Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220938/10/Ga/La

Linz, 30.05.1995

VwSen-220938/10/Ga/La Linz, am 30. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des S A , vertreten durch Dr. H F , Rechtsanwalt in L , S straße gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. März 1994, Zl. Ge-96/96/1993/Eich, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und durch öffentliche Verkündung am 24. Mai 1995 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1, § 51g, § 51i; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er sei schuldig, er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 für die Gewerbe "Schilderhersteller" und "Maler und Anstreicher" der "A Ges.m.b.H. & Co KG" eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z4 iVm § 81 Abs.1 und § 74 Abs.2 Z2 und Z5 GewO 1973 zu vertreten.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Es sei an einem näher bezeichneten Standort in der Gemeinde N am 2. März 1993 die mit bestimmtem Bescheid genehmigte Betriebsanlage nach erfolgter genehmigungspflichtiger Änderung ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden, indem konsenslos, wie anläßlich einer behördlichen Überprüfung festgestellt worden sei, näher bezeichnete Maschinen (zwei Siebdruckanlagen und eine Wasseraufbereitungsanlage) betrieben worden seien, wodurch die Möglichkeit einer Belästigung von Nachbarn durch Lärm, Erschütterung und Geruch sowie einer Gefährdung des Grundwassers durch auslaufende Lacke und Chemikalien beim Betrieb dieser Anlagenteile bestanden habe.

Über den Berufungswerber wurde eine Geldstrafe in der Höhe von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Tage) kostenpflichtig verhängt.

2. Die das Straferkenntnis in Schuld und Strafe anfechtende Berufung bestreitet nicht, daß ein Austausch von Maschinen stattgefunden hat, bringt aber vor, daß es sich infolge der Gleichartigkeit der Maschinen und Geräte um keine genehmigungspflichtige Änderung handle. Im übrigen rügt die Berufung, daß das Straferkenntnis hinsichtlich der angenommenen Emissionen der Maschinen an erheblichen Feststellungsmängeln leide und eine erschöpfende Erörterung der Sache daher gar nicht möglich sei. Der Berufungswerber beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung (und die im Verwaltungsstrafverfahren seit dem 1. Jänner 1991 verfahrensgesetzlich nicht mehr vorgesehene Zurückverweisung an die Strafbehörde).

3. Zur Klärung von Tatfragen hat der unabhängige Verwaltungssenat am 24. Mai 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschuldigtenpartei und ihres Vertreters durchgeführt. Als Partei dieses Verfahrens war auch die belangte Behörde geladen, jedoch - mit dem Hinweis auf Arbeitsüberlastung - nicht erschienen. Für das Beweisverfahren wurde der Amtssachverständige Ing. K S geladen und als Zeuge förmlich vernommen.

3.1. Hinsichtlich der spruchgemäßen Sachverhaltsannahme bot sich dem unabhängigen Verwaltungssenat vor Eröffnung des Beweisverfahrens aus dem zugleich mit der Berufung zu Zl.

Ge96-96-1993/Ew/We vorgelegten Strafakt folgendes Bild dar:

Entgegen der gemäß § 60 AVG (§ 24 VStG) auch für das Verwaltungsstrafverfahren geltenden Begründungspflicht führt die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis zum Sachverhalt pauschal nur aus, daß dem Berufungswerber die im Spruch genannte Verwaltungsübertretung auf Grund der von Organen der Bezirkshauptmannschaft im Rahmen eines Lokalaugenscheines am 2. März 1993 getroffenen FESTSTELLUNGEN zur Last gelegt werde. WELCHE Feststellungen konkret getroffen wurden, ist in der Bescheidbegründung nicht angegeben. Auch der Strafakt verschafft diesbezüglich keine Aufhellung. Ihm liegt mit dem Aktenvermerk vom 3. März 1993 (OZ 2) ein einziges Dokument betreffend den erwähnten Lokalaugenschein ein. Daraus geht jedoch nur hervor, daß anläßlich einer unangemeldeten Überprüfung im Beisein des Amtssachverständigen festgestellt worden sei, daß in der überprüften Betriebsanlage "folgende Anlagenteile errichtet und in Betrieb waren, ohne daß hiefür eine gewerbebehördliche Genehmigung gegeben wäre: 1. zwei Siebdruckanlagen Svecia samt Trockner und 2. eine Wasseraufbereitungsanlage Split-O-Mat". Angaben über einen aktuell beobachteten Betrieb der Maschinen, über wahrgenommene Emissionen und deren Intensität, über Funktionsweisen und technische Standards der Maschinen, über Details des konkreten Aufstellungsortes im Betrieb oder über die Nachbarsituation können auch diesem Aktenvermerk nicht entnommen werden.

3.2. Trotz dieses erheblichen und eben deswegen schon aus dem Blickwinkel des § 37 AVG (§ 24 VStG) iVm Art. 6 MRK bedenklichen Feststellungsdefizits (vgl. die ständige h.

Rspr. zB Erk. vom 10.2.1995, VwSen-220859/2/Wei/Bk; mwN) hat der unabhängige Verwaltungssenat dennoch versucht, durch Vernehmung des zur Verhandlung geladenen sachverständigen Zeugen den dem Tatvorwurf zugrundeliegenden Sachverhalt zu erforschen. Die hier belangvollen Aussagen des Zeugen lauten:

"An die Situation während des Rundganges im Zuge der gewerbebehördlichen Überprüfung kann ich mich nur vage erinnern. Ich mußte auch kein Gutachten und keinen Befund erstellen. Wir befanden uns als Gewerbekommission auf einer Dienstreise, kamen beim nämlichen Betrieb vorbei und die Entscheidung der Verhandlungsleiterin lautete, auch diesen Betrieb kontrollieren wir jetzt noch. Ich kann mich erinnern, daß ich im Zuge des Durchganges durch die Betriebsanlage eine Wasseraufbereitungsanlage wahrgenommen habe, ich kann mich auch noch erinnern, daß ich konkret eine Siebdruckanlage - Marke und Fabrikat allerdings weiß ich nicht mehr - wahrgenommen habe. Ich war als Amtssachverständiger weder vor dem Tattag noch nach dem Tattag zu irgendwelchen Amtshandlungen betreffend diesen Betrieb zugezogen. Aus dieser spontanen Überprüfung im Zuge dieser Dienstreise erkläre ich mir heute, daß ich damals weder zur Erstellung eines Befundes noch eines Gutachtens veranlaßt gewesen bin, weil die Verhandlungsleiterin das damals offenbar auch nicht für notwendig erachtet hatte. Ich habe heute keine Erinnerung mehr, wie der Boden des Aufstellungsraumes der bezeichneten Maschinen ausgestattet gewesen ist. ...

Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, daß zum Zeitpunkt unseres Kontrollganges jene Siebdruckanlage, an die ich mich erinnern kann, daß diese Anlage nicht in Betrieb gewesen ist. Ich bin mir aber auch ziemlich sicher, daß auch die Wasseraufbereitungsanlage zum Zeitpunkt des Kontrollganges nicht in Betrieb gewesen ist. ...

Befragt nach der näheren Funktionsweise der wahrgenommenen Wasseraufbereitungsanlage gebe ich an, daß der Kontrollgang von nur kurzer Dauer gewesen ist, aber soweit ich mich erinnern kann, hat es sich bei der von mir wahrgenommenen Wasseraufbereitungsanlage um eine solche Anlage gehandelt, die mittels Schwerkraftprinzip, nicht also durch chemische Vorgänge die Reinigung vornimmt." 3.3. Wie sich aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 - ändert oder nach der Änderung betreibt - ergibt, enthält diese Gesetzesstelle zwei alternative Straftatbestände.

Wird, wie vorliegend, die Deliktsverwirklichung darauf abgestellt, daß die in einem bestimmten Umfang ursprünglich genehmigte Betriebsanlage nach Änderung durch Einbau bestimmter Maschinen betrieben wurde, so ist der am angegebenen Ort zur angegebenen Zeit festgestellte, tatsächliche Betrieb jedenfalls auch der (als Änderung des genehmigten Bestandes gewerteten) Maschinen wesentliches Sachverhaltselement.

Das Ergebnis des Zeugenbeweises wird jedoch dahin gewürdigt, daß gerade diese Maschinen - entgegen dem spruchgemäßen Vorwurf - am (einzigen) Tattag nicht, zumindest im Zweifel nicht betrieben worden sind. Sind aber die Maschinen nicht betrieben worden, dann ist auch der Nachweis des Betreibens der gesamten Anlage im geänderten Zustand nicht gelungen (vgl. VwGH 22.11.1994, 94/04/0156).

Mit dieser Beweiswürdigung sind die Aussagen des Berufungswerbers im Zuge seiner Vernehmung vereinbar. Die belangte Behörde konnte dem Beweisergebnis nichts entgegenhalten, weil sie - wie erwähnt - in der Verhandlung trotz Ladung nicht vertreten war. Gemäß § 51i VStG ist jedoch bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Verhandlung vorgekommen ist.

4. War aber schon der Betrieb der im Spruch bezeichneten Maschinen zur vorgeworfenen Tatzeit nicht erweislich, dann kann die Frage des Nachweises der - aus dem Blickwinkel der in § 74 Abs.2 GewO 1973 umschriebenen Interessen die Genehmigungspflichtigkeit der Anlagenänderung erst begründenden - weiteren Tatumstände (konkrete Emissionen und deren Einwirkungsmöglichkeiten) auf sich beruhen.

5. Zusammenfassend konnte die dem Berufungswerber zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden und war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben; gleichzeitig war aus diesem Grund gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.

6. Mit diesem Ergebnis entfällt auch die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren dem Beschuldigten in diesem Fall von Gesetzes wegen nicht aufzuerlegen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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