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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220930/7/Gu/Atz

Linz, 21.06.1994

VwSen-220930/7/Gu/Atz Linz, am 21. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des M P, in der Verhandlung vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H M , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20.1.1994, Zl. 502-32/Sta/We/147/92a, zu Faktum 2, wegen Übertretung des § 61 Abs. 6 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, nach der am 13.6.1994 in Gegenwart der Parteien durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches zu Faktum 2 des angefochtenen Straferkenntnisses keine Folge gegeben und wird dieser bestätigt.

Die Geldstrafe wird auf 3.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Tag und der Verfahrenskostenbeitrag auf 300 S herabgesetzt.

Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG, § 31 Abs. 2 lit. p ANSchG iVm § 61 Abs. 6 AAV, §§ 16, 19, 64 Abs. 1 und 2, 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als Bevollmächtigter im Sinne des § 31 Abs. 2 ANSchG und somit als für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften Verantwortlicher der S AG L , S straße , für die "Baustelle N , , vor dem Hause F Nr. " vertreten zu müssen, daß auf der von der vorstehenden Firma betriebenen Baustelle N B vor dem Hause F Nr. am 19.8.1992, wie anläßlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt worden sei, zwei Arbeitnehmer, nämlich C A und A S in einem ca.

6 m langen und 1,60 m tiefen Künettenabschnitt, welcher nicht gepölzt gewesen sei, bei Arbeiten mit der Schaufel angetroffen worden seien, wobei die Breite dieser Künette nur 54 cm betrug, obwohl die Breite von Künetten bei Tiefen bis 1,75 m mindestens 60 cm betragen müsse.

Wegen Verletzung des § 31 Abs. 2 lit. p ANSchG iVm § 61 Abs. 6 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 1O.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen und ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S verhängt.

In seiner rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß die in Rede stehende Künette im Arbeitsbereich insofern aus standfestem Material bestanden habe, indem zunächst eine ca. 45 cm dicke Asphaltschichte als oberster Bereich vorhanden gewesen sei, unter dieser Schichte eine ca. 70 cm dicke stark verdichtete Schotterschichte (alter Straßenunterbau) und darunter noch eine ca. 45 cm dicke harte Lehmschichte gelegen gewesen sei.

Es habe sich bei den oberen beiden Schichten zwar nicht um Schrämmboden gehandelt, jedoch sei die örtliche Standfestigkeit an jene von Fels herangekommen. Als Indiz dafür könne gelten, daß bei den Grabungsarbeiten die Baggerschaufel massiv verformt worden sei. Ein Abrutschen der oberen Bereiche der Künette sei seiner Ansicht nach ausgeschlossen gewesen.

Die Künetten würden ab einer Tiefe von 1,25 m immer gepölzt.

Die beiden Arbeitnehmer seien gerade mit dem "Nachputzen" des neu gegrabenen Bereiches beschäftigt gewesen, was als Vorarbeit zur Pölzung notwendig sei.

Es sei der Verkehr mittels Ampel im Grabungsbereich geregelt und dadurch nur ein einseitiges Befahren der Straße möglich gewesen. Erschütterungen im Grabungsbereich hätten daher nicht bestanden und habe sich nur ein LKW während des Aushubvorganges beim Bagger (im Bereich der Künette) befunden. Die Grabungsarbeiten seien wohl mit einer 50 cm breiten Baggerschaufel vorgenommen worden, durch deren Arbeitsgang automatisch eine Breite von 60 cm erreicht werde. Eine Distanz unter 60 cm hätte höchstens nachrutschende Grasbüschel bewirken können.

Er sei 21 Jahre als Polier für die Firma STUAG tätig, habe bereits einige Großbaustellen abgewickelt und sei dabei niemals beanstandet worden.

Aufgrund der Berufung wurde am 13.6.1994 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart der Parteien durchgeführt, in deren Rahmen dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung gegeben, der Zeuge P D , (meldungslegender Arbeitsinspektor) vernommen und in die von ihm zur Tatzeit am Tatort angefertigten Lichtbilder Einsicht genommen.

Demnach steht fest, daß der Arbeitsinspektor D am 19.8.1992 zwei Arbeitnehmer der S AG mit dem Sitz in L auf einer Baustelle in N auf der B vor dem Hause F Nr. , dabei angetroffen hat, als sie sich in einem ca. 6 m langen und 1,6 m tiefen Künettenabschnitt befanden und mittels Pickel und Schaufel Arbeiten verrichteten, wobei diese Künette nicht gepölzt und nicht abgeböscht war.

Die Künette diente für die Verlegung einer Gasrohrleitung der OÖ. Ferngas. Die durch die Künette durchschnittenen Bodenschichten setzten sich zu oberst aus einer mehr als 20 cm dicken Asphaltschicht, einem anschließenden verdichteten schotterigen Straßenunterbaumaterial und der anstehenden Lehmschichte zusammen. Für die Grabungsarbeiten war kein preßluftbetriebener Schrämmhammer oder -meißel im Einsatz. Die Künette wies auf dem 1,60 m angelegten Vertiefungsbereich keine durchgehende Breite von mindestens 0,6 m auf, sondern wurde vom einschreitenden Arbeitsinspektor in diesem Abschnitt lediglich 54 cm an Breite gemessen.

Die Erhebung weiterer Beweise war bei diesem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Sachverhalt nicht erforderlich, zumal der Beschuldigte selbst angab, daß auf der Baustelle kein preßluftbetriebenes Schrämmgerät eingesetzt worden ist und andererseits der Gebrauch von Pickel und Schaufel aus dem Lichtbild ersichtlich ist und letztlich die Nachputzarbeiten auch vom Beschuldigten selbst nicht bestritten wurden. Ferner steht fest, daß eine 50 cm breite Baggerschaufel eingesetzt war und daß die meßtechnische Feststellung der Künettentiefe und -breite vom Arbeitsinspektor persönlich vorgenommen wurde.

Ein Beweisantrag, daß andere Personen meßtechnische Feststellungen getroffen hätten und andere exakte Meßergebnisse von Tiefe und Breite der Künette erzielt hätten, liegt nicht vor.

Eine Abschrankung des der Künette zugewandten Fahrsteifens der B 139 ist auf dem Lichtbild nicht ersichtlich. Insoweit war für die Beurteilung der Sache die Aufnahme weiterer Beweise entbehrlich.

Die Standfestigkeit der Künettenwände war relativ hoch und und es ließ sich somit mit der eingesetzten 50 cm breiten Baggerschaufel dadurch eine mit nur geringen Abweichungen versehene Künettenbreite (54 cm) erzielen (was auch für die Wiederauffüllung vom wirtschaftlichen Standpunkt günstig erscheinen mag).

Bei dem vorhin festgestellten Sachverhalt war folgendes rechtlich zu erwägen:

Gemäß § 61 Abs. 6 der AAV müssen Gruben oder Künetten zur Durchführung von Arbeiten ausreichend groß bemessen sein, ihre Breite muß bei Tiefen bis 1,75 m mindestens 0,6 m betragen.

Diese seit 1983 als Gesetz in Geltung gebrachte "Verordnung" ist von den Strafbestimmungen des ANSchG erfaßt und ein Zuwiderhandeln gemäß § 31 Abs. 2 lit. p ANSchG unter Geldstrafdrohung bis zu 50.000 S gestellt.

Nachdem auf Grund der Verwendung einer 50 cm breiten Grabungsschaufel und durch die Aussage des als fachkundigen Zeugen vernommenen Arbeitsinspektors im Zusammenhalt mit dem vorgelegten Fotomaterial erwiesen ist, daß die Breite der Künette im Bereich der Arbeiten 60 cm nicht erreichte, hatte der Bevollmächtigte für diese Baustelle - nämlich der Beschuldigte - dafür einzustehen.

Hiefür hat er als fachlich damit betraute Person auf der subjektiven Tatseite Fahrlässigkeit zu verantworten.

Bezüglich der Strafbemessung war - ausgehend vom Geldstrafrahmen bis zu 50.000 S unter Beachtung der Grundsätze des § 19 VStG, wonach wesentlich auf das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und auf den Umstand Bedacht zu nehmen ist, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat sowie unter Berücksichtigung Erschwerungs- und Milderungsgründe und des Verschuldens der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten - von Belang, daß nur kurzfristig in der Künette Arbeiten erforderlich waren und der Unrechtsgehalt in dem von der 2. Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates gleichzeitig behandelten Delikt wegen Nichtpölzung der Künette teilweise mitenthalten war, dem Beschuldigten als mildernd dessen Unbescholtenheit zugute kam und demgegenüber keine erschwerenden Umstände vorlagen, ferner daß ihm kein wirtschaftlicher Vorteil aus der Tat erwachsen ist und er im übrigen keine ungünstigen Einkommens- und Familienverhältnisse aufweist. In der Zusammenschau war daher mit einer Geldstrafe von 3.000 S das Auslangen zu finden, um insbesondere dem vornehmsten Strafzweck, nämlich den Beschuldigten vor künftigen gleichartigen Übertretungen abzuhalten, zu genügen.

Im angemessenen Verhältnis war dazu die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Tag und der mit 10 % des Strafbetrages vom Gesetzgeber festgelegte Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren auf 300 S herabzusetzen.

Der Teilerfolg der Berufung befreite den Rechtsmittelwerber von Beiträgen zu Kosten des Berufungsverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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