der nunmehrigen Berufungswerberin auf ihre Pflicht als verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführerin der "G. F. L Gesellschaft m.b.H. & Co. KG". Es wäre ihre Aufgabe gewesen dafür zu sorgen, daß für den Austausch der Heizungsanlage in der Betriebsanlage im Standort A, Fstraße u. , rechtzeitig vor Inbetriebnahme eine Betriebsanlagengenehmigung erwirkt werde.

Bezüglich des Grades des Verschuldens nahm die Erstbehörde zumindestens Fahrlässigkeit an.

Zur Strafbemessung führte die Erstbehörde aus, daß die tatsächlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht entsprechend berücksichtigt werden konnten, zumal diese Angaben trotz nachweislicher Aufforderung nicht bekanntgegeben worden waren. Es wurde daher davon ausgegangen, daß die Beschuldigte kein Vermögen besitzt, keine Sorgepflichten hat und ihr monatliches Nettoeinkommen 25.000 S beträgt.

Strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit berücksichtigt; straferschwerende Umstände lagen nicht vor.

3. Dieses Straferkenntnis wird mit der vorliegenden, rechtzeitig eingebrachten Berufung vom 21.3.1994 zur Gänze angefochten; gleichzeitig wird dessen ersatzlose Aufhebung beantragt. In der Begründung wird ausgeführt, daß das angefochtene Straferkenntnis bereits deshalb gesetzwidrig sei, da sich der Vorwurf an die Beschuldigte in ihrer Funktion als gewerberechtliche Geschäftsführerin richtet und sie nicht als verantwortliche handelsrechtliche Geschäftsführerin bezeichnet wurde. Die strafrechtliche Haftung iSd § 9 VStG treffe jedoch im konkreten Fall ausschließlich den handelsrechtlichen Geschäftsführer, sodaß infolge der von der Behörde vorgenommenen Bezeichnung ein unrichtiger Haftungstatbestand herangezogen worden sei.

Weiters wird ausgeführt, daß die Feststellung, daß mit Ausnahme des Heizkessels keine Änderung der gesamten übrigen Heizungsanlage erfolgt sei, mangels entsprechender Erhebungen unterblieben wäre. Mit den seinerzeitigen Betriebsanlagengenehmigungen, insbesondere mit Bescheid vom 21.2.1973, Ge-650/10-1983, wäre die Heizanlage bewilligt worden. In der dazugehörigen Verhandlungsschrift sei ausgeführt, daß im Heizraum eine Warmwasserheizanlage installiert werde. Die Beheizung des Kessels werde mit Erdgas erfolgen. Die bisher erwähnte Thermoöl-Heizanlage sei ausschließlich für die notwendige Wärme der seinerzeitigen Streichmaschine benötigt worden, nicht jedoch für die allgemeine Beheizung der Halle. Ausgehend von dieser Feststellung sei die von der Beschuldigten dargelegte Argumentation in der Rechtfertigung (vom 15.4.1993) zutreffend, wonach es sich beim bloßen Austausch des Heizungskessels unter Beibehaltung der gesamten übrigen Heizanlage um eine nichtbewilligungspflichtige Änderung iSd § 81 Abs.2 Z5 GewO handle. Das Heizmaterial selbst, nämlich Erdgas, sei gleichgeblieben. Es habe sich mit Ausnahme des äußerlichen Umfanges der jeweiligen Heizkessel an der bestehenden Heizanlage nichts geändert.

Auch wenn in der Rechtfertigung davon gesprochen worden sei, daß auch der neue Heizkessel eine gewisse Lärmentwicklung verursache, so könne nicht davon ausgegangen werden, daß damit die Bewilligungspflicht anerkannt worden sei. Jedes Gerät entwickle ein gewisses Geräusch, wobei zu beachten sei, daß neuere Anlagen aufgrund der höheren Sensibilität und aufgrund der strengeren Bestimmungen grundsätzlich weniger Emissionen in jeglicher Hinsicht verursachen.

Die Tatsache, daß seitens der Betriebsinhaberin ein Ansuchen um gewerberechtliche Genehmigung gestellt worden sei, sei ebenfalls nicht geeignet, die Strafbarkeit der Beschuldigten zu begründen, zumal die Behörde mit der Schließung der Betriebsanlage gedroht hätte. Zur Vermeidung eines größeren Schadens wäre ein Ansuchen gestellt worden, wobei es Aufgabe der Behörde gewesen wäre festzustellen, ob tatsächlich eine Bewilligungspflicht vorliegt oder nicht. Diesbezüglich enthalte das Straferkenntnis keine Ausführungen.

Zur Strafbemessung wurde gerügt, daß - trotz der ausdrücklichen Feststellung, daß straferschwerende Umstände nicht vorlägen - bei der Ausmessung der Strafe berücksichtigt worden sei, daß es durch den Betrieb der nichtgenehmigten Gasheizungsanlage zu Belästigungen von Nachbarn hätte kommen können. Dies widerspreche jedoch dem Doppelverwertungsverbot, da nur dann eine verwaltungsstrafrechtliche Handlung vorliege, wenn die Änderung einer genehmigungspflichtigen Anlage iSd § 74 Abs.2 Z2 GewO nicht beantragt worden sei.

Auch aus diesem Grunde sei die festgesetzte Strafe nicht gerechtfertigt. Insgesamt hätte es keiner Bestrafung bedurft, um die Beschuldigte von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt, in den in der Berufung zitierten Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21.2.1973, Ge-665/10-1973, und in die dazu aufgenommene Verhandlungsschrift vom 23.1.1973.

Weiters führte der unabhängige Verwaltungssenat am 14. Juli 1994 an Ort und Stelle eine mündliche Verhandlung durch, die folgendes ergab:

Bereits in der Rechtfertigung vom 15.4.1993 hatte die damalige Beschuldigte darauf hingewiesen, die Änderung der Heizanlage als bewilligungsfrei iSd § 81 Abs.2 Z5 GewO 1973 angesehen zu haben; sie führte dazu einige Argumente an.

Dessen ungeachtet hat es die Erstbehörde in ihrem Ermittlungsverfahren unterlassen, dazu Ermittlungen anzustellen und insbesonders die alte und die neue Heizungsanlage in ihren Einzelheiten zu untersuchen und die Fakten sodann gegenüberzustellen.

Um diesen Ermittlungsmangel zu sanieren führte der unabhängige Verwaltungssenat eine mündliche Verhandlung durch, der auch ein Amtssachverständiger für Maschinenbau sowie ein Amtssachverständiger für Bau- und Gewerbetechnik beigezogen wurden. Die belangte Behörde entsandte dazu trotz nachweislicher Ladung keinen Vertreter.

Bei dieser Verhandlung wurde festgestellt, daß die ursprüngliche Heizungsanlage im Jahr 1974 genehmigt wurde; sie wurde mit Erdgas befeuert und hatte eine Brennstoffwärmeleistung von 1,271.000 kcal/h. Die Rauchgase wurden über einen 8 m hohen Kamin ins Freie abgeführt. Diese Heizungsanlage diente sowohl der Beheizung der Betriebshalle als auch der Papiertrocknung. Aus diesem Grunde gab es zwei Heizkreise, wobei als Wärmeträgermedium in einem Kreis Wärmeträgeröl und in einem anderen Warmwasser verwendet wurde.

Emissionen entstanden in Form von Abgasen aus der Gasbefeuerung (wobei von einer Brennstoffwärmeleistung von 1,271.000 kcal/h, ds. 1.474 kW, auszugehen ist). Weiters entstanden Geruchsbelästigungen durch die Atmungsleitung des Ausdehnungsgefäßes für das Wärmeträgeröl.

Lärmemissionen entstanden durch die Pumpen der Wärmeträgerölleitung sowie beim Betrieb des Gasgebläsebrenners.

Die neue Heizungsanlage, die 1988 installiert wurde (und letztlich 1993 auch bewilligt wurde) wird ebenfalls mit Erdgas befeuert. Allerdings beträgt die maximale Brennstoffwärmeleistung (nur) 775 kW. Die anfallenden Rauchgase werden über einen Rauchfang von 9,5 m Höhe ins Freie abgeführt.

Die Heizungsanlage dient ausschließlich der Beheizung des Betriebes und nicht mehr zur Papiertrocknung, sodaß ausschließlich Wasser als Wärmeträgermedium verwendet wird und das Wärmeträgeröl entfernt wurde.

Zu den Emissionen von Abgasen führten die Amtssachverständigen aus, daß auf Grund der viel geringeren Leistung und auch auf Grund der neueren Verbrennungstechnologie die Abgase wesentlich reduziert wurden. Die chemische Zusammensetzung dürfte sich entsprechend dem neueren Stand der Technik ebenfalls verbessert haben, u.zw. insbesonders in bezug auf NOx. Die Emissionsquelle an Geruchsstoffen aus der Atmungsleitung des Wärmeträgeröl ist ersatzlos weggefallen.

Zu den Lärmemissionen stellten die Sachverständigen fest, daß auf Grund der wesentlich kleineren Größe der Warmwasserzentralheizungsanlage und auf Grund der verbesserten Technik diese mit ziemlicher Sicherheit durch den Umbau geringer geworden sind, zumal auch der Aufstellungsort im selben Heizraum unverändert geblieben ist.

Die beigezogenen Sachverständigen kamen zum Ergebnis, daß aus technischer Sicht die beiden Anlagen von der Funktionsweise und der Bauart her nicht unbedingt verglichen werden können, daß aber hinsichtlich der Emissionen und damit allfälligen Gefährdungen und Belästigungen der Nachbarn die neue Anlage eine wesentliche Verbesserung gebracht hat.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Vorweg ist festzuhalten, daß im vorliegenden Fall zufolge § 1 Abs.2 VStG die für die Strafbarkeit des der Berufungswerberin zur Last gelegten Verhaltens maßgebenden Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992 anzuwenden sind, weil die Tatzeiten der der Berufungswerberin zur Last gelegten Verwaltungsübertretung vor dem Inkrafttreten dieser Novelle liegen.

Im übrigen ist auch in der geltenden Gewerbeordnung 1994 in § 366 Abs.1 Z3 ein wortgleicher Straftatbestand enthalten sowie eine Geldstrafe in der gleichen Höhe angedroht, sodaß keine für die Berufungswerberin günstigere Rechtslage aktuell ist.

5.2. Die Beschuldigte ist der Ansicht, daß sich der Vorwurf an sie in ihrer Funktion als gewerberechtliche Geschäftsführerin richtet und sie nicht als verantwortliche handelsrechtliche Geschäftsführerin bezeichnet werde. Die strafrechtliche Haftung iSd § 9 VStG treffe jedoch im konkreten Fall ausschließlich den handelsrechtlichen Geschäftsführer, sodaß von der Behörde ein unrichtiger Haftungstatbestand herangezogen werde.

Tatsächlich würde die strafrechtliche Haftung iSd § 9 VStG ausschließlich den handelsrechtlichen Geschäftsführer treffen. Im vorliegenden Fall wurde der Beschuldigten jedoch eine Übertretung gewerberechtlicher Vorschriften vorgeworfen, sodaß der Tatvorwurf zu Recht an die gewerberechtliche Geschäftsführerin gerichtet wurde.

Für diese Rechtsansicht ist folgendes maßgeblich:

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die Regelung des § 9 Abs.1 VStG geht offensichtlich davon aus, daß der Gesetzgeber in den jeweiligen Materienvorschriften gesonderte Regelungen treffen kann.

Von dieser Befugnis hat der Gesetzgeber in den §§ 9 Abs.1 und 370 Abs.2 Gewerbeordnung in der hier anzuwendenden Fassung Gebrauch gemacht und auch die strafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Bestimmungen an den gewerberechtlichen Geschäftsführer delegiert. Das hat zur Folge, daß für den Bereich des Gewerberechtes § 9 Abs.2 VStG nicht anwendbar ist (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Prugg Verlag Eisenstadt, Seite 755, 763 [Entscheidung 29]).

Sohin besteht der Tatvorwurf an die nunmehrige Berufungswerberin von dieser Seite aus zu Recht.

5.3. Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 i.d. anzuwendenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

§ 81 Abs.1 leg.cit. bestimmte folgendes: "Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen." Abs.2 Z5 leg.cit. bestimmte, daß eine Genehmigungspflicht nach Abs.1 jedenfalls in folgenden Fällen nicht gegeben ist:

"5. Austausch von gleichartigen Maschinen oder Geräten,".

In der Gewerbeordnungsnovelle 1992 wurde diese Bestimmung insofern geändert, als der Begriff "gleichartig" gesetzlich definiert wurde.

Die Bestimmung des § 81 Abs.2 Z5 GewO 1973 idF der Gewerberechtsnovelle 1992 lautet daher:

"5. Austausch von gleichartigen Maschinen oder Geräten; Maschinen oder Geräte, die an die Stelle der in der Betriebsanlage befindlichen Maschinen oder Geräte treten sollen, sind nur dann gleichartig, wenn ihr Verwendungszweck dem der in der Anlage befindlichen Maschinen oder Geräte entspricht und die von ihnen zu erwartenden Auswirkungen von den Auswirkungen der in der Anlage befindlichen Maschinen oder Geräte nicht so abweichen, daß der Austausch als genehmigungspflichtige Änderung gemäß Abs.1 zu behandeln ist,".

Wenngleich die Gewerbeordnungsnovelle 1992 für den vorliegenden Fall aus den eingangs erwähnten zeitlichen Gründen nicht unmittelbar herangezogen werden kann, stellt sie doch ein taugliches Hilfsmittel zur Interpretation des Begriffes "gleichartige Maschinen" dar.

Das Ermittlungsverfahren hat nunmehr ergeben, daß das Tatbestandsmerkmal "gleichartige Maschine" im vorliegenden Fall nicht eindeutig erfüllt bzw. nicht erfüllt ist:

Aus heizungstechnischer Sicht ergibt die technische Beschreibung der beiden Heizungsanlagen auf Grund der stark divergierenden Leistungen der beiden Anlagen, der Verschiedenheit der Wärmeträgermedien und der Brennertechnik sowie des Umfanges der Heizkreisläufe verschiedenartige Heizungsanlagen, sodaß das Merkmal "gleichartig" aus dieser Sicht nicht erfüllt erscheint.

Dagegen ergibt die Betrachtung aus Sicht des Verwendungszweckes sowie der - im angefochtenen Straferkenntnis ausschließlich zitierten - Möglichkeit der Geruchs- und Lärmbelästigung der Nachbarn sehr wohl eine Gleichartigkeit der beiden Heizungsanlagen insofern, als beide Anlagen der Beheizung des Betriebes dienen und mit Erdgas betrieben wurden bzw. werden. Die chemische Zusammensetzung der Rauchgase ist weitgehend gleich.

Aus diesem Aspekt her betrachtet sind die Heizungsanlagen als gleichartig im Sinne des § 81 (2) Z5 GewO zu bezeichnen.

Zur subjektiven Vorwerfbarkeit: Diese Konstellation hat weiters zur Folge, daß der Berufungswerberin ein Verschulden daran, daß vor der Änderung der Heizungsanlage nicht um die gewerbebehördliche Bewilligung angesucht wurde, nicht angelastet werden kann. Dadurch, daß die neue Heizungsanlage eine wesentliche Verkleinerung gegenüber der bestehenden Anlage darstellte und die Umweltsituation, insbesondere die Emissionssituation gerade im Hinblick auf mögliche Belästigungen der Nachbarn durch Abgase und Lärm wesentlich verbessert wurde, ist ihr zugute zu halten, daß sie als Nichtexpertin auf dem Gebiet der Heizungsanlagentechnik in gutem Glauben von der Bewilligungsfreiheit der Änderung ausgegangen ist.

Unterstützend kann ihr weiters zugute gehalten werden, daß sie auch den Geschäftsführer der installierenden Heizungsfirma beauftragt hat, allfällige behördliche Bewilligungen einzuholen. Sie wurde dadurch, daß dieser Fachmann nicht um die gewerbebehördliche Genehmigung angesucht hat, in ihrem guten Glauben bestärkt.

Damit aber liegt hinsichtlich der Berufungswerberin ein auf einer unverschuldeten rechtsirrigen Auslegung beruhender Schuldausschließungsgrund vor (siehe dazu VwGH 10.5.1967, Slg. 7143A).

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß - unter Berücksichtigung der Legaldefinition der "gleichartigen Maschinen" in § 81 (2) Z5 GewO idF der Novelle 1992 eine Bewilligungspflicht der vorgenommenen Änderung nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden konnte. Selbst aber, wenn eine solche gegeben gewesen wäre, hätte jedoch die Nichteinholung der Bewilligung der Berufungwerberin subjektiv nicht vorgeworfen werden können.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt oder eine verhängte Strafe infolge Berufung aufgehoben, so sind die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen (§ 66 Abs.1 VStG).

Da das Straferkenntnis behoben wurde, entfällt somit ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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