Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220943/14/Gu/Atz

Linz, 26.04.1994

VwSen-220943/14/Gu/Atz Linz, am 26. April 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über den Antrag des Franz E L , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B , auf Wiederaufnahme des durch Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 4.1.1994, Zl. VwSen-220295/12/Kon/Fb, abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretungen des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes 1987, nach der am 18. April 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Wiederaufnahmsantrag wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 69 Abs. 1 Z.2, § 69 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

Der Antragswerber hat gemäß § 64 Abs. 2 und 6 VStG als Kostenbeitrag für das Verfahren den Betrag von 2.000 S an den O.ö. Verwaltungssenat zu leisten.

Entscheidungsgründe:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Erkenntnis (Bescheid) des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 4. Jänner 1994, VwSen-220295/12/Kon/Fb, mit welchem einer Berufung des F E L wegen Verwaltungsübertretungen nach dem KJBG keine Folge gegeben wurde, erfolgte der Abschluß eines Verwaltungs strafverfahrens, das erstinstanzlich vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz über Antrag des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk eingeleitet worden war.

Der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates war eine Einladung an den Beschuldigten vom 26. November 1993 vorausgegangen, Beweismittel anzubieten, daß, wie in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis behauptet, Frau C M , zur verantwortlichen Beauftragten im Sinn des § 9 Abs. 2 VStG vor dem Beginn der angelasteten Tatzeit, sohin vor dem 11.6.1991, bestellt worden sei und die Genannte nachweislich ihrer Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten zugestimmt habe und darüber hinaus auch die entsprechende Anordnungsbefugnis im Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes besessen habe.

Auf diese Einladung hin legte der Beschuldigte mit Schreiben vom 9.12.1993 die Ablichtung eines Dienstvertrages zwischen der Linz T AG und Frau C M vor, wonach die Bestellung und Zustimmung zur verantwortlichen Beauftragten, aus dem letzten Satz zu ersehen sei.

Der erste Satz dieser Dienstvereinbarung lautete: "Sehr geehrte Frau M C . Wir haben Sie ab 1.1.1992 als koordinierende Hotelleiterin (Bankett/Verkauf) mit der Beschäftigungsgruppe/Lohngruppe I verpflichtet (Arbeiter/ Angestellter)." Die letzten zwei Sätze dieser Vereinbarung lauteten: "Die einverständliche Kenntnisnahme der Dienstvereinbarung wird durch Gegenzeichnung bestätigt. Mit der koordinierenden Leitung sind Sie auch hinsichtlich der Personalführung verantwortlich Beauftragter (§ 9 Abs. 2 VStG)." Die Vereinbarung, datiert mit 29.1.1992, ist vom Dienstgeber und der Dienstnehmerin unterfertigt.

Dieses Beweismittel wurde dem Arbeitsinspektorat zur Wahrung des rechtlichen Gehörs übermittelt und die Stellungnahme des Arbeitsinspektorates abermals dem Beschuldigten zur Parteienäußerung überreicht. In dem daraufhin am 29. Dezember 1993 datierten Schriftsatz bezieht sich dieser im wesentlichen auf das angebotene Beweismittel, welches von ihm bereits am 9.12.1993 bei seiner Berufung übergeben worden sei.

Das vorzitierte Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates hatte als wesentlichen Inhalt auch die Erörterung des angebotenen Beweismittels zum Gegenstand und stützte sich darauf, daß daraus eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung vor der Tatzeit nicht abgeleitet werden konnte.

Diese Entscheidung wurde dem Beschuldigten am 7.2.1994 zugestellt.

Am 22. Februar 1994 langte beim Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz ein am 21.2.1994 der Post zur Beförderung übergebener Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ein, der vom nunmehrigen Rechtsfreund des Beschuldigten, Rechtsanwalt Dr. B , W , P , verfaßt worden ist.

Begründend macht der Antragsteller geltend, daß gegen das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich kein ordentliches Rechtsmittel zulässig sei.

Aus diesem Erkenntnis habe er nach Zustellung erstmals erkennen können, daß ohne sein Verschulden ein neues (gemeint wohl: bereits vorher bestandenes) Beweismittel nicht geltend gemacht werden konnte, welches voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Neu hervorgekommen sei das Beweismittel der Dienstvereinbarung zwischen der Linz T AG und Frau M C vom 17.7.1990, in der Frau C M ihre Zustimmung zur Bestellung als verantwortliche Beauftragte für die Personalführung/-einteilung (§ 9 VStG) ausdrücklich gegeben habe. Das Beweismittel habe bereits zur Zeit des Verfahrens bestanden, sei aber noch nicht benützt worden, wobei den Beschuldigten kein Verschulden treffe.

Nach der Aufforderung des UVS habe er am 9.12.1993 persönlich sämtliche Dienstvereinbarungen der Linz T AG mit der für den E zur verantwortlichen Beauftragten bestellten Dienstnehmerin vorbereitet, insbesondere auch die Dienstvereinbarung zwischen der Linz Textil H und Frau C M vom 17.7.1990, in der diese schriftlich ausdrücklich zustimmte, daß sie ab 31.5.1990 verantwortliche Beauftragte sei. Der von ihm am 9.12.1993 verfaßte, an den UVS gerichtete Brief, habe sich auf diese Dienstvereinbarung vom 17.7.1990 bezogen. Er habe seine langjährige Sekretärin Frau E G beauftragt, die Dienstvereinbarung vom 17.7.1990 samt seinem Brief an den UVS zu übersenden. Warum letztlich nicht diese Dienstvereinbarung vom 17.7.1990, sondern die letzte Dienstvereinbarung vom 29.1.1992, welche unmittelbar an die Dienstvereinbarung vom 17.7.1990 anschließt, beim UVS eingelangt sei, sei ihm unerklärlich.

Es treffe ihn diesbezüglich kein Verschulden. Seine Mitarbeiterin Frau G arbeite seit jeher äußerst zuverlässig und selbständig. Eine detaillierte und laufende Nachkontrolle der Ausgangspost durch ihn war und sei bei ihr nicht erforderlich. Er sei daher bis zur Zustellung des Erkenntnisses des UVS am 7.2.1994 der Meinung gewesen, daß die Dienstvereinbarung vom 17.7.1990 dem UVS bekannt sei, sodaß der UVS diese im Verfahren hätte berücksichtigen können.

Daß nicht diese, sondern die Dienstvereinbarung vom 29.1.1992 dem UVS zur Kenntnis gelangt war, habe er erst aus dem Erkenntnis des UVS erkennen können. Das Beweismittel der Dienstvereinbarung vom 17.7.1990 habe er daher ohne sein Verschulden nicht geltend machen können und habe dies auch daher von der Behörde nicht berücksichtigt werden können.

Bei Kenntnis dieser Dienstvereinbarung hätte der UVS voraussichtlich in der Hauptsache anders abgesprochen.

Aus diesem Grunde beantragt er, der Wiederaufnahme des Verfahrens stattzugeben und das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren neuerlich durchzuführen und neu zu entscheiden.

Aufgrund des Antrages wurde am 18.4.1994 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Beschuldigten und seines Vertreters, sowie eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk durchgeführt, in deren Rahmen die Zeugen E G und G H und der Beschuldigte vernommen.

Demnach ergibt sich folgender Sachverhalt:

Das Schreiben des unabhängigen Verwaltungssenates vom 26. November 1993, VwSen-220295/5/Kon/Fb, wurde von der Sekretärin des Beschuldigten übernommen. Diese legte ihm daraufhin das Poststück vor.

Der Beschuldigte vermerkte darauf noch eigenhändig "Frau S bitte Rücksprache DRINGEND". Frau S war die Personalverrechnerin und führte die gesamten Personalakte der Bediensteten des E . Die Letztgenannte legte den Personalakt vor und vermerkte auf dem Schreiben die Beschäftigungszeit von C M . In dem Personalakt befanden sich zwei Dienstverträge mit C M , und zwar vom 29.1.1992 und vom 17.7.1990. Der Beschuldigte diktierte seiner Sekretärin Frau G das Antwortschreiben vom 9.12.1993, FL/Gr, und ersuchte sie, die entsprechenden Unterlagen (Beilagen) anzuschließen.

Welcher Dienstvertrag konkret mitzusenden sei, wurde zwischen dem Beschuldigten und seiner Sekretärin nicht besprochen.

Letztere fertigte die Reinschrift an und fügte den letzten gültigen Dienstvertrag (vom 29.1.1992) bei - weil nach ihrem Verständnis der letzte gültige Dienstvertrag angeschlossen gehörte - und legte die Reinschrift samt dieser Beilage dem Beschuldigten zur Unterschrift vor. Nach eigenhändiger Unterschrift sandte sie das Schreiben mit dem angeschlossenen Dienstvertrag vom 29.1.1992 an den unabhängigen Verwaltungssenat ab.

Bei diesem Sachverhalt war folgendes rechtlich zu bedenken:

Gemäß § 69 Abs. 1 Z.2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Mit Ausnahme des Verschuldens liegen alle sonstigen Voraussetzungen für einen aussichtsreichen Wiederaufnahmsantrag vor.

"Verschulden" bedeutet hier die Verletzung eines solchen Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann (§ 1297 ABGB; VwGH 24.4.1986, Zl. 86/02/0048; und zwar im Gegensatz zu § 71 Abs. 1 Z.1, letzter Teilsatz AVG). Ob die Fahrlässigkeit leicht oder schwer ist (§ 1294 ABGB), ist irrelevant (Vw-Slg. NF 6982 A, 8605 A, 10485 A).

Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, daß dem Beschuldigten bei der Vorlage des Beweismittels insoferne Fahrlässigkeit unterlaufen ist, als er die mit der Schreibtätigkeit beauftragte Erfüllungsgehilfin nicht konkret aufmerksam machte, welcher der beiden Dienstverträge (oder ob beide als Beilage und Beweismittel) anzuschließen wären und auch dann nichts gesondert anordnete, vermerkte oder veranlaßte, als er das reingeschriebene, zur Absendung mit der Beilage bereite Schriftstück persönlich unterfertigte und auch die weitere Abfertigung nicht kontrollierte, zumal dies bei gehöriger Aufmerksamkeit ob der Wichtigkeit der Sache und der Unkenntnis der entscheidenden Sachfrage seitens der mit der Sache nicht vertrauten Erfüllungsgehilfin notwendig gewesen wäre.

Diese Fahrlässigkeit verhinderte eine Stattgebung des Wiederaufnahmsantrages.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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