Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-510047/3/Gf/Km

Linz, 02.02.2000

VwSen-510047/3/Gf/Km Linz, am 2. Februar 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Konrath über die Berufung des M A K, vertreten durch RA Dr. M F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. Jänner 2000, Zl. VerkR-280202/29-2000/G/O, wegen Abweisung eines Antrages auf Befreiung vom Erfordernis eines Reifeprüfungszeugnisses als Voraussetzung zur Erlangung der Fahrschullehrerberechtigung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben; gleichzeitig wird ausgesprochen, dass dem Antrag des Berufungswerbers auf Befreiung vom Erfordernis eines in Österreich gültigen Reifezeugnisses als eine der Voraussetzungen zur Erteilung einer Fahrschullehrerberechtigung stattgegeben wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. Jänner 2000, Zl. VerkR-280202/29-2000/G/O, wurde der Antrag des Rechtsmittelwerbers um Befreiung vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifeprüfungszeugnisses als Voraussetzung zur Erlangung der Fahrschullehrerberechtigung abgewiesen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer noch nicht 5 Jahre als Fahrlehrer bei einer Fahrschule tätig sei, weshalb sich auch die Prüfung der Frage, ob in Oberösterreich ein entsprechender Bedarf an Fahrschullehrern bestehe, erübrigt habe.

1.2. Gegen diesen ihm am 12. Jänner 2000 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 21. Jänner 2000 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass die belangte Behörde unberücksichtigt gelassen habe, dass er auch bereits zuvor - nämlich von Oktober 1991 bis April 1996 - bei anderen Fahrschulen als Fahrlehrer tätig gewesen sei.

Aus diesem Grund wird beantragt, entweder der Berufung Folge zu geben oder die Rechtssache zur Ermittlung des vollständigen Sachverhaltes der belangten Behörde zurückzuverweisen.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Landeshauptmannes von Oberösterreich zu Zl. VerkR-280202-2000; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit der vorliegenden Berufung im Ergebnis lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 116 Abs. 1 des Kraftfahrgesetzes, BGBl.Nr. 267/1967, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 146/1998 (im Folgenden: KFG), darf die Berechtigung, als Fahrschullehrer an einer Fahrschule theoretischen und praktischen Unterricht zu erteilen, nur jenen Personen erteilt werden, die - neben den in § 109 Abs. 1 lit. b und g KFG angeführten Voraussetzungen - auch ein in Österreich gültiges Reifezeugnis besitzen. Nach § 116 Abs. 2 KFG kann der Landeshauptmann diese jedoch vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifeprüfungszeugnisses befreien, wenn der Antragsteller während der letzten fünf Jahre vor der Einbringung des Antrages als Fahrlehrer tätig war, einen guten Erfolg nachweisen kann und im Bundesland ein Mangel an Fahrschullehrern besteht.

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer jedenfalls seit dem 2. Mai 1996 als Fahrlehrer bei einer Fahrschule in Wels tätig ist.

Ebenso ist unbestritten, dass der Rechtsmittelwerber vom 1. Jänner 1991 bis zum 30. September 1993 und vom 17. Oktober 1994 bis zum 30. September 1995 in verschiedenen Linzer Fahrschulen als Fahrlehrer beschäftigt war.

3.2.1. Im Ergebnis reduziert sich somit die Problematik im gegenständlichen Fall primär auf die Rechtsfrage, ob - wofür der Wortlaut des § 116 Abs. 2 KFG zu sprechen scheint - der Antragstellung um Dispensierung eine ununterbrochene fünfjährige Beschäftigung als Fahrlehrer vorangegangen sein muss, sodass jede dazwischenliegende Unterbrechung diese Fünfjahresfrist von neuem in Gang setzt, oder nicht.

3.2.2. Zum damit aufgeworfenen Problem der diesbezüglichen Auslegung des im Wesentlichen seit der Stammfassung unverändert belassenen § 116 Abs. 2 KFG findet sich weder in den Gesetzesmaterialien (186 und 576 BlgStenProtNR, 11. GP) noch in der Literatur oder Judikatur ein entsprechender Hinweis.

Ersichtlich geht diese Bestimmung jedoch von der Überlegung aus, dass eine Befreiung vom Erfordernis der Reifeprüfung den Erwerb der dadurch vermuteten Kenntnisse auf dem Gebiet (bloß) der Allgemeinbildung (anders als bei einer Fahrschulbewilligung gemäß § 109 Abs. 1 lit. e KFG ist hier nämlich nicht die spezifische "Reifeprüfung an einer österreichischen Höheren technischen Lehranstalt maschinen- oder elektrotechnischer Richtung" gefordert) durch eine entsprechend lange Praxiszeit als Fahrlehrer bedingt; dies trifft - so die entsprechende gesetzliche Vermutung - dann, wenn der Bewilligungswerber während der letzten fünf Jahre vor der Antragstellung ununterbrochen als Fahrlehrer tätig war, jedenfalls zu.

Gleiches wird - unter dem Aspekt des verfassungsmäßigen Sachlichkeitsgebotes des Gleichheitsgrundsatzes (vgl. zum dadurch prinzipiell eingeschränkten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers jüngst W. Berka, Die Grundrechte, Wien 1999, 508 ff) - wohl aber auch dann zu gelten haben, wenn innerhalb dieses relativ langen Zeitraumes eine bloß verhältnismäßig kurze Unterbrechung dieser Tätigkeit liegt, weil sich beispielsweise unter Bedachtnahme auf die zuvor dargestellte Zielsetzung des § 116 Abs. 2 KFG kein stichhaltiges Argument dafür finden ließe, dass eine etwa bloß einmonatige Unterbrechung der Fahrlehrertätigkeit, nachdem diese zuvor vielleicht bereits vier Jahre und 10 Monate durchgehend ausgeübt wurde, den Lauf der Fünfjahresfrist wieder von neuem in Gang setzt. Wenngleich es nämlich auf der Hand liegt, dass der Gesetzgeber mit der Anordnung des § 116 Abs. 2 KFG auch die allgemeine Erfahrungstatsache berücksichtigt, dass der Erwerb von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrung nicht zuletzt auch durch die Kontinuität der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit geprägt wird, gebietet eine sachliche Betrachtungsweise dennoch, dass dieser Erwerb umso weniger beeinträchtigt wird, je kurzfristiger allfällige Unterbrechungen im Zuge einer vergleichsweise langfristigen Praxisübung auftreten; in diesem Sinne ist daher die Bestimmung des § 116 Abs. 2 KFG im Hinblick auf Art. 2 StGG und Art. 7 B-VG verfassungskonform zu interpretieren.

3.2.3. Davon ausgehend ist daher im vorliegenden Fall zu beurteilen, ob Unterbrechungen der Fahrlehrertätigkeit vom 1. Oktober 1993 bis zum 16. Oktober 1994 und vom 1. Oktober 1995 bis zum 1. Mai 1996 - also für einen Zeitraum von insgesamt 1 Jahr und 71/2 Monaten - eine Dispenserteilung hindern, wenn der Rechtsmittelwerber im Übrigen vom 1. Jänner 1991 bis dato (Ende Jänner 2000) - also insgesamt 7 Jahre und 51/2 Monate, davon die letzten 33/4 Jahre ununterbrochen und die letzten 5 Jahre und 21/2 Monate mit einer Unterbrechung von 7 Monaten - als Fahrlehrer tätig war.

Im Hinblick darauf, dass die letzte Unterbrechung der Fahrlehrertätigkeit bereits im ersten Viertel des in § 116 Abs. 2 KFG normierten Zeitraumes gelegen ist, diese weniger als ein Achtel jenes Beobachtungszeitraumes betrug und der Rechtsmittelwerber insgesamt besehen das Fünfjahreserfordernis im vergangenen Jahrzehnt immerhin um 50% übererfüllt hat, gelangt der Oö. Verwaltungssenat im Ergebnis zu der Auffassung, dass dieser damit auch unter dem Aspekt der Kontinuität der Erfahrungssammlung über eine hinreichende Praxis, die dem Erfordernis einer Vergleichbarkeit mit einem gültigen Reifezeugnis gerecht wird, verfügt.

3.3. Im Zuge seiner Tätigkeit als Fahrlehrer wurde dem Beschwerdeführer - zumindest für die Zeiträume vom 1. November 1991 bis zum 30. September 1993, vom 17. Oktober 1994 bis zum 17. Juli 1995 und seit dem 2. Mai 1996 (vgl. die entsprechenden Schreiben der Fahrschulen vom 9. Februar 1996 ["Die erreichte Erfolgsquote: 64% der türkisch sprechenden Fahrschule haben die praktische Lenkerprüfung beim Erstantritt zu dieser bestanden. Von den 36% der Kandidaten, die die praktische Lenkerprüfung nicht auf Anhieb bestanden haben, haben 3% einmal, 59% zweimal, 26% dreimal und 6% öfter die praktische Lenkerprüfung wiederholt. Bei den von mir durchgeführten Aufsichtsfahrten wurden meines Erachtens die praktischen Fertigkeiten, unter Verwendung des Lehrplanes 'B', gut vermittelt. Bei der erreichten Erfolgsquote ist zu berücksichtigen, dass manche türkisch sprechende Fahrschüler wegen mangelnder Ortskenntnisse und auffallender Probleme beim Handling in der Praxis größere Probleme haben."] und vom 8. November 1999 ["ist seit 15.4.1996 an unserer Fahrschule als Fahrlehrer für die Klassen A, B, C und E mit sehr gutem Erfolg tätig"]) - bestätigt, diese mit gutem bzw. sehr gutem Erfolg ausgeübt zu haben bzw. auszuüben, was auch von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen wird.

3.4. Und schließlich hat die Wirtschaftskammer Oberösterreich (Fachgruppe Oberösterreich der Kraftfahrschulen) im Schreiben vom 13. Dezember 1999, Zl. Wa/Pra, ausgeführt: "Wir sehen aber einen Mangel an hauptberuflichen Fahrschullehrern und stützen unsere Ansicht auf die Tatsache, dass Fahrschulen unserer Kenntnis nach immer wieder hauptberufliche Fahrschullehrer in ein Dienstverhältnis aufnehmen."

3.5. Damit sind im Ergebnis aber sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Nachsicht gemäß § 116 Abs. 2 KFG erfüllt.

Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und auszusprechen, dass dem Antrag des Berufungswerbers auf Befreiung vom Besitz eines in Österreich gültigen Reifezeugnisses als eine der Voraussetzungen zur Erteilung einer Fahrschullehrerberechtigung stattgegeben wird.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

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