Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220971/3/Kl/Rd

Linz, 23.02.1995

VwSen-220971/3/Kl/Rd Linz, am 23. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des R W , F straße , L , gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29.4.1994, Ge96-86-1994/Tr, betreffend Strafausmaß hinsichtlich einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 400 S herabgesetzt wird.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 21 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21.3.1994, Ge96-86-1994/Tr/Amv, wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 800 S, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 368 Z10 iVm § 157 Abs.1 und 2 GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 532/1993, iVm § 1 Abs.1 lit.b der Verordnung des Landeshauptmannes von , mit der die Sperrzeiten in den Gastgewerbebetrieben festgelegt werden, LGBl.Nr. 73/1977 idF LGBl.Nr. 19/1993, verhängt, weil er als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der P Bierstube GmbH für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Bierstube" im Standort T , H Straße , es zu vertreten hat, daß am 27.2.1994 das Lokal "P" in T, für welches laut Sperrzeiten-Verordnung die Sperrstunde mit 2.00 Uhr festgelegt wurde, bis 2.30 Uhr offengehalten und noch fünf Gästen der Aufenthalt im Lokal gestattet wurde, obwohl gemäß § 157 Abs.2 GewO der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den nach Abs.1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten hat, und er während dieser Sperrzeit Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten darf.

Dagegen hat der Beschuldigte Einspruch gegen das Ausmaß der verhängten Strafe erhoben, welchem mit in der Einleitung zitiertem Bescheid vom 29.4.1994, Ge96-86-1994/Tr, keine Folge gegeben wurde und die mit der Strafverfügung verhängte Geldstrafe von 800 S bestätigt wurde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, in welcher angeführt wird, daß von einer Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG abzusehen sei, weil konkrete nachteilige Folgen nicht eingetreten sind, sohin das zweite Tatbestandselement jedenfalls erfüllt ist, und überdies die Betriebsinhaberin immer wieder auf die Einhaltung der Sperrstunde hingewiesen wurde. Auch habe es außer diesem Vorfall keine Verstöße gegen die Sperrstundenbestimmungen gegeben. Der Beschuldigte habe die Einhaltung der Sperrstunde, soweit es ihm möglich war, immer wieder persönlich überprüft. Es sei daher das vorwerfbare Verschulden - wenn überhaupt vorhanden - geringfügig. Die genannten Vorstrafen sind keine einschlägigen Verurteilungen, sodaß Unbescholtenheit als Strafmilderungsgrund zu werten sei.

Auch Spezialprävention sei nicht notwendig. Auch seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht richtig bedacht worden, da diese unter dem Existenzminimum liegen und daher jedenfalls eine Herabsetzung rechtfertigen. Auch wird die Sorgepflicht für ein Kind im Ausmaß von 1.700 S monatlich geltend gemacht. Es wurde daher eine Ermahnung, jedenfalls aber eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Im übrigen hat sie auch einen weiteren Bescheid über einen Einspruch gegen das Strafausmaß, mit welchem das mit der Strafverfügung verhängte Strafausmaß ebenfalls wegen einer Sperrstundenüberschreitung im gegenständlichen Lokal bestätigt wurde, übermittelt und dazu mitgeteilt, daß diese Strafe nunmehr rechtskräftig sei.

4. Festgestellt wird, daß der Schuldspruch nicht angefochten wurde und daher bereits in Rechtskraft erwachsen ist.

Da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG).

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 368 Z10 GewO 1973 idF BGBl.Nr. 532/1993 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer die Bestimmungen des § 157 oder der aufgrund des § 157 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält.

5.2. Hinsichtlich der Strafhöhe ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Danach ist insbesondere das Interesse an einer geordneten Gewerbeausübung und am Hintanhalten einer Verzerrung der Konkurrenzsituation zu anderen Gastgewerbebetrieben bei Nichteinhaltung der Sperrstunde ins Treffen zu führen. Auch sind schutzwürdige Interessen an der Hintanhaltung einer Benachteiligung des gesamten sozialen Umfeldes, so insbesondere eine Beeinträchtigung der Nachbarn, zu berücksichtigen. Diese schutzwürdigen Interessen wurden durch die gegenständliche Sperrstundenüberschreitung verletzt. Es ist daher die Strafe nach dieser Interessensverletzung und daher nach dem Unrechtsgehalt der Tat zu bemessen. Danach ist die Verhängung einer Geldstrafe, insbesondere im nunmehr herabgesetzten Ausmaß, dem Unrechtsgehalt der Tat durchaus angemessen. Dabei wurde berücksichtigt, daß nachteilige Folgen nicht eingetreten sind, was gegebenenfalls die Festsetzung einer höheren Strafe gerechtfertigt hätte.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat bereits zutreffend die Straferschwerungs- und Milderungsgründe gewertet. Danach waren Straferschwerungsgründe nicht vorhanden. Der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit kommt dem Berufungswerber aber nicht zugute, weil nach der ständigen Judikatur des VwGH dabei von einer absoluten Unbescholtenheit auszugehen ist, und eine solche im gegenständlichen Fall wegen bereits vorhandener Vorstrafen (nach der StVO) nicht gegeben ist.

Zutreffend hat hingegen der Berufungswerber ausgeführt, daß keine einschlägigen Vorstrafen (wegen Sperrstundenüberschreitung) vorliegen, was die belangte Behörde auch dahingehend richtig bewertet hat, daß keine Straferschwerungsgründe vorliegen.

Zum Ausmaß des Verschuldens wurde bereits zu dem in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch ausgeführt, daß es dem Beschuldigten nicht gelungen ist, gemäß § 5 Abs.1 letzter Satz VStG das Nichtvorliegen seines Verschuldens glaubhaft zu machen. Die belangte Behörde wies zu Recht darauf hin, daß der Beschuldigte als gewerberechtlicher Geschäftsführer die Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zu tragen hat, und in diesem Sinne ihm die Pflicht obliegt, entweder selbst für die Einhaltung der Vorschriften Sorge zu tragen oder solche Maßnahmen zu treffen, welche unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Dabei bedarf es des weiteren Beweises, daß auch für eine geeignete Kontrolle Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1987, 86/17/0021). Auch ist nach der ausführlichen Judikatur des VwGH die Durchführung kurzfristiger, stichprobenartiger Kontrollen nicht geeignet, ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, daß es die tatsächliche Einhaltung der Verwaltungsvorschrift sicherstellt, dargetan. Auch die bloße Erteilung von Weisungen und Ermahnungen reicht zur Entlastung nicht aus (VwGH 21.1.1988, 87/03/0230). Neben gelegentlichen Überprüfungen der Sperrstunde und Hinweis an die Betriebsinhaberin, daß diese eingehalten werden muß, führt der Berufungswerber aber keine weiteren Vorsorgemaßnahmen an. Er hat daher den an den gewerberechtlichen Geschäftsführer nach der ständigen Judikatur gerichteten Anforderungen nicht entsprochen. Vielmehr geht aus dem Verwaltungsstrafakt hervor, daß der Berufungswerber selbst anführt, daß er zumeist zur Sperrstunde nicht im Lokal anwesend ist. Es ist daher jedenfalls ein Verschulden, nämlich Fahrlässigkeit gegeben, wobei dieses Verschulden, weil gerade einem gewerberechtlichen Geschäftsführer eine besondere Obsorge vom Gesetz aufgetragen ist, nicht als geringfügig zu werten ist.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist die Schuld des Beschuldigten nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 814 f).

Gerade diese Voraussetzung ist aber nicht gegeben. Da die Geringfügigkeit des Verschuldens aber eine wesentliche Voraussetzung für das Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs.1 VStG ist, konnte im gegenständlichen Fall nicht mit einer Ermahnung vorgegangen werden.

Entsprechend hat daher die belangte Behörde das Verschulden des Berufungswerbers bei der Strafbemessung gewertet.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch auf die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers Bedacht genommen. Dabei war besonders zu berücksichtigen, daß der Berufungswerber vermögenslos ist und über einen Lohn von monatlich 6.700 S brutto verfügt. Diese Einkommenssituation ist als eher bescheiden zu werten.

Wesentlich war aber vom O.ö. Verwaltungssenat zu berücksichtigen, daß der Berufungswerber nach seinen Angaben sorgepflichtig für ein Kind im Ausmaß von 1.700 S monatlich ist. Dieser Umstand mußte zu einer Herabsetzung der Strafe führen. Weiters war auch noch bei den Erwägungen zu berücksichtigen, daß es sich bei der gegenständlichen Sperrzeitenüberschreitung um die erstmalige Begehung handelte. Es war daher die verhängte Geldstrafe spruchgemäß auf nunmehr eine Geldstrafe von 400 S herabzusetzen. Diese Geldstrafe erscheint nunmehr tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers angepaßt. Eine weitere Herabsetzung der Strafe wäre aber iSd Unrechtsgehaltes der Tat und auch iSd Sorglosigkeit des Berufungswerbers nicht gerechtfertigt.

5.3. Hinsichtlich der Zahlung der Geldstrafe wird der Berufungswerber jedoch darauf aufmerksam gemacht, daß er aus wirtschaftlichen Gründen bei der Behörde einen angemessenen Zahlungsaufschub oder die Teilzahlung beantragen kann (§ 54b Abs.3 VStG).

5.4. Schließlich wird darauf hingewiesen, daß gemäß § 16 Abs.1 VStG, wenn eine Geldstrafe verhängt wird, gleichzeitig für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist. Da im angefochtenen Bescheid lediglich die Geldstrafe von 800 S bestätigt wurde, wurde über die Ersatzfreiheitsstrafe nicht abgesprochen. Das Fehlen eines Abspruches über die Ersatzfreiheitsstrafe stellt zwar eine inhaltliche Rechtswidrigkeit dar, womit aber der Berufungswerber in seinen Rechten nicht verletzt ist. Eine Nachholung der unterlassenen Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe ist hingegen unzulässig (vgl. Hauer-Leukauf, Seite 784, E.5b).

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren keine Verfahrenskosten vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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