Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220935/2/Kl/Rd

Linz, 01.12.1994

VwSen-220935/2/Kl/Rd Linz, am 1. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des J V , G straße , B H , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B A , M straße , L , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 17. März 1994, Zl.

Ge96-8-1994, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 17. März 1994, Ge96-8-1994, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 verhängt, weil er, obwohl dies von der erteilten Betriebsanlagengenehmigung Ge-4003-1973 vom 16.2.1973 nicht erfaßt ist, den LKW mit dem Kennzeichen 0 , für den kein Garagenplatz vorhanden ist, am 23.9.1993, am 12.10.1993, 22.10.1993 sowie am 14.1.1994 längere Zeit abgestellt hat, am 28. - 29.11.1993, am 12. - 13.1.1994 sowie am 13. - 14.1.1994 über Nacht abgestellt hat, und zwar auf dem Vorplatz zu seiner Betriebsanlage. Weiters habe er auf dem selben Platz den LKW 0- am 23.8. - 24.8.1993, 24. - 25.8.1993, 25. - 26.8.1993, 26. - 27.8.1993, 6.9. 7.9.1993, 7. - 8.9.1993, 14. - 15.9.1993, 15. - 16.9.1993, 16. - 17.9.1993, 20. - 21.9.1993, 21. - 22.9.1993, 22. 23.9.1993, 27. - 28.9.1993, 28. - 29.9.1993, 29. - 30.9.1993, 11. - 12.10.1993, 12. - 13.10.1993, 2. - 3.11.1993, 3. 4.11.1993, 4. - 5.11.1993, 21. - 22.11.1993, jeweils über Nacht abgestellt. Am 27.8. und am 29.9.1993 habe er den LKW 0- ganztägig abgestellt. Weiters habe er in der Nacht vom 20.1.1994 auf den 21.1.1994 den LKW mit dem Kennzeichen SR auf dem Vorplatz abgestellt. Er habe die Betriebsanlage somit nicht gemäß den erteilten Genehmigungen betrieben.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher unter Hinweis auf die bereits mehrmals ergangene Judikatur des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich auf Spruchmängel gemäß § 44a Z1 VStG hingewiesen wurde, weil in den Spruch auch jene Umstände nach § 74 GewO 1973 aufzunehmen sind, welche die Genehmigungspflicht der konkreten Betriebsanlage hervorrufen. Im übrigen wurde auf mehrere Bewilligungsbescheide für die Betriebsanlage hingewiesen, auf welche im Straferkenntnis nicht Rücksicht genommen wurde. Es werde daher die Einstellung des Strafverfahrens bzw die Anwendung des § 21 VStG beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und gleichzeitig mitgeteilt, daß eine Betriebsstättengenehmigung für die Einstellung von LKW erteilt wurde, die für das Abstellen in der Garage vorgesehen sind. Für diese liegt eine Betriebsanlagengenehmigung vor. Es gebe weiters eine Vereinbarung zwischen dem Beschuldigten und dem Nachbarn G , wonach Fahrzeuge, die ansonsten nicht in der Garage abgestellt werden, nur kurzfristig auf dem Vorplatz abgestellt werden. Es sei daher unverständlich, wenn der Berufungswerber nunmehr vermeint, seinen gesamten Vorplatz ständig für das Abstellen von LKW benützen zu dürfen.

Da nach Einsichtnahme in den Verwaltungsverfahrensakt schon aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 der GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 29/1993 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer Z3 eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt; Z4 eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, begeht, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 - 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält (§ 367 Z26 GewO).

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Diesen Anforderungen wird weder in der im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung als erster Verfolgungshandlung noch durch den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entsprochen.

4.3. Wie nämlich der Vertreter des Berufungswerbers ausführlich und zutreffend in seiner Berufung unter Hinweis auf die ständige Judikatur des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof) darlegt, wäre es dem Tatvorwurf nach § 366 Abs.1 Z3 GewO erforderlich gewesen, daß in den Spruch des Straferkenntnisses auch jene konkreten Umständen gemäß den Tatbeständen nach § 74 GewO aufgenommen werden, die geeignet sind, eine Genehmigungspflicht nach § 74 GewO für die konkrete Betriebsanlage hervorzurufen.

Diese Ausführungen sind vollinhaltlich zu bestätigen und es wird diesbezüglich auf die rechtskräftigen Erkenntnisse des O.ö. Verwaltungssenates zu VwSen-220246/2/Kl und VwSen-220266/2/Kl denselben Beschuldigten betreffend hingewiesen. Diese Entscheidungen sind auch der belangten Behörde zugegangen. Schon allein aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4.4. Im besonderen ist aber darauf hinzuweisen, daß der im angefochtenen Straferkenntnis ausgesprochene Tatvorwurf eine Zuordnung des Tatverhaltens weder zur Verwaltungsvorschrift des § 366 Abs.1 Z3 GewO (laut Straferkenntnis), noch zu § 366 Abs.1 Z4 GewO noch zu § 367 Z26 GewO in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht. Dies aus folgenden Gründen:

Die belangte Behörde geht offenbar von einer ursprünglich genehmigten Betriebsanlage, nämlich Betriebsgarage, Eigentankanlage sowie Wasch- und Manipulationsplatz bzw Vorplatz, aus. Der Betrieb einer genehmigten Betriebsanlage - wenn auch entgegen dem Genehmigungsbescheid - erfüllt daher keinesfalls den Tatbestand des § 366 Abs.1 Z3 GewO, weil dieser von der Errichtung bzw vom Betrieb einer nicht genehmigten Anlage ausgeht.

Wird hingegen eine mit Bescheid genehmigte Betriebsanlage geändert, so ist unter Berücksichtigung der entsprechenden Vorschriften der GewO (§ 81) um eine Genehmigung der Änderung anzusuchen. Wer hingegen eine genehmigungspflichtige Änderung ohne Genehmigung durchführt oder trotz einer genehmigungspflichtigen Änderung die geänderte Anlage sodann ohne Änderungsgenehmigung betreibt, begeht eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO. Hinsichtlich dieses Straftatbestandes ist es aber erforderlich, neben der vollständigen Zitierung der Genehmigungsbescheide auch die ändernden Maßnahmen in den Spruch aufzunehmen sowie auch jene Umstände gemäß § 74 GewO, die die Genehmigungspflicht der Änderung ausmachen.

Sollte hingegen der Spruchteil "Sie haben die Betriebsanlage somit nicht gemäß den erteilten Genehmigungen betrieben." einen Tatvorwurf gemäß § 367 Z26 GewO darstellen, so fehlt es jedenfalls an der Anführung der konkreten Bescheidauflage bzw. -auflagen im Spruch des Straferkenntnisses. Dies ist deshalb erforderlich, um den vorgeworfenen Sachverhalt der jeweiligen Auflage, welche ein Gebot zur Ausübung des Rechts auf Betrieb einer genehmigten Betriebsanlage darstellt, zuordnen zu können.

In diesem Sinne ist daher der im angefochtenen Straferkenntnis beinhaltete Tatvorwurf keiner der genannten in Betracht kommenden Verwaltungsübertretungen hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale entsprechend der ständigen Judikatur des VwGH zuordenbar. Durch einen hinsichtlich der wesentlichen Tatbestandsmerkmale derart unkonkretisierten Tatvorwurf wird der Beschuldigte in seinem Verteidigungsrecht so gravierend beeinträchtigt, sodaß mit der Aufhebung vorzugehen war.

Da im übrigen die Verfolgungsverjährungsfrist bereits verstrichen ist, war das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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