Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220986/8/Kon/Fb

Linz, 08.06.1995

VwSen-220986/8/Kon/Fb Linz, am 8. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der S H , A , K straße , vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H und Dr. W , W , K R , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. April 1994, Ge-96/117/1993/Ew, wegen Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf 3.750 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 36 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf 375 S herabgesetzt werden.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 VStG, §§ 16 und 19 VStG.

zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie haben als Filialleiterin und verantwortliche Beauftragte gem. 9 Abs. 2 VStG der 'B Warenhandel Aktiengesellschaft', W , für die Einhaltung von Dienstnehmerschutzbestimmungen in der Filiale in E S , zu vertreten, daß in E , S , am 22.10.1992, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz anläßlich einer Überprüfung festgestellt wurde, der Notausgang in Richtung S durch Schüttelkörbe, Einkaufswagen mit einzuräumender Ware sowie Blumensamenständer verstellt und überdies versperrt war, obwohl gem.

§ 23 Abs. 3 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung Notausgänge und Notausstiege durch Lagerungen auch vorübergehend nicht verstellt sein dürfen; sofern Notausgänge und Notausstiege aus betrieblichen Gründen versperrt sein müssen, ist durch geeignete Vorkehrungen dafür zu sorgen, daß sie sich, solange sich Arbeitnehmer im Raum aufhalten, jederzeit ohne fremde Hilfsmittel von innen leicht öffnen lassen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 23 Abs. 3 i.V.m. § 100 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983 i.d.F. BGBl.Nr. 593/1987 i.V.m. § 31 Abs. 2 lit p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972 i.d.F. BGBl.Nr. 650/1989 Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 31 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes eine Geldstrafe von S 5.000,-, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen, verhängt.

Ferner haben Sie gem. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 10 % der Strafe, das sind S 500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher S 5.500,--.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)." Begründend führt die Erstbehörde aus, daß der dem Schuldspruch zugrundeliegende Sachverhalt aufgrund der Feststellungen der Arbeitsinspektoren zweifelsfrei vorliege und von der Beschuldigten in ihrer Rechtfertigung auch nicht in Abrede gestellt worden sei.

In bezug auf das Verschulden hält die Erstbehörde fest, daß der Einwand der Beschuldigten, sie hätte die Arbeitnehmer angewiesen, die Notausgänge nicht zu versperren oder zu verstellen und diese Anweisung durch Stichproben überprüft, sie nicht entlasten könne. Dies deshalb, weil es - wie auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausspreche - nicht genüge, bloß Weisungen zu erteilen, sondern daß entscheidend sei, deren Einhaltung durch eine wirksame und nicht nur stichprobenartige Kontrolle zu überprüfen.

Bei der Strafbemessung sei auf die Bestimmungen des § 19 Abs.1 VStG Bedacht genommen worden. Straferschwerende oder strafmildernde Gründe seien nicht zutage getreten. In bezug auf die zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, sei von einem monatlichen Nettoeinkommen von 25.000 S bei sonstiger Vermögenslosigkeit und nicht vorhandenen Sorgepflichten ausgegangen worden.

In ihrer Berufung wendet die Beschuldigte gegen den Schuldspruch das Vorliegen eines Kontrollsystemes ein. So sei Herr C H , ein verläßlicher und kompetenter Mitarbeiter von ihr konkret beauftragt worden, regelmäßig Kontrollen der Notausgangstüren durchzuführen und die Einhaltung ihrer Anordnungen zu überprüfen. Zusätzlich habe sie selbst regelmäßige Kontrollen durchgeführt. Weder bei den von ihr noch bei den von Herrn H durchgeführten Kontrollen, sei hervorgekommen, daß die Notausgänge versperrt oder durch Gegenstände verstellt gewesen wären.

Selbst wenn man ihr Fahrlässigkeit in bezug auf die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften vorwerfe, was sie ausdrücklich bestreite, hätte die Erstbehörde gemäß § 21 Abs.1 VStG vorgehen müssen.

Gegen die Strafhöhe wendet die Beschuldigte ein, daß die Behörde unrichtigerweise von einem monatlichen Nettoeinkommen von 25.000 S ausgegangen wäre, obwohl sie ein monatliches Einkommen in der Höhe von 15.000 S angegeben habe. Auch lägen zusätzlich die Strafmilderungsgründe eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels sowie des auffallenden Widerspruchs der Tat mit ihrem sonstigen Verhalten vor.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Beschuldigte vermag mit ihren Ausführungen nicht glaubhaft darzulegen, daß sie alle jene Maßnahmen, wie die Schaffung eines lückenlosen Kontrollsystemes getroffen und durch ihre Verhalten dazu beigetragen hat, um die Einhaltung der Bestimmungen der AAV unter den gegebenen Verhältnissen mit ausreichender Sicherheit erwarten zu lassen. In Anbetracht des Umstandes, daß bereits am 4. Mai 1993, sohin ein halbes Jahr nach dem Zeitpunkt der festgestellten verfahrensgegenständlichen Übertretung, vom Arbeitsinspektorat wieder verschlossene Notausgänge vorgefunden wurden, erweisen sich die Einwände der Beschuldigten auch als nicht glaubwürdig und lassen jedenfalls auf ein nur unzureichendes Kontrollsystem in bezug auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften schließen. Mit bloß stichprobenartigen Kontrollen, wie die Beschuldigte in der Berufung angibt, kann die Einhaltung von Weisungen in bezug auf die Arbeitnehmerschutzvorschriften auch keinesfalls ausreichend gewährleistet werden. Da die Beschuldigte als Filialleiterin in einem örtlichen Nahverhältnis zur Betriebsstätte steht, ist ihr überdies eine über das stichprobenartige Ausmaß hinausgehende Kontrolle durchaus zumutbar gewesen. Es kann daher nicht angenommen werden, daß die Beschuldigte ihre Kontrollpflicht ausreichend wahrgenommen hat, auch wenn sie ihren Mitarbeiter C H zusätzlich mit der Kontrolle der Notausgangstür beauftragt haben sollte.

Aus diesem Grund war der erstbehördliche Schuldspruch zu bestätigen.

Bei der Strafbemessung hat die Erstbehörde grundsätzlich eine dem Gesetz entsprechende Ermessensausübung dargelegt, indem sie auf die Bestimmungen des § 19 Abs.1 VStG Bedacht nahm. Eine Herabsetzung des Strafbetrages war aber deswegen vorzunehmen, weil das angenommene Nettoeinkommen von 25.000 S durch die Aktenlage nicht gedeckt ist. Es ist in diesem Zusammenhang aufzuzeigen, daß die Beschuldigte gegenüber der Erstbehörde zwar keine Vermögensangaben tätigte, laut Schreiben der Erstbehörde vom 17.8.1993 aber diesfalls ein monatliches Nettoeinkommen von 15.000 S angenommen wird. Das im erstbehördlichen Straferkenntnis mit 25.000 S bezifferte Monatseinkommen konnte daher nicht zur Strafbemessung herangezogen werden, sondern war diesbezüglich von einem monatlichen Nettoeinkommen von 15.000 S auszugehen. Diesem geringeren Monatseinkommen entspricht der in der Berufung herabgesetzte Strafbetrag.

In Anbetracht der möglichen Folgen der Tat einerseits und aus Gründen der Prävention andererseits, war eine weitere Herabsetzung der Strafe oder gar ein Absehen von dieser nicht zu vertreten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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