Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220922/2/Ga/La

Linz, 25.07.1994

VwSen-220922/2/Ga/La Linz, am 25. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des F C in L, Rstraße , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. November 1993, Zl. 100-1/16, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 148 Abs.1 GewO 1973 schuldig erkannt; über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) kostenpflichtig verhängt.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Der Berufungswerber habe als Obmann des Vereins "Türk.

gegenseitiger Unterstützungsverein L" und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ dieses Vereins zu verantworten, daß im Standort L, Sstraße , das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Buffets durch entgeltlichen Ausschank von Getränken an Gästen ausgeübt worden sei, "ohne im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigung gewesen zu sein". Als Tatzeiten wurden der 16. Februar 1993 und der 21. Mai 1993 vorgeworfen.

2. In der dagegen mit Schriftsatz vom 27. Jänner 1994 erhobenen Berufung beantragt der Beschuldigte ausdrücklich zwar nur die Herabsetzung der von ihm als unangemessen hoch empfundenen Geldstrafe, dennoch ist seine Berufung, weil er begründend auch die Tatbildmäßigkeit bestreitet, auch als gegen die Schuld gerichtet zu werten.

3. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat - am 7. April 1994 - die Berufung samt bezughabenden Strafakt ohne Gegenäußerung vorgelegt.

4. Schon aus der Einsicht in den Strafakt zu Zl. 100-1/16 war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung aufzuheben ist.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß a) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungs vorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und b) die Identität der Tat (insbes. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Im Sinne der Anforderung nach lit.a sind entsprechende, dh.

in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Hingegen verlangt die Anforderung nach lit.b (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat), daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, als er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß weiters der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

5.1.2. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. ISd § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte (physische) Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung. Eine solche Verfolgungshandlung muß sich ferner auf eine bestimmte Tatzeit, einen bestimmten Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG beziehen (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II., zu § 32 E5 sowie E30 ff).

5.1.3. Ausgehend von dem nach h.L. und Judikatur im Berufungsfall anzunehmen gewesenen Deliktstypus der fortgesetzten Straftat hält der unabhängige Verwaltungssenat fest:

Die Formulierung des Schuldspruchs legt keinen Tatzeitraum, für den der 16. Februar 1993 den Beginn und der 21. Mai 1993 das Ende des strafbaren Verhaltens determiniert, fest.

Vielmehr ist zufolge der ausdrücklichen, offenbar als Bescheidschimmel bei der belangten Behörde weitgehend schon vorformuliert gewesenen sprachlichen Fassung des Straferkenntnisses davon auszugehen, daß dem Berufungswerber zwei Einzeltathandlungen angelastet werden, die wegen des großen zeitlichen Abstandes (immerhin mehr als drei Monate!) durch keinen Fortsetzungszusammenhang mehr verbunden sind.

Das bedeutet in diesem Fall für die Verjährungsfrist, daß diese jeweils zugeordnet zu beurteilen ist und in dem einen Fall mit dem 16. August 1993 und in dem anderen Fall mit dem 21. November 1993 geendet hat; die Verwendung des Wortes "zumindest" in dem zur Prüfung vorliegenden Schuldspruch vermag keine andere Beurteilung herbeizuführen. Die Begründung des bekämpften Straferkenntnisses ist diesbezüglich nicht aufschlußreich; aus dem Strafakt aber ist, mit dem Schuldspruch übereinstimmend, ableitbar, daß gerade kein Tatzeitraum, sondern der Umstand zweier selbständiger Einzeltathandlungen, die jedoch die belangte Behörde begründungslos und zu Unrecht in einen Fortsetzungszusammenhang verbunden hat, vorgeworfen werden sollte.

5.2. Gemäß § 366 Abs.1 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 in der zu den Tatzeitpunkten geltenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl.Nr. 447/1992, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer gemäß Z1 der genannten Vorschrift ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, und gemäß Z2 der genannten Vorschrift ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z2) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

5.3.1. Nach der Aktenlage hat die belangte Behörde innerhalb der im Berufungsfall zur Verfügung gestandenen Verjährungsfristen (siehe vorhin 5.1.3.) zwei taugliche Verfolgungshandlungen gesetzt. Es sind dies der "Ladungsbescheid" vom 24. Mai 1993, hinausgegeben am 28. Mai 1993, und der "Ladungsbescheid" vom 12. Oktober 1993, hinausgegeben am 19. Oktober 1993. Beide Verfolgungshandlungen individualisieren als Ort der unbefugten Ausübung des Gastgewerbes durch den Verein den Standort L, Sstraße .

Im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses hingegen ist als Tatort der Standort L, Sstraße , angegeben.

Den Vorwurf, daß der Verein (und niemand anderer) das Gastgewerbe unbefugt ausgeübt habe, erhebt der Schuldspruch offensichtlich deswegen nicht mehr, weil der von der belangten Behörde verwendete Bescheidschimmel auf das entsprechende, hier wesentliche Tatbestandsmerkmal nicht Bedacht nimmt.

5.3.2. Mit der Tatortangabe "Sstraße " enthält jedoch der Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses in einem wichtigen Punkt eine andere Tatindividualisierung als die Verfolgungshandlungen.

Daß die Tatortangabe "Sstraße " auf einem bloßen Schreibfehler beruhen könnte, ist als Annahme naheliegend, jedoch im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers auszuschließen. Einerseits nämlich enthält diese Tatortangabe auch schon das anhand des erwähnten Bescheidschimmels handschriftlich ausgefüllte Konzept des bekämpften Straferkenntnisses, und andererseits erhebt der Beschuldigte in seiner Berufungsschrift keinen Einwand gegen die Tatortbezeichnung mit der Hausnummer ""; dieser Umstand ist aus der Sicht der Rechtsschutzmöglichkeiten des Berufungswerbers deswegen nicht zu vernachlässigen, weil ihn die beiden vorhin erwähnten Verfolgungshandlungen, die als Tatort abweichend die "Sstraße " vorwerfen, nicht erreicht haben, sodaß ihm die wesentlich unterschiedliche Tatindividualisierung hinsichtlich des Tatortes auch nicht auffallen konnte.

5.3.3. Im Ergebnis ist festzustellen, daß der Schuldspruch des bekämpften, jedoch schon außerhalb der Verfolgungsverjährungsfristen erlassenen Straferkenntnisses (Genehmigungsdatum: 12. November 1993; hinausgegeben jedoch erst am 21. Jänner 1994!) mit der ausdrücklichen Tatortbezeichnung "Sstraße " ein wesentliches Sachverhaltsmerkmal, das die Verfolgungshandlungen noch nicht enthalten haben und für das zum Zeitpunkt der Hinausgabe des Straferkenntnisses somit schon Verjährung eingetreten gewesen ist, vorwirft.

Schon aus diesem Grund war, weil eine Änderung des Tatorts dem unabhängigen Verwaltungssenat mit Rücksicht auf seine im § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) grundgelegte Sachbindung verwehrt ist, das den Berufungswerber in seinen Rechten verletzende Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung des Strafverfahrens im Hinblick auf Umstände, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen, zu verfügen.

5.4. Bei diesem Verfahrensergebnis war weder auf das Vorbringen des Berufungswerbers noch auf die (weitere) Gesetzwidrigkeit, an der das bekämpfte Straferkenntnis offenkundig deswegen leidet, weil die belangte Behörde in Verletzung des Grundsatzes des § 1 Abs.1 und Abs.2 VStG dem Schuldspruch nicht die Rechtslage zur Zeit der Tat, sondern eine erst mit 1. Juli 1993 in Kraft getretene Rechtslage mit unter dem Blickwinkel des § 44a Z1 und Z2 VStG rechtsverletzenden Auswirkungen gegen den Berufungswerber angewendet hat (vgl. hiezu die Entscheidungspraxis des UVS Oö, zB Erk. 18.7.1994, 220725/2/Kl).

6. Abschließend wird angemerkt, daß nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in allen Fällen des § 366 Abs.1 GewO 1973 (mit anzunehmender Geltung auch für die GewO 1994) die für die verhängte Strafe angewendete Gesetzesbestimmung im Sinne des Spruchelements gemäß § 44a Z3 VStG "§ 366 Abs.1 Einleitung (oder:

Einleitungssatz) GewO 1973" zu lauten hat.

7. Die Aufhebung und Einstellung haben auf der Kostenseite die Entlastung des Berufungswerbers von allen Beiträgen zum Strafverfahren zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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