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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220967/2/Ga/La

Linz, 03.06.1994

VwSen-220967/2/Ga/La Linz, am 3. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der U F , vertreten durch Dr. M P, Rechtsanwalt in RI., K gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft R i.I. vom 29. April 1994, Zl. Ge96-1383-1993, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Die Berufungswerberin hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 45 Abs.1 Z1 und Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin einer Übertretung des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 schuldig erkannt.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Die Berufungswerberin habe am 14. August 1993 anläßlich der Geburtstagsfeier eines namentlich bezeichneten Bekannten für dessen Clubfreunde des "Clubs der Mostschädeln" in ihrem Anwesen in U , G , Speisen, die an die Festbesucher verabreicht worden seien, gegen ein "Trinkgeld" (in der Höhe von zumindest 800 S) zubereitet, wodurch ihr ein vermögensrechtlicher Vorteil erwachsen sei; somit habe sie die Tätigkeit des Verabreichens von Speisen, die dem gebundenen Gastgewerbe vorbehalten sei, ausgeübt, ohne im Besitz einer Gewerbeberechtigung hiefür (gewesen) zu sein.

Deswegen wurde über die Berufungswerberin gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zwölf Stunden) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Dagegen wendet die Berufungswerberin ein, daß die Strafbehörde den Nachweis der unberechtigten Ausübung des Gastgewerbes durch sie nicht erbracht habe. Im wesentlichen bringt sie vor, daß ihre Tätigkeit lediglich in der Zubereitung eines kalten Büffets bestanden habe, wofür sie tatsächlich 800 S als "Trinkgeld" erhalten habe; dieses "Trinkgeld" habe sie jedoch nicht gefordert, sondern aus freien Stücken vom Bekannten (der im Zuge des von der Strafbehörde geführten Ermittlungsverfahrens als Zeuge vernommen worden ist) bekommen. Sie habe weiters die Zubereitung des Büffets nicht in der Absicht durchgeführt, einen wirtschaftlichen Vorteil daraus zu erzielen. Das "Trinkgeld" habe lediglich und nur teilweise ihre Unkosten für Geschirreinigung, Strom, Wasser und Entsorgung - was bei einem Fest mit hundert Leuten sicherlich den gegebenen Betrag übersteige - abgedeckt. Die Berufungswerberin beantragt Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

Die Strafbehörde als belangte Behörde hat die Berufung und den Strafakt vorgelegt und eine Gegenäußerung abgegeben.

2. Das aus dem Strafakt zu Zl. Ge96-1383-1993 ersichtliche, gegen die Berufungswerberin mit Strafverfügung vom 24.

September 1993 eingeleitete und mit dem bekämpften Straferkenntnis schließlich abgeschlossene Strafverfahren ist - unter Einbeziehung des Berufungsvorbringens - aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat obliegenden Gesetzmäßigkeitskontrolle mit dem Ergebnis zu beurteilen, daß - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

Dies aus folgenden Gründen:

3.1. § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 (idFd Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993) qualifiziert die berechtigungslose Ausübung eines Gewerbes, das nur auf Grund einer erlangten Gewerbeberechtigung ausgeübt werden darf, als mit Geldstrafe bis zu 50.000 S bedrohte Verwaltungsübertretung.

Gemäß § 5 Abs.1 GewO 1973 wird die Gewerbeberechtigung grundsätzlich durch Anmeldung des betreffenden Gewerbes erlangt (eine Bewilligung [früher: Konzession] für die Ausübung ist nur noch für die in § 128 GewO 1973 aufgezählten, bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe erforderlich).

Zu den nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben zählt jedenfalls das Gastgewerbe (§ 126 Z11 GewO 1973).

Danach darf das Gastgewerbe schon mit erfolgter Gewerbeanmeldung (§ 339 Abs.1 iVm § 340 Abs.4 GewO 1973) ausgeübt werden. Unter Ausübung wird in Judikatur und Lehre übereinstimmend eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit verstanden.

Die den Gegenstand des Gastgewerbes bildenden Tätigkeiten regelt (nunmehr) § 148 GewO 1973. So bedarf es gemäß § 148 Abs.1 Z2 GewO 1973 einer - durch Anmeldung zu erlangenden Gewerbeberechtigung für die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen.

Eine solche Tätigkeit ist gemäß § 1 Abs.2 GewO 1973 jedoch nur dann gewerbsmäßig, wenn sie nicht nur selbständig, sondern auch regelmäßig und in Ertragserzielungsabsicht betrieben wird.

Als regelmäßige Tätigkeit gilt auch eine einmalige Handlung, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann. Für die Ertragserzielungsabsicht iS der GewO 1973 ist nicht ein tatsächlich erzielter Ertrag, sondern nur die Absicht, einen solchen zu erzielen, relevant. Entgeltlichkeit allein (VwGH vom 26.10.1961, Z 372/60; ähnlich VwSlg. 7736A/1970) oder kaufmännische Gebarung (VwSlg. 9023 A/1976) bedeuten noch nicht Ertragserzielungsabsicht. Diese liegt auch nicht vor, wenn nur die entstehenden Kosten ganz oder gar nur teilweise abgedeckt werden (vgl. Pauger, Gewerberecht, Manz, 1993 [29 f.]).

3.3. Zufolge § 44a Z1 VStG hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Im Hinblick auf diese Bestimmung ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß nicht nur die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht, sondern daß insbesondere auch die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Es sind somit entsprechende, dh. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich (vgl. die seit dem Erk. VwGH [verst.Sen.] vom 13.6.1984, Slg. NF Nr. 11466/A, diesbezüglich ständige Judikatur).

3.4. Ein wegen der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 verurteilendes Straferkenntnis hat in seinem § 44a Z1 VStG betreffenden Spruchteil jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben, die eine Zuordnung der Tat zu der dadurch verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen.

3.4.1. Im bekämpften Straferkenntnis besteht jedoch der wesentliche Sachverhalt nur in dem Vorwurf, die ZUBEREITUNG von an Festbesucher verabreichte Speisen gegen ein "Trinkgeld" vorgenommen zu haben. Mit einem so formulierten Tatvorwurf bleiben wesentliche Tatbestandsmerkmale unberücksichtigt. Für die Erfüllung der Tatbildmäßigkeit im Berufungsfall fehlt vor allem der Vorwurf solcher Sachverhaltsmerkmale, die eine mit der Verabreichung des kalten Büffets an die Gäste der Geburtstagsfeier verquickt gewesene Ertragserzielungsabsicht so konkret belegen, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, darauf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen (zB VwGH vom 31.3.1992, 91/04/0233 uwZ; uva.).

3.4.2. Die belangte Behörde übersieht, daß es nach der Rechtslage für die Tatbildmäßigkeit einer in Ertragserzielungsabsicht ausgeübten gastgewerblichen Tätigkeit gemäß § 148 Abs.1 Z2 GewO 1973 hier nicht auf den Nachweis der auf Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil gerichtet gewesenen Absicht IM ZUSAMMENHANG (bloß) MIT DER ZUBEREITUNG der Speisen ankommen kann, sondern darauf, daß diese Absicht jedenfalls aus der Verabreichung nachgewiesen und vorgeworfen wird. Es hätte der Schuldspruch, gestützt auf entsprechende Ermittlungsergebnisse, unmißverständlich zum Ausdruck bringen müssen, daß der Ertrag aus der Verabreichung, dh. aus der Ermöglichung des Verzehrs des (zubereiteten) kalten Büffets durch die Gäste der Geburtstagsfeier an Ort und Stelle und den eben deswegen mit der Verabreichung verbunden gewesenen Verkaufshandlungen beabsichtigt gewesen ist.

3.4.3. Indem jedoch im Schuldspruch des Sraferkenntnisses eine Entgeltlichkeit allein, u.zw. sprachlich eindeutig in Verbindung nur mit der Zubereitung von Speisen festgestellt ist, verkennt die belangte Behörde mit der ausdrücklichen Schlußfolgerung, daß "die Tätigkeit des Verabreichens von Speisen dem gebundenen Gastgewerbe vorbehalten ist", in dieser Verkürzung die Rechtslage. Zusammenfassend verfehlt der aus Anlaß der Berufung zur Prüfung vorliegende Schuldspruch schon aus diesem Grund das objektive Tatbild der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung.

3.5. Bei diesem Ergebnis kann die Frage auf sich beruhen, ob vorliegend auch die weiteren Tatbestandsmerkmale der Selbständigkeit und der Regelmäßigkeit der gastgewerblichen Tätigkeit - letztere allenfalls aus dem Blickwinkel des § 1 Abs.4 erster Satz GewO 1973 - als erfüllt angesehen werden durften und diesbezüglich konkretisierende Ausführungen, weil eine bestimmte Betriebsart ja nicht vorgeworfen wurde, gemäß § 44a Z1 VStG gleichfalls ausdrücklich in den Schuldspruch hätten aufgenommen werden müssen (vgl. VwGH vom 19.6.1990, 90/04/0036 m.w.N.).

3.6. Da auch die Strafverfügung vom 24. September 1993 als erste Verfolgungshandlung einen im wesentlichen gleichlautenden Tatvorwurf enthielt, ist die Verjährungsfrist nicht unterbrochen worden. Die Spruchkorrektur ist dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht (mehr) zugänglich. Davon abgesehen sind im Strafakt auch keinerlei Ermittlungsergebnisse über den Verkauf der zubereiteten und verabreichten Speisen auffindbar.

Ob der festgestellte Sachverhalt ausgereicht hätte, den Vorwurf der ohne Anmeldung vorgenommenen Ausübung eines freien Gewerbes zu erheben, kann dahingestellt bleiben.

4. Aus all diesen Gründen war aus Anlaß der Berufung das Straferkenntnis aufzuheben. Die Einstellung des Strafverfahrens war zu verfügen, weil jedenfalls Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

Darauf, daß das Straferkenntnis auch den Anforderungen der Spruchelemente gemäß § 44a Z2 und Z3 VStG nicht genügt (vgl.

zB VwGH vom 23.11.1993, 93/04/0149) und weiters, daß entgegen § 60 AVG (iVm § 24 VStG) in der Begründung des Straferkenntnisses die Beurteilung der Rechtsfrage nachvollziehbar nicht dargestellt ist, braucht nicht mehr eingegangen werden.

Zu II.:

Die Aufhebung des Straferkenntnisses hat auf der Kostenseite die Entlastung des Berufungswerbers von allen Beiträgen zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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