Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220953/11/Ga/La

Linz, 27.04.1995

VwSen-220953/11/Ga/La Linz, am 27. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des R B vertreten durch G B in N G straße , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. April 1994, Zl.

Ge-96/120/1993/Tr/Amv, wegen Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften und der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben; in den Spruchpunkten 3. und 5. des angefochtenen Straferkenntnisses wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen; in den Spruchpunkten 1., 2. und 4. werden die verhängten Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) hingegen bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat a) in den Spruchpunkten 3.

und 5. keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde zu leisten; b) in den Spruchpunkten 1., 2. und 4. als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20% der je verhängten Strafen, ds je 1.000 S, zusammen 3.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991): § 66 Abs.4.

VStG (Verwaltungsstrafgesetz 1991): § 24; § 16, § 19, § 21, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; § 64 Abs.2, § 65, § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde als erwiesen angenommen und vorgeworfen: Der Berufungswerber ist schuldig, er hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der "S Gesellschaft m.b.H." mit dem Sitz in N zu vertreten, daß am 21. Jänner 1993 in der Zeit von 9.00 Uhr bis 10.00 Uhr im Betrieb in K Gst.Nr. KG F , näher angegebene Vorschriften der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (Spruchpunkte 1.

bis 4.) sowie eine wörtlich angeführte Auflage eines näher bezeichneten Betriebsanlagengenehmigungsbescheides für die am angegebenen Ort befindliche Lagerhalle als Bestandteil der gewerblichen Betriebsanlage (Spruchpunkt 5.) nicht eingehalten worden sind.

In allen fünf Spruchpunkten ist über den Berufungswerber gemäß § 31 Abs.2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ASchG) eine Geldstrafe in der Höhe von je 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: je 48 Stunden) je kostenpflichtig verhängt worden.

1.2. Dagegen hat der Berufungswerber durch seine ausdrücklich und schriftlich zur Vertretung in diesem Fall bevollmächtigte Ehefrau eine zulässige Berufung erhoben.

2. Zu der von der belangten Behörde gleichzeitig mit dem bezughabenden Strafakt ohne inhaltliche Gegenäußerung vorgelegten Berufung hat der Beschuldigte im Vorverfahren, in dem auch das Arbeitsinspektorat als Partei gehört worden ist, nach Vorhalt von Undeutlichkeiten im Zusammenhang mit der Berufungserklärung ausdrücklich klargestellt, daß die Berufung als nur gegen die vorgeschriebenen Strafen eingebracht zu verstehen ist.

Das angefochtene Straferkenntnis ist somit hinsichtlich der Schuld (Spruchelemente gemäß § 44a Z1 und Z2 VStG) in allen fünf Fakten teilrechtskräftig geworden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Die für die Strafbemessung maßgeblichen Grundsätze regelt § 19 VStG. Danach obliegt es der - insoweit eine Ermessensentscheidung treffenden - Strafbehörde, die Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens (hier:

gemäß § 31 Abs.2 ASchG Geldstrafe bis 50.000 S; gemäß § 367 Einleitung GewO 1973 Geldstrafe bis 30.000 S) an Hand der objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts (§ 19 Abs.1 VStG) und der subjektiven Kriterien des Schuldgehalts (§ 19 Abs.2 VStG) zu bewerten und entsprechend dieser Bewertung die Strafe festzusetzen. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe (sinngemäß sind hiefür heranzuziehen: §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches) gegeneinander abzuwägen. Im ordentlichen Strafverfahren sind schließlich die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

3.2. Zu den Fakten 1. und 2. sowie 4.

Dafür, daß die belangte Behörde bei den gemäß diesen Spruchpunkten geahndeten Übertretungen der AAV straffestsetzend das ihr zukommende Ermessen gesetzwidrig gehandhabt hätte, haben sich im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte ergeben.

Auch der Berufungswerber hat derartiges in seiner Rechtsmittelschrift nicht behauptet, sondern im wesentlichen nur darauf hingewiesen, daß die inkriminierten Mängel nun zum Großteil behoben seien und dies mit finanziellem Aufwand verbunden gewesen sei, weshalb er um Nachlaß der vorgeschriebenen Strafen ersuche.

Dieses Vorbringen kann keine Herabsetzung der ohnedies im untersten Bereich (1/10) des Strafrahmens festgesetzten Geldstrafen bewirken. Wie aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nachvollziehbar hervorgeht, ist die belangte Behörde bei der Strafbemessung zu diesen Spruchpunkten richtig und vollständig nach den Kriterien des § 19 VStG vorgegangen und hat dabei offensichtlich auch auf das von ihr auf der subjektiven Tatseite angenommene, einfache Fahrlässigkeitsverschulden des Berufungswerbers Bedacht genommen. Die Berücksichtigung einschlägiger Verwaltungsvorstrafen als straferschwerend ist von der Aktenlage gedeckt. Gegen die zugrundegelegten persönlichen Verhältnisse hat der Berufungswerber nichts vorgebracht.

Auch das Ausmaß der gleichzeitig festzusetzen gewesenen Ersatzfreiheitsstrafen ist vor dem Gesetz vertretbar.

Aus diesen Gründen war der Berufung zu den Fakten 1., 2. und 4. der Erfolg zu versagen und insoweit eine Bestätigung der verhängten Strafen auszusprechen.

3.3. Zu den Spruchpunkten 3. und 5.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Strafbehörde, im Berufungsfall auch der unabhängige Verwaltungssenat, ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

3.3.1. Was die Sachverhaltsannahme zu Spruchpunkt 3.

anbelangt, ist daraus nur ersichtlich, daß in der bezeichneten Produktionshalle "eine Raumtemperatur von unter 12 o C herrschte"; in welchem Ausmaß die von der Verbotsnorm des § 12 Abs.2 AAV angeordnete Mindest-Raumtemperatur von 12 o C zum Kontrollzeitpunkt (= 21. Jänner 1993, gegen 10.00 Uhr vormittags) unterschritten gewesen ist, geht aus dem Schuldspruch nicht hervor. Aber auch dessen Begründung sowie die Anzeige des Arbeitsinspektorats vom 1. März 1993 sagen darüber nichts aus; Ermittlungen diesbezüglich hat die belangte Behörde nach Ausweis des Strafakts nicht gepflogen.

Dieser Befund veranlaßt den unabhängigen Verwaltungssenat, im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers eine nur ganz geringfügige Unterschreitung der bei Arbeiten mit starker körperlicher Beanspruchung vorgeschriebenen Mindest-Raumtemperatur von 12 o C anzunehmen.

Damit aber steht fest, daß die Folgen der Übertretung, dh das konkret verwirklichte Unrecht so unbedeutend gewesen ist, daß - weil eben dadurch auch nur eine bloß geringfügige Tatschuld begründet sein konnte (vgl. Erk. UVS 9.9.1994, VwSen-260085/8/Wei) - die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 erster Satz VStG im Sinne eines Rechtsanspruchs erfüllt sind. Deshalb war von der Verhängung der Geldstrafe in diesem Fall abzusehen.

Eine Ermahnung hatte zu unterbleiben, weil nach den Umständen des Falles nicht davon auszugehen war, daß diese Maßnahme zur Absicherung künftigen Wohlverhaltens in gleichartigen Sachkonstellationen erforderlich wäre.

3.3.2.1. Die Verletzung der im Spruchpunkt 5. mit ihrem Wortlaut zitierten Auflage 1. des näher bezeichneten Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 18. Juli 1988 wurde als Zuwiderhandeln gegen eine Arbeitnehmerschutzvorschrift iSd § 31 Abs.2 lit.p ASchG gewertet und demgemäß unter Heranziehung der Strafnorm des § 31 Abs.2 ASchG - und des damit angewendeten Strafrahmens bis 50.000 S - gleichfalls mit 5.000 S bestraft.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist der fraglichen Auflage ("1. Die Anlage ist projektsgemäß zur Ausführung zu bringen und widmungsgemäß zu betreiben") zu Unrecht ein - überwiegender - arbeitnehmerschutzrechtlicher Inhalt zugemessen worden. Über die Gründe dieser Zuordnung sagt das angefochtene Straferkenntnis nichts aus.

Der Wortlaut dieser Auflage iZm dem sonstigen Inhalt des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 18. Juli 1988 (inkl. seiner Begründung) gebietet allerdings, die Auflage als Befehl mit in erster Linie gewerberechtlichem, an den Rechtsgütern des § 74 Abs.2 GewO 1973 orientierten Schutzzweck einzuordnen, sodaß vorliegend nicht nur der Übertretungstatbestand gemäß § 367 Z26 GewO 1973 (maßgeblich war hier die Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle BGBl.Nr. 29/1993 bzw. der Wiederverlautbarung K. BGBl.Nr.

194/1994), sondern auch die Strafnorm gemäß § 367 Einleitung GewO 1973 - mit dem dort vorgesehenen, geringeren Strafrahmen (nur bis 30.000 S) - anzuwenden gewesen wäre.

Selbst im Zweifel aber - ob überwiegend gewerberechtlicher oder überwiegend arbeitnehmerschutzrechtlicher Inhalt der Auflage - hätte (anders als in der Fallkonstellation, die dem h. Erkenntnis vom 29. September 1994, VwSen-220791/5/Kl, zugrundegelegen ist) zugunsten des Beschuldigten der geringere Strafrahmen den Ausschlag für eine Zuordnung der Zuwiderhandlung unter das Regime des § 367 GewO 1973 geben müssen.

3.3.2.2. Aus der Einsicht in den Strafakt geht zum Spruchpunkt 5. aber auch hervor, daß der Tatvorwurf zum Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Straferkenntnisses schon der Verjährung anheim gefallen gewesen ist. Es hat nämlich die am 18. Juni 1993 als erste Verfolgungshandlung hinausgegebene Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. Juni 1993 zum Spruchpunkt 5. die gegenständliche Auflage nur ziffernmäßig, nicht aber mit ihrem Wortlaut zitiert gehabt.

Daraus folgt in Anwendung der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB Erk. 29.3.1994, 93/04/0255; 26.4.1994, 93/04/0244; 20.9.1994, 94/04/0041), daß eine solche Tatanlastung (mit einer bloß ziffernmäßig bezeichneten Auflage) keine im Lichte des Konkretisierungsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG hinreichende Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht. Haftet dieser Bestimmtheitsmangel, wie vorliegend, auch schon der Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG an, dann konnte auch die Verjährungsfrist nicht unterbrochen werden.

Allerdings ist die Aufhebung dieses Spruchpunktes (und diesbezüglich die Verfahrenseinstellung wegen Verfolgungsverjährung) dem unabhängigen Verwaltungssenat im Hinblick auf die bereits eingetretene Rechtskraft, dh Unabänderlichkeit des Schuldspruchs (siehe oben P.2.) verschlossen. Vor dem Hintergrund jedoch der dem unabhängigen Verwaltungssenat durch Art. 129 B-VG aufgetragenen Gesetzmäßigkeitskontrolle würdigt er die zu diesem Spruchpunkt hervorgekommenen Rechtswidrigkeiten immerhin in der Weise, daß er auch hier die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG für zulässig und geboten findet. Es war daher auch zu diesem Spruchpunkt von einer Strafe abzusehen, weil bei einer ausgewogenen Würdigung der Umstände dieses Falles das vom Berufungswerber zu vertretende Fehlverhalten offenbar hinter dem in der Strafdrohung des § 367 Z26 GewO 1973 typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben ist.

Wie schon unter Punkt 3.3.1. hatte auch hier eine Ermahnung zu unterbleiben, weil nach der Aktenlage - unter den aufgezeigten, besonderen Umständen - nicht angenommen werden kann, daß diese Maßnahme zur Absicherung künftigen Wohlverhaltens erforderlich wäre.

3.3.2.3. Den nach diesem Verfahrensergebnis somit verbleibenden und, wie dargelegt, dem unabhängigen Verwaltungssenat schon rechtskräftig vorgelegenen, gleichwohl zum Nachteil des Beschuldigten das Gesetz offenkundig verletzenden Schuldspruch im Spruchpunkt 5. wird die belangte Behörde mit Hilfe der Möglichkeiten des § 52a VStG aus der Rechtsordnung beseitigen können.

4. Auf der Kostenseite bewirkt diese Entscheidung, daß dem Berufungswerber der gemäß § 64 Abs.2 VStG 20%ige Beitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nur hinsichtlich der bestätigten Strafaussprüche aufzuerlegen ist (vgl. VwGH 30.8.1991, 91/09/0022, mit Vorjudikatur).

Auch der zu verfügen gewesene Entfall des Kostenbeitrags zum Verfahren vor der Strafbehörde in den Spruchpunkten 3. und 5. ist gesetzlich begründet.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung zur Vorbereitung dieser Entscheidung war nicht durchzuführen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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